Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, dem Zweitbeklagten die mit S 14.387,24 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 1.920,-- und die USt. von S 1.133,39), die Erstbeklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 10.594,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die USt. von S 963,10) und seinem Nebenintervenienten R* Ö* die mit S 8.755,50
bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte von den Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes die Bezahlung von S 280.000,-- s.A. an Schmerzengeld und Verdienstentgang und die Feststellung, daß die Beklagten ihm für künftige Schäden aus dem Unfall vom 3.2.1980 auf dem Postamtsvorplatz in B C hafteten. Der Kläger sei an diesem Tag auf dem mit Schnee bedeckten, nicht geräumten und unbestreuten Postamtsvorplatz zu Sturz gekommen und habe sich verletzt.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, wandten dagegen ein, daß sie keine Haftung treffe und daß der begehrte Betrag überhöht sei.
Das Erstgericht verurteilte die Erstbeklagte, an den Kläger S 240.000,-- s.A. zu bezahlen. Es stellte weiters fest, daß die Erstbeklagte dem Kläger für künftige Schäden aus dem Unfall ersatzpflichtig sei. Das gegen den Zweitbeklagten gerichtete Begehren wurde abgewiesen, ebenfalls ein gegen die Erstbeklagte gerichtetes Mehrbegehren von S 40.000,-- s.A. Das Erstgericht traf - zusammengefaßt dargestellt - nachstehende Feststellungen:
Die Kleinkirchheimer Bundesstraße verläuft in West-Ost-Richtung. Im Norden dieser Bundesstraße befindet sich das Postamt. In diesem Bereich schließt nördlich der Bundesstraße eine 1 bis 1,5 m breite Verkehrsinsel an. Nördlich dieser Verkehrsinsel liegt eine asphaltierte Fläche - in der Folge als Postamtsvorplatz bezeichnet - mit einer Breite von ca 3,5 bis 4 m. Im Anschluß daran befindet sich nördlich dieses Postamtsvorplatzes der etwa 2 m breite Gehsteig unmittelbar vor dem Postamt, welcher mit einer Bordsteinkante von dieser Fläche abgesetzt ist. Daran schließt sich ein aus zwei Stufen bestehender Stiegenaufgang und eine 1 m breite Fläche an, die zum Eingang des Postamtes führt. Im östlichen Bereich des Postamtes, und zwar noch auf der Südseite, befinden sich zwei Telefonzellen. Östlich des Postamtes ist ein großer Parkplatz, der von dem Postamtsvorplatz nicht abgetrennt ist. Der Postamtsvorplatz war gleichzeitig eine Postautobushaltestelle. Die Postautobusse konnten von der Kleinkirchheimer Bundesstraße zur Haltestelle von Osten kommend zufahren und dann sowohl zur Bundesstraße als auch zur St.Oswalder Landesstraße ausfahren.
In der Nacht zum 1.Februar 1980 setzte Schneefall ein, der am 1. Februar 1980 bis etwa Mittag andauerte. Danach war es bis zum Unfallstag, dem 3.2.1980, niederschlagsfrei. An diesem Tag betrug die Lufttemperatur in B C während der Morgenstunden -4 Grad. Zu Mittag war sie mit einem Wert zwischen 0 und 2 Grad schwach positiv, ab dem Nachmittag unterschritt sie wieder die Frostgrenze. Tagsüber war es mäßig bis gering bewölkt. Die Schneedecke hatte im freien Gelände auf natürlicher Oberfläche eine Höhe von 30 bis 40 cm. Glätte auf Verkehrswegen war bei den am 3.2.1980 herrschenden Wetterverhältnissen anzunehmen. Die örtlichen Verhältnisse im Bereich des Postamtsvorplatzes waren so, daß am gesamten Platz Schnee lag, welcher festgetreten war. Es hatten sich verschiedene Mulden gebildet. Zum Teil war es auch glatt, zum Teil war nur Schnee vorhanden. Dieser war ziemlich holprig und festgetreten bzw. festgefahren. Es war keine frische Schneeauflage vorhanden. Zwischen dem Gehsteig und dem Postamtsvorplatz konnte man keine Unterteilung sehen. Der Postamtsvorplatz war nicht gestreut, es war auch keine alte Streuung zu sehen.
