OGH 8ObA303/95

OGH8ObA303/958.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinz Paul und Helmut Stöcklmayer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr.Herzeleide Z*****, vertreten durch Dr.Reinhard Schwarzkogler, Rechtsanwalt in Lambach, wider die beklagte Partei V***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer, Dr.Alfred Hawel, Dr.Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung (Feststellungsinteresse S 500.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Juni 1995, GZ 11 Ra 34/95-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Jänner 1995, GZ 15 Cga 204/93-26, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt wird.

Dem gegen das erstgerichtliche Urteil erhobenen Kostenrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei hat die darauf entfallenden Kosten selbst zu tragen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 56.989,80 (darin S 9.498,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Verfahren zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist seit 17.6.1985 bei der Beklagten in der Abteilung Forschung, Entwicklung und Qualitätswesen beschäftigt. Sie war zuletzt stellvertretende Abteilungsleiterin, verrichtete ihre Arbeit untadelig und wurde zuletzt von der Beklagten Ende 1989 für ihren außerordentlichen, weit über das normale Maß hinausgehenden Arbeitseinsatz unter Zuerkennung einer Prämie von S 5.000 belobigt. Im Jahr 1990 erkrankte die Klägerin und wies Symptome der multiplen Sklerose auf. Sie hatte motorische Störungen, konnte längere Wegstrecken nicht mehr zurücklegen und litt an einem Zittern der rechten Hand. Es war ihr daher unmöglich, mit der rechten Hand zu schreiben und sie versuchte seitdem schriftliche Arbeiten mit der linken Hand am Computer zu erledigen. Wegen dieser Krankheit war die Klägerin seit Jänner 1991 bei einem Arzt in Behandlung. Psychische Auswirkungen hatte die Krankheit nicht. Ab dem Jahr 1991 war die Beklagte mit den Arbeitsleistungen der Klägerin nicht mehr zufrieden. Dies teilten die Vorgesetzten der Klägerin mit und betrauten sie in weiterer Folge mit immer weniger Aufgaben im Betrieb. Die Ursache lag einerseits darin, daß die Klägerin aufgrund ihrer Krankheit nur mehr beschränkt einsetzbar war - sie konnte Messungen vor Ort nicht mehr durchführen und wurde daher vorwiegend im Büro eingesetzt - und andererseits in der Tatsache, daß aufgrund einer Umstrukturierung der Abteilung für die Klägerin letztlich keine Aufgaben mehr vorhanden waren. Die Klägerin behielt zwar ihre Position als Abteilungsleiter-Stellvertreterin, die daraus resultierende Funktion fiel jedoch zunehmend weg. Die Klägerin bemängelte des öfteren, daß man ihr keine Aufgaben mehr übertrage, sie zu internen Besprechungen nicht zugezogen werde und sie keine Informationen mehr erhalte. Am Beginn dieser Entwicklung erklärten die Vorgesetzten der Klägerin, daß sie innovativ sein und die Arbeit selbst suchen müsse. Anfang 1992 wurde der Klägerin kein Biennalsprung zuerkannt. Dies stellte eine nach den Gepflogenheiten der Beklagten außergewöhnliche Maßnahme dar.

Mit Bescheid vom 30.7.1992 wurde vom Landesinvalidenamt für Oberösterreich festgestellt, daß die Klägerin ab 14.7.1992 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehöre. Der Grad ihrer Behinderung wurde mit 60 % festgestellt.

Im Sommer 1992 wurde der Klägerin von der Beklagten die einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses nahegelegt, wobei ihr zusätzlich zur gesetzlichen Abfertigung eine freiwillige Abfertigung in Höhe des Entgelts für die fiktive Kündigungsfrist und für einen weiteren Monat angeboten wurde. Diesen Vorschlag lehnte die Klägerin ebenso wie bei zwei weiteren Gesprächen im Jahre 1993 ab, wobei sie im August 1993 auf einen entsprechenden Vorschlag ihres Vorgesetzten erklärte, daß sie einer einvernehmlichen Auflösung nur dann zustimmen würde, wenn sie S 15,000.000 bekäme. Damit wollte sie zum Ausdruck bringen, daß sie von den Angeboten der Beklagten nichts halte. Ihr Vorgesetzter erklärte in diesem Gespräch, daß man versuchen werde, die Klägerin gerichtlich zu kündigen und daß eine behinderte Sekretärin aus einem anderen Bereich ebenfalls erfolgreich gekündigt worden sei.

