OGH 8Ob58/17p

OGH8Ob58/17p30.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Dr. Brenn und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Bank AG, *****, vertreten durch Lughofer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei R***** F*****, vertreten durch Mag. Peter Rottensteiner, Rechtsanwalt in Linz, wegen 22.877,09 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 1. März 2017, GZ 6 R 231/16g‑28, mit dem das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 25. Oktober 2016, GZ 5 Cg 85/15z‑24, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00058.17P.0530.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung:

Der Beklagte beabsichtigte für die Finanzierung eines Photovoltaik-Projekts die Aufnahme eines Kredits bei der KfW‑Bankengruppe (Kreditanstalt für Wiederaufbau) über eine Kreditsumme von 2,2 Millionen EUR. Aus diesem Grund wandte er sich an die Klägerin als seine Hausbank. Anlässlich eines Gesprächs mit dem zuständigen Mitarbeiter der Klägerin am 5. Dezember 2013 wurde der Antrag zur Kreditfinanzierung der KfW vorbereitet und unterfertigt. Die erforderlichen Unterlagen lagen jedoch noch nicht vollständig vor.

Der Kreditantrag enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

8. Erklärungen Antragsteller/Mithafter:

… Ich verpflichte mich, die Bereitstellungsprovision in der programmgemäßen Höhe (vgl Programm‑Merkblatt) sowie die bei Zusagen der KfW ggf. zu zahlende einmalige Zusagegebühr in der programmgemäßen Höhe (vgl Programm‑Merkblatt) an die Hausbank zur Weiterleitung an die KfW zu entrichten. Diese Bereitstellungsprovision sowie bei Zusagen der KfW ggf. die einmalige Zusagegebühr ist auch dann zu zahlen, wenn ich den beantragten und von der KfW zugesagten Kredit nicht in Anspruch nehme, es sei denn, dass ich meiner Hausbank innerhalb der für die Berechnung der Bereitstellungsprovision maßgeblichen Frist (vgl Programm‑Merkblatt) mitteile, dass ich den Kredit nicht in Anspruch nehme. Über die Höhe der Bereitstellungsprovision bzw der Zusagegebühr habe ich mich an Hand des Programm‑Merkblattes informiert. Mir ist bekannt, dass die Kreditkonditionen zum Zeitpunkt der Erteilung der Kreditzusage der KfW an das durchleitende Kreditinstitut festgelegt werden, soweit für einzelne Programme nicht ausdrücklich etwas anderes gilt. …

10. Stellungnahme des Kreditinstituts zum Kreditantrag:

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers haben wir uns – bzw die ggf. beteiligten Konsortialbanken sich – gemäß § 18 KWG offenlegen lassen; die Unterlagen haben keinen Anlass zu Bedenken gegeben. Wir halten den Antragsteller/Mithafter für kreditwürdig. Nach unserer Auffassung erfüllen der Antragsteller/Mithafter und das Vorhaben die Bestimmungen der jeweiligen Programm‑Merkblätter. Unserer Kenntnis nach ist ein nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg zu erwarten. …

Wir bestätigen, dass die beantragten Kredite banküblich besichert sind. Ferner bestätigen wir, dass alle weitergehenden Besicherungsanforderungen gemäß der jeweiligen Programm‑Merkblätter eingehalten sind. …

Der Mitarbeiter der Klägerin reichte am 23. Dezember 2013 den unterfertigten Kreditantrag bei der KfW ein. Mit Schreiben vom 2. Jänner 2014 erteilte die KfW gegenüber der Klägerin die Zusage für die beantragte Kreditfinanzierung. Am 13. Jänner 2014 schrieb der Mitarbeiter der Klägerin an den Beklagten folgende E‑Mail:

... Ich habe von Ihnen am 21. 12. 2014 beiliegende Unterlagen bezüglich der Dienstbarkeit noch nicht unterzeichnete bzw noch nicht notariell beglaubigte Nachträge und Zustimmungen der O-Bank und H-Bank für die Rangrücktritte erhalten. Die Zustimmung der C-Bank war nicht dabei. Weitere Unterlagen habe ich seit dem nicht erhalten. Für die KfW‑Mittel haben wir schon eine Info, die Kreditunterlagen kann ich aber wegen der fehlenden Angebote/Auftragsbestätigungen der Module, Wechselrichter und Unterkonstruktionen noch nicht ausfertigen. Auch die Vertragsunterlagen für den Stromverkauf fehlen noch. … Ich bitte um eine Info und Zusendung der restlichen Unterlagen. ...

Am 16. Mai 2014 übermittelte die Klägerin an den Beklagten folgendes Schreiben:

... Wir erreichen Sie telefonisch nicht und Rückrufwünsche bleiben unbeantwortet. Die Kreditmittel der KfW sind uns seit Januar zugesagt. Wir warten auf Ihre Rückmeldung und Übersendung der Unterlagen bis 21. 5. 2014. Hören wir bis dahin nichts, werden wir die zugesagten Kreditmittel an die KfW zurückgeben. Wir werden Ihnen eine Schlussrechnung bezüglich der Bereitstellungsprovision dann weiterleiten.

