Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit dem Mantelbeschluß vom 9.5.1983 (ON 6) traf das Erstgericht die für die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens nach der am 8.1.1983 verstorbenen Maria V*** erforderlichen Verfügungen. Mit der Einantwortungsurkunde vom gleichen Tag (ON 7) antwortete es die Verlassenschaft dem erblasserischen Sohn Robert V***, der eine unbedingte Erbserklärung auf Grund des Gesetzes abgegeben hatte, zur Gänze ein. Mit dem Beschluß vom 7.12.1983 (ON 12) bewilligte das Erstgericht die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Robert V*** ob dem 2/3-Anteil der Verstorbenen an der Liegenschaft EZ 1028 KG Speising.
In dem bei Gericht am 8.3.1989 eingelangten Schriftsatz brachte Eva V*** vor, die Enkelin der Verstorbenen zu sein. Sie sei in einem Testament als Alleinerbin eingesetzt worden. Dieses Testament wäre durch eine Anfrage an das zentrale Testamentsregister festzustellen gewesen. Sie gebe die bedingte Erbserklärung auf Grund dieses Testamentes ab und sei als "vermutlicher" Erbe gemäß § 75 AußStrG anzusehen; ihre Nichtbeiziehung im Verlassenschaftsverfahren habe die Nichtikgkeit dieses Verfahrens zur Folge.
Das Erstgericht ordnete die Beischaffung des Testamentes und dessen Kundmachung an (ON 16,17) und verfügte die Zustellung der Beschlüsse ON 6, 7 und 12 an den mit Vollmacht ausgewiesenen Vertreter dieser Testamentserbin. Diese erhob daraufhin gegen alle drei Beschlüsse Rekurse.
Das Rekursgericht gab den Rekursen nicht Folge. Es verwies darauf, daß ein Testament der Verstorbenen im Verfahren nicht bekannt geworden sei; das Verlassenschaftsverfahren sei daher nur mit dem erblasserischen Sohn als gesetzlichem Alleinerben durchgeführt worden. Werde nach erfolgter Einantwortung eine letzte Willenserklärung "entdeckt", habe sie Abhandlungsgericht kundzumachen und zu den Akten zu nehmen. Eine neuerliche Abhandlung finde nicht statt; Erbansprechern stehe es frei, ihre Rechte gegen den Erbschaftsbesitzer im Klageweg geltend zu machen. Der Grundsatz, daß der Abhandlung nicht beigezogene Erbansprecher nach Rechtskraft der Einantwortungsurkunde gegen diese kein Rechtsmittel haben, komme allerdings nur dann zur Anwendung, wenn die Abhandlung gesetzmäßig durchgeführt wurde und das Abhandlungsgericht trotzgesetzmäßiger Durchführung nicht in der Lage war, die vom Erbansprecher behaupteten Ansprüche zu berücksichtigen. Es komme darauf an, ob nach dem Inhalt des die jeweilige Verlassenschaft betreffenden Aktes eine der im § 75 AußStrG genannten Personen zu verständigen unterlassen wurde. Sei eine Verständigung unterblieben, weil das Vorhandensein solcher Personen nicht aktenkundig war, könnten diese Erbansprecher gemäß § 180 AußStrG nur noch im Rechtsweg gegen den eingeantworteten Erben vorgehen. Es bestehe für das Gericht keine generelle Pflicht, eine entsprechende Anfrage an das zentrale Testamentsregister zu richten. Im vorliegenden Fall seien im Hinblick auf das Auftreten des einzigen erblasserischen Sohnes keine konkreten Anhaltspunkte vorgelegen, die eine solche Anfrage sinnhaft gemacht hätten. Die in Beschwerde gezogenen Beschlüsse seien somit in Rechtskraft erwachsen; die Einschreiterin sei auf die Erbschaftsklage zu verweisen.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der ao. Revisionsrekurs der erblasserischen Enkelin. Sie macht Nichtigkeit des Verfahrens und offenbare Gesetzwidrigkeit geltend und beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekurs- oder Erstgericht aufzutragen, das Verlassenschaftsverfahren unter Berücksichtigung der Erbserklärung der Rechtsmittelwerberin durchzuführen. Die Unterlassung der Nachforschung im zentralen Testamentsregister, ob allenfalls ein Testament der Verstorbenen vorliege, verwirkliche die geltend gemachten Anfechtungsgründe.
Rechtliche Beurteilung
Der ao. Revisionsrekurs ist unzulässig.
Das Erstgericht hatte nach der Aktenlage keine Möglichkeit, die nunmehr aufgetretene Testamentserbin im Sinne der Anordnung des § 75 AußStrG der Abhandlung beizuziehen, weil ihm diese und deren angebliche letztwillige Berufung nicht bekannt war. Dementsprechend hatte es dieser (unbekannten) Person auch nicht den Einantwortungsbeschluß zuzustellen; die dennoch geschehene Zustellung dieses Beschlusses hat auf seine bereits eingetretene Rechtskraft keinen Einfluß (SZ 16/58; SZ 47/142; 5 Ob 655/82 ua). Es ist zwar richtig, daß der Delegiertentag der Österreichischen Notariatskammern im Sinne des § 140 a Abs 2 Z 5 NO auf der Grundlage einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage ein zentrales Testamentsregister eingerichtet hat. Im Sinne des § 4 des Erlasses des Bundesministeriums für Justiz vom 14.6.1972 über Anfragen an das zentrale Testamentsregister des Delegiertentages der Österreichischen Notariatskammern (JABl. 1972/8) ist es jedoch eine Frage des Einzelfalles, ob das Verlassenschaftsgericht oder der Gerichtskommissär eine Anfrage an das zentrale Testamentsregister richten sollen. Es wird lediglich empfohlen, dies dann zu tun, wenn sich in einem Abhandlungsverfahren Anhaltspunkte dafür ergeben, daß (außer allenfalls bereits vorliegenden) eine letztwillige Anordnung, ein Erbvertrag, ein Vermächtsnisvertrag oder ein Erbverzichtsvertrag unbekannten Ortes vorhanden ist, oder wenn es eine Partei verlangt (siehe Edlbacher, Außerstreitgesetz2 MGA 206 f; Wagner, Notariatsordnung3 MGA 331).
Da für das Erstgericht keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, daß außer dem erblasserischen Sohn der Verstorbenen noch eine Enkelin lebte, zu deren Gunsten ein Testament errichtet worden war, ist ihm jedenfalls kein im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG qualifizierter Verfahrensverstoß unterlaufen, daß es eine Anfrage an das zentrale Testamentsregister unterließ. Auch der Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit - der sich nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur auf Vorschriften des materiellen Rechtes bezieht - findet hier nach der gesamten Sachlage kein Anwendungsfeld. Die Auffassung des Rekursgerichtes, daß eine neuerliche Abhandlung der Erbschaft nicht stattfindet (SZ 47/142; 5 Ob 655/82 ua), es aber der Rekurswerberin freisteht, ihre Rechte gegen den Erbschaftsbesitzer im Klageweg geltend zu machen (5 Ob 655/82 ua), kann mit den geltend gemachten Anfechtungsgründen nicht wirksam bekämpft werden.
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