Mit Schreiben vom 16.8.1993 wurde die Klägerin von der Beklagten darüber informiert, daß ihr Arbeitsplatz eingespart werden müsse. Es wurde ihr empfohlen, sich sowohl bei der Beklagten als auch außerhalb des Unternehmens um einen anderen Arbeitsplatz umzusehen. Neuerlich wurde ihr eine Auflösung im beiderseitigen Einvernehmen unter Wahrung der gesetzlichen Abfertigungsansprüche sowie Zahlung einer darüber hinausgehenden freiwilligen Abfertigung angeboten. Im August 1993 verlangte der der Klägerin vorgesetzte Abteilungsleiter von ihr den Zentralschlüssel mit der Begründung, es sei üblich, daß man den Schlüssel abgebe, wenn man gekündigt werde. Er wolle der Klägerin einen Schlüssel geben, der nur für ihr Zimmer paßt. Die Klägerin weigerte sich mit der Erklärung, daß sie noch nicht gekündigt sei.

Aufgrund der beschriebenen Situation stand die Klägerin im Sommer 1993 unter erhöhtem psychischen Druck. Um diesen Druck abzubauen, kam sie mit ihrem behandelnden Arzt überein, ihm während seines Urlaubes im August 1993 jede Woche einen Brief über ihre beruflichen Probleme zu schreiben. Dies tat die Klägerin einige Male und fühlte sich dadurch jeweils psychisch erleichtert. Am 27.8.1993 richtete die Klägerin ein derartiges Schreiben an ihren behandelnden Arzt mit folgendem Inhalt:

"Sehr geehrter Herr Dr. P. .....

Am Freitag voriger Woche hat mir mein Chef feierlich ein Schreiben überreicht. Inhalt: Der V. ...gehts schlecht und leider ist von den Sparmaßnahmen auch mein Arbeitsplatz betroffen. Ende der Durchsage! Konkreter traut man sich scheinbar noch immer nicht zu werden. Strategie ist offenbar primitivster Psychoterror. In so einer Situation soll ich mich vielleicht auch noch, zum Gaudium der verstaatlichten Trottel, selbst entleiben? So gerne ich es an und für sich täte, muß ich leider sagen: Bitte warten! Glück auf!"

Dieses Schreiben gab die Klägerin in ein Kuvert der Beklagten ohne sich selbst als Absender zu bezeichnen. Sie adressierte es an ihren Arzt, wobei ihr jedoch ein Irrtum bei der Ortsbezeichnung unterlief. Das Poststück langte daher als unzustellbar zurück und wurde in der zentralen Poststelle der Beklagten geöffnet. Die Vorgesetzten der Klägerin konfrontierten sie in der Folge mit dem Inhalt dieses Schreibens. Die Klägerin zeigte sich äußerst verwundert und überrascht, distanzierte sich jedoch weder vom Inhalt des Schreibens noch entschuldigte sie sich. Vielmehr erklärte sie, daß das Schreiben nur für ihren Arzt bestimmt gewesen sei und sie im Privatbereich machen könne, was sie wolle. Angesprochen auf die Stelle:

"verstaatlichte Trottel" erklärte die Klägerin zynisch: "Wenn Sie sich angesprochen fühlen". Die Vorgesetzten der Klägerin fühlten sich sowohl durch den Inhalt des Schreibens als auch durch die Reaktion der Klägerin auf die Konfrontation mit diesem aufs Gröbste beleidigt, weshalb der Klägerin unmittelbar nach diesem Gespräch das bereits zuvor verfaßte Entlassungsschreiben ausgehändigt wurde.

