Spruch:
Dem als Revision und Rekurs zu behandelnden Rechtsmittel wird Folge gegeben.
Das Teilurteil des Berufungsgerichtes wird abgeändert, der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass insgesamt das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 1.602,14 EUR (darin enthalten 141,22 EUR Umsatzsteuer, 583 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 1. 1. 1961 bis zum 31. 5. 2001 im Betrieb der erstbeklagten Partei als Angestellter beschäftigt. Durch Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 13. 2. 2002 kam es zur Aufspaltung der erstbeklagten Partei unter anderem in die nunmehr zweitbeklagte Partei, welcher der Teilbetrieb Wasserkraftwerke übertragen wurde. Das Dienstverhältnis des Klägers endete durch einvernehmliche Lösung, wobei der Kläger das Vorpensionsmodell der erstbeklagten Partei in Anspruch nahm, welches in der Betriebsvereinbarung vom 20. 5. 1999 geregelt ist. Dieses kann von Dienstnehmern, die das 53. bzw 55. Lebensjahr vollendet haben, angenommen werden, wobei eine Nettoversorgung in Höhe von 70,22 % bis 79,5 % des rechnerischen Jahresnettoeinkommens zugesagt wird. Der für den Kläger anzuwendende Prozentsatz beträgt 77,57 %. Nach der Aufspaltung wurden die Vorpensionszahlungen von der zweitbeklagten Partei an den Kläger bezahlt.
Aufgrund des Vorstandsbeschlusses 58/2 vom 7. 12. 1970 gewährte die S***** allen S*****-Dienstnehmern mit mindestens fünfjähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit eine Dienstalterszulage (DAZ), welche einmal jährlich zur Auszahlung gelangt. Die Höhe der DAZ ist von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig. Mit der im vorliegenden Fall anzuwendenden Betriebsvereinbarung wurde die Betriebsvereinbarung vom 27. 9. 1994 betreffend die Vorruhestandsregelung novelliert bzw erweitert. Dem Arbeitnehmer, der das Vorpensionsmodell in Anspruch nimmt, wird die Zusage erteilt, dass er in den Jahren der Vorpension eine garantierte Nettoversorgung in Höhe des eingangs bereits dargelegten Prozentsatzes seines rechnerischen Jahresnettoeinkommens unter Ausschluss individueller Abgabenvorteile erhält. Der Prozentsatz der Nettoversorgung richtet sich nach dem rechnerischen Jahresbruttoeinkommen gemäß Punkt 5 der Betriebsvereinbarung und einer in der Beilage angeführten Tabelle. Von der garantierten Nettoversorgung werden die Nettozahlungen öffentlicher Versorgungsleistungen in Abzug gebracht.
Die Bemessungsgrundlage für das Vorpensionsmodell ergibt sich aus Punkt 5 der Betriebsvereinbarung wie folgt:
Rechnerisches Jahresbruttoeinkommen
Berechnungsgrundlage:
- Monatsnormalverdienst im Monat des Ausscheidens mal 12,
- plus aliquote Biennalsprünge = Biennalsprünge mal Monate ab nächster fiktiver Vorrückung bis Ende der Vorpension dividiert durch Anzahl der Vorpensionsmonate,
- plus Weihnachtsremuneration und Urlaubszuschuss fiktiv für den Austrittsmonat berechnet, aufgewertet um aliquote Biennalsprünge,
- plus zuletzt bezogene Gratifikation, aufgewertet um aliquote Biennalsprünge,
- plus erfolgsorientierte Einkommenskomponente (im Durchschnitt der letzten 5 Jahre)
Summe = Bemessungsgrundlage für Mehrarbeit, Überstunden und Zulagen;
- plus Familienzulage im Austrittsmonat mal 12,
- plus Zählerableserprämie im Austrittsmonat mal 12,
- plus Betriebszulage im Durchschnitt des letzten Jahres vor Austritt,
- plus mtl. Funktionszulage ZBR im Durchschnitt der letzten 5 Jahre mal 12,
- plus aufsaugbare Zulagen, sofern sie die unten angeführten Gehaltsbestandteile betreffen, im Monatsdurchschnitt der letzten 2 Jahre mal 12
- plus Mehrarbeit, Überstunden und Zulagen:
Pauschalien im Austrittsmonat mal 12;
im Entgeltbegriff enthaltene im Durchschnitt
der letzten zwei Jahre, bewertet mit den
Entgeltansätzen des Austrittsmonates;
entgeltabhängige Anteile aufgewertet um
aliquote Biennalsprünge, maximal 20 % von
Der Bemessungsgrundlage für
Mehrarbeit, Überstunden und Zulagen.