Nach diesem Schreiben und jedenfalls vor dem 10. Juni 2014 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er den beantragten Kredit nicht mehr benötige, weil er das Projekt anderweitig finanziert habe.

Die Klägerin begehrte die Zahlung der Bereitstellungsprovision sowie weiterer Gebühren und Spesen. Es sei allein in der Sphäre des Beklagten gelegen, dass er die beantragten Kreditmittel nicht in Anspruch genommen habe. Bis zuletzt habe er die für die Kreditgewährung notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt.

Der Beklagte entgegnete, es habe die Klägerin zu vertreten, dass es nicht zur Kreditzuteilung gekommen sei. Die Klägerin habe stets neue Urkunden gefordert. Sie hätte die KfW‑Kreditmittel erst nach Vorliegen sämtlicher Unterlagen beantragen dürfen. Außerdem sei von der Klägerin kein Hinweis erteilt worden, wann der Antrag bei der KfW eingereicht worden sei. Im Hinblick auf die Bereitstellungsgebühr sei ein solcher Hinweis erforderlich gewesen. Überhaupt hätten die Kreditmittel von der Klägerin schon aufgrund der Bereitstellungszusage der KfW ausgezahlt werden können.

Das Erstgericht stellte die Klagsforderung zur Gänze als zu Recht bestehend und die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend fest und verurteilte den Beklagten daher zur Zahlung. Der Beklagte sei zur Zahlung der Bereitstellungsprovision verpflichtet, weil er die Auszahlung der Kreditvaluta aus in seiner Sphäre liegenden Gründen verzögert habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Zwischen den Streitteilen sei kein Kreditvertrag abgeschlossen worden. Vielmehr habe die Klägerin als Finanzdienstleisterin einen Kredit bei der KfW vermittelt. Punkt 8 des Kreditantrags sei dahin auszulegen, dass der Fristenlauf für die provisionsfreie Zeit der Bereitstellung des KfW‑Kredits erst dann beginne, wenn der Antragsteller bzw Mithafter von der Bereitstellung des Darlehens verständigt worden sei. Die E‑Mail des Mitarbeiters der Klägerin vom 13. Jänner 2014 stelle keine ausreichende Verständigung dar. Die in Rede stehende Frist habe daher frühestens am 16. Mai 2014 zu laufen begonnen. Dies sei noch innerhalb des ersten provisionsfreien Monats erfolgt. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil „sowohl zur Rechtsnatur eines KfW‑Darlehens als auch zu einer Kreditbereitstellungsprovision im Grundsätzlichen keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorgefunden werden“ könne.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin, die auf eine Stattgebung des Klagebegehrens abzielt.

Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Beklagte, der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

1. In der Revision bezieht sich die Klägerin nur mehr auf die Bereitstellungsprovision. Aus der Auslegung des Punktes 8 des Kreditantrags nach dem Wortlaut ergebe sich eindeutig die Zahlungspflicht des Beklagten.

2. Die vom Berufungsgericht in der Begründung des Zulässigkeitsausspruchs angesprochenen Fragen stellen sich nicht. Vielmehr sind sie rein theoretischer Natur und stehen nicht mit einer relevanten Rechtsfrage für den Anlassfall im Zusammenhang. Das Gleiche gilt für die Überlegungen in der Revision im Zusammenhang mit allfälligen eigenen Pflichtverletzungen der Klägerin.

3.1 Nach der auszulegenden Bestimmung in Punkt 8 des Kreditantrags ist die hier fragliche Bereitstellungsprovision auch dann zu zahlen, wenn der Kreditnehmer den beantragten und zugesagten Kredit nicht in Anspruch nimmt, außer der Hausbank wird innerhalb der maßgeblichen Frist (für die Berechnung der Bereitstellungsprovision) mitgeteilt, dass der Kredit nicht in Anspruch genommen wird. Bei objektivem Verständnis ergibt sich aus dem Wortlaut, auf den die Klägerin referiert, dass der Förderkredit bei der KfW beantragt wird und der Kreditnehmer nach der Zusage die Kreditmittel in Anspruch nehmen kann. Aus Punkt 8 des Kreditantrags ergibt sich weiters, dass es sich bei der Hausbank (hier Klägerin) um das „durchleitende Kreditinstitut“ handelt und daher die Auszahlung der Kreditmittel durch die KfW und die Zahlung (hier) der Bereitstellungsprovision durch den Kreditnehmer bzw Mithafter über die Hausbank läuft.

Punkt 10 des Kreditantrags betrifft die Prüfung der Kreditwürdigkeit und der Sicherheiten durch die Hausbank. In diesem Punkt bestätigt die Hausbank, dass sie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers geprüft hat und sich aus den Unterlagen keine Bedenken ergeben. Weiters wird bestätigt, dass der beantragte Kredit banküblich besichert ist. Aus dem Umstand, dass diese Bestätigungen schon im Kreditantrag enthalten sind, folgt, dass die Kreditwürdigkeit und die Sicherheiten von der Hausbank aufgrund der vom Kreditnehmer vorgelegten Unterlagen vor der Einreichung des Kreditantrags geprüft werden.

