European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00627.840.0214.000
Spruch:
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Begründung:
Die Antragstellerin beantragte die Regelung der Rechtsverhältnisse a) an der ehelichen Wohnung, b) an den Einrichtungsgegenständen und c) an Ersparnissen dergestalt, daß ihr S 150.000,‑ zugewiesen werden.
Der Antragsgegner teilte im Zuge des Verfahrens mit, daß der Punkt a), die Regelung der Rechtsverhältnisse an der ehelichen Wohnung, gegenstandslos geworden sei, weil er den seiner geschiedenen Frau gehörenden Hälfteanteil um den Preis von S 1,250.000,‑ käuflich erworben habe.
Das Erstgericht erkannte der Antragstellerin unter Berücksichtigung des bereits erhaltenen Betrages von S 1,250.000,‑ eine Ausgleichszahlung von S 200.000,‑ zu und verfügte Zahlungsmodalitäten, Wertsicherung und grundbücherliche Sicherstellung.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es der Antragstellerin nur einen Ausgleichszahlungsbetrag von S 33.700,‑ zuerkannte, im übrigen die Zahlungsmodalitäten des Erstgerichtes und die Wertsicherung übernahm, die grundbücherliche Sicherstellung aber fallen ließ. Das Gericht zweiter Instanz ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil noch keine einheitliche Rechtsprechung des Höchstgerichtes vorliege, ob das Gericht in den Aufteilungsverfahren an die Anträge der Parteien gebunden ist oder ob es entspricht, daß eine außergerichtliche Aufteilung berücksichtigt werde.
Beide Vorinstanzen gingen - zusammengefaßt dargestellt - von folgendem Sachverhalt aus:
Die am 19. 10. 1963 von den Streitteilen geschlossene Ehe wurde am 4. 12. 1979 zu 10 Cg 383/79 des Landesgerichtes Salzburg aus dem beiderseitigen Verschulden geschieden. Der Ehe entstammen zwei Kinder. Die siebzehnjährige Tochter lebt bei der Antragstellerin, der neunzehnjährige Sohn beim Antragsgegner. Im Zuge des Verfahrens löste der Antragsgegner der Antragstellerin am 9. 3. 1981 ihren Hälfteanteil an der gemeinsamen Liegenschaft K***** um den Kaufpreis von S 1,250.000,‑ durch Annahme ihres Verkaufsanbotes ab. Über dieses Rechtsgeschäft wurde am 15. 4. 1981 vor dem öffentlichen Notar Dr. D***** ein Kaufvertrag abgeschlossen. Der Antragsgegner erwarb damit lediglich den Liegenschaftsanteil samt der Haushälfte der Antragstellerin, nicht jedoch das Inventar des Hauses. Der Kaufpreis wurde bis spätestens 30. 6. 1981 bezahlt.
Die Antragstellerin nahm verschiedene Gegenstände im Wert von insgesamt S 75.650,‑ mit sich. Der Antragsgegner verblieb über Werte von insgesamt S 498.435,‑ verfügungsberechtigt.
Die 40‑jährige Antragstellerin bewohnt mit ihrer Tochter und mit ihrem nunmehrigen Ehemann ein in ihrem Alleineigentum stehendes Haus in M*****. Sie hat auf Grund des Hausbaues Schulden von ca. S 370.000,‑ und verdient derzeit ca. S 9.000,‑ monatlich. Während der ersten Ehe war sie von Mai 1976 bis Juli 1980 bei der von ihr und dem Antragsgegner gegründeten Firma H***** Ges.m.b.H. als Geschäftsführerin angestellt und bezog ein Gehalt von rund S 5.000,‑ bis S 7.000,‑ monatlich, zuzüglich Miete, Reisespesen etc, welche Beträge sie teilweise wieder an den Antragsgegner zurückbezahlte. Zusätzlich zu diesen Beträgen bekam die Antragstellerin vom Antragsgegner zur Versorgung der Familie Wirtschaftsgeld, mit dem sie im wesentlichen für die täglichen Bedürfnisse das Auslangen fand. Die Antragstellerin kaufte am 31. 1. 1980 einen PKW Matra Bagheera zum Preis von DM 12.600,‑. Das Geld hiefür stammte teilweise von ihren Eltern, teilweise vom nunmehrigen Ehemann, der hiefür bei der Sparkasse H***** einen Kredit aufgenommen hatte. Sie tilgte inzwischen diesen Kredit nach Erhalt ihres Auseinandersetzungsguthabens von der Firma H***** Ges.m.b.H..