Um ca.16 Uhr wartete der Kläger vor dem Eingang des Postamtes in B C, nachdem er vorher eine Telefonzelle benützt
hatte, auf den Autobus, mit welchem er zum Thermalbad fahren wollte. Der Autobus kam und blieb etwa 3 m südlich der Gehsteigkante vor dem Postamt stehen. Als der Kläger zum Postautobus hingehen wollte, brach er mit einem Fuß in einer Schneemulde ein, rutschte seitlich nach links mit dem linken Fuß weg und kam zu Sturz. Er brach sich dabei den Fuß. Der Kläger hatte relativ neue 'Moonboots' an, welche mit einem sehr dicken Profil versehen waren. Der Sturz ereignete sich ca.2,5 m südlich der ersten Stiege auf Höhe der Mitte des Einganges zum Postgebäude. Der Kläger, der zum stehenden Autobus gehen wollte, hatte keine andere Möglichkeit, zum Bus zu gelangen, als über den Postamtsvorplatz. Er war den kürzesten Weg zum Bus gegangen.
Mathias F war vom 3.9.1947 bis 30.9.1980 Leiter des Postamtes B C. Am 15.12.1965 wurde das neue Postamt eröffnet. Nachdem im Gemeindegebiet damals kaum Parkplätze waren, wurden die posteigenen Parkplätze östlich und westlich des Postamtes von Fremdparkern benutzt. Um die Eröffnungszeit 1965 vereinbarte der Leiter des Postamtes, Mathias F, mit dem damaligen Bürgermeister der Gemeinde B C, Adam G, daß
die Schneeräumung und Streuung der beiden Parkplätze von der Gemeinde B C übernommen werden. Auch die Postautobushaltestelle, der Postamtsvorplatz selbst, sollten von der Gemeinde vom Schnee geräumt und hier ebenfalls Splitt gestreut werden. Der Gehsteig vor dem Postgebäude und die Stufen wurden weiter von Angestellten der Post vom Schnee geräumt; dort wurde auch gestreut.
Für die Gemeinde B C existierte jedes Jahr ein
eigener Schneeräumungsplan, der vom Gemeinderat beschlossen wurde. Die Schneeräumung selbst wurde im Auftrag der Gemeinde B C großteils von dem Zweitbeklagten durchgeführt, zum Teil auch von einem anderen Unternehmen. Der Bürgermeister Adam G sorgte in der Folge nicht dafür, daß der Postamtsvorplatz und die beiden Parkplätze in den Schneeräumungsplan aufgenommen wurden. 'Es war so, daß der Bürgermeister dem Zweitbeklagte den Auftrag erteilte, auch die Parkplätze und den Postamtsvorplatz zu räumen sowie Splitt zu streuen.' In der Folge wurden die Parkplätze und der Postamtsvorplatz regelmäßig vom Unternehmen des Zweitbeklagten von Schnee geräumt; diese Flächen wurden auch mit Splitt bestreut. Zur Räumung der Postparkplätze war es notwendig, auch die Posthaltestelle, also den Postamtsvorplatz, mitzuräumen. Es gab in der Folge auch keinerlei Beschwerden, die Schneeräumung wurde ordentlich durchgeführt. Nach der Amtsübernahme durch den noch derzeit amtierenden Bürgermeister Rudolf D im Jahre 1970 kam es zu keiner neuen Absprache. Die Räumung der geschilderten Flächen erfolgte weiterhin durch den Zweitbeklagten und es wurde auch Splitt gestreut.
