Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die gefährdete Partei hat den Gegnern der gefährdeten Partei die Kosten des Revisionsverfahrens von S 3.397,35 (darin enthalten an Umsatzsteuer S 308,85) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin und gefährdete Partei (im folgenden nur Klägerin genannt) begehrte von der Erst- und der Zweitbeklagten als Gegnerinnen der gefährdeten Partei (im folgenden nur Erst- und Zweitbeklagte genannt) sowie von den Dritt- bis Sechstbeklagten die Zahlung eines Betrages von S 184.406,94 s.A. Sie behauptete, sie habe gegen die beim Handelsgericht Wien zu 7 HRB 25.127 eingetragene F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH (alt) zu 31 Cg 322/85 des Handelsgerichtes Wien ein Versäumungsurteil erwirkt. Es sei ein ergebnisloses Exekutionsverfahren geführt worden. Einschließlich Zinsen und Kosten hafte eine Forderung von S 184.406,94 aus. Balduin N***, der bei mehreren Unternehmen federführend tätig sei, habe verschiedene Firmenmanipulationen vorgenommen, die geeignet seien, die Hereinbringung des vollstreckbaren Anspruches der Klägerin zu vereiteln. Im Zuge der dargestellten Transaktion habe die (ursprüngliche) Schuldnerin F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH ihre Verträge über die Teilnahme am F*** bzw. den Kundenstock auf die nunmehrige
F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH & Co KG (Erstbeklagte), deren Kommanditisten die Dritt- bis Sechstbeklagten seien, übertragen und damit der Klägerin den Haftungsfonds entzogen. Es sei daher ein gesetzlicher Anfechtungstatbestand erfüllt. Die F***-T*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH (neu-Zweitbeklagte) sei aus der A. M*** G*** MBH hervorgegangen (AS 3).
Mit der Klage verband die Klägerin den Antrag, der Erst- und der Zweitbeklagten zur Sicherung des Anfechtungs- und Geldleistungsanspruches von S 184.406,94 s.A. mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, über ihre Ansprüche gegenüber den Taxiunternehmern auf Zahlung eines monatlichen Entgeltes für die Teilnahme am Funktaxivermittlungsdienst (F*** 3130) zu verfügen; insbesondere möge ihnen die Empfangnahme von Geldleistungen aus diesen Vereinbarungen sowie die gänzliche bzw. teilweise Einziehung dieser Forderungen und 19 Drittschuldnern verboten werden, an die Gegner der gefährdeten Partei aufgrund der Vereinbarungen über die Teilnahme am Funktaxivermittlungsdienst (F*** 3130) Zahlung zu leisten; es möge ihnen auch aufgetragen werden, die fälligen Zahlungen aus den jeweiligen Verträgen über die Teilnahme am Funktaxivermittlungsdienst (F*** 3130) binnen 14 Tagen, die weiters fällig werdenden Beträge bis spätestens zum Zehnten eines jeden Monates gerichtlich zu erlegen.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Es begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Klägerin der Nachweis, die behaupteten Firmengründungen seien ausschließlich zu dem Zweck vorgenommen worden, um damit die Durchsetzung ihres titelmäßigen Anspruches zu vereiteln, nicht gelungen sei. Die Klägerin sei zu der zu ihrer Vernehmung anberaumten Tagsatzung nicht erschienen. Durch die vorliegenden Urkunden sei die Bescheinigung ihrer Behauptungen nicht erbracht.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin Folge und bewilligte die beantragte einstweilige Verfügung. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und erklärte den Rekurs für zulässig. Im Gegensatz zum Erstgericht nahm das Rekursgericht an, daß die Klägerin die zur Erlassung der einstweiligen Verfügung erforderliche Gefahrenbescheinigung erbracht habe, dies auf folgender Sachverhaltsgrundlage:
Mit Wirkung vom 1. Jänner 1985 wurde die F***-T*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH & Co KG gegründet. Persönlich haftende Gesellschafter waren die F***-T*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH (HRB 25.127) und die A. M*** Gesellschaft mbH (HRB 25.147), Kommanditisten Maria N***, Philipp N***, Christine N*** und Nikolaus N***. Geschäftsführer der beiden Komplementär-Gesellschaften war Balduin N***. Am 4. März 1985 wurde die Eintragung dieser Kommanditgesellschaft in das Handelsregister beantragt.
