OGH 8ObA2018/96i

OGH8ObA2018/96i28.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter HR Mag.Kurt Resch und Dr.Ingrid Schwarzinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Waltraud F*****, Angestellte, *****22, ***** vertreten durch Dr.Peter Rudeck und Dr.Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Silvia R***** Großhändlerin, ***** vertreten durch Dr.Otto Pichler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 225.074,-- brutto sA und Dienstzeugnis (S 30.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.November 1995, GZ 7 Ra 127/95-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12.Juni 1995, GZ 27 Cga 296/94k-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 12.195,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.032,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend begründet, daß es der Klägerin, die in Wien-Donaustadt ihren Wohnort hat, nicht zumutbar gewesen sei, infolge Betriebsverlegung von Wien-Wieden nach Ebreichsdorf/Niederösterreich, ihre Arbeitsleistung dort zu erbringen, weshalb es genügt, auf die insoweit richtige Begründung des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 48 ASGG).

Den Revisionsausführungen der Beklagten ist zu entgegnen:

Zur Frage der Rechtzeitigkeit der Entlassung - eine allfällige Arbeitsverweigerung wäre ein Dauertatbestand; während seines (längeren) Fortbestehens kann eine Verspätung regelmäßig nicht eintreten (vgl Kuderna, Entlassungsrecht2, 19) zumal ein Sich-Abfinden des Arbeitgebers mit dem Dauerverhalten nicht angenommen werden könnte - ist nicht weiter Stellung zu nehmen, wenn sich die Entlassung als unbegründet erweist.

Wenn auch im Sinne der von Tomandl vertretenen "dynamischen Auffassung der Arbeitspflicht" (Anm zu ZAS 1987/16, 130 und ArbeitsR 23, 93, jeweils unter Hinweis auf § 1153 ABGB sowie den Herrenhausbericht hiezu) ein entsprechend behutsam erweiterter vertraglicher Rahmen des Weisungsrechtes anzunehmen ist, so wird dieses durch die Zumutbarkeit, die aufgrund einer Interessenabwägung zu prüfen ist (Vogt in der Anm zu ZAS 1995/14, 131), begrenzt. Bei der im Sinne des Beweglichen Systems (Vogt aaO, 134; siehe grundsätzlich F.Bydlinski ua (Herausgeber), Das bewegliche System im geltenden und künftigen Recht [1986], besonders Ostheim, Arbeitsrechtliche Aspekte des beweglichen Systems, 199, mit Erwähnung der Bestimmung des Arbeitsortes durch Weisung, 207) vorzunehmenden Interessenabwägung ist die Verlängerung des täglichen Arbeitsweges der Klägerin von 2 x 30 Minuten (zusammen also täglich 1 Stunde) in Relation zu ihrer täglichen (Voll-)Arbeitszeit von (durchschnittlich) 8 Stunden grundsätzlich unzumutbar. Das Ausmaß der allfälligen - aus Anlaß der Betriebsverlegung nicht geänderten - überkollektivvertraglichen Entlohnung der Klägerin rechtfertigt jedenfalls auch nicht die zusätzliche Inanspruchnahme der Zeit der Klägerin.

Die Gewichtigkeit einer Betriebsverlegung wird grundsätzlich schon dadurch deutlich, daß - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - diese Anlaß eines Sozialplanes werden könnte (vgl § 109 Abs 1 Z 2 ArbVG). Die Ankündigung der bevorstehenden Betriebsverlegung "im Juli", dh nur ein bis zwei Monate im vorhinein, beeinträchtigte zusätzlich die Dispositionsmöglichkeit der Klägerin (vgl die in § 109 Abs 3 ArbVG erwähnten, zusätzlich abzugeltenden Nachteile durch die verspätete Information).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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