Der Zweitbeklagte hatte die Schneeräumung dann durchzuführen, wenn eine gewisse Menge - mindestens 10 cm - Neuschnee gefallen war, und zwar von sich aus. Weiters hatte die Schneeräumung vom Zweitbeklagten durchgeführt zu werden, wenn die Gemeinde die Anordnung zur Schneeräumung tätigte. Eine solche Anordnung wurde durch den Gemeindesekretär Heinz H gegeben. Der Zweitbeklagte hatte in solchen Fällen die im Schneeräumungsplan verzeichneten Flächen zu räumen. 'Wenn der Zweitbeklagten den Auftrag von der Gemeinde bekam, bei der Postautobushaltestelle (Postamtsvorplatz) zu streuen, hat er dort auch gestreut. Es hat sich bei diesem Auftrag von der Gemeinde nicht um einen schriftlichen Auftrag, sondern um einen mündlichen Auftrag gehandelt. Wenn der Zweitbeklagte den Auftrag bekommen hat, dann hat er gestreut. Von wem konkret von Seiten der Gemeinde der Zweitbeklagte den Auftrag zur Streuung erhielt, konnte nicht festgestellt werden.' Für den Postamtsleiter F war es klar, daß Bürgermeister D von dieser Vereinbarung mit G gewußt hat, weil die Schneeräumung durchgeführt wurde und auch funktionierte. Die Bad Kleinkirchheimer Bundesstraße wird von der Bundesstraßenverwaltung, und zwar vom Straßenbauamt Spittal/Drau vom Schnee geräumt. Der Postamtsvorplatz wurde von der Bundesstraßenverwaltung nie geräumt. Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 21.5.1980 wurde die Kleinkirchheimer Bundesstraße B 88 zum Ortsgebiet erklärt. In den Schneeräumungsplänen 1968, 1971, 1973, 1978 sind die gegenständlichen Flächen nicht enthalten. Im Schneeräumungsplan 1980 für den Winter 1980/81 ist der Postparkplatz enthalten, nachdem sich die Gemeinde schriftlich verpflichtete, und zwar am 26.11.1980, die Räumung des Postplatzes bis auf Widerruf durchzuführen. Am 21.5.1980 schrieb der Kläger an den Bürgermeister der Gemeinde B C und teilte ihm die Unfallstelle mit;
weiters fragte er, wer zuständig sei, das heißt in wessen Kompetenzbereich das Unfallsgeschehen falle. Dieser erste Brief wurde dem Kläger rückgemittelt und ihm auf diesen Brief mitgeteilt, daß die Unfallstelle im Eigentum der R* Ö* stehe.
In einem weiteren Schreiben vom 2.9.1980 teilte der Kläger dem Bürgermeister mit, daß eine mündliche Vereinbarung im Jahr 1965 hinsichtlich der Schneeräumung erfolgte. Mit Schreiben vom 8.9.1980 teilte der Bürgermeister dem Kläger mit, daß die Gemeinde von dieser mündlichen Vereinbarung bisher keine Kenntnis habe, daß sich die Gemeinde aber natürlich an diese Vereinbarung halte und daher den Unfall mit Schreiben vom 8.9.1980 der Versicherungsanstalt gemeldet habe. Er ersuchte den Kläger, seine Forderungen aus dem Unfall an diese Versicherung zu richten. In einem Schreiben vom 17.11.1980 an den Bürgermeister D ersuchte der Kläger um Bekanntgabe, ob er seine Forderungen bezüglich Schmerzengeld und Verdienstentgang an die Gemeinde B C stellen könne. Auf dieses Schreiben antwortete der Bürgermeister D am 24.11.1980 dahingehend, daß der Kläger ersucht wird, der Gemeinde B I seine Forderungen bezüglich des Unfalles bekanntzugeben. Die Gemeinde werde sich direkt mit der Versicherung in Verbindung setzen. Mit dem Schreiben vom 5.12.1980 gab der Kläger seine Forderungen bekannt. Er teilte in diesem Schreiben auch mit, daß er sich permanent um eine Beschäftigung gekümmert habe - leider ohne Erfolg - und daß er um seinen Posten als Verkaufsleiter infolge des Unfalles 'umgefallen' sei. In dem Schreiben vom 24.12.1980 teilte der Bürgermeister der Gemeinde B C dem Kläger mit,
daß die Gemeinde B I die Ansicht vertrete, daß ihre Haftpflichtversicherung für die Folgen des Unfalles zu haften habe und empfahl dem Kläger, die Klage gegen die Versicherungsanstalt einzubringen.