Aufgrund der Beschlüsse der Generalversammlung der F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH - alt (HRB 25.127) vom 11. April 1985 und 22. April 1985 wurde die Firma in "T*** und M*** B*** MBH" geändert und am 11. April 1985 die Auflösung der Gesellschaft beschlossen. Die Änderung des Firmenwortlautes wurde am 17. Mai 1985 im Handelsregister eingetragen. Geschäftsführer dieses Unternehmens war Balduin N***. Mit den Beschlüssen der Generalversammlung der A. M*** Gesellschaft mbH vom 11. April 1985 und 22. April 1985 wurde die Firma dieses Unternehmens in "F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH" - neu geändert. Diese Firmenänderung wurde am 9. Juli 1985 im Handelsregister eingetragen. Geschäftsführer dieses Unternehmens war ebenfalls Balduin N***. Am 9. April 1985 wurde die Klage der Klägerin gegen die F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH eingebracht. Die Klage wurde an Balduin N*** am 12. Juni 1985 zugestellt. Die vom Erstgericht für 20. Juni 1985 anberaumte erste Tagsatzung blieb von der Beklagten unbesucht; auf Antrag der Klägerin erging das (ursprünglich vorbehaltene) Versäumungsurteil im klagestattgebenden Sinn. Die Vollstreckbarkeit wurde am 4. September 1985 bestätigt. Mit Eingabe vom 6. September 1985 wurde dem Handelsgericht Wien bekannt gegeben, daß die Firma der F***-T*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH (alt) in T***- und M*** B*** MBH i.L. geändert wurde (7 HRB 25.127) und die Firma der A. M*** Gesellschaft mbH in F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH (7 HRB 25.147), ferner, daß die T***- UND M*** MBH i.L. aus der
F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH & Co KG ausgeschieden sei. Persönlich haftender Gesellschafter dieser Kommanditgesellschaft ist die F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH, Wien (neu). Für diese zeichnete als Geschäftsführer Balduin N***.
Rechtlich verwies das Rekursgericht auf das eigene Vorbringen der Beklagten, wonach die Liquidation der F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH (alt) deshalb beschlossen worden sei, weil durch die Insolvenz eines anderen Unternehmens eine Wechselforderung von S 1,000.000 entstanden sei. Daraus ergebe sich, daß "zur Verhinderung des Versuches der Einbringung von Forderungen gegen die Erst- und Zweitbeklagten ein ähnlicher Weg gewählt werden könnte", weshalb die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen gewesen sei.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Gegner der gefährdeten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Die Klägerin beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Die Rechtsmittelwerber wenden sich mit Recht dagegen, daß das Rekursgericht die für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 381 EO erforderliche Gefahrenbescheinigung als erbracht ansah. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung im Sinne des § 381 EO jeweils auf die Umstände des einzelnen Falles an. Im Hinblick auf die vom Gesetz gebrauchten Ausdrücke "besorgen" (§ 381 Z 1 EO) und "drohen" (§ 381 Z 2 EO) wird das Vorliegen von Umständen gefordert, die ohne Bewilligung der einstweiligen Verfügung eine Beeinträchtigung des Anspruches oder des Anspruchsberechtigten als wahrscheinlich erscheinen lassen. Es wird daher die Bescheinigung einer konkreten Gefährdung verlangt. Demnach kann nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer im § 381 EO erwähnten Erschwerung, Vereitelung, Gewaltanwendung oder Herbeiführung eines unwiderbringlichen Schadens eine Anspruchsgefährdung im Sinne dieser Gesetzesstelle begründen (EvBl. 1964/371; JBl. 1970, 322; SZ 42/135;
EvBl. 1974/153; EvBl. 1981/188; 1 Ob 12,13/75; 5 Ob 516/77;
5 Ob 571/80 uva; Heller-Berger-Stix, Komm.z.EO4, 2722 f). Die Behauptungslast für die konkrete Gefährdung liegt gemäß § 389 Abs. 1 EO beim Kläger (MietSlg. 30.862; 3 Ob 567/81; 8 Ob 541/87;
2 Ob 604/87 ua).
Im vorliegenden Fall wurde jedoch im wesentlichen bloß behauptet, daß der Geschäftsführer der Erst- und der Zweitbeklagten allenfalls "weitere Maßnahmen setzen werde, die die Hereinbringung der Geldforderungen vereiteln oder erschweren könnten" (S 6 der rekursgerichtlichen Entscheidung, auch AS 10). Dabei wurde aufgrund der Vorgangsweise des Geschäftsführers der Erst- und der Zweitbeklagten bei der Liquidierung der F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH (alt) eine durch keine Bescheinigungsergebnisse gestützte Parallele auf den vorliegenden Fall gezogen und unterstellt, daß ähnliche Manipulationen auch für den Fall einer Verurteilung der jetzigen Beklagten (ua F*** 3130 Vermittlungsgesellschaft mbH - neu) erwartet werden könnten. Damit wurde aber nur abstrakt gehaltene Befürchtungen ausgesprochen. Die theoretisch immer gegebene Möglichkeit einer Verletzung bestehender Rechte reicht für eine Bescheinigung der Gefahr zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 381 Z 2 EO jedoch nicht aus (8 Ob 541/87, 2 Ob 604/87 ua).
Wenn daher das Rekursgericht annahm, daß "zur Verhinderung des Versuches der Einbringung von Forderungen gegen die erst- und zweitbeklagten Parteien ein ähnlicher Weg gewählt werden könnte", wie ihn der Geschäftsführer der Erst- und der Zweitbeklagten gegenüber einem anderen Gläubiger einmal eingeschlagen habe, wurde damit noch keine konkrete Gefährdung des vorliegend erhobenen klägerischen Anspruches im Sinne des § 381 EO dargetan. Zur Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung fehlt es daher schon an der hiefür erforderlichen Bescheinigung einer konkreten Gefahr im Sinne des § 381 EO.
Da die fehlende Bescheinigung der Gefährdung auch nicht durch Sicherheitsleistung ersetzt werden kann (Heller-Berger-Stix, aaO, 2837; SZ 42/135; 3 Ob 567/81 ua), war der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuweisen, was die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes zur Folge hat.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 402, 78 EO, 50, 41 ZPO.
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