Spruch:
Der Unternehmer haftet nicht für Mängel der vom Besteller übernommenen Fertigstellung des Werkes.
Entscheidung vom 9. April 1968, 8 Ob 80/68.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die beklagte Partei bestellte beim Handelsvertreter des Klägers, Otto H., die Lieferung und Aufstellung von Stahlregalen des Klägers im Sporthotel O. Otto H. lieferte die Regale und stellte sie in den zwei dafür bestimmten Räumen im Dezember 1963 auf, bloß die Stahlregale, welche im sogenannten Stützmauerlagerraum aufgestellt werden sollten, konnte Otto H. noch nicht aufstellen, weil diese Räume damals noch nicht fertiggebaut waren. Er erkundigte sich am 1. Jänner 1964 bei der beklagten Partei wieder, ob die Montage im Stützmauerlagerraum schon möglich sei, doch wurde das verneint. In der Nacht vom 5. auf 6. Jänner 1964 ließen aber die Architekten der klagenden Partei Sepp Sch. und Walter St. in diesem Stützmauerlagerraum die Regale durch ihre eigenen Leute aufstellen. Diese führten die Montage der Regale insofern unsachgemäß durch, als sie einen großen Teil der sogenannten Eckknoten oder Fixierdreiecke nicht montierten und die Schraubenmuttern zum Teil nicht fest anzogen. Am 10. Jänner 1964 wurden an Otto H. 155 Eckknoten zurückgeliefert. Am 15. Februar 1964 besichtigte Otto H. die aufgestellten Regale zum zweitenmal. Daraufhin schrieb er am 18. Februar 1964 an Dipl.-Ing. Sch., daß die Regale unsachgemäß montiert seien und sich in einem solchen Zustand befänden, daß bei weiterer Benützung Einsturzgefahr bestehe. Da er, H., die Montage dieser Regale nicht durchgeführt habe, lehne er die Verantwortung für diese ab, sei aber bereit, die Anlage gegen Zahlung des der beklagten Partei für die seinerseits bisher nicht durchgeführte Montage gutgeschriebenen Betrages von 2538 S in betriebsfähigen Zustand zu setzen. Walter St. antwortete dem Otto H. mit Schreiben vom 6. März 1964 und wies darauf hin, daß H. am Tag nach der Aufstellung der Regale nur das Fehlen von Eckverstrebungen festgestellt habe, es sei nicht zu verstehen, wieso H. nunmehr behauptete, die Montage sei unsachgemäß durchgeführt worden; es sei möglich, daß sich die eine oder andere Schraubenverbindung gelockert habe, doch sei St. der Meinung, daß zur Behebung dieser Mängel nicht mehr als eine halbe Stunde Arbeitszeit erforderlich sei, er sei bereit, die hiefür effektiv entstehenden Kosten zu ersetzen. H. antwortete auf diesen Brief nicht mehr. Kurz vor Ostern 1964 brachen die Regale im Stützmauerraum zusammen. Es war damals eine große Anzahl Spirituosen darauf gelagert. Der Kläger begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von 63.026.70 S samt 9% Zinsen ab 15. Februar 1964 für bestellungsgemäß gelieferte Stahlregale.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger die Regale laut Faktura zu bezahlen. Der Kläger habe den vereinbarten Betrag abzüglich des für die Montage im Stützmauerraum vorgesehenen Betrages berechnet. Der Schaden sei durch die von den Leuten der Architekten der beklagten Partei unsachgemäß vorgenommene Montage und nicht etwa durch eine Säumnis des Klägers verursacht worden.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Zum Schadenersatzgegenanspruch führte das Berufungsgericht aus, daß dieser nicht einmal schlüssig begrundet sei. Für den durch die unsachgemäße Montage seitens der Leute der beklagten Partei angerichteten Schaden habe der Kläger nicht einzustehen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
In der Rechtsrüge führt die beklagte Partei aus, selbst wenn sie am Zusammenbruch der Regale infolge unsachgemäßen Zusammenbaues ein Verschulden träfe, bestehe ein Mitverschulden des Klägers darin, daß er die unsachgemäße Arbeit der beklagten Partei nicht behoben und die Regale somit nicht in Ordnung zusammengebaut habe. Deshalb sei die beklagte Partei nicht verpflichtet, dem Kläger die Regale zu bezahlen. Im Gegenteil sei der Kläger verpflichtet, der beklagten Partei den gemäß § 273 ZPO. zu bestimmenden Schaden zu ersetzen.
Dabei geht die beklagte Partei nicht von dem festgestellten, sondern von einem vorausgesetzten Sachverhalt aus. Die beklagte Partei hat in erster Instanz nicht behauptet, daß der Kläger den eingetretenen Schaden dadurch verschuldet hätte, daß er mit der Aufstellung der von ihm gelieferten Regale in Verzug geraten sei, und es ist nicht festgestellt, daß der Kläger trotz Aufforderung die Montage nicht durchgeführt hätte. Die beklagte Partei ließ die Montage der vom Kläger beigestellten Regale von ihren eigenen Leuten durchführen, ohne daß der Kläger durch eine Nachlässigkeit in der Erfüllung des ihm erteilten Auftrages auf Lieferung und Montage dazu eine Veranlassung gegeben hätte. Hätte der Kläger den erteilten Auftrag von sich aus nicht vollendet, wäre die beklagte Partei als der Besteller bei einem Werkvertrag nicht verpflichtet, das Entgelt zu entrichten (§ 1170 ABGB.). Wurde aber das dem Unternehmer aufgetragene Werk, ohne daß eine Säumnis des Unternehmers hiezu Veranlassung gegeben hätte, vom Besteller selbst gegen einen unbestritten angemessenen Abzug vom Unternehmerlohn fertiggestellt, muß nach redlicher Verkehrsübung als vereinbart angesehen werden, daß bezüglich der Fertigstellung der Werkvertrag einvernehmlich aufgehoben, daher der Unternehmer auch aus der Haftung für Mängel dieser Fertigstellung entlassen wurde.
Der Revision war der Erfolg daher zu versagen.
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