Mit ihrer am 15.9.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin zuletzt die Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses. Sie habe die ihr übertragenen Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit der Beklagten erfüllt. Das Schreiben an den behandelnden Arzt sei durch die hohe psychische Anspannung aufgrund der Situation am Arbeitsplatz erklärlich. Die Form, ihre Probleme dem Arzt schriftlich bekanntzugeben, sei ein Teil der Behandlung gewesen. Ihr Verhalten sei entschuldbar, weil es sich bei dem Vorfall um eine erstmalige, in höchster Aufregung nach mehr als achtjähriger Dienstzeit erfolgte briefliche Äußerung an ihren behandelnden Arzt gehandelt habe. Vorsichtshalber werde die Verspätung der Entlassung eingewendet. Die Klägerin sei arbeitsbereit, die Beklagte habe ihr jedoch das Betreten des Betriebsgeländes untersagt.

Die Beklagte wendete dagegen ein, daß sie in den letzten Jahren mit der Arbeit der Klägerin unzufrieden gewesen sei, weil diese schlechte Leistungen erbracht habe und in der Abteilung von den anderen Mitarbeitern nicht akzeptiert worden sei. Zu einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses sei es wegen der überzogenen Forderungen der Klägerin nicht gekommen. Der inkriminierte Brief stelle eine grobe Ehrverletzung gegenüber Mitarbeitern der Beklagten dar. Mit dem Inhalt des Schreibens konfrontiert, habe die Klägerin weder mit Bestürzung noch mit Bedauern reagiert und habe auch nicht versucht, sich vom Inhalt des Schreibens zu distanzieren oder sich zu entschuldigen. Sie habe vielmehr äußerst kühl mit den Worten "wenn Sie sich angesprochen fühlen" reagiert und dadurch deutlich zu erkennen gegeben, daß sie ihre schriftlichen Äußerungen aufrecht erhalte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin die mit S 84.693,60 bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen. Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen führte es in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Klägerin den Entlassungsgrund des § 27 Z 6 dritter Fall AngG nicht gesetzt habe. Die Klägerin habe keine auf Ehrverletzung gerichtete Absicht gehabt, da das Schreiben ausschließlich an ihren Vertrauensarzt gerichtet gewesen sei. Selbst wenn man vom Vorliegen einer erheblichen Ehrverletzung ausgehen wollte, sei diese nach den Umständen entschuldbar gewesen, da die Klägerin unter erheblichem psychischen Druck gestanden sei. Dies habe auch auf die Äußerungen der Klägerin anläßlich des Vorhaltes des Schreibens durch ihre Vorgesetzten zugetroffen, da die Klägerin über die Tatsache, daß die Beklagte im Besitz des Schreibens war, völlig überrascht gewesen sei. Zur Kostenentscheidung führte das Erstgericht unter anderem aus, daß für die beiden vom Klagevertreter verrichteten Verhandlungen nur der einfache Einheitssatz zuzusprechen gewesen sei, weil die Klägerin einen in Linz ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung hätte beauftragen können.

Mit der angefochtenen Entscheidung änderte das Gericht zweiter Instanz das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Die Klägerin wurde mit ihrem Kostenrekurs auf diese Entscheidung verwiesen. Das Berufungsgericht übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen und ging in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, daß das Verhalten der Klägerin den Entlassungsgrund der erheblichen Ehrverletzung verwirklicht habe. Zwar sei durch das vertrauliche Schreiben der Klägerin an ihren Hausarzt kein Entlassungsgrund gesetzt worden, es müsse jedoch davon ausgegangen werden, daß die Klägerin im Gespräch mit ihren Vorgesetzten die in dem Schreiben enthaltenen Beleidigungen in frecher und zynischer Weise wiederholt habe, wodurch sich zumindest einer ihrer Gesprächspartner zu Recht beleidigt gefühlt habe. Die Klägerin habe nämlich durch ihr Verhalten unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie ihn für einen "verstaatlichten Trottel" halte. Bei der akademische Bildung aufweisenden stellvertretenden Leiterin einer Abteilung sei ein solches Verhalten auch dann nicht zu tolerieren, wenn sie aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes und der angespannten dienstlichen Situation unter psychischem Druck stehe. Daß dieser Druck bei dem gegenständlichen Gespräch nicht so groß gewesen sein dürfte zeige die freche und provozierende Antwort der Klägerin, wodurch sich ihr Verhalten nicht als spontane Unmutsäußerung in einer psychischen Zwangslage, sondern als Ausdruck beleidigender Geringschätzung gegenüber den Vorgesetzten darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revision der Klägerin kommt Berechtigung zu.

