OGH 8ObA198/98w

OGH8ObA198/98w22.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Senatsrat Dr. Kurt Scherzer und Dr. Christoph Klein als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Klaus G*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl, Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Weiterbestellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Mai 1998, GZ 15 Ra 79/98z-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 17. Februar 1998, GZ 42 Cga 274/97h-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.780,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger stand seit 1. 10. 1993 als vollbeschäftigter Vertragsassistent an einem Universitätsinstitut in einem zunächst bis 30. 9. 1995 befristeten Dienstverhältnis zur Beklagten, das in der Folge bis 30. 9. 1997 und schließlich bis 28. 2. 1999 verlängert wurde. Während der gesamten Dauer der Beschäftigung des Klägers als Vertragsassistent wurden und werden seine Bezüge aus Drittmitteln getragen. Am 6. 6. 1997 beantragte der Kläger seine Weiterbestellung als Vertragsassistent gemäß § 52a VBG. Obwohl der Kläger alle in der genannten Gesetzesstelle geforderten subjektiven Voraussetzungen erfüllt, wurde diesem Antrag nicht entsprochen. Die Personalkommission der zuständigen Universitätsfakultät stellte keinen Antrag auf Verlängerung des Dienstverhältnisses.

Mit seiner am 2. 12. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zu verpflichten, ihn über den 31. 12. 1997 hinaus als Vertragsassistent gemäß § 52a VBG für die Dauer von sechs Jahren weiterzubestellen, allenfalls festzustellen, daß der Kläger über den 28. Februar 1999 hinaus als Vertragsassistent gemäß § 52a VBG für die Dauer von sechs Jahren weiterzubestellen sei. Der Wortlaut des § 52a Abs 1 VBG, wonach das befristete Dienstverhältnis des Vertragsbediensteten um sechs Jahre verlängert werden kann, sei im Sinn von gebundenem Ermessen zu verstehen. Das bedeute, daß der Vertragsassistent bei Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Verlängerung seines befristeten Dienstverhältnisses habe. § 51 Abs 6 VBG verbiete lediglich die Neuaufnahme von Vertragsassistenten, deren Personalaufwand nicht vom Bund, sondern von einem Dritten getragen werde, spreche jedoch nicht gegen deren vorübergehende Weiterverwendung.

Die Beklagte wendete dagegen ein, daß der gemäß § 41 Abs 2 UOG für eine Verlängerung des Dienstverhältnisses erforderliche Antrag der Personalkommission nicht vorliege. Dem Begehren des Klägers stehe die Anordnung des Bundesfinanzgesetzes entgegen, wonach Vertragsbedienstete und Vertragsassistenten auf Planstellen der zweckgebundenen Gebarung nur bis zum Ende der Dienstverhältnisse auslaufend weiterbeschäftigt werden dürfen.

Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, daß ein Rechtsanspruch auf Abschluß eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses nach dem Gesetz nicht bestehe. Der Grundsatz des gebundenen Ermessens gehöre in den Bereich der Hoheitsverwaltung.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. § 52a Abs 1 VBG begründe keinen Rechtsanspruch auf Verlängerung des befristeten Dienstverhältnisses. Der Arbeitnehmer könne daher auch nicht unbedingt mit einer Vertragsverlängerung rechnen. Das Vertrauen des Arbeitnehmers auf eine Verlängerung könne demnach nur ein beschränktes sein. Die Neuaufnahme von Vertragsassistenten, für die der Personalaufwand nicht vom Bund, sondern von einem Dritten getragen werde, sei gemäß § 51 Abs 6 VBG nicht zulässig. Der Kläger sei in einem befristeten Arbeitsverhältnis gestanden. Das Wesen derartiger Arbeitsverträge liege darin, daß sie ihr Ende - ohne Auflösungserklärung - durch den Ablauf der vereinbarten Zeit finden. Für die Weiterbeschäftigung sei daher der Abschluß eines neuen Vertrages erforderlich, der aber mangels budgetärer Deckung unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Gemäß § 52a Abs 1 VBG kann auf Antrag des Vertragsassistenten sein zeitlich befristetes Dienstverhältnis um sechs Jahre verlängert werden, wobei die Verlängerung nur bei Vorliegen der im Abs 2 unter Z 1 bis 4 genannten Voraussetzungen (Antragstellung spätestens sechs Monate vor Ende des zeitlich befristeten Dienstverhältnisses [Z 1], Besitz des Doktorats oder einer gleich zu wertenden Eignung [Z 2], mindestens vierjährige Dienstzeit gemäß § 52 VBG [Z 3] und sachliche Rechtfertigung der Verlängerung aufgrund des bisherigen Verwendungserfolgs [Z 4]) zulässig ist. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in seiner Entscheidung 9 ObA 210/98t in einem gleichgelagerten Fall zu dieser Bestimmung Stellung genommen und ausgeführt, daß die Verwendung des im § 52a Abs 1 VBG gebrauchten Wortes "kann" geradezu typisch für die Einräumung von Ermessen sei. Es sei allerdings richtig, daß das Wort "kann" oft auch ein "Müssen" oder ein "Dürfen" ausdrücke. Welche der Bedeutungen dieses Wortes im Einzelfall zum Tragen komme, sei durch Auslegung zu ermitteln. Im Sinne eines "Müssens" werde die Verwendung des Wortes "kann" aber nur dann verstanden werden können, wenn das Verhalten des Entscheidungsträgers sehr eingehend geregelt sei, etwa im Sinne der Anführung aller denkmöglichen Kriterien, die als Voraussetzung für eine Rechtsfolge in Betracht kommen. Gerade letzteres sei aber hier nicht der Fall: § 52a Abs 2 VBG nenne nur die subjektiven Voraussetzungen, die beim Vertragsassistenten vorliegen müssen, damit die Verlängerung seines Dienstverhältnisses überhaupt "zulässig" sei. Andere für die Weiterbestellung maßgebliche Kriterien (wie etwa der Bedarf oder die Finanzierung) würden hingegen nicht erwähnt, sodaß jeglicher Anhaltspunkt für die vom Kläger gewünschte Interpretation, es läge in Wahrheit eine unbedingte Verpflichtung zur Verlängerung des Dienstverhältnisses vor, fehle. Gerade die Kombination des in Abs 1 verwendeten Begriffes "kann" mit dem in Abs 2 verwendeten Begriff "zulässig" zwinge zur Annahme, daß § 52a VBG der Beklagten die Weiterbestellung des Vertragsassistenten um sechs Jahre ermögliche und daß ihr dabei Entscheidungsfreiheit eingeräumt sei, die nur insofern beschränkt werde, als eine Verlängerung nur zulässig sei, wenn die genannten subjektiven Voraussetzungen gegeben seien. Aus § 52a VBG als an den Bund als privatrechtlichen Dienstgeber gerichteter Vorschrift könne daher der vom Kläger behauptete Rechtsanspruch auf Verlängerung des Dienstverhältnisses nicht abgeleitet werden.

