Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird nicht, dagegen wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil zu lauten hat:
"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, a) den bei ihr beschäftigten Hausbesorgern für die Reinigung und Betreuung - wie etwa das Reinigen von Eis und Schnee und das Bestreuen im Winter - sämtlicher Hausflächen, die im Freien liegen, insbesondere für offene Laubengänge, soferne diese nicht zur Wohnung eines Mieters gehören, das nach Punkt IV des Mindeslohntarifes für Hausbesorger in der jeweils geltenden Fassung zustehende Entgelt zu bezahlen; in eventu
b) den bei ihr beschäftigten Hausbesorgern für die Reinigung und Betreuung - wie etwa das Reinigen von Eis und Schnee und das Bestreuen im Winter - sämtlicher Hausflächen, die im Freien liegen, insbesondere für offene Laubengänge, soferne diese nicht zur Wohnung eines Mieters gehören, ein gesondertes Entgelt in ortsüblicher Höhe gemäß § 4 Abs.3 HBG zu bezahlen, wird
abgewiesen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 80.236,78 (darin S 10.519,13 USt, S 11.122,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte verwaltet mehrere Wohnhausanlagen. Zumindest die Anlage R*****-Straße ist so beschaffen, daß einzelne Wohnungen teilweise von den Hausbewohnern durch offene Gänge, die eine "freiliegende Seite" haben und Witterungseinflüssen ausgesetzt sind, zu erreichen sind. Die Hausbesorger der Wohnhausanlage reinigen diese Gänge wöchentlich durch Kehren und führen im Winter erforderlichenfalls die Schneeräumung und Streuung bei Glatteis durch. Die Verpflichtung, die Laubengänge von Schnee zu räumen und bei Glatteis zu bestreuen, wurde den Hausbesorgern vom zuständigen Hausinspektor der Beklagten auferlegt und von ihnen akzeptiert.
Mit seiner am 3.7.1991 beim Erstgericht eingelangten Klage stellte der Kläger nach Modifizierung das aus dem Spruche ersichtliche Begehren und führte hiezu aus: Die Frage der Entgeltberechnung betreffe mehr als drei Hausbesorger der Beklagten, weshalb die Voraussetzungen des besonderen Feststellungsverfahrens gemäß § 54 Abs.1 ASGG gegeben seien. Die Beklagte verwalte eine Reihe von Liegenschaften, die baulich in der Weise beschaffen seien, daß die einzelnen Wohnungen teilweise durch offene Balkone, Pawlatschen oder sonstige freiliegende Flächen wie etwa Loggien von den Hausbewohnern zu erreichen seien. Es handle sich um allgemein zugängliche Flächen, die Witterungseinflüssen ausgesetzt seien und sich damit wesentlich von normalen Stiegenhäusern unterschieden. Die Reinigung dieser Flächen falle nicht unter § 1 der Entgeltverordnung. Ansatzpunkt für die Entlohnung dieser Leistungen sei daher Punkt IV des Mindestlohntarifs für Hausbesorger, welcher für die Reinigung von Gehsteigen und sonstigen begehbaren Flächen in Zusammenhalt mit § 1 Z 3 der Entgeltverordnung ein höheres Entgelt vorschreibe. Die Beklagte ordne jedoch diese Flächen in die Kategorie "Stiegenhäuser und Gänge" ein und gehe davon aus, daß die Entlohnung gemäß § 1 Z 1 der Entgeltverordnung stattzufinden habe.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Offene Laubengänge und Balkonflächen seien stets unter der Kategorie "Stiegenhäuser und Gänge" für die Berechnung des Hausbesorgerentgelts in die Nutzflächen einbezogen worden. Sämtliche Flächen ab dem Haustor, die der Erreichung der Wohnungen dienten, könnten nur als Stiegenhäuser bzw. Gänge qualifiziert werden, unabhängig davon, ob sie offen seien oder nicht.
Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang dem Eventualbegehren eingeschränkt auf die Wohnhausanlage R*****-Straße statt. Es traf die eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß es sich bei der Säuberung der gegenständlichen Laubengänge von Schnee und Eis nicht um die Erfüllung einer nach den bestehenden Vorschriften dem Hauseigentümer obliegende Reinigungs- und Streupflicht handle. Es treffe daher auch den Hausbesorger keine derartige Pflicht, es sei denn, sie sei durch ausdrückliche Vereinbarung gemäß § 4 Abs.3 HBG auferlegt worden. In einem derartigen Fall seien die Dienstleistungen zwingend gesondert zu honorieren. Das nach Punkt IV des Mindestlohntarifes zustehende Entgelt umfasse jedoch nur die Gehsteigreinigung, sodaß als Äquivalent für die besonderen Dienstleistungen das ortsübliche Entgelt heranzuziehen sei.
Das Gericht zweiter Instanz änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es dem Eventualbegehren ohne Einschränkung auf eine bestimmte Wohnhausanlage stattgab und das Hauptbegehren abwies. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus:
Mehrere gemeinsam verwaltete Häuser eines Hauseigentümers seien gemäß § 134b Abs.1 ArbVG als ein Betrieb zu qualifizieren. Voraussetzung des besonderen Feststellungsverfahrens nach § 54 Abs.1 ASGG sei, daß das strittige Recht oder Rechtsverhältnis mindestens drei Arbeitnehmer des Betriebes oder Unternehmens betreffe. Sei dies wie hier der Fall, habe sich ein klagsstattgebendes Urteil nicht auf diese Arbeitnehmer zu beschränken. Das Urteil wirke zugunsten aller - allenfalls auch erst künftig eintretenden - Arbeitnehmer, bei denen der gleiche Sachverhalt vorliege, wie er in der Klage vorgebracht werde. In der Sache selbst führte das Berufungsgericht aus, daß Punkt IV des Mindestlohntarifes für Hausbesorger keine taugliche Grundlage für den vom Kläger erhobenen Entgeltanspruch darstelle. Diese Bestimmung bezwecke nämlich lediglich den Entgeltanspruch für die Reinigung der Gehsteige und deren Betreuung bei Glatteis auch auf solche Flächen im Inneren der Liegenschaft auszudehnen, die nicht dem öffentlichen Verkehr dienten. Die strittigen Laubengänge seien aber keine Gehsteige, sondern Gänge im Sinn des § 4 Abs.1 Z 1 lit.a HBG. Daran könne auch der Umstand, daß diese Baulichkeiten nach einer Seite hin ganz oder teilweise offen seien, nichts ändern. Das Hauptbegehren sei daher vom Erstgericht zu Recht abgewiesen worden. Allerdings sei die Reinigung vom Schnee und das Bestreuen bei Glatteis von der den Hausbesorger kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs.1 Z 1 lit.a HBG treffenden Reinigungspflicht nicht umfaßt. Nach dieser Gesetzesstelle seien Stiegen und Gänge einmal wöchentlich zu kehren und einmal wöchentlich nach vorherigem Kehren zu waschen. Die Beseitigung von Schnee und Eis sowie das Bestreuen bei Glatteis erfordere aber einen zusätzlich im Gesetz nicht vorgesehenen Aufwand. Die zwischen der Beklagten und den Hausbesorgern zustandegekommene Vereinbarung über die Reinigung der gegenständlichen Laubengänge sei unter § 4 Abs.3 HBG zu subsumieren. Sie ziehe zwingend einen Anspruch auf besondere Entlohnung nach sich.
