Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung lautet:
Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei die Motoryacht Princess 36 Riviera, Motornummer 1101022373/41319 und 11010225577/42481, Baujahr 1989, binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution herauszugeben, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 104.422,80 bestimmten Kosten des Verfahrens (einschließlich S 14.903,82 Umsatzsteuer und S 15.000 Barauslagen) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte lebte mit R***** S*****, den der Kläger seit mindestens 20 Jahren kennt, von 1978 bis November 1989 in Lebensgemeinschaft. Die Beklagte kennt der Kläger seit etwa 12 Jahren. Sie besaß zwei Motorboote, die in Jugoslawien im selben Hafen wie das frühere Boot des Klägers lagen. Diese, von der Beklagten und ihrem Lebensgefährten benützten Motorboote wurden jeweils aus den Mitteln der Beklagten gekauft, aber aus geschäftlichen Gründen auf den Namen ihres Lebensgefährten zugelassen. Die Beklagte hielt zwar ihren Lebensgefährten während der Dauer der Lebensgemeinschaft aus; sie schenkte ihm jedoch weder die Boote noch das Geld dazu.
1989 kaufte die Beklagte gegen Inzahlungnahme ihres alten Bootes wiederrum ein neues Boot, und zwar die nunmehr streitverfangene Motoryacht um S 2,240.000. Nach Ende der Lebensgemeinschaft benötigte ihr ehemaliger Lebensgefährte Geld. Deshalb verkaufte er dem Kläger am 1.September 1990 die Motoryacht um den (überaus günstigen) Kaufpreis von S 800.000; hätte er länger Zeit gehabt, hätte er für sie mit Sicherheit S 1,3 Millionen bekommen können. Der Kläger wußte damals, daß nicht der ehemalige Lebensgefährte, sondern die Beklagte die wahre Eigentümerin der Yacht war. Anläßlich der Übergabe am 6. Oktober 1990 mußte sie der Lebensgefährte aufbrechen, da er sich zwar zuvor die Nummern der Zündschlösser aufgeschrieben und Schlüssel hatte nachmachen lassen, aber nicht über die übrigen Bootsschlüssel verfügte.
Die Beklagte machte in der Folge ihre Motoryacht in einem anderen Hafen ausfindig, nahm sie eigenmächtig in Betrieb und fuhr nach Italien, wo die Yacht seither liegt.
Der Kläger begehrt die Herausgabe der Motoryacht, weil er sie vom Lebensgefährten der Beklagten gekauft habe und demnach Eigentümer geworden sei.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei Eigentümerin der Motoryacht; dem Kläger seien die wahren Eigentumsverhältnisse bekannt gewesen, sodaß ihr ehemaliger Lebensgefährte dem bösgläubigen Kläger das Eigentum nicht habe wirksam übertragen können. Auch liege zwischen diesen ein Scheingeschäft vor, da auch der Kläger selbst schwer verschuldet sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren unter Hinweis auf die Rechtsausführungen des Rechtsmittelgerichts im Parallelprozeß 20 Cg 245/90 (in dem die hier Beklagte von ihrem ehemaligen Lebensgefährten die Herausgabe der Motoryacht gefordert hatte) mit der Begründung statt, daß auch der bösgläubige Kläger von dem als Treuhänder für die Beklagte agierenden Lebensgefährten durch die Übergabe des Bootes Eigentum erworben habe. Daran ändere auch nichts, daß sich dieser in strafrechtlicher relevanter Art Zugang zum Boot verschafft und der Kläger hievon gewußt habe. Die Beklagte müsse daher auf die Verfolgung ihrer obligatorischen Ansprüche aus dem Titel des Schadenersatzes in einem gesonderten Verfahren verwiesen werden.
Das Berufungsgericht (nunmehr in anderer Zusammensetzung als im Parallelprozeß) gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das angefochtene Urteil auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ohne nähere Begründung für zulässig. Im fortgesetzten Verfahren werde vorerst gemäß § 182 ZPO mit den Streitteilen zu erörtern sein, inwieweit aus der Bezugnahme des Klägers auf das Prozeßvorbringen der Beklagten im Parallelprozeß eine solche auf die Treuhand zu erblicken sei und ob er dieses als Grundlage seines Begehrens ansehe, sowie wie die damit einhergehende Prozeßargumentation der Beklagten bezüglich einer "allfälligen Treuhand", einer "offiziellen" und einer "tatsächlichen" Variante unter Berücksichtigung geschäftlicher und steuerlicher Gründe und der tatsächlichen Verhältnisse zu verstehen sei. Sodann werde das Erstgericht die zwischen der Beklagten und ihrem ehemaligen Lebensgefährten bestandene Vertragsbeziehung zu untersuchen und hiezu entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Erst dann könne beurteilt werden, ob eine Treuhandschaft vorliege und bejahendenfalls welcher Art diese sei; ein typisches Treuhandverhältnis gäbe es nicht; ohne Abstellen auf die besonderen Umstände des einzelnen Falles sei eine rechtliche Beurteilung nicht möglich (näheres S 9 f). Im übrigen werde auch der von der Beklagten ausdrücklich erhobene Einwand des Scheingeschäftes zwischen dem Kläger und ihrem ehemaligen Lebensgefährten zu prüfen sein.
Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, daß der Lebensgefährte zum Zeitpunkt des Verkaufes der Motoryacht an den Kläger aufgrund eines zulässigen Treuhandvertrages mit der Beklagten die Stellung eines Treuhandeigentümers zugekommen sei, werde allerdings dem Klagebegehren neuerlich stattzugeben sein; denn der Treuhänder sei - jedenfalls im Falle einer fiduziarischen Treuhand - nach außen hin unbeschränkter Eigentümer; die zweckgebunde Beschränkung seiner Verfügungsgewalt wirke nicht gegen Dritte und ihr ehemaliger Lebensgefährte hätte diesfalls dem Kläger - ungeachtet dessen Schlechtgläubigkeit, der aber gemäß § 367 ABGB nur im Falle des Erwerbes vom Nichteigentümer Bedeutung zukomme - Eigentum verschafft. Sollte jedoch keine zulässige Treuhand vorgelegen sein, wäre das Klagebegehren abzuweisen, weil der Kläger mangels guten Glaubens nicht gemäß § 367 ABGB vom ehemaligen Lebensgefährten der Beklagten als deren Vertrauensmann Eigentum am Boot erworben hätte; der Eigentumsklage wäre dann die Grundlage entzogen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, das Ersturteil wiederherzustellen.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, weil zur Frage des Mißbrauchs des Treuhandverhältnisses und der Kenntnis des Dritten hievon oberstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Er ist auch berechtigt, allerdings im Sinn der sofortigen Klageabweisung, weil die Sache bereits spruchreif ist. Eine solche Abänderung ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof als Rekursgericht dann, wenn er dem Rekurs stattgibt, weil er die Aufhebung durch das Berufungsgericht für unberechtigt erachtet, sofort in der Sache selbst entscheiden kann (§ 519 Abs 2 dritter Satz ZPO). "Entscheidung in der Sache" bedeutet, daß der Oberste Gerichtshof dann anstelle des Berufungsgerichtes über die Berechtigung der Berufung entscheiden muß. Er ist dabei nur an die Berufungsanträge gebunden, was - wie hier - zur Folge haben kann, daß die Sachentscheidung des Obersten Gerichtshofs zum Nachteil des Rekurswerbers ausgehen darf (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1983).
Sämtliche vom Berufungsgericht für nötig erachtete ergänzende Feststellungen erübrigen sich nämlich: Es braucht weder geklärt zu werden, ob zwischen der Beklagten und ihrem ehemaligen Lebensgefährten eine zulässige Treuhandvereinbarung getroffen worden ist, gegebenenfalls welcher Art sie ist und ob der Lebensgefährte im Fall einer zulässigen fiduziarischen Treuhandvereinbarung während der Dauer der Lebensgemeinschaft zur Zeit des Verkaufes der Motoryacht an den Kläger noch Treuhandeigentümer war oder ob die Beklagte nach deren Widerruf nicht bereits wieder Eigentum am Treugut erworben hatte. Auch der Einwand der Beklagten, es liege ein Scheingeschäft vor, braucht nicht mehr geprüft zu werden, weil die Beklagte schon aus anderen Gründen keinesfalls zur Herausgabe der Motoryacht verpflichtet ist.
Lag keine zulässige fiduziarische Treuhandvereinbarung vor, ist die Beklagte Bootseigentümerin geblieben. Der Kläger konnte in diesem Fall durch Kauf vom ehemaligen Lebensgefährten nicht Eigentum am Boot erwerben, auch wenn dieses jenem irgendwann einmal von der Beklagten anvertraut worden war, weil er die wahren Eigentumsverhältnisse kannte und daher ein gutgläubiger Eigentumserwerb nach § 367 dritter Fall ABGB ausscheidet.