Der Kläger arbeitete als selbständiger Handelsvertreter von 1966 bis Ende 1979 in J und kam dann nach Österreich. Er wollte hier seine Tätigkeit fortsetzen und schrieb auf Grund von Inseraten mehreren Firmen. Im Dezember 1979 hat der Kläger mit der Firma K Warenhandels-GesmbH verhandelt und mit dem Firmenchef Peter L vereinbart, daß der Kläger sich eine Vertretergruppe aufbauen sollte und daß er mit der Verkaufsleitung der elektronischen Luftreinigungsanlage betraut werde. Der Kläger hätte das Dienstverhältnis am 1.3.1980 antreten sollen, wobei ihm ein monatlicher Bruttobezug von S 18.000,-- zuzüglich 2 % Umsatzprovision zugesichert wurde. Der Kläger sollte nicht im Außendienst tätig sein, sondern im Innendienst den Verkauf organisatorisch überwachen.
Mit dem Schreiben vom 8.1.1980 bestätigte die Firma K GesmbH dem Kläger, daß sie sich entschlossen habe, ihn mit der Verkaufsleitung der elektronischen Luftreinigungsanlagen zu betrauen und bestätigte weiters, daß das Dienstverhältnis am 1.3.1980 mit dem monatlichen Bruttobezug wie vereinbart beginne.
Nachdem der Kläger den Unfall hatte, versuchte er von der Firma K eine Fristverlängerung für den Arbeitsbeginn zu erreichen, was aber scheiterte. Am 31.3.1980 teilte ihm die Firma K GesmbH mit, daß sie nicht mehr in der Lage sei, weitere Konzessionen wegen Terminverlängerung zu tätigen. In der Folge bemühte sich der Kläger, irgend eine Anstellung zu finden. Er bewarb sich bei der Firma Philipp M, bei der N O P Q R, bei
der L*-WarenhandelsgesmbH sowie bei der Firma S, und bei weiteren Firmen, konnte aber keine Anstellung trotz intensivster Bemühung finden. Auch auf Grund seines Alters - der Kläger war zum Unfallszeitpunkt 54 Jahre alt - war es für ihn schwer, eine Arbeit zu finden. Erst mit 1.3.1981 wurde er bei einer Versicherung angestellt. Der Kläger bekam in Ö* keine Arbeitslosenunterstützung. Er erhielt auch keinerlei Unterstützungen von Sozialversicherungen und dgl. Während der zeit vom 1.1.1980 bis 1.3.1980 verdiente er überhaupt nichts. Er wurde von seiner Gattin versorgt.
Peter L 'kaufte' im März oder April 1980 eine weitere Firma, nämlich die Firma T. Die Tätigkeit seiner Firma wurde in die Agenden der Firma T eingegliedert. Erst im März 1982 wurde von der Firma T Warenhandels- und Werbe-GesmbH der Konkursantrag gestellt und der Konkurs eröffnet. über die Firma K WarenhandelsGesmbH wurde über Antrag dieser Firma am 2.8.1982 der Konkurs eröffnet.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß sich die Erstbeklagte verpflichtet habe, das im Eigentum der R* Ö* stehende Grundstück vor dem Postamt vom Schnee zu räumen und zu bestreuen. Sie sei dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Es treffe sie daher am Zustand dieses Platzes ein Verschulden. Der Kläger sei deswegen zu Sturz gekommen. Für seine Verletzungen sei ein Schmerzengeld von S 100.000,-- angemessen. Ferner sei dem Kläger ein Verdienstentgang für die Zeit vom 1.3.1980 bis 28.2.1981 von S 140.000,-- zuzusprechen gewesen, weil er unfallsbedingtpfrüher keine Beschäftigung gefunden habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, wohl aber teilweise jener der Erstbeklagten. Es änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es die Erstbeklagte zur Bezahlung von (nur) S 212.000,-- s.A. verurteilte und ein Mehrbegehren ihr gegenüber von S 68.000,-- abwies. Das Feststellungsbegehren gegenüber der Erstbeklagten und die Abweisung des Klagebegehrens gegenüber dem Zweitbeklagten wurde bestätigt. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es hinsichtlich des Erstbeklagten entschied, zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil S 300.000,-- übersteigt, wobei der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- übersteige. Hinsichtlich des Zweitbeklagten übersteige der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,--.