Der 46‑jährige Antragsgegner hatte am 15. 4. 1981 bei der Raiffeisenkasse S***** ein Darlehen von S 750.000,‑ zum Ankauf der Liegenschaftshälfte der Antragstellerin und zur Bezahlung der damit in Verbindung stehenden Gebühren und Steuern aufgenommen. Er bezahlt monatliche Rückzahlungsraten von ca. S 12.700,‑. Der Antragsgegner verdient als Verkaufsleiter bei der Firma P***** Wien monatlich S 22.000,‑ 14 x jährlich. „Anläßlich des Schlusses der Verhandlung“ bezog er kein nennenswertes zusätzliches Einkommen von der H***** Ges.m.b.H., da er nicht ausreichend für die Firma, die er seinem Sohn erhalten möchte, tätig ist. Der Antragsgegner hatte am 4. 10. 1979 einen PKW Combi Chrysler Simca S 2, Baujahr 1979, gekauft. Daraus resultiert auf seinem Konto bei der Raiffeisenkasse S***** ein Schuldsaldo von S 121.030,20. Ungefähr zur gleichen Zeit hatte der Antragsgegner auch eine Fernostreise unternommen.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die Streitteile die eheliche Liegenschaft einem Aufteilungsverhältnis von 50 zu 50 unterzogen hätten und dieses Verhältnis auch zur Aufteilung der übrigen Vermögenswerte heranzuziehen sei. Dieses Aufteilungsverhältnis erachtete das Rekursgericht ebenfalls als den Umständen entsprechend. Es führte weiters aus, daß aus Billigkeitserwägungen der vom Antragsgegner für die Liegenschaftshälfte bezahlte Mehrbetrag von S 327.781,‑, der sich aus dem Kaufpreis von S 1,250.000,‑ abzüglich des Vermögenswertes von S 922.219,‑ ergebe, zu berücksichtigen sei. Außerdem seien noch weitere, der Antragstellerin zugekommene Werte zu berücksichtigen, sodaß von einem diesbezüglichen „Verhältnis“ von S 414.331,‑ der Antragstellerin gegenüber S 481.735,‑ des Antragsgegners auszugehen sei. Dies ergebe S 67.404,‑, weshalb sich bei dem Verhältnis von 50 : 50 eine Ausgleichszahlung von S 33.702,‑ (abgerundet S 33.700,‑) ergebe.
Beide Teile erheben Revisionsrekurs. Die Antragstellerin beantragt die Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses dahin, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt werde. Der Antragsgegner beantragt, ihn gänzlich von einer Ausgleichszahlung zu befreien.