Nach den Feststellungen wird von der KfW die Kreditzusage erteilt, wenn der Antrag (das Projekt) innerhalb der Forderungsrichtlinien liegt, ohne dass eine individuelle Bonitätsprüfung durch die KfW erfolgt. Demnach nimmt die Hausbank für die KfW die Bonitätsprüfung vor und ist zudem „Zahlstelle“ für die KfW. Ein direkter Kontakt zwischen Kreditnehmer und Förderbank findet nicht statt.

3.2 Zusammenfassend führt die Auslegung zum Ergebnis, dass die Bonitätsprüfung durch die Hausbank vor der Einreichung des Antrags bei der KfW und vor der Zusage der Kreditmittel durch die KfW zu erfolgen hat. Mit der Zusage erhält der Kreditnehmer die Verfügungsbefugnis über die Kreditmittel. Der Kreditnehmer kann die Kreditmittel damit in Anspruch nehmen, also abrufen. Die Kreditmittel werden über die Hausbank bereitgestellt. Weitere Prüfungen durch die Hausbank haben nicht mehr stattzufinden.

4.1 Punkt 8 des Kreditantrags räumt dem Kreditnehmer bzw Mithafter ein provisionsfreies Rücktrittsrecht ein, das fristgebunden ist. Dazu muss er der Hausbank fristgerecht mitteilen, dass er den – beantragten und zugesagten – Kredit nicht in Anspruch nimmt.

Schon nach dem Wortlaut besteht die Zahlungspflicht nur bei einem schon zugesagten Kredit. Der Beginn der Rücktrittfrist ist an die Kreditzusage geknüpft (vgl auch das KfW‑Programm „Erneuerbare Energien“). Damit der Kreditnehmer weiß, wie lange er provisionsfrei zurücktreten kann, muss ihm der fristauslösende Umstand, also die Kreditzusage bzw die Verfügungsmöglichkeit bekannt sein.

4.2 Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die in Rede stehende Frist erst dann beginnt, wenn der Kreditnehmer bzw Mithafter von der erfolgten Kreditzusage in Kenntnis gesetzt wurde, ist damit nicht korrekturbedürftig.

4.3 Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, dass es für die Auslösung der Frist nur auf die interne Zusage der KfW ihr gegenüber ankomme und die Kreditzusage der KfW an die Klägerin gesondert von der Kreditzusage der Klägerin an den Kreditnehmer zu betrachten sei.

Diesem Verständnis ist nicht zu folgen, weil es nur eine relevante Kreditzusage, nämlich jene der KfW an den Kreditnehmer, gibt. Demnach ist nicht zwischen der Kreditzusage der KfW einerseits und der Kreditzuteilung der Klägerin andererseits zu unterscheiden. Da ein direkter Kontakt zwischen Kreditnehmer und Förderbank nicht stattfindet, liefen auch die Erklärungen (Kreditantrag, Zusage und Rücktritt) über die Hausbank. Dies ändert aber nichts daran, dass der Klägerin eine Entscheidungsbefugnis darüber, ob der Kredit gewährt oder ausgezahlt wird, nicht zukommt.

4.4 In der E‑Mail des Mitarbeiters der Klägerin vom 13. Jänner 2014 wurde ausgeführt, dass die Unterlagen noch nicht vollständig seien, weshalb die Kreditunterlagen noch nicht ausgefertigt werden könnten. Für die KfW‑Mittel habe die Klägerin schon eine „Info“. Selbst der Gegenstand des Schreibens der Klägerin vom 16. Mai 2014 war nicht die in Rede stehende Verständigung von der Kreditzusage, sondern die Aufforderung an den Beklagten zur Rückmeldung und Übersendung der fehlenden Unterlagen. Nur begründend findet sich darin der Hinweis, dass die Kreditmittel der KfW „uns“ (der Klägerin) seit Januar zugesagt seien. Ein genaues Datum ist nicht genannt.

4.5 Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es sich bei der E‑Mail vom 13. Jänner 2014 um keine ausreichende Verständigung von der Zusage der Kreditmittel gehandelt habe und die Frist nach Punkt 8 des Kreditantrags für eine provisionsfreie Abstandnahme vom Darlehen frühestens am 16. Mai 2014 zu laufen begonnen habe, weshalb die Mitteilung des Beklagten, den Kredit nicht mehr zu benötigen, rechtzeitig erfolgt sei, erweist sich ebenfalls als nicht korrekturbedürftig.

5. Insgesamt gelingt es der Klägerin nicht, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagte führt in Punkt 1 seiner Revisionsbeantwortung zwar aus, dass der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie die Erheblichkeit der Rechtsfrage nicht vorliege. Auf die Unzulässigkeit der Revision weist er aber nicht hin. Dementsprechend stellt er auch keinen Antrag, die Revision zurückzuweisen.

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