Nach Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz könne in dem Umstand, daß der Zweitbeklagte freiwillig und ohne Auftrag Räumungsarbeiten am Postamtsvorplatz durchführte, eine bindende Vereinbarung der Räumung des Postamtsvorplatzes zwischen dem Zweitbeklagten und der Erstbeklagten nicht erblickt werden. Die freiwillige Räumung des Postamtsvorplatzes habe die Erstbeklagte nicht davon entbunden, jeweils einen Auftrag auf Schneeräumung zu erteilten, was aber im vorliegenden Fall nicht erfolgt sei. Dem Zweitbeklagten könne nicht als Verschulden zugerechnet werden, wenn er die im vorliegenden Fall sonst freiwillige Räumung des Postamtsvorplatzes einmal nicht durchführte. Die Erstbeklagte habe ein konstitutives Anerkenntnis abgegeben. Aus dem Inhalt ihrer Schreiben habe der Kläger nur den Schluß ziehen können, daß die Zweifel am Bestehen seiner Forderung beseitigt sein und unabhängig von einem bestehenden gesetzlichen Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung geschaffen werden sollte. Die in den Schreiben an den Kläger gerichteten öußerungen hätten von diesem nur so verstanden werden können, wie sie der Empfänger der Erklärung nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs verstehen mußte. Zumindest liege ein der zur damaligen Zeit in Geltung stehenden Gemeindeordnung entsprechendes deklaratorisches Anerkenntnis vor, nach welchem die Erstbeklagte jedenfalls das Bestehen der Vereinbarung zur Betreuung des Postamtsvorplatzes eingestand und erklärte, diese Vereinbarung gegen sich gelten zu lassen. Es sei der Erstbeklagten daher die Wahrnehmung von Verkehrssicherungspflichten übertragen worden, weshalb sie infolge nicht genügender Sorgfalt dem Geschädigten selber haftbar wurde. Ein Mitverschulden des Klägers sei auszuschließen. Dessen Verdienstentgangsbegehren vom 1.3.1980 bis 28.2.1981 sei auf Grund der getroffenen Feststellungen berechtigt; doch sei nur der Nettoschaden (S 112.000,--) zu ersetzen.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers und der Erstbeklagten je aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO. Der Kläger beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteiles dahin, daß dem Klagebegehren auch gegenüber dem Zweitbeklagten stattgegeben werde. Die Erstbeklagte stellt ihren Abänderungsantrag dahin, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
In den Revisionsbeantwortungen wird beantragt, den Revisionen der Gegenseite nicht Folge zu geben. Auch die R* Ö* als Nebenintervenient des Klägers stellt in ihrer Revisionsbeantwortung einen solchen Antrag.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind nicht berechtigt.
Der Kläger baut seine Revision darauf auf, daß der Zweitbeklagte von der Erstbeklagten zumindest schlüssig mit der Schneeräumung und Streuung des Postamtsvorplatzes betraut wurde. Die Erstbeklagte stellt es in ihrer Revision darauf ab, daß sie keine gültige Vereinbarung zur Schneeräumung und Bestreuung des genannten Platzes mit dem Postamtsleiter getroffen habe. Den Kläger treffe ein Mitverschulden von 50 %, das Verdienstentgangsbegehren sei überhöht und teilweise verjährt.
