European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00062.18B.0427.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass der Antrag des Schuldners abgewiesen wird.
Begründung:
Über das Vermögen des Schuldners wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 29. 7. 2008 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und am 21. 10. 2008 nach Scheitern des angebotenen Zahlungsplans das Abschöpfungsverfahren eingeleitet. Innerhalb der siebenjährigen Laufzeit der Abtretungserklärung erhielten die Gläubiger eine Quote von 4,86 % ihrer angemeldeten Forderungen.
Mit Beschluss vom 13. 1. 2016 verlängerte das Erstgericht das Abschöpfungsverfahren über Antrag des Schuldners gemäß § 213 Abs 4 IO (aF) um drei Jahre. Am 18. 10. 2017 stellte der Schuldner den Antrag auf Beendigung des Abschöpfungsverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 280 IO idF des IRÄG 2017.
Das Erstgericht wies den Antrag als verfrüht zurück, weil die Laufzeit der Abtretungserklärung nicht abgelaufen und § 280 IO idF des IRÄG 2017 nicht anwendbar sei.
Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Schuldners Folge. Es erklärte das Abschöpfungsverfahren für beendet und sprach aus, dass der Schuldner von den im Verfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit werde.
Die auf anhängige Abschöpfungsverfahren anzuwendende Übergangsbestimmung des § 280 IO idF IRÄG 2017 sei dahin auszulegen, dass nur die ursprüngliche Abtretungserklärung abgelaufen sein müsse, um die Restschuldbefreiung ohne Rücksicht auf die erzielte Quote beantragen zu können.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil – soweit überschaubar – noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Anwendung des § 280 IO nF in einem verlängerten Abschöpfungsverfahren bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Gläubigerin ist zulässig und auch berechtigt, weil die Rekursentscheidung im Sinne der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einer Korrektur bedarf.
1. Die für das Schuldenregulierungsverfahren maßgeblichen Änderungen der IO durch das IRÄG 2017 traten grundsätzlich mit 1. 11. 2017 in Kraft. Sie sind anzuwenden, wenn das Insolvenzverfahren nach dem 31. 10. 2017 eröffnet wurde oder der Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nach diesem Datum bei Gericht eingelangt ist.
2. Für Abschöpfungsverfahren, die bei Inkrafttreten des Gesetzes anhängig waren, gilt nach § 280 IO idF IRÄG 2017 folgende Übergangsregelung:
„Nach Einleitung des Abschöpfungsverfahrens bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung ist auf Antrag des Schuldners das Abschöpfungsverfahren zu beenden, wenn die Abtretungserklärung abgelaufen ist oder seit dem 1. November 2017 fünf Jahre der Abtretungserklärung abgelaufen sind. § 213 Abs 1 zweiter bis vierter Satz in der vor dem IRÄG 2017 vorgesehenen Fassung sind anzuwenden.“
3. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (RIS‑Justiz RS0131932; 8 Ob 6/18t; 8 Ob 5/18w; 8 Ob 20/18t ua) ist eine vorzeitige Beendigung jener anhängigen Verfahren, die vor dem Stichtag nach § 213 Abs 4 IO aF aus Billigkeitsgründen verlängert wurden, in der Übergangsregelung des § 280 IO nicht vorgesehen.
Der Antrag nach § 280 IO setzt vielmehr voraus, dass die Abtretungserklärung auch für das verlängerte Verfahren abgelaufen ist (RIS-Justiz RS0131932; 8 Ob 6/18t mwN).
Dem berechtigten Rekurs der Gläubigerin war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederherzustellen, dass der Antrag des Schuldners (da zwar zulässig, aber inhaltlich unberechtigt) abgewiesen wird.
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