Summe = Bemessungsgrundlage für Vorpensionszahlung.
Der Kläger bezog regelmäßig einmal jährlich die DAZ. Im Übrigen erhielt er bei seiner konkreten Tätigkeit neben seinem Gehalt keine Zulagen. Wenn er Überstunden leistete, wurden diese abgerechnet, eine Überstundenpauschale war nicht vereinbart. Im Verlauf des Jahres 1999 erfuhr der Kläger von dem Vorruhestandsmodell, das ihm auch seitens seines Arbeitgebers nahe gelegt wurde und er beschäftigte sich intensiv damit. Die Arbeitnehmer hatten auch die Möglichkeit, sich im Personalbüro beraten zu lassen, wenn sie an dem Vorruhestandsmodell Interesse hatten. Parallel dazu wandten sie sich auch an den Betriebsrat. Interessierten Arbeitnehmern, wie auch dem Kläger, wurde ein vorläufiges Berechnungsblatt ausgefolgt, damit sie abschätzen konnten, welche finanziellen Auswirkungen dieses Modell für sie hat. Die Berechnung ist deshalb nur vorläufig, weil sie oft längere Zeit vor Inanspruchnahme des Vorruhestandes liegt und aktuelle Zahlen über Entgelte und Zulagen im Austrittsmonat nicht bekannt sind. Gravierende Abweichungen können sich aber nicht ergeben. Dem Kläger wurde eine Vorruhestandsinformation vom 20. 10. 1999 ausgefolgt, in der das rechnerische Jahresbrutto- und das rechnerische Jahresnettoeinkommen enthalten ist, wobei in Klammer "vierzehn Gehälter" angeführt ist.
Die Zahlung der Vorpension ist in Punkt 6 der Betriebsvereinbarung dahingehend geregelt, dass anlässlich des Übertritts in die Vorpension der Arbeitnehmer als Akontozahlung auf die Vorpension drei Monatsbezüge des Aktiveinkommens als freiwillige Abfertigung mit der Endabrechnung ausbezahlt bekommt. Dieser Nettobetrag der freiwilligen Abfertigung wird sodann vom Gesamtbetrag der zugesagten Nettopension abgerechnet und der verbleibende Betrag als Vorpensionszahlungen auf den Zeitraum der Vorpension gleichmäßig aufgeteilt, wobei die Zahlung der Vorpension pro Jahr grundsätzlich in zwölf laufenden Monatszahlungen und zwei sonstigen Zahlungen erfolgt.
Der Kläger hatte neben dem bereits genannten Berechnungsblatt auch die Betriebsvereinbarung vom 20. 5. 1999 zur Verfügung und besprach die Angelegenheit mit einer Beraterin im Personalbüro und einem Betriebsrat. Er errechnete auch selbst sein Jahresnettoeinkommen, wobei er jedoch die DAZ hinzurechnete. Sein Monatsgehalt im März 2000 betrug S 47.430 brutto.
In einer Sitzung vom 13. 12. 1999 stimmte der Vorstand der erstbeklagten Partei dem Antrag des Klägers auf einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses zum 31. 5. 2001 bei Inanspruchnahme des Vorpensionsmodelles zu.