Vorweg ist klarzustellen, daß ein außerdienstliches Verhalten eine Entlassung nur dann rechtfertigen kann, wenn zwischen der erheblichen Ehrverletzung und dem Arbeitsverhältnis ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und die Ehrverletzung geeignet ist, sich auf das Arbeitsverhältnis oder auf den Betrieb auszuwirken (Kuderna Entlassungsrecht2 124). Zu Recht kommt daher die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung nicht mehr darauf zurück, daß der Inhalt des Schreibens an sich den Entlassungsgrund darstellen könnte, sondern stellt ausschließlich auf das Verhalten der Klägerin im Zeitpunkt der Konfrontation mit dem Inhalt des Schreibens durch die Vorgesetzten ab.

Gemäß § 27 Z 6 dritter Fall AngG muß die Ehrverletzung erheblich sein, um die Entlassung begründen zu können. Sie muß daher im besonderen Maß ehrverletzend sein und es muß der Äußerung Verletzungsabsicht zugrunde liegen. Bloß ungehörige oder abstoßende Äußerungen oder vergleichsweise geringfügige Ehrverletzungen erfüllen den Tatbestand nicht. Entscheidend ist, ob die Ehrenbeleidigung nach ihrer Art und den Umständen, unter denen sie erfolgt, von einem Menschen mit normalem Ehrgefühl nicht anders als mit dem sofortigen Abbruch der Beziehungen beantwortet werden kann (ArbSlg 10.106; 9 Ob 49/95). Auch eine einmalige, nach den dargestellten Grundsätzen als erheblich zu beurteilende Beleidigung reicht zu einer Entlassung aus, selbst wenn der Dienstnehmer sonst noch keine nennenswerten Anstände gehabt hat (ArbSlg 9111). Nervosität und Unbeherrschtheit des Dienstnehmers können einen von ihm gesetzten Entlassungsgrund der groben Beleidigung grundsätzlich nicht entschuldigen (ArbSlg 9188). Eine an sich erhebliche Ehrverletzung bildet aber auch dann keinen Entlassungsgrund, wenn besondere Umstände wie etwa die Erregung über vorhergegangenes Verhalten des Gekränkten sie als entschuldbar erscheinen lassen (ArbSlg 7961; 9188). Es ist zutreffend, daß als ausreichender Entschuldigungsgrund grundsätzlich nur die Entrüstung über ein unmittelbar vorausgegangenes Verhalten des später Gekränkten angesehen wird (Kuderna aaO 123). Allerdings ist bei fortgesetztem Verhalten des Dienstgebers, welches gravierend berechtigte Interessen des Dienstnehmers verletzt, an das die Entrüstung auslösende Verhalten des Dienstgebers ein weniger strenger Maßstab anzulegen als bei einem bis zu dem Vorfall völlig unbelasteten Verhältnis zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages.

Unter diesem Gesichtspunkt ist vorerst in Erinnerung zu rufen, daß die Klägerin seit Juli 1992 dem Kreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) angehört. Gemäß § 6 Abs 1 BEinstG haben Dienstgeber bei der Beschäftigung von begünstigten Behinderten auf deren Gesundheitszustand jede nach Beschaffenheit der Betriebsgattung und nach Art der Betriebsstätte und der Arbeitsbedingungen mögliche Rücksicht zu nehmen. Es besteht somit ergänzend zum allgemeinenn Arbeitnehmerschutz eine besondere Fürsorgepflicht des Dienstgebers, welche ihn insbesondere dazu verhält, dem behinderten Dienstnehmer einen Arbeitsplatz zuzuweisen, an dem er seine Kenntnisse und Fähigkeiten möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann (Ernst/Haller, Behinderteneinstellungsgesetz 171 f). Es war daher nicht Sache der Klägerin, sich im Betrieb der Beklagten geeignete Arbeit zu suchen, sondern wäre es an der Beklagten gelegen, entsprechende, die Klägerin fördernde Maßnahmen zu treffen. Selbst wenn Gründe vorgelegen hätten, aus denen eine Kündigung der Klägerin als erfolgversprechend hätte angesehen werden können, berechtigte das die Beklagte nicht dazu, zur Vermeidung eines Prozesses in der sich aus den Feststellungen ergebenden Form Druck auf die Klägerin auszuüben um diese so zur einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses zu zwingen. Dieses trotz des angegriffenen Gesundheitszustandes der Klägerin durch einen längeren Zeitraum ohne erkennbare menschliche Rücksichtnahme fortgesetzte Verhalten mußte von einem bis zu seiner Erkrankung untadeligen, ja sogar wegen seines Arbeitseinsatzes belobigten Arbeitnehmer als in hohem Maße ungerechtfertigt empfunden werden.