a) Zur Beurteilung der Frage der vertraglichen übernahme der Schneeräumung und Streuung des Postamtsvorplatzes sind beide Revisionen zweckmäßigerweise gemeinsam zu behandeln. Dabei war zu erwägen:
Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß der Postamtsvorplatz unter den gegebenen Umständen vom Schnee zu räumen und mit Splitt zu bestreuen war (vgl. AS 258/259). Der Kläger behauptet, daß diese Verpflichtung von der Erstbeklagten und über diese vom Zweitbeklagten rechtsgeschäftlich übernommen worden sei, während dies die Beklagten in Abrede stellen. Im Gegensatz zur Ansicht der Erstbeklagten kommt es aber im vorliegenden Fall nicht darauf an, daß die ursprüngliche übernahme dieser Räumungs- und Streuungsverpflichtung im Jahre 1965 für die Gemeinde vom Bürgermeister allein und im Wege bloß mündlicher Zusicherung erfolgte; nach ständiger Rechtsprechung können Gemeinden konkludent Vereinbarungen treffen, wenn das zur Bewilligung der Vereinbarung berufene Organ jenes Verhalten setzt, welches den Voraussetzungen des § 863 ABGB entspricht (SZ 43/213; SZ 49/142 ua); umso mehr können bereits getroffene, allenfalls unter einem Formmangel leidende Vereinbarungen durch nachträgliches Verhalten dann wirksam werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine Zweifel an der Einhaltung der getroffenen Vereinbarung durch die zuständigen Organe der Gemeinde bestehen. Da diese durch mehr als ein Jahrzehnt die Schneesäuberung und Splittstreuung auf dem Postamtsvorplatz besorgte bzw. besorgen ließ, konnte bei dem Vertragspartner überhaupt kein Zweifel mehr aufkommen, ob die mit dem Bürgermeister getroffene Vereinbarung allenfalls doch noch irgendwelchen Beschränkungen unterlag. Der Postamtsleiter war auch nicht etwa mehr verpflichtete, Nachforschungen dahin vorzunehmen, wie die Schneeräumung und Splittstreuung gemeindeintern veranlaßt wurde; die Tatsache der anstandslosen Einhaltung der Vereinbarung über eine derart lange Zeitdauer konnte nach Treu und Glauben nur dahin verstanden werden, daß die Gemeinde in jeder Konsequenz und demnach auch in der in der geltenden Gemeindeordnung vorgesehenen willensbildenden Zusammensetzung zur geschlossenen Vereinbarung stand. Nichts anderes drückt auch das mit dem Gemeindesiegel und der Unterschrift des Bürgermeisters versehene Schreiben der Gemeinde vom 8.9.1980 aus, worin eindeutig zum Ausdruck gebracht wird, daß sich die Gemeinde 'natürlich an diese Vereinbarung hält' (vgl. auch SZ 44/187; SZ 51/80 ua).
Nach ständiger Rechtsprechung haftet die Gemeinde, da es sich bei ihr um eine juristische Person handelt, für eigenes Verschulden ihrer leitenden Funktionäre, wenn die Organisation der Beklagten unzureichend war, um einen entsprechenden Schneeräumungs- und Streudienst sicherzustellen (EvBl 1977/99; SZ 44/187; SZ 51/80 ua). Genau dies wurde aber festgestellt, wenn durch mehr als ein Jahrzehnt der Postamtsvorplatz zwar geräumt und mit Splitt bestreut wurde, diese Maßnahme aber keine Verankerung im Schneeräumungsplan fand, sodaß es geschehen konnte, daß zeitweilig - wie zB am Unfallstag - der Streudienst am Postamtsvorplatz ausfiel. Das Berufungsgericht ging daher im Ergebnis zutreffend von der grundsätzlichen Haftung der Erstbeklagten für den auf die mangelhafte Räumung und Bestreuung des Postamtsvorplatzes zurückzuführenden Unfall des Klägers aus. Richtig erkannte es auch, daß dem Kläger kein Mitverschulden anzulaster dst, da die Feststellungen keinen Anhaltspunkt dafür geben, worin es gelegen sein könnte. Mit dem Einbrechen in eine Schneemulde und dem dadurch ausgelösten Ausgleiten auf der unbestreuten Schneeunterlage brauchte der Kläger auf dem frequentierten Postamtsvorplatz bei dem entsprechend vorhandenen Schuhwerk nicht zu rechnen. Irgendein Fehlverhalten des Klägers trat auch sonst nicht zutage. Nach den getroffenen Feststellungen hatte der Zweitbeklagte zwar die Verpflichtung, unter bestimmten Umständen sowohl von sich aus als auch über Weisung die im Schneeräumungsplan enthaltenen