Die im vorliegenden Fall anzuwendende Betriebsvereinbarung vom 20. 5. 1999 war bis 31. 12. 2001 befristet. In der Folge wurde ein neues Modell vereinbart, wobei man das gesetzlich vorgesehene Instrument der Altersteilzeit nützte. Im Unterschied zu dem Vorpensionsmodell nach der Betriebsvereinbarung vom 20. 5. 1999 bestehen die Dienstverhältnisse der Arbeitnehmer, die das Nachfolgemodell in Anspruch nehmen, weiterhin bis zum tatsächlichen Pensionsantritt aufrecht.
Der Kläger begehrt 5.048,93 EUR brutto samt gestaffelten Zinsen mit der Begründung, die seit 1977 gewährte Dienstalterszulage sei in die Berechnungsgrundlage des Vorruhestandsbezuges einzubeziehen. Das ergebe sich aus der Textierung des Punktes 5 der Betriebsvereinbarung.
Die beklagten Parteien wenden ein, die aufgrund des Punktes 5 der Betriebsvereinbarung einzubeziehenden Zulagen seien taxativ aufgezählt. Die Dienstalterszulage sei nicht enthalten und nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Bei der Dienstalterszulage handle es sich um eine einmal jährlich zur Auszahlung gelangende Treueprämie. Von der letzten Position des Punktes 5 der Betriebsvereinbarung seien lediglich monatlich gewährte, mit Mehrleistungen in Zusammenhang stehende Zulagen umfasst.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Eine Auslegung der entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Betriebsvereinbarung nach §§ 6 und 7 ABGB ergebe, dass die Dienstalterszulage aufgrund ihrer Höhe und ihrer Bedeutung und aufgrund der Tatsache, dass sie einmal jährlich ausgezahlt werde, im ersten Absatz des Punktes 5 zu berücksichtigen gewesen wäre. Dem gegenüber seien vom letzten Punkt des zweiten Absatzes in Punkt 5 der Betriebsvereinbarung nur monatlich gewährte Zulagen umfasst, die mit einer bestimmten Arbeitsleistung in Verbindung stünden.
Über Berufung der klagenden Partei änderte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes teilweise ab und verpflichtete die beklagten Parteien mit Teilurteil zur Zahlung von 3.393,17 EUR sA. Im Übrigen, somit im Umfang eines Begehrens von 1.655,76 EUR sA hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Arbeitsrechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien, weil von der Frage der Auslegung der Betriebsvereinbarung eine nicht unerhebliche Zahl von Arbeitnehmern betroffen sei.
Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, dass im letzten Punkt des zweiten Absatzes von Punkt 5 der Betriebsvereinbarung der nicht näher definierte Begriff "Zulagen" aufscheine, während zuvor konkret einzelne Zulagen samt ihrer Berechnung angeführt worden seien. Der Begriff einer Zulage sei vieldeutig. Darunter könne sowohl eine Remuneration, eine Prämie oder aber ein gewöhnlicher Entgeltbestandteil verstanden werden. Teilweise würden auch echte Aufwandsentschädigungen als Zulagen bezeichnet. Die Dienstalterszulage sei ihrem Wesen nach Entgeltbestandteil. Sie drücke einerseits Treueaspekte aus, andererseits honoriere sie aber auch die Erfahrung eines Mitarbeiters mit langer Betriebszugehörigkeit. Ein Zusammenhang mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers sei daher nicht auszuschließen. Aus der Verwendung des nicht näher definierten Begriffes "Zulage" könne nur abgeleitet werden, dass eine als Zulage gewährte Zuwendung des Dienstgebers, die einen Entgeltbestandteil darstelle, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sei. Die Formulierungen in diesem Punkt ließen nicht erkennen, dass die genannten Zulagen auf monatlich gewährte Zulagen einzuschränken seien. Das Klagebegehren bestehe daher dem Grunde nach zu Recht. Eine Abänderung komme lediglich bezüglich des von den beklagten Parteien rechnerisch zugestandenen Betrages in Betracht. Im Übrigen sei das Urteil des Erstgerichtes zur Erörterung der Höhe des Klagebegehrens aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Das dagegen von den beklagten Parteien erhobene Rechtsmittel ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass die beklagten Parteien zwar ihr Rechtsmittel nur als "Revision" bezeichnen, inhaltlich aber - was sich durch einen Hinweis auf das Revisionsinteresse von 5.048,93 EUR sA, auf die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung als "Berufungsentscheidung" und schließlich aus dem erkennbar das gesamte Begehren umfassenden Abänderungsantrag ergibt - auch den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes bekämpfen. Die Revision der beklagten Parteien ist daher auch ohne ausdrückliche Bezeichnung als Revision und Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes zu verstehen (siehe § 84 Abs 2 ZPO sowie RIS-Justiz RS0036258).
Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass der hier maßgebliche Punkt 5. der Betriebsvereinbarung vom 20. 5. 1999 nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen ist (RIS-Justiz RS0050963; ARD 5426/13/2003). Unter den ersten Abschnitt des Punktes 5 der Betriebsvereinbarung ("Berechnungsgrundlage") fällt die Dienstalterszulage jedenfalls nicht. Auch die im 2. Abschnitt von Punkt 5 aufgezählten konkreten Zulagen (Familienzulage; Zählerableseprämie; Betriebszulage; monatliche Funktionszulage ZBR; aufsaugbare Zulagen) enthalten die Dienstalterszulage nicht. Es ist daher zu prüfen, ob sie unter den letzten Unterpunkt des 2. Abschnittes von Punkt 5, der die Überschrift "plus Mehrarbeit, Überstunden und Zulagen" trägt, subsumiert werden kann: Das ist mit dem Erstgericht zu verneinen: Um "Pauschalien im Austrittsmonat x 12" handelt es sich bei der einmal jährlich gewährten Dienstalterszulage jedenfalls nicht. Eine Einordnung unter "im Entgeltbegriff enthaltene im Durchschnitt der letzten zwei Jahre, bewertet mit den Entgeltansätzen des Austrittsmonats; "oder entgeltabhängige Anteile, aufgewertet um aliquote Biennalsprünge" kommt ebenfalls nicht in Betracht: Auch wenn der klagenden Partei zuzugestehen ist, dass diese letzte Definition die Annahme einer taxativen Aufzählung sämtlicher in die Bemessungsgrundlage einzubeziehender Zulagen ausschließt, so ist doch davon auszugehen, dass bereits die Überschrift dieses Unterpunktes "plus Mehrarbeit, Überstunden und Zulagen" impliziert, dass es sich bei den in die Bemessungsgrundlage einzuberechnenden Beträgen um Entgelte handeln muss, die mit einer konkreten Mehrleistung des Arbeitnehmers in einem Zusammenhang stehen. Die nach den Feststellungen für eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit gewährte Dienstalterszulage, die einmal jährlich ausgezahlt wird, dient hingegen - etwa im Unterschied zu Überstundenmehrleistungen - gerade nicht der Honorierung von Mehrleistungen.
Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Begriff der "Zulage" im Arbeitsrecht unterschiedlich gebraucht wird, weshalb der Verwendung dieses Begriffes keine eindeutige Aussagekraft zugemessen werden kann. Vor allem aber spricht für die Auslegung des Erstgerichtes, dass sich die Aufzählung im 2. Abschnitt des Punktes 5 der Betriebsvereinbarung erübrigen würde, wollte man ganz generell alle dem Arbeitnehmer aus welchem Titel immer gewährten Zulagen in die Bemessungsgrundlage einbeziehen. Auch bezüglich der Systematik ist den Ausführungen der beklagten Parteien zu folgen, wonach nämlich der 2. Abschnitt dieses Punktes 5 der Betriebsvereinbarung erkennbar monatlich zu zahlende Beträge betrifft. Die im 1. Abschnitt des Punktes 5 der Betriebsvereinbarung nicht genannte und unter den 2. Abschnitt mit der Überschrift "Mehrarbeit, Überstunden und Zulagen" aus den dargelegten Gründen nicht subsumierbare Dienstalterszulage hat bei der Errechnung der Bemessungsgrundlage für die Vorpensionszahlung außer Betracht zu bleiben.
Die Rechtssache ist daher im Sinne einer gänzlichen Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichtes spruchreif.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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