Rechtliche Beurteilung
1. Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:
Die Antragstellerin wendet sich zunächst dagegen, daß der Betrag von S 327.781,‑, der ihr über den Wert der Liegenschaftshälfte hinaus vom Antragsgegner bezahlt worden war, in die Aufteilung einbezogen wurde. Dem ist zu erwidern:
Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (8 Ob 564/82; 8 Ob 581/82 ua), ist die Frage, welche Vermögensbestandteile Gegenstand des Aufteilungsverfahrens sind, keine materiellrechtliche, sondern eine solche verfahrensrechtlicher Art, die im vorliegenden Fall vom Rekursgericht dahin gelöst wurde, daß es bei seiner Entscheidung auch auf den Mehrbetrag bedacht nahm, der der Antragstellerin aus der im übrigen einverständlich erfolgten Ablösung der ihr gehörigen Liegenschaftshälfte des Hauses K***** zugute kam. Soweit die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs darzutun versucht, daß der Verfahrensgegenstand ein anderer als der vom Rekursgericht angenommene gewesen sei, behauptet sie in Wahrheit, daß das Rekursgericht eine verfahrensrechtliche Frage unrichtig gelöst habe; daß die Entscheidung des Rekursgerichtes aber auf einer unrichtigen materiellrechtlichen Beurteilung der Sache beruhte, wird damit nicht aufgezeigt. Nur aus dem letztgenannten Grund kann aber im Sinne der Bestimmung des § 232 Abs. 2 AußStrG ein Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes mit Erfolg erhoben werden. Auf die diesbezüglichen Rechtsmittelausführungen der Antragsgegnerin ist daher nicht weiter einzugehen. Es sei nur am Rande darauf verwiesen, daß von der Antragstellerin selbst die eheliche Wohnung im Hause K***** zum Gegenstand des Aufteilungsverfahrens gemacht wurde (siehe Akten S. 4). Daß mit der später erfolgten einvernehmlichen Ablöse ihrer Liegenschaftshälfte durch den Antragsgegner auf eine Einbeziehung der daraus der Antragstellerin zukommenden Beträge in die weiter betriebene Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ausgeschlossen sein sollte, wurde weder behauptet, noch entspricht dies der Billigkeit, die die Grundzüge dieses Verfahrens prägt. Auf die vom Rekursgericht aufgeworfene Frage, wie weit das Gericht bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse an die Parteienanträge gebunden ist, kann und braucht daher hier nicht mehr weiter eingegangen zu werden.
Zu dem pauschalen Vorwurf der Antragstellerin, daß diverse Gegenstände zu Unrecht der Aufteilung unterzogen und wiederum andere unzutreffenderweise nicht in die Aufteilung einbezogen worden seien, ist zunächst wiederum auf den oben dargestellten Grundsatz zu verweisen, daß die Frage, welche Vermögensbestandteile Gegenstand des Aufteilungsverfahrens sind, als eine solche verfahrensrechtliche Art, nicht mehr im Revisionsrekursverfahren zu behandeln ist. Soweit sie mit ihren Ausführungen die Feststellung bekämpft, daß sie die vielen auf S. 16 der rekursgerichtlichen Entscheidung aufgezählten Gegenstände mitgenommen habe, ist dies ebenfalls nicht zielführend, weil sie damit den allein zulässigen Rekursgrund des § 232 Abs. 2 AußStrG nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt.
Mit Rechtsrüge ist zwar überprüfbar, ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist (3 Ob 512, 513/79; 8 Ob 50/84 uza): Die Ausführungen der Antragstellerin über den Wert der der Aufteilung unterzogenen Gegenstände sind jedoch als summarische Bemängelungen des vom Rekursgericht erhobenen Wertes der Sachen nicht geeignet, eine Herab‑ oder Hinaufsetzung des vom Gericht zweiter Instanz unter Anwendung des § 273 ZPO angenommenen Schätzwertes der Gegenstände zu bewirken. Auch die Ausführungen gegen die Annahme des Rekursgerichtes, daß die auf Seite 17 seiner Entscheidung angeführten Sachen dem Antragsgegner geschenkt wurden, bekämpfen lediglich in unzulässiger Weise die Sachverhaltsgrundlagen, von denen das Gericht zweiter Instanz ausgegangen ist. Darauf ist ebenfalls nicht einzugehen.
Abschließend wirft der Revisionsrekurs der Antragstellerin dem Rekursgericht pauschal vor, die Grundsätze der Billigkeit außer acht gelassen zu haben. „Schon das Erstgericht habe in einer Reihe von Fällen zu Lasten der Klägerin entschieden“. Mit letzterem Vorwurf läßt sich nicht vereinbaren, daß die Antragstellerin die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses begehrt. Zum ersteren Vorwurf ist auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes zu verweisen, das alle im konkreten Fall für die Billigkeitserwägung bestimmenden Umstände erhob und berücksichtigte (vgl. EvBl. 1980/215; 1 Ob 643/82; 8 Ob 539/83 uza). Ein Rechtsirrtum ist ihm dabei nicht unterlaufen.
