OGH 8ObA2134/96y

OGH8ObA2134/96y27.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und AR Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Reinhard W*****, Graphiker, ***** vertreten durch Mag.Helmut Nowak, Arbeiterkammer für Oberösterreich, Bezirksstelle Gmunden, Gmunden, Herakhstraße 15 b, dieser vertreten durch Dr.August Lahnsteiner, Rechtsanwalt in Ebensee, wider die beklagte Partei Rudolf W*****, Inhaber einer Druckerei, ***** vertreten durch Dr.Edith Schwaiger, Rechtsanwältin in Bad Ischl, wegen S 61.771,45 brutto sA (Revisionsinteresse S 38.914,91 brutto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.März 1996, GZ 12 Ra 124/95-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 5.September 1995, GZ 17 Cga 123/95m-8, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 676,48 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung des Berufungsgerichtes, daß die fristwidrige Kündigung des klagenden Arbeitnehmers am 31.5.1995 "zum" 31.5.1995 in den Rechtswirkungen einem unberechtigten vorzeitigen Austritt gleichzuhalten ist, sowie daß ein allfälliger Irrtum des Klägers dem Beklagten nicht hätte auffallen müssen bzw ein Irrtum nicht rechtzeitig aufgeklärt wurde und den Beklagten keine weitergehende Aufklärungspflicht gegenüber dem fehlerhaft sein Arbeitsverhältnis beendenden Kläger trifft, ist zutreffend; es genügt daher, auf die Richtigkeit der Entscheidungsbegründung zu verweisen (§ 48 ASGG).

Im übrigen ist den Revisionsausführungen des Klägers zu erwidern:

Gerade durch den Hinweis im Kündigungs- schreiben, es sei dem Kläger eine Stelle "mit mehr Zukunftschancen angetragen worden...... Er möchte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen", wird die mögliche Auffälligkeit einer Verwechslung des Wortes "zum" (ich kündige zum 31.5.1996) mit "mit" (ich kündige mit 31.5.1995 zum 30.6.1995) sehr relativiert, ebenso durch seine Bitte "um Verständnis". Dementsprechend gestattet die Äußerung des Arbeitgebers "okay, die Kündigung ist anerkannt" eine Deutung als Wissenserklärung, nämlich er habe die Absicht des Klägers, sein Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist zu beenden, vernommen; aber ebenso ist eine Deutung, der Beklagte habe auf die Einhaltung der Kündigungsfrist durch den Kläger verzichtet, zu erwägen, wenn schon diese Erklärung als Willenserklärung ausgelegt werden sollte (vgl RdW 1985, 348). Auch in diesem Fall bestünde nämlich kein Anspruch des Klägers auf Kündigungsentschädigung für den Zeitraum bis Ende Juni 1995.

Der Schutzcharakter des Arbeitsrechtes geht nicht so weit, daß der Arbeitgeber verpflichtet wäre, den Arbeitnehmer gegenüber seinen eigenen Erklärungen zu schützen und ihn auf allfällige nachteilige Folgen aufmerksam zu machen. Dieser Schutzcharakter ist nur gerechtfertigt und bedeutet auch keine gleichheitswidrige Privilegierung, wenn und soweit normative Maßnahmen getroffen werden, um bestehende reale Benachteiligungen zu mildern oder auszugleichen (F.Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, 550 mwN). Die besondere Abhängigkeit des Arbeitnehmers ist während des aufrechten Arbeitsverhältnisses weitaus ausgeprägter als in der Phase, da der Arbeitnehmer von sich aus das Arbeitsverhältnis zu beenden wünscht. Es würde auch den rechtsgeschäftlichen Verkehr im Arbeitsrecht unerträglich belasten, müßte sich der Empfänger von Auflösungserklärungen noch stets vergewissern, daß der Wille und die Erklärung übereinstimmen, womit der Boden der Vertrauenstheorie völlig verlassen wäre. Die Informationsmöglichkeiten des Arbeitgebers und Arbeitnehmers hinsichtlich der Bedingungen für eine rechtmäßige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sind grundsätzlich gleichwertig. Eine unterschiedliche Sachkunde, die der Unternehmer gegenüber dem Besteller zu prästieren hat (vgl E 3 zu § 1168 a ABGB in MGA34), ist insbesondere im Kleinbetrieb (anders etwa im Großbetrieb mit eigener Personalabteilung) nicht gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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