Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Widerklägerin ist schuldig, dem Widerbeklagten die mit S 8.154,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.359,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger und Widerbeklagte erwarb am 23.9.1987 von Walter Z*****, dem geschiedenen Ehemann der Beklagten und Widerklägerin, den Hälfteanteil der Liegenschaft EZ ***** die Beklagte ist Eigentümerin des anderen Hälfteanteiles. Das auf dieser Liegenschaft errichtete Haus (Villa) hat im Erd- und Obergeschoß eine Nutzfläche von etwa 314 m2, und im Untergeschoß von etwa 142 m2. Nach Abschluß des Kaufvertrages bemühte sich der Kläger zunächst, mit der Beklagten zu einer Benützungsregelung über die Liegenschaft zu gelangen, und brachte schließlich bei Gericht einen Antrag auf eine solche Regelung ein, über den noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. Eine Teilungsklage des Klägers wurde rechtskräftig abgewiesen. Das Haus wird von der Beklagten, ihrem Lebensgefährten, ihrem Sohn sowie von Edith T***** bewohnt. Diese ist mit der Beklagten befreundet und half ihr mit insgesamt S 500.000 aus, um drohende Zwangsversteigerungen der Liegenschaft abzuwenden. Edith T***** vezichtete auf Bezahlung jeglicher Zinsen aus diesem Betrag, hat sich dafür aber ein lebenslängliches Wohnrecht "im Haus der Beklagten" ausbedungen und bewohnt das Mittelgeschoß. Vor einigen Jahren wurde im Souterrain ein Wohnraum von einem Chinesen bewohnt. Es hatten sich auch Arbeiter in einigen Räumen eingemietet. Die Aufwendungen für die Liegenschaft werden von der Beklagten und ihrem Lebensgefährten allein getragen; der Kläger hat, seitdem er Miteigentümer der Liegenschaft ist, keinerlei Aufwendungen hiefür getätigt. Auf der Liegenschaft haften 2 Pfandrechte, die monatlichen Kreditrückzahlungsraten betragen S 7.237,--; die Beklagte hat in der Zeit von September 1987 bis zum September 1990 einen Gesamtbetrag von S 260.532,-- zurückgezahlt. Die Grundsteuer beträgt pro Quartal S 1.621,25; im obgenannten Zeitraum hat die Beklagte hiefür S 19.455,-- aufgewendet. Anläßlich der Darlehensaufnahme mußte eine Bündelversicherung abgeschlossen werden; die quartalsmäßige Prämie dafür beträgt S 2.373,--, die Gesamtleistungen im obgenannten Zeitraum belaufen sich auf S 28.483,20.
In der vorliegenden Klage bringt der Kläger vor, er habe den Liegenschaftsanteil erworben, weil er mit seiner Familie im Hause wohnen und seinen Bürobetrieb dort führen möchte. Die Beklagte, die ihm jeden Zutritt verweigere, erziele aus den Vermietungen monatlich mindestens einen Gesamtbetrag von S 20.000,--. Zuletzt begehrte der Kläger von der Beklagten aus dem Titel des Benützungsentgeltes sowie aus jedem sonstigen denkbaren Rechtsgrund, insbesondere aus dem Titel des Schadenersatzes, für die Zeit von November 1987 bis Juni 1990 den Betrag von S 480.000,-- sA und schränkte schließlich die Klage um eine gegenüber der Beklagten bestehende Kostenschuld auf S 400.139,97 ein.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte eine Widerklage auf Zahlung von S 144.230,10 sA mit dem Vorbringen ein, die monatlichen Rückzahlungsraten an die *****bausparkasse betreffend zwei auf der Liegenschaft sichergestellte Darlehen machten S 7.237,-- aus, der diesbezügliche Hälfteanteil des Klägers für die Zeit von September 1987 bis September 1990 betrage S 130.266,--. Die Grundsteuer pro Quartal belaufe sich für die Zeit seit September 1987 auf S 19.455,--, der Hälfteanteil des Beklagten betrage S 9.722,50. Die quartalsmäßige Prämie zur Bündelversicherung betrage für drei Jahre S 28.483,20, auf den Widerbeklagten entfalle ein Anteil von S 14.241,60. Schließlich dehnte die Widerklägerin ihr Begehren um S 21.409,12 auf S 165.639,22 sA aus und brachte weiters vor, der Kläger habe beim Erwerb der Liegenschaft gewußt, daß zwischen ihr und ihrem geschiedenen Ehemann ein Aufteilungsverfahren gemäß § 81 ff EheG anhängig gewesen sei. Er sei daher schlechtgläubig gewesen und habe keinen Anspruch auf irgendwelche Besserstellungen im Verhältnis zur Stellung ihres früheren Ehegatten als Miteigentümers.