In dieser durch das Schreiben vom 16.8.1993, welches das Gesetz des Handelns wieder der Klägerin zuschob, noch verschärften Situation mußte der Klägerin der völlig überraschende Vorhalt ihres an ihren Arzt gerichteten Schreibens besonders ungewöhnlich und existenzbedrohend erscheinen. Mag die Klägerin bei diesem Gespräch äußerlich auch kühl und ruhig erschienen sein, lag für sie zweifelsohne eine Ausnahmesituation vor. Es reicht daher schon die Erregung über den Vorhalt des nicht für die Beklagte bestimmten Schreibens aus, um das festgestellte Verhalten der Klägerin zu entschuldigen.

Es muß daher nicht erörtert werden, ob die Klägerin überhaupt eine erhebliche Ehrverletzung begangen hat oder ob ihre Äußerung lediglich als ungehörig zu qualifizieren wäre.

In Stattgebung der Revision war daher das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Als Folge dessen hatte der Oberste Gerichtshof über den gegen den erstinstanzlichen Kostenausspruch erhobenen Rekurs der Klägerin zu entscheiden. Hiezu war zu erwägen:

Die Klägerin bemängelt ausschließlich, daß ihr für zwei Verhandlungen nicht der doppelte Einheitssatz zuerkannt wurde, da das Einschreiten des Klagevertreters der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienlich gewesen sei, zumal dieser die Klägerin in dieser Rechtsangelegenheit schon seit März 1992 vertreten habe. Der Oberste Gerichtshof folgt bei Beurteilung dieser Rechtsfrage der bisherigen Judikatur der Gerichte erster und zweiter Instanz (vgl MGA, JN und ZPO14 § 41 ZPO E 119-123), wonach die Mehrkosten der Bestellung eines nicht am Wohnort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes dann als notwendig anzusehen sind, wenn die Besonderheiten des Rechtsstreites die Bestellung eines Rechtsanwaltes des besonderen Vertrauens der Partei rechtfertigt. Entgegen der im Rekurs vertretenen Ansicht kommt es dabei nicht darauf an, daß der Anwalt die Partei in derselben Rechtssache bereits vorprozessual vertreten hat, sondern ausschließlich darauf, warum er überhaupt von der Partei bevollmächtigt wurde. Gemäß § 54 Abs 1 ZPO hat die Partei, welche Kostenersatz anspricht, bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruches nicht nur das Verzeichnis der Kosten, sondern auch die zur Bescheinigung der Ansätze und Angaben dieses Verzeichnisses erforderlichen Belege dem Gerichte zu übergeben. Schreitet somit ein auswärtiger Anwalt ein, ist es ausschließlich seine Sache, spätestens anläßlich der Überreichung des Kostenverzeichnisses das Vorliegen eines besonderen Vertrauensverhältnisses zumindest zu behaupten (allenfalls auch zu bescheinigen), indem er etwa dartut, daß er die Partei auch in anderen Rechtsangelegenheiten bereits vertreten habe. Da derartiges Vorbringen im Verfahren nicht erstattet wurde, hat das Erstgericht schon aus diesem Grund den doppelten Einheitssatz für außerhalb des Kanzleisitzes des Rechtsanwaltes verrichtete Tagsatzungen (§ 23 lit d aa RATG) zu Recht nicht zugesprochen.

Die Entscheidung über die Kosten der Verfahren zweiter und dritter Instanz gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO, wobei für die Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Linz aus den dargestellten Erwägungen ebenfalls nur der einfache Einheitssatz zuzusprechen war.

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