OGH 8Ob569/89

OGH8Ob569/8927.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Aloisia S***, Hausfrau, 5761 Maria Alm, Dorf Nr. 148, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Maria P***, Pensionistin, 5020 Salzburg, Kleßheimer-Allee 98, vertreten durch Dr. Johann Quendler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 500.000,-- s.A., infolge Revisionsrekurses der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 7. Februar 1989, GZ 5 R 8/89-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 29. November 1988, GZ 13 Cg 401/88-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen; die gefährdete Partei nur vorläufig, ihre Gegnerin jedoch endgültig.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 22. Oktober 1987, 1 A 284/87-11, wurde der Klägerin und gefährdeten Partei (im folgenden "Klägerin" genannt) der Nachlaß des am 13. Mai 1987 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen Pensionisten Franz F***, des Lebensgefährten der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei (im folgenden "Beklagte" genannt), auf Grund des Gesetzes zur Gänze eingeantwortet. Mit der Behauptung, die Beklagte habe aus der Verlassenschaft nach Franz F*** ein Sparbuch des Verstorbenen mit einem Guthabensstand am Todestag von S 801.921,56 entwendet, das Guthaben realisiert und den Geldbetrag für sich verwendet, begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 500.000,-- s. A.

Mit ihrer Klage verband sie den Antrag, mit einstweiliger Verfügung die Verwahrung der beweglichen körperlichen Sachen der Beklagten in den von ihr bewohnten Räumlichkeiten oder sonst wo, insbesondere der im § 298 a EO angeführten Papiere und Einlagebücher durch gerichtlichen Erlag anzuordnen, der Beklagten die Veräußerung oder Verpfändung der beweglichen Sachen zu verbieten, und ein Drittverbot hinsichtlich einer Forderung der Beklagten auf Darlehensrückzahlung von S 50.000,-- s.A. gegen Robert P*** zu erlassen. Zur Gefährdung ihres Anspruches brachte sie vor, daß die Beklagte in dem gegen sie eingeleiteten Strafverfahren über den Verbleib eines Betrages von S 476.000,-- jegliche Auskunft verweigert habe. Auf Grund dieser Verheimlichung sei wahrscheinlich, daß die Beklagte ohne Erlassung einer einstweiligen Verfügung die Hereinbringung der Geldforderung der Klägerin vereiteln oder erheblich erschweren werde.

Die Beklagte beantragte in der ihr aufgetragenen Äußerung die Abweisung des Sicherungsantrages. Franz F*** habe ihr zu Ostern 1987 das Sparbuch, dessen Losungswort ihr bekannt gewesen sei, geschenkt und sie habe es seitdem in ihrer Wohnung verwahrt. Die Klägerin habe auch die Gefährdung ihres Anspruches nicht bescheinigt, da es das gute Recht der Beklagten sei, keine näheren Angaben über die Verwendung des ihr geschenkten Sparguthabens zu machen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es stellte auf Grund des Aktes 32 Hv 25/88 des Landesgerichtes Salzburg im wesentlichen bloß fest, daß das Strafverfahren nicht abgeschlossen ist und die Hauptverhandlung vom 16. November 1988 vertagt wurde, und folgerte daraus, daß Anhaltspunkte für ein Zurechtbestehen des von der Klägerin behaupteten Anspruches nicht bestünden, diese Frage werde zunächst im Strafverfahren zu klären sein. Die Klägerin habe auch keine Behauptung