Flächen zu räumen. Der Postamtsvorplatz gehörte aber nicht dazu. Diesen hatte er nur zu bestreuen, 'wenn der Zweitbeklagte den Auftrag von der Gemeinde bekam'. Bei der dieser Abmachung zugrunde liegenden Schneeräumung und Bestreuung handelte es sich nicht etwa um einen schriftlichen, sondern bloß um einen vom ehemaligen Bürgermeister veranlaßten mündlichen Auftrag, wobei nicht einmal festgestellt werden konnte, von wem konkret der Zweitbeklagte jeweils den Auftrag dazu erhielt. Jedenfalls war dies aber für den relevanten Zeitraum nicht der Fall gewesen, ein solcher Auftrag war für den Unfallszeitpunkt nach den Feststellungen nicht erteilt worden. Es bedarf daher - versteht man die getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen in ihrem Zusammenhang - nicht der Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach aus einer allfälligen freiwilligen Räumung des Postamtsvorplatzes durch den Zweitbeklagten auf ein konkludentes Zustandekommen einer Vereinbarung nicht geschlossen werden könne; vielmehr ergibt sich eindeutig aus dem erhobenen Sachverhaltsbild, daß der Zweitbeklagte nur von Fall zu Fall über jeweiligen mündlichen Auftrag entsprechende Schneesäuberungs- und Bestreuungsmaßnahmen auf dem Postamtsvorplatz durchzuführen hatte. Die Feststellung, daß der Postamtsvorplatz regelmäßig vom Unternehmen des Zweitbeklagten vom Schnee geräumt und mit Splitt bestreut wurde, widerlegt nicht die ihm zugrundeliegenden weiteren Feststellungen, wonach diese Räumung und Bestreuung auf Grund eines jeweiligen mündlichen Auftrages des Bürgermeisters bzw. einer konkret nicht feststellbaren Person der Gemeinde erfolgte. Lag aber ein solcher Auftrag für den Unfallszeitraum nicht vor, fehlt es an jeglicher Haftungsgrundlage für die Inanspruchnahme des Zweitbeklagten durch den Kläger.
b) Die Erstbeklagte besteht in der Revision darauf, daß der Kläger nach den Feststellungen nur bis Ende Juli 1980 im Krankenstand war, ihm daher ein Verdienstentgangsersatz nur von März 1980 bis einschließlich Juli 1980 zustehe. Sie übersieht jedoch die weiteren Feststellungen, wonach der Kläger ohne den Unfall eine Anstellung ab 1.März 1980 tatsächlich erhalten hätte und daß er trotz vielseitigen Bemühens bis 28.Februar 1981 keine verdienstbringende Anstellung erwirken konnte. Wenn auch der Ersatzanspruch wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 1325 ABGB in der Regel voraussetzt, daß der Verletzte zur Zeit der Verletzung tatsächlich im Erwerb stand, so ist er doch auch gegeben, wenn angenommen werden muß, daß der Verletzte künftighin Erwerb gesucht und gefunden hätte (ZVR 1961/148; EvBl 1966/354 uva). Hatte der Kläger zur Zeit des Unfalles eine Erwerbsgelegenheit bereits gefunden und stand der Dienstantritt - wie
hier - unmittelbar bevor, dann kann das Vorliegen der vorgenannten Voraussetzung für den Anspruch auf Verdienstentgang nicht bezweifelt werden (ZVR 1976/206 uza). Darüber hinaus wäre es aber Sache der Erstbeklagten gewesen, Umstände darzustellen und zu beweisen, aus welchen sich ergeben hätte, daß der Kläger sich nicht hinreichend um eine konkrete Erwerbsmöglichkeit bemühte (EvBl 1965/127; ZVR 1971/126; EvBl 1972/318 uza). Das Beweisverfahren hat aber im Gegenteil ergeben, daß es den zum Unfallszeitpunkt immerhin bereits 54 Jahre alten Kläger trotz intensivster Bemühung nicht gelang, früher als festgestellt eine Anstellung zu finden. Zutreffend ging daher das Berufungsgericht von einem Verdienstentgang des Klägers innerhalb der gesamten festgestellten Periode vom 1.März 1980 bis 28. Februar 1981 aus. Dieses Verdienstentgangsbegehren hatte der Kläger bereits in der am 29.7.1981 eingebrachten Klage gestellt, weshalb der Verjährungshinweis der Erstbeklagten nicht stichhältig ist.
Zusammenfassend war daher sowohl der Revision der Erstbeklagten als auch jener des Klägers gegenüber dem Zweitbeklagten der Erfolg zu versagen.
Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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