OGH 8ObA27/02g

OGH8ObA27/02g21.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Kuras sowie durch die fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Elmar Peterlunger und ADir. Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Helga R*****, vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei J*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Günther Clementschitsch, Rechtsanwalt in Villach, wegen 10.788,03 EUR, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. September 2001, GZ 8 Ra 127/01k-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. März 2001, GZ 33 Cga 235/00b-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 686,89 EUR (darin enthalten 114,48 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die mangelnde Berechtigung der von der Beklagten ausgesprochenen Entlassung zutreffend bejaht, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung zu verweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Die Beklagte hat der im Zeitpunkt der Entlassung bereits über 11 Jahre zur Zufriedenheit beschäftigten Klägerin schon im Zuge der Einstellungsgespräche ausdrücklich erlaubt, kurzfristige private Besorgungen auch während der Dienstzeit zu erledigen. Auch war das Verlassen der Geschäftsräumlichkeiten schon wegen der fehlenden Toiletten und des mangelnden Telefonanschlusses erforderlich. Am Tag der Entlassung hat die Klägerin noch vor dem geplanten Beginn ihrer Dienstzeit - ohne dies geltend zu machen - Verrichtungen für die Beklagte erbracht. Sie hat dann nur gegen 18.00 Uhr das von ihr betreute Geschäftslokal für einen kurzfristigen Einkauf von Lebensmitteln verlassen, was auch von dem sie beobachtenden Geschäftsführer der Beklagten vorerst geduldet wurde und erst am nächsten Tag zur Entlassung führte. Der von der Beklagten geltend gemachte Entlassungsgrund des § 27 Z 4 erster Tatbestand AngG wonach ein Angestellter dann entlassen werden kann, wenn dieser ohne rechtmäßigen Hinderungsgrund, während einer den Umständen nach erheblichen Zeit die Dienstleistung unterlässt, erfordert nicht nur, dass der Arbeitgeber Behauptungen aufstellt, aus denen sich - eine hier nicht offensichtliche - Erheblichkeit des Dienstversäumnisses ergibt (vgl zuletzt OGH 15. 11. 2001, 8 ObA 264/01h), sondern kann schon deshalb nicht vorliegen, da der Klägerin von der Beklagten sogar ausdrücklich die Verrichtung kurzfristiger privater Besorgungen während der Dienstzeit gestattet wurde. Soweit sich die Beklagte nunmehr darauf beruft, dass es sich dabei nur um notwendige Erledigungen gehandelt habe, die keinen Aufschub geduldet hätten und dies auf die Lebensmitteleinkäufe nicht zuträfe, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie es insofern jedenfalls schon an einer klaren Anweisung hat mangeln lassen und dies zu ihren Lasten

ausschlägt (vgl etwa OGH 4. 10. 2000, 9 ObA 216/00f = ASOK 2001, 164

= infas 2001 A 18; ähnlich OGH 20. 9. 2000, 9 ObA 211/00w und OGH 15. 11. 2001, 8 ObA 264/01h). Schon der Umstand, dass der Klägerin hier ja auch ausdrücklich die kurzfristige Verrichtung privater Besorgungen während der Dienstzeit gestattet wurde unterscheidet den vorliegenden Fall auch von den von der Beklagten herangezogenen Entscheidungen etwa jener des Obersten Gerichtshofes vom 25. 9. 1984 zu Arb 10.379, in der es um eine unberechtigte Verlängerung eines Urlaubes ging.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist aus der Feststellung, dass der Klägerin ausdrücklich die Verrichtung kurzfristiger privater Besorgungen während der Dienstzeit gestattet wurde, ausreichend ersichtlich, dass es sich dabei auch um kleine Lebensmittelbesorgungen gegen Ende der Dienstzeit und vor Schluss der Lebensmittelgeschäfte handeln kann. Dem Umstand, dass die genaue - minutenmäßige - Dauer der Abwesenheit nicht festgestellt, sondern nur von einer "kurzfristigen" Abwesenheit ausgegangen wurde, kommt schon deshalb keine Relevanz zu, da die Beklagte selbst nur eine Abwesenheit von einer 15 minütigen Dauer geltend gemacht hat. Insgesamt ist hier die Entlassung also nicht nur wegen einer begründet "vermuteten" Einwilligung des Arbeitsgebers hinsichtlich der Abwesenheit vom Dienst unberechtigt (RIS-Justiz RS0029546 mzwN etwa RdW 1985, 159 = Arb 10.379), sondern weil eine solche Einwilligung tatsächlich vorhanden war.

Die Revision der Beklagten war dementsprechend ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO, wobei dem Tarifansatz die Zuschlagsverordnung BGBl II 227/2001 zugrundezulegen war.

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