Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Bereits in einem Vorverfahren zwischen den beiden Streitparteien wurden vom klagenden Handelsvertreter Ansprüche aus der fristwidrigen Auflösung des Handelsvertretervertrages durch die Beklagte durch Aufkündigung zum 30. 4. 2000 statt zum 30. 4. 2001 geltend gemacht und die Zuerkennung der Ansprüche für Mai und Juni 2000 begehrt. Im Vorverfahren wurde von der fristwidrigen Kündigung durch die Beklagte ausgegangen.
Nunmehr macht der Kläger mit seiner am 12. 3. 2003 eingebrachten Klage die restlichen Ansprüche aus der behaupteten fristwidrigen Auflösung von Juli 2000 bis April 2001 geltend.
Die Beklagte hat im vorliegenden Verfahren nur noch Verjährung eingewendet und sich gegen die Berechnung der Höhe der geltend gemachten Ansprüche gewendet.
Das Erstgericht hat mit seinem Zwischenurteil festgestellt, dass die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach zu Recht bestehen. Es ist davon ausgegangen, dass ein Ersatzanspruch gemäß § 23 Abs 1 HVertrG vorliege, der innerhalb von drei Jahren geltend gemacht worden sei und nicht verjährt sei, da die Verjährungsregel des § 1489 ABGB und nicht jene der §§ 34 AngG bzw § 1162d ABGB heranzuziehen sei. Auch die Sonderbestimmung des § 18 HVertrG komme nicht zur Anwendung, da diese nur auf Ansprüche abstelle, für die eine Abrechnung vorgesehen sei.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Zwischenurteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es beurteilte den einleitend dargestellten Sachverhalt rechtlich im Wesentlichen dahin, dass § 18 HVertrG für alle Ansprüche eine Verjährungsfrist von drei Jahren vorsehe, die auch eingehalten worden sei. Dies entspreche auch dem Willen des historischen Gesetzgebers. Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der hier maßgeblichen Rechtsfrage der Verjährung als zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Beklagte macht im Wesentlichen erneut geltend, dass nach der Rechtslage bis zum Inkrafttreten des HVertrG davon auszugehen gewesen sei, dass sich die Verjährungsfrist des § 17 HVG nur auf Provisionsansprüche und Ansprüche auf Barauslagenersatz bezogen habe und im Übrigen die Bestimmungen des ABGB heranzuziehen gewesen seien, damit auch jene des § 1162d ABGB. Nach dieser sei für Ansprüche wegen vorzeitigen Austritts oder vorzeitiger Entlassung eine 6-monatige Frist vorgesehen. Daran habe auch das HVertrG nichts geändert. Es sei die Bestimmung des § 1162d ABGB anzuwenden.
§ 23 Abs 1 HVertrG ordnet an, dass dann, wenn einen Teil ein Verschulden an der vorzeitigen Auflösung eines Vertragsverhältnisses nach § 22 HVertrG trifft, der andere Teil den Ersatz des ihm dadurch verursachten Schadens verlangen kann. Weiters ist vorgesehen, dass dann wenn ein Teil das "Vertragsverhältnis" ohne wichtigen Grund vorzeitig löst, der andere Teil die Erfüllung des Vertrages oder den Ersatz des ihm verursachten Schadens verlangen kann, ebenso wenn dieses Vertragsverhältnis entgegen der Vorschrift des § 21 HVertrG, der die Regelungen über die Kündigung enthält, aufgelöst wurde.
Es werden also von § 23 HVertrG ausdrücklich sowohl die Ansprüche auf Erfüllung des Vertrages als auch die hier geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz des verursachten Schadens aus der unrichtigen Auflösung des "Vertragsverhältnisses" erfasst.
§ 18 Abs 1 HVertrG sieht folgendes vor:
"Alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter verjähren in drei Jahren."
Im Folgenden finden sich dann noch Bestimmungen hinsichtlich des Beginnes der Verjährungsfrist für Ansprüche, die in die Abrechnung einbezogen werden bzw für solche, bei denen das nicht der Fall ist (§ 18 Abs 2 HVertrG) und letztlich hinsichtlich der Hemmung der Verjährung durch eine entsprechende Anmeldung der Ansprüche bis zur schriftlichen Beantwortung durch den Unternehmer (§ 18 Abs 3 HVertrG).
Die Regierungsvorlage zum HVertrG 1993 (578 der BlgNR 18. GP, 13) sah dazu folgendes vor:
"Zum § 18:
Anders als die vergleichbare Regelung des § 88 des deutschen HGB erfaßt die geltende Verjährungsbestimmung des § 17 nicht sämtliche Ansprüche aus dem Handelsvertreterverhältnis, sondern nur Provisionsansprüche und den Anspruch auf Auslagenersatz. Hinsichtlich der sonstigen Ansprüche, insbesondere der diversen Hilfsansprüche wie Kontrollrechte, war es bisher notwendig, im Wege der Auslegung entweder das allgemeine Verjährungsrecht oder § 17 HVG analog anzuwenden (vgl Jabornegg, aaO, 421). Es wird daher im Interesse einer zweckmäßigen und sachgerechten einheitlichen Lösung im Abs 1 eine einheitliche Verjährungsvorschrift für sämtliche Ansprüche aus dem Handelsvertreterverhältnis normiert.
Abs 2 und 3 bleiben inhaltlich unverändert".
Sowohl aus dem Wortlaut des § 18 Abs 1 HVertrG, der alle Ansprüche aus dem "Vertragsverhältnis" erfassen soll aber auch aus dem eindeutigen Willen des historischen Gesetzgebers, dem es offensichtlich um eine Ausweitung der Regelungen des HVertrG hinsichtlich der Verjährung ging, ist also abzuleiten, dass die hier geltend gemachten Ansprüche im Sinne des § 23 HVG ebenfalls von der allgemeinen Verjährungsregel des § 18 Abs 1 HVertrG erfasst sind. Die frühere Verjährungsbestimmung des § 17 Abs 1 HVG bezog sich ja ausdrücklich nur auf Provisionen und den Ersatz der Barauslagen (vgl dazu auch die in den Erläuterungen angezogene Literaturstelle Jabornegg Handelsvertreter - und Maklerrecht4, 421).
Im Übrigen könnte die Annahme der Beklagten, dass hier die 6-Monatsfrist des § 1162d ABGB zur Anwendung gelangen würde, die Vollständigkeit der Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. 12. 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter, deren Umsetzung ja das Handelsvertretergesetz 1993 dienen sollte (vgl RV 578 der BlgNR 18. GP) teilweise in Frage stellen. Sieht doch Art 17 Abs 5 der Richtlinie vor, dass der Handelsvertreter seinen Anspruch auf Ausgleich und auch auf Schadenersatz bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dann nicht verlieren darf, wenn er innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitteilt, dass er seine Rechte geltend macht.
Insgesamt vermag es die Beklagte jedenfalls nicht, aufzuzeigen, inwieweit hier eine analoge Anwendung die Bestimmung der §§ 34 AngG und 1162d ABGB trotz der inhaltlichen Unterschiede in den Rechtsverhältnissen (vgl OGH 19. 9. 2002 8 ObA 56/02x = EvBl 2003/25 ua) und der eindeutigen Regelung des § 18 Abs 1 HVertrG geboten wäre. Insgesamt war daher der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG sowie §§ 393 Abs 4 und 52 Abs 2 ZPO.
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