2. Zum Rekurs des Antragsgegners:
Der Antragsgegner stellt sich auf den Standpunkt, daß nicht von einem Aufteilungsverhältnis von 1 : 1, sondern von einem solchen von 1 : 4 zu seinen Gunsten auszugehen sei. Er stützt diese Ansicht auf Umstände, deren Vorliegen er behauptet, die die Vorinstanzen jedoch nicht als erwiesen angenommen haben. Die Vermögensauseinandersetzungen zwischen vormaligen Ehegatten ist nicht streng rechnerisch nach dem Wert des aufzuteilenden Vermögens von grundsätzlich 50 : 50, sondern nach Billigkeit vorzunehmen. Im Einzelfall kann jedoch durchaus eine Aufteilung in diesem Verhältnis gerechtfertigt sein (EvBl. 1981/71; 8 Ob 581/82 ua). Eine solche hielten beide Vorinstanzen im vorliegenden Fall für richtig. Schon das Erstgericht verwies darauf, daß die Antragstellerin in der sechzehnjährigen Ehe sowohl als Hausfrau und Mutter zweier Kinder als auch als Geschäftsführerin der Firma H***** Ges.m.b.H. tätig war und dabei einen nicht unbeträchtlichen Verdienst hatte. Die Behauptung des Antragsgegners, daß ihre Mitwirkung im Erwerb des Antragsgegners übermäßig abgegolten worden sei, entbehrt der für eine Relevanz erforderlichen weiteren Präzisierung, daß sich dies in irgendeiner Weise zu Lasten seines eigenen Einkommens ausgewirkt haben könnte. In seinem weiteren Vorbringen, wonach die Pflege und Erziehung der Kinder im wesentlichen ihm oblag, entfernt sich der Antragsgegner von den Feststellungen der Vorinstanzen. Gänzlich übersieht der Antragsgegner, daß die Vorinstanzen der Antragstellerin ohne Einschränkung zubilligten, innerhalb der sechzehnjährigen Ehe die Pflichten als Hausfrau und Mutter erfüllt zu haben. Daß sie dabei noch die Zeit und den Fleiß aufbrachte, im Unternehmen des Antragsgegners tätig zu sein, kann nicht mit dem Hinweis darauf wettgemacht werden, daß die Antragstellerin sportlich sehr ambitioniert war und es manchmal vorkam, daß die Tochter vor der Haustüre auf die Rückkehr der Mutter warten mußte. Bei der Aufteilung ist besonders auf das Gewicht und den Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen (§ 83 Abs. 1 EheG). Bei gleichwertigen Beiträgen der früheren Ehegatten erscheint eine Aufteilung im Verhältnis 1 : 1 im allgemeinen dann als gerechtfertigt, wenn nicht gewichtige Umstände im Einzelfall die Aufteilung in einem anderen Verhältnis angezeigt erscheinen lassen. Grundsätzlich werden die Beiträge der Parteien selbst in einer Ehe, in der der Mann allein verdient und die Frau den Haushalt versorgt und die Kinder betreut (§ 83 Abs. 2 EheG), gegeneinander aufgewogen (5 Ob 548/81; 6 Ob 623/84; vgl. auch JBl. 1983, 598 und 648; Schwind , Eherecht 2 , 322). Berücksichtigt man hier, daß die Antragstellerin in der Ehe darüberhinaus noch ein übriges tat und sich am Geschäftsunternehmen ihres Mannes sogar persönlich beteiligte, kann gegen die von den Vorinstanzen für gerecht und billig befundene Aufteilung im Verhältnis 1 : 1 selbst bei unterstellter Annahme der Richtigkeit der Ausführungen des Antragsgegners in seinem Revisionsrekurs kein triftiges Gegenargument gefunden werden. Dessen Revisionsrekurs war daher ebenfalls der Erfolg zu versagen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 234 AußStrG.
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