Dieser Rechtsauffassung tritt der erkennende Senat bei. Auch der Hinweis auf die Bestimmung des § 52 Abs 6 VBG vermag demgegenüber den Standpunkt des Klägers nicht zu stützen. Nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle ist das Dienstverhältnis eines Vertragsassistenten, der sich am 30. September 1996 seit mehr als zwei Jahren in dieser Verwendung befindet und der bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt der Antragstellung auf Verlängerung seines Dienstverhältnisses gemäß § 52a Abs 1 VBG zwar die Voraussetzungen des § 52a Abs 2 Z 4 VBG, noch nicht aber die des § 52a Abs 2 Z 2 VBG erfüllt, abweichend von Abs 2 bis 5 auf Antrag um zwei Jahre zu verlängern. Wird innerhalb dieses Zeitraumes das fehlende Erfordernis erbracht, so gilt das Dienstverhältnis mit dem auf die Erfüllung des Erfordernisses folgenden Monatsersten als gemäß § 52a Abs 1 VBG verlängert. Dem Revisionswerber ist zuzugestehen, daß § 52 Abs 6 VBG anders als § 52a Abs 1 VBG das Wort "ist" verwendet, womit eine Verpflichtung des Normadressaten im Sinne uneingeschränkter Gebundenheit normiert wird. Allerdings läßt sich daraus nicht der Rückschluß ziehen, das im § 52a Abs 1 VBG verwendete Wort "kann" sei in eben diesem Sinne zu verstehen: § 52 Abs 6 VBG wurde ebenso wie § 52a VBG durch die Novelle BGBl 375/1996 eingeführt. Die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (20. GP, 134 BlgNR, 28) führen hiezu aus, daß die Erfahrung zeige, daß die Verwendung von - insbesondere teilbeschäftigten - Vertragsassistenten nicht selten so ausgerichtet sei, daß dem Vertragsassistenten der rechtzeitige Erwerb des Doktorats bzw der gleich zu wertenden Eignung erschwert sei. Zur Vermeidung von Härtefällen erscheine es notwendig, Vertragsassistenten, die schon mehr als zwei Jahre bestellt seien und sich fachlich bewährt haben, einen angemessenen Zeitraum zur Erbringung des Doktorats bzw der gleich zu wertenden Eignung einzuräumen. Am Ende der zweiten Laufbahnstufe (vor Ablauf des gemäß § 52a VBG verlängerten Dienstverhältnisses) erscheine eine solche Fristverlängerung nicht notwendig, weil davon ausgegangen werden müsse, daß der Fortschritt der fachlichen Qualifikation des Vertragsassistenten in den mehrfachen Weiterbestellungsverfahren ausreichend überprüft und bestätigt worden sei, und daher die rechtzeitige und vollständige Erfüllung der im § 52b VBG genannten Erfordernisse möglich und zumutbar sein müsse. Es zeigt sich somit, daß der Gesetzgeber einen bestimmten Sonderfall innerhalb des Anwendungsbereiches des § 52a Abs 1 VBG regeln wollte. Bedenkt man weiters, daß § 52a VBG mit derselben Novelle 1996 eingeführt wurde, kann eine sinnvolle Gesetzesauslegung nur dahin führen, daß für den Fall, daß der Dienstgeber innerhalb des ihm eingeräumten Ermessens eine Verlängerung des Dienstverhältnisses vornehmen will, dieser Vorgang unter den im § 52 Abs 6 VBG genannten Voraussetzungen nicht deshalb unzulässig ist, weil es dem Vertragsassistenten am Doktorat oder einer gleich zu wertenden Eignung mangelt. In diesem Falle ist ihm durch Verlängerung um zwei Jahre die Möglichkeit einzuräumen, das fehlende Erfordernis zu erbringen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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