Auch wenn eine zulässige fiduziarische Treuhandvereinbarung während der Lebensgemeinschaft vorgelegen sein sollte und die Beklagte nach deren Widerruf im Zeitpunkt des Verkaufes des Bootes durch den Lebensgefährten an den Kläger noch nicht wieder Eigentum am Treugut erworben haben sollte (schließlich verfügte dieser über keine Schlüssel mehr und konnte dem Kläger das Boot nur übergeben, indem er es gewaltsam aufbrach), hindert die festgestellte (und nunmehr auch zugestandene) Kenntnis des Klägers vom Entzug der Verfügungsmacht dessen Eigentumserwerb.
Wie Kastner bereits vor langem in seinen grundlegenden Untersuchungen über die Treuhand im österreichischen Recht (JBl 1948, 305; 1949, 90 ff; 420 ff = GesAufs 591 ff) dargelegt hat (S 422 = GesAufs 608), kann sich zwar grundsätzlich der Treugeber vor der Untreue des Treuhänders nicht ausreichend schützen, weil dessen Können die Grenzen des Dürfens übersteigt. Wer Vertrauen ohne Sicherung schenkt, muß Vertrauensbruch als möglich hinnehmen. Die Verfügungen des Treuhänders über das Treugut können daher im allgemeinen vom Treugeber nicht mit der Begründung als unwirksam angegriffen werden, daß sie interner Vereinbarung widersprechen; nur bei Arglist des Dritten kann der Treugeber auf das Treugut wirksam Anspruch erheben. Später (in Hämmerle-FS (1972) 179 ff = GesAufs 627 ff) bekräftigte er diese Ansicht unter Hinweis auf den von Wilburg (JBl 1949, 29 ff) entwickelten Gedanken der Wertverfolgung mit Surrogation (den dieser auch auf das Treuhandverhältnis anwandte, aaO 31), seine eigene (bereits in JBl 1962, 430) und von Koziol (Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte 106) vertretene Ansicht. Bei mißbräuchlicher Veräußerung durch den Treuhänder ist die gleiche Interessenlage wie bei mißbräuchlicher Veräußerung durch den Vertreter gegeben. In der Regel wird die Treuhand nicht deshalb gewählt, weil sich der Treugeber mit einem Mißbrauch des Treuhänders eher abfindet als mit dem eines Bevollmächtigten, sondern aus anderen Gründen; die gleiche Sanktion ist daher geboten.
Mehrfach hat der Oberste Gerichtshof (zB RZ 1959, 134; 1961, 176; Estl, RZ 1960, 71) erkannt, daß sich der Treuhänder und der Erwerber durch Veräußerung des Treugutes strafbar machen können; wenn der Erwerber wissentlich an einer strafbaren Untreue mitwirkt, so macht er sich regelmäßig strafbarer Beihilfe oder sogar Anstiftung schuldig. Ist dies der Fall, so ist der schadenersatzpflichtige Erwerber verhalten, den Schaden in natura gut zu machen, also durch Rückgabe des Treugutes, wenn er darüber noch verfügen kann. In der absprachewidrigen Veräußerung des Treugutes liegt ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i.S. des § 879 ABGB und der Erwerber, der - wie hier - diesen Mißbrauch kennt, verstößt durch seine Beihilfe oder Anstiftung dazu ebenfalls gegen ein gesetzliches Verbot; das hat zur Folge, daß gemäß § 879 ABGB, das Verpflichtungsgeschäft nichtig und daher mangels Titels, auch das Verfügungsgeschäft unwirksam ist; dies verpflichtet den Erwerber zur Herausgabe des Treugutes. Hat es der Treugeber - auf welche Weise auch immer - bereits in seine Verfügungsmacht gebracht, ist er dem in Kenntnis des Mißbrauches erwerbenden Dritten zur Herausgabe nicht verpflichtet. Hieraus folgt, daß - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - das Klagebegehren auch in diesem Fall abzuweisen ist.
Die Frage, ob dies - ausgehend vom allgemeinen Grundgedanken, daß man grobe Fahrlässigkeit und ihre Folgen im Geschäftsverkehr vertreten muß - wie beim Mißbrauch der Vertretungsmacht auch in den Treuhandmißbrauchsfällen gilt, in denen man dem Erwerber nicht Kenntnis, sondern nur grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Unkenntnis vom Mißbrauch nachweisen kann, wofür vieles spricht (so auch Kastner aaO 181 = GesAufs 629), braucht hier nicht abschließend beurteilt zu werden, weil der Kläger den Mißbrauch kannte.
Die Rechtssache ist daher jedenfalls im Sinn der Klagsabweisung spruchreif.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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