OGH 8Ob579/89

OGH8Ob579/8911.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 21.September 1987 gestorbenen Maria R***, zuletzt wohnhaft gewesen in der Hauptstraße 8, 2540 Bad Vöslau, infolge Revisionsrekurses des Ing.Hermann K***, Pflanzenschutztechniker, Hauptstraße 8, 2540 Bad Vöslau, vertreten durch Dr.Walter Schlesinger, Rechtsanwalt in Baden, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wr.Neustadt als Rekursgerichtes vom 20. Feber 1989, GZ R 74/89-49, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Baden vom 11.November 1988, GZ 1 A 777/87-39, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Im vorliegenden Verlassenschaftsverfahren wurden zwei vom Vertreter des Revisionsrekurseswerbers vorgelegte, von der Erblasserin selbst geschriebene und unterschriebene Testamente kundgemacht.

Das Testament vom 7.Juni 1980 (Bad Vöslau) mit Nachtrag vom 9. Juni 1980 (Baden) enthält die Einsetzung des Hermann K*** zum Erben mit der Anordnung einer Nacherbschaft zugunsten seiner Gattin Ingrid und seines Sohnes Martin. Des weiteren wurden fünf Barlegate von je S 50.000 an namentlich genannte Personen ausgesetzt und sämtliche früheren letztwilligen Verfügungen von der Erblasserin widerrufen.

In dem am 24.Mai 1984 in Bad Vöslau errichteten, mit "Mein letzter Wille" überschriebenen Testament setzte die Erblasserin ihren Lebensgefährten Ing.Fritz P*** zu ihrem Universalerben ein und widerrief gleichzeitig alle wie immer gearteten letztwilligen Verfügungen. Ing.Fritz P*** ist am 4.Juni 1987 gestorben. Der im älteren Testament als (Vor-)Erbe eingesetzte Revisionsrekurswerber behauptete im Verfahren, daß die schriftliche letztwillige Anordnung der Erblasserin vom 24.Mai 1984 wegen des Mangels der Testierfähigkeit der Erblasserin in diesem Zeitpunkt ungültig sei sowie daß keine gesetzlichen Erben bekannt seien, gab unter Hinweis auf dieses Vorbringen auf Grund des Testamentes vom 7./9.Juni 1980 die unbedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab und beantragte die schriftliche Abhandlungspflege durch seinen (Erben-)Machthabern. Erst im Zuge der Kontaktaufnahme mit dem Vermächtnisnehmer kam hervor, daß zahlreiche als gesetzliche Erben in Frage kommende Personen in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland vorhanden sind, nämlich die erbl (Groß-)Cousinen und Cousines Stefanie M***, Hedwig K***, Winfried G***, Ulrike P***, Maria Anna G***, Dr.Herbert G***, Renate E***, Ingrid D***, Manfred R*** und Dipl.Ing.Bernhard R***. Diese der dritten Parentel entstammenden gesetzlichen Erben gaben sodann je zu bestimmten Anteilen ingesamt zum gesamten Nachlaß auf Grund des Gesetzes die bedingte Erbserklärung ab und beantragten, dem auf Grund des von der Erblasserin widerrufenen Testamentes erbserklärten Erben die Klägerrolle im Erbrechtsstreit zuzuweisen. Alle Erbserklärungen wurden vom Erstgericht angenommen und das Erbrecht des Revisionsrekurswerbers wurde "mit Rücksicht auf seine Behauptung, daß das Testament vom 24.5.1984 wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin ungültig sei", für ausgewiesen anerkannt. Das Erstgericht wies den gesetzlichen Erben die Klägerrolle zu, weil der Testamentserbe sich auf ein formgültiges Testament stützen könne. Auf den Widerruf dieses Testamentes durch das spätere Testament vom 24. Mai 1984 nahm es nicht Bedacht.

Rechtliche Beurteilung

Das Gericht zweiter Instanz änderte diese Entscheidung über Rekurse von fünf gesetzlichen Erben ab und wies dem Revisionsrekurswerber die Klägerrolle zu, weil die von diesem geäußerten Bedenken gegen die Gültigkeit des der äußeren Form nach unbedenklichen Testamentes vom 24.Mai 1984 erst im Rechtsweg zu klären seien.

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Testamentserben Ing.Hermann K*** ist nicht berechtigt.