Die gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt, jener der Beklagten kommt Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 7 Abs.1 HBG gebührt ein Entgelt für die im Rahmen der allgemeinen Beaufsichtigungspflichten des Hausbesorgers (§ 3 HBG) und für die im Rahmen der regelmäßigen Reinhaltung und Wartung des Hauses (§ 4 Abs.1 HBG) vom Hausbesorger zu erbringenden Dienstleistungen. Die letztgenannten Dienstleistungen erstrecken sich auf die im § 4 Abs.1 lit.a bis e HBG genannten, zum Haus gehörigen und der Benutzung durch alle oder wenigstens durch mehrere Hausbewohner zugänglichen Räume sowie der Gehsteige, soweit sich deren Verschmutzung aus der regelmäßigen und üblichen Benutzung ergibt. Davon zu unterscheiden sind alle anderen Dienstleistungen, die mit dem Hausbetrieb im Zusammenhang stehen. Diese müssen gemäß dem § 4 Abs.3 HBG ausdrücklich vereinbart werden und sind besonders zu entlohnen. Das Ausmaß dieser Entlohnung bleibt gemäß dem § 12 Abs.1 HBG einer besonderen Vereinbarung überlassen. Für die Höhe dieser Entlohnung ist der Reihe nach der bestehende Mindestlohntarif, die Parteienvereinbarung oder aber der Ortsgebrauch maßgebend (Arb 9206; 10.335). Unter diese anderen Dienstleistungen im Sinne des § 4 Abs.3 HBG fallen alle außerordentlichen Reinigungsarbeiten, die im Zusammenhang mit der Beseitigung übermäßiger Verschmutzung entstehen, wobei es gleichgültig ist, ob diese durch gewollte oder vorhersehbare Ereignisse wie etwa eine Generalreparatur oder durch ungewollte Vorkommnisse wie etwa einen Wasserrohrbruch oder durch mißbräuchliche Benutzung entstehen. Zu diesen anderen Dienstleistungen im Sinne des § 4 Abs.3 HBG gehören aber auch alle anderen im § 4 Abs.1 HBG nicht angeführten Dienstleistungen wie etwa die Wartung und Reinigung einer Zentralheizungsanlage oder eines Aufzuges, ferner die Gartenbetreuung oder die Vornahme des Zinsinkassos. Der Hausbesorger ist gemäß dem § 4 Abs.3 HBG nur aufgrund einer besonderen Vereinbarung zur Vornahme solcher Dienstleistungen verpflichtet und ist hiefür besonders und unabhängig von den ordentlichen Dienstleistungen und deren Umfang zu entlohnen (Arb 9429).
Gegenüber dem nach § 4 ABs.3 HBG zu vereinbarenden Entgelt ist jenes nach § 7 Abs.1 HBG bis zu einem gewissen Grad objektiviert und vom tatsächlichen Ausmaß der Arbeitsleistung unabhängig. Es kommt dabei darauf an, ob der Hausbesorger die in den §§ 3 und 4 Abs.1 HBG angeführten Dienstleistungen grundsätzlich zu erbringen hat, ohne daß auf das tatsächliche Ausmaß der Tätigkeit Bedacht zu nehmen ist (Arb 9459; DRdA 1989, 119).
Gemäß § 4 Abs.1 Z 1 lit.a HBG obliegt dem Hausbesorger unter anderem das Reinigen der Stiegen und Gänge sowie das Kehren der Höfe, wobei Stiegen und Gänge einmal wöchentlich zu kehren und einmal wöchentlich nach vorherigem Kehren zu waschen, Höfe einmal wöchentlich zu kehren sind. Gemäß lit.e der genannten Gesetzesstelle hat der Hausbesorger das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis, soweit dies in Erfüllung der dem Hauseigentümer nach den bestehenden Vorschriften obliegenden Verpflichtungen erforderlich ist, zu besorgen. Gemäß § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien betreffend die Festsetzung des Entgeltes, des Materialkostenersatzes und des Sperrgeldes für Hausbesorger wird das Entgelt für Hausbesorger für die nach §§ 3 und 4 Abs.1 HBG zu erbringenden Dienstleistungen bei Wohnungen und bei anderen Räumlichkeiten mit einem bestimmten Schillingsatz pro Quadratmeter Nutzfläche (Z 1 und 2) und für die Reinigung der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis mit einem höheren Schillingsatz je Quadratmeter Gehsteigfläche (Z 3) festgesetzt. Gemäß Punkt IV des Mindestlohntarifes für Hausbesorger gebührt für die Reinigung von Gehsteigen und sonstigen begehbaren Flächen, sofern sie nicht schon in die Berechnung des Entgeltes nach § 7 Abs.5 HBG einbezogen sind (d.h. nicht bereits vom Entgelt laut der zitierten Entgeltverordnung des Landeshauptmannes umfaßt sind) je Quadratmeter Gehsteig bzw. Fläche die jeweils vom Landeshauptmann festgesetzte Entlohnung für die Reinigung von Gehsteigen sowie für die Bestreuung bei Glatteis. Durch diese Bestimmung des Mindestlohntarifes soll dem Hausbesorger auch für das Reinigen und Bestreuen solcher Flächen, die zwar dem Fußgängerverkehr dienen, aber nicht unter den § 4 Abs.1 Z 1 lit.e HBG fallen, das gleiche Entgelt gesichert werden, das ihm gemäß dem § 7 HBG für die entlang der Liegenschaft verlaufenden, dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Gehsteige und Gehwege gebührt (Arb 10.335). Dem Zweck der Norm entsprechend unterliegen daher dem Punkt IV des Mindestlohntarifes dem Fußgängerverkehr gewidmete Verkehrsflächen im Inneren einer Liegenschaft wie Stiegenaufgänge, Zugänge, Verbindungswege udgl. (Arb 9206; 10.335).
Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß die strittigen Laubengänge nicht unter Punkt IV des Mindestlohntarifes subsumiert werden können. Dies würde dem dargestellten Normzweck, die begehbaren Flächen im Inneren der Liegenschaft in der Entlohnung den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Gehsteigen und Gehwegen gleichzusetzen, widersprechen. Die sogenannten Laubengänge sind vielmehr als Gänge im Sinn des § 4 Abs.1 Z 1 lit.a HBG zu qualifizieren. Obwohl diese Gesetzesstelle einleitend dem Hausbesorger die Sorge für die regelmäßige Reinigung der im folgenden angeführten, zum Haus gehörigen, der Benutzung durch alle oder wenigstens durch mehrere Hausbewohner zugänglichen Räume auferlegt, kann daraus nicht geschlossen werden, daß das Gesetz unter den Begriffen "Stiege" und "Gang" nur nach allen Seiten geschlossene Räume verstanden wissen wollte. Daß hier vom Gesetzgeber ein weiterer Raumbegriff zugrundegelegt wurde, ergibt sich schon daraus, daß die im § 4 Abs.1 Z 1 lit.a HBG enthaltene Aufzählung unter den zu reinigenden Räumen auch Höfe nennt. Auch ein nach einer Seite hin offener Raum ist daher bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen als "Gang" im Sinne dieser Gesetzesstelle zu definieren.
§ 4 Abs.1 Z 1 HBG trägt dem Hausbesorger die regelmäßige Reinigung bestimmter Räume auf. In lit.a wird die Pflicht zur Reinigung unter anderem der Stiegen und Gänge, wobei diese einmal wöchentlich zu kehren und einmal wöchentlich nach vorherigem Kehren zu waschen sind, in lit.e die Pflicht zum Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis normiert. Es zeigt sich somit, daß der Gesetzgeber die Pflicht zur Reinigung als Oberbegriff statuiert hat, wobei er hinsichtlich Stiegen und Gänge die hauptsächlichen Tätigkeiten, nämlich das Kehren und Waschen, ausdrücklich hervorhebt. Keinesfalls sollte dadurch jedoch ausgedrückt werden, daß die Reinigung nur durch Kehren und Waschen zu besorgen wäre und der Hausbesorger etwa nicht heruntergefallene Gegenstände aufheben oder festgetretenen Straßenschmutz und Schnee- und Eisreste wegkratzen müßte.
Da somit einerseits auch Laubengänge als "Gänge" zu qualifizieren und andererseits die Reinigung von Gängen gemäß § 4 Abs.1 Z 1 lit.a HBG nicht zwingend nur im Kehren und Waschen besteht, unterliegt auch die Reinigung von Laubengängen der genannten Gesetzesbestimmung, sodaß kein Raum für eine Vereinbarung gemäß § 4 Abs.3 HBG ist.
Es war daher der Revision der Beklagten Folge zu geben und das Klagebegehren abzuweisen. Daran vermochte auch der erstmalig in der Revision erhobene Einwand des Klägers, Verfahrensgegenstand seien nicht nur die offenen Laubengänge, sondern sämtliche Hausflächen, die im Freien liegen, nichts zu ändern, da nach dem gesamten Vorbringen der Parteien nur diese Laubengänge Streitgegenstand waren.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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