Das Erstgericht wies die Klage ab und gab der Widerklage mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens statt. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat es die Ansicht, vor Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Benützungsregelung bestehe kein Anspruch des Klägers auf Benützungsentgelt. Da die Beklagte nicht rechtswidrig handle, stehe dem Kläger kein Schadenersatzanspruch zu. Als Hälfteeigentümer müsse er der Beklagten die Hälfte der Lasten ersetzen, zu deren Tragung er sich im Kaufvertrag vom 23.9.1987 verpflichtet habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers und Widerbeklagten teilweise Folge, und wies das Klagebegehren der Widerklägerin ab. Es erklärte die Revision nicht für zulässig und führte zur Abweisung der Widerklage aus:
Soweit das Erstgericht seine Entscheidung auf im Kaufvertrag enthaltene Verpflichtungen stütze, übersehe es, daß diese Verpflichtungen nicht der Widerklägerin gegenüber eingegangen worden seien, die an diesem Vertragsabschluß in keiner Weise beteiligt erscheine. Für die Annahme eines Vertrages zugunsten Dritter (§ 881 ABGB) fehle jeglicher Anhaltspunkt und die Widerklage sei auch nicht darauf gestützt worden. Gemäß § 839 Satz 1 ABGB würden die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten nach dem Verhältnis der Anteile ausgemessen. Diese Bestimmung sei dispositiver Natur. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, daß die Widerklägerin, die nach ihren Behauptungen Aufwendungen für Darlehensrückzahlungen an Bausparkassen, für Grundsteuer und für Bündelversicherung zur Gänze trug, den Widerbeklagten von jeglicher Benützung der Liegenschaft ausgeschlossen habe; sie verwehre ihm sowohl die Benützung der Wohnung bzw Büroräumlichkeit als auch die Beteiligung an den Nutzungen, die von ihr überhaupt in Abrede gestellt würden. Bei dieser Sachlage bestehe kein Anlaß, bereits bestehende Lasten auf den anderen Miteigentümer aufzuteilen. Der Erwerb eines Miteigentumsanteiles führe mangels vertraglicher Vereinbarung dann nicht zur Verpflichtung zur Lastentragung im Sinne des § 839 ABGB, wenn dem Erwerber vom anderen Miteigentümer weder eine Mitbenützung noch ein Benützungsentgelt und auch nicht eine Beteiligung an den Nutzungen zugestanden werde. Mangels abweichender Vereinbarungen zwischen den Miteigentümern sei vielmehr anzunehmen, daß derjenige Miteigentümer, der die Liegenschaft allein benütze, ohne irgendwelche Zahlungen an den anderen, nichtbenützenden Eigentümer zu leisten bzw eine Verpflichtung hiefür anzuerkennen, auch die mit der Liegenschaft verbundenen Lasten zur Gänze trage (vgl Hofmeister in Schwimann ABGB § 839f, Rz 4).
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die außerordentliche Revision der Widerklägerin mit dem Antrag, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Revisionswerberin führt aus, bei dem von ihr geforderten Kostenersatz handle es sich im wesentlichen um Aufwendungen, die dadurch entstanden seien, daß der Kaufpreis für die Liegenschaft nicht bar bezahlt, sondern dafür ein Kredit aufgenommen worden sei, der nun in monatlichen Raten abgestattet werde. Die Rechtsansicht, daß grundsätzlich derjenige Miteigentümer, der die Liegenschaft allein benütze, auch verpflichtet sei, sämtliche Lasten der Liegenschaft zu tragen, ergebe sich aus keiner Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, sodaß die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO vorlägen. Zur Rechtfertigung seiner Entscheidung zitiere das Berufungsgericht die Ausführungen von Hofmeister aaO. Eine konkludente Vereinbarung, wie sie dieser anführe, liege hier nicht vor, denn die Widerklägerin habe niemals einen Zweifel daran gelassen, daß sie die für die Liegenschaft aufgewendeten Kosten zur Hälfte vom Widerbeklagten begehren werde. Sie habe nie die Absicht gehabt, auf die Hälfte der Rückzahlungsraten gegenüber dem Widerbeklagten zu verzichten, es gebe auch keinerlei Handlungen ihrerseits, die einen solchen Aussagewert gehabt hätten. Entscheidend sei, um welche Art von Lasten es sich im gegenständlichen Fall handle. Der Widerbeklagte verweigere nicht nur die Zahlung der laufenden Lasten, sondern auch die Zahlung des Kaufpreises, zu dem er aufgrund des Kaufvertrages verpflichtet sei. Das Hypothekardarlehen, das nun an die Bausparkasse zurückbezahlt werde, sei eindeutig ein Bestandteil des Kaufvertrages zwischen ihm und dem früheren Ehemann der Beklagten. Es sei daher auch unrichtig, von "laufenden Lasten" zu sprechen, tatsächlich handle es sich um einen Kaufpreisteil, der vom Widerbeklagten nicht bezahlt werde, obschon er ihm auf Grund des abgeschlossenen Kreditvertrages zunächst nur gestundet worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, im Ergebnis aber nicht gerechtfertigt.
Der Revisionswerberin ist zuzugeben, daß die berufungsgerichtliche Rechtsansicht, derjenige Miteigentümer, der die Liegenschaft allein benütze, sei grundsätzlich auch verpflichtet, sämtliche Lasten der Liegenschaft im Sinne des § 839 ABGB zu tragen, durch eine oberstgerichtliche Rechtsprechung und auch durch die angeführte Literaturstelle nicht gedeckt ist. Hofmeister aaO nennt nur Reparaturkosten und beruft sich hiebei auf die Entscheidung 1 Ob 614/81 = MietSlg. 33.091. Diese Entscheidung besagt, es müsse nach redlicher Verkehrsauffassung angenommen werden, daß der das gesamte Haus allein benützende und kein Benützungsentgelt leistende Miteigentümer die keine besondere Werterhöhung des Hauses bewirkenden, jedoch die Bewohnbarkeit sichernden Reparaturkosten allein zu tragen habe, und daß allenfalls eine diesbezügliche stillschweigende Regelung zugrundezulegen sei.
Die vorgenannte Entscheidung erfaßt somit entgegen dem berufungsgerichtlichen Hinweis aber ganz offenkundig nicht auch die anteilsmäßige Rückzahlung offener Kaufpreisraten betreffend die im Miteigentum stehende Liegenschaft. Damit ist für die Revisionswerberin aber nichts gewonnen:
Den Widerbeklagten trifft zwar die Sachhaftung für die auf seiner Liegenschaftshälfte sichergestellten Darlehen, er ist aber - worauf das Berufungsgericht ausdrücklich verwies - nicht Vertragspartner der Kreditverträge und haftet persönlich nur aufgrund des Punktes V des Kaufvertrages dem Verkäufer als Darlehensnehmer im Falle von dessen Inanspruchnahme aus diesen Kreditverträgen durch den Darlehensgeber. Von einer von den Streitteilen gemeinsam zu tragenden Last im Sinne des § 839 ABGB kann demgemäß bei den Kaufpreisraten von vornherein keine Rede sein. Die Widerklägerin ist vielmehr gehalten, vom früheren Liegenschaftsmiteigentümer als Mitkreditnehmer Ersatz zu fordern.
Bei dem von der Widerklägerin weiters begehrten anteiligen Kostenersatz für Grundsteuer und Versicherungsprämien handelt es sich wohl um von den Miteigentümern im Sinne des § 839 ABGB anteilsmäßig zu tragende Lasten, die ihrer Art nach auch in den von der Entscheidung MietSlg. 33.091 und von Hofmeister aaO angegebenen Rahmen fallen, die Annahme einer stillschweigenden Regelung dahin, daß die die Liegenschaft allein benützende Widerklägerin diese Kosten allein zu tragen habe, wäre nach den Umständen dieses Falles allerdings problematisch.
§ 839 ABGB läßt jeden Miteigentümer aber grundsätzlich an den Nutzungen und Lasten in gleicher Weise Teil haben. Solange ein neu in die Gemeinschaft eintretender Miteigentümer zufolge Ablehnung durch den anderen Teilhaber an der Nutzung der gemeinsamen Sache noch nicht teil hat, ist es demgemäß und als Folge der innerhalb des Gemeinschaftsverhältnisses bestehenden Pflicht zur Wahrung auch der Interessen der Teilgenossen jedenfalls gerechtfertigt, auch die Pflicht des neuen Miteigentümers zur Teilnahme an der Lastentragung zumindest in dem Ausmaß vorerst aufzuschieben, in dem diese Lasten die von den übrigen Miteigentümern bezogenen Einnahmen und den Wert der allein gezogenen Nutzungen nicht übersteigen. Dem steht nicht entgegen, daß der neue Miteigentümer mangels bereits erfolgter Benützungsregelung vorerst seinerseits von den anderen Miteigentümern (noch) kein Entgelt für deren Alleinbenützung fordern kann. Es ist mit § 839 ABGB jedenfalls unvereinbar, ihn vom Genuß der Sache auszuschließen, gleichzeitig aber zur Lastentragung heranzuziehen.
Eine Behauptung, daß die Aufwendungen für Grundsteuer und Gebäudebündelversicherung die Einnahmen und den Wert der Nutzungen der Liegenschaft ihrem Werte nach überstiegen, hat die Widerklägerin hier gar nicht aufgestellt. Im Hinblick einerseits auf die Größe der Villa (drei Geschoße mit mehr als 450 m2 Nutzfläche und 17 Hauptsowie zahlreichen Nebenräumlichkeiten, näheres siehe in der ein Verfahren der Streitteile betreffenden Entscheidung 4 Ob 537/91) und andererseits auf den behaupteten Lastenanteil des Widerbeklagten von lediglich rund S 35.000 für drei Jahre ist dies auch ganz offenkundig nicht der Fall.
Die Forderung der Widerklägerin nach anteilsmäßiger Tragung der Grundsteuer und der Gebäudebündelversicherung durch den Widerbeklagten ist daher aus den angeführten Gründen ebenfalls nicht berechtigt.
Demgemäß war der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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