Ungeachtet der Beteiligung einiger gesetzlicher Erbansprecher mit (möglicher) Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland ist im vorliegenden Fall österreichisches materielles Erbrecht anzuwenden, weil die Erblasserin nach der Aktenlage ohne zeitliche Beschränkung österreichische Staatsangehörige war, sodaß ihr Personalstatut gemäß § 9 IPRG auf das österreichische Recht verweist. Die Rechtsnachfolge von Todes wegen (ua die gesetzliche Erbfolge) richtet sich gemäß § 28 Abs 1 IPRG nach dem Personalstatut des Erblassers; aber auch die Formgültigkeit ihrer beiden letztwilligen Anordnungen ist gemäß Art 1 Abs 1 lit b Haager Testamentsabkommen, BGBl.1963/295, so wie die Beurteilung ihrer Testierfähigkeit und der sonstigen Erfordernisse für die Gültigkeit ihrer letztwilligen Verfügungen gemäß § 30 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Wie schon bei der Errichtung der Todfallsaufnahme richtig erkannt wurde, finden im vorliegenden Verlassenschaftsverfahren auf Grund der beiden kundgemachten, ihrer äußeren Form nach unbedenklichen Testamente der Erblasserin die Vorschriften über die gesetzliche Erbfolge Anwendung, weil der im jüngeren, alle vorhergehenden letztwilligen Verfügungen widerrufenden Testament eingesetzte Erbe vor der Erblasserin verstorben ist. Die auf Grund des formell gültig widerrufenen Testamentes, das im Zeitpunkt seiner Errichtung völlig unbedenklich gewesen sein mag, bisher vorgenommenen Abhandlungsschritte widersprechen deshalb der anzuwendenden Erbfolgeordnung. Zutreffend hat daher das Rekursgericht dem - formell nicht ausgewiesenen - Testamentserben die Klägerrolle zugewiesen (EvBl 1960/385; 5 Ob 72/67). Vom Revisionsrekurswerber - und nicht, wie er meint, von den gesetzlichen Erben - wird dort zu beweisen sein, daß das "Widerrufstestament" inhaltlich ungültig ist.

Der Revisionsrekurswerber irrt mit seinem Hinweis auf die gegenüber mehreren gesetzlichen Erbansprechern - mangels Anfechtung der Klägerrollenzuweisung - eingetretene Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Beschlusses.

Mehrere erbserklärte Erben, deren Erbserklärungen zu Gericht angenommen wurden, sind in Verfolgung der von ihnen angesprochenen Erbrechte gegenüber konkurrierenden Erbansprechern schon wegen des gemeinsamen Zieles ihrer Rechtsverfolgung, sei es als Testaments- oder als gesetzliche Erbengruppe, in einer verfahrensrechtlichen Gemeinschaft nach der Art einer Streitgenossenschaft wie eine einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14 ZPO verbunden (Sachers, Streitgenossenschaft und Erbengemeinschaft, JBl 1951, 520 ff, hier 521; Gögl, Die Parteien im Verfahren außer Streitsachen, ÖJZ 1957, 89 ff und 113 ff, hier 117; Holzhammer, Bemerkungen zur einheitlichen Streitpartei, ÖJZ 1959, 619 ff, hier 623; R.Kralik, Streitgenossen als einheitliche Streitpartei, ÖJZ 1963, 113 ff und 141 ff, hier 142; für den Erbrechtsstreit auch: Fasching II 193; derselbe im Lehrbuch Rz 374; GlU 15.554; GlUNF 6.970; JBl 1919, 61). So wie sich im Erbrechtsstreit diese Rechtsstellung aus der kraft der Beschaffenheit des strittigen Rechtes auf alle Genossen erstreckenden Wirkung des zu fällenden Urteils ableitet, folgt dies für das Abhandlungsverfahren im Stadium nach der Erbserklärung und vor der Einantwortung bezüglich der Verteilung der Klägerrolle nach widerstreitenden Erbserklärungen aus der dem Zweck des Abhandlungsverfahrens entsprechenden Notwendigkeit, zur Fortsetzung und Beendigung der Abhandlung eine einheitliche, alle Parteien (Erbansprecher) erfassende Grundlage zu schaffen (GlU 15.554; vgl Sachers aaO; R.Kralik, aaO; Gögl, aaO). Bejaht man die Frage, ob die Vorschriften und Rechswirkungen über die einheitliche Streitpartei analog auch im außerstreitigen Verfahren anzuwenden sind (Gögl, aaO), dann führt im Sinne des § 14 Satz 2 ZPO die erfolgreiche Ergreifung eines Rechtsmittels gegen die Klägerrollenzuweisung auch nur durch einen von mehreren Erbansprechern einer Erbengruppe zur Abänderung der Entscheidung zu Gunsten aller anderen Erbansprecher derselben Erbengruppe (Gögl, aaO, vgl auch JBl 1919, 61; in dem dort behandelten Fall wirkte sich die bloß durch zwei von fünf Klägern erhobene Revision zu Gunsten aller Kläger aus).

Die im Revisionsrekurs im Zusammenhang mit angeblicher Teilrechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung und der Führung von zwei Erbrechtsprozessen gesehenen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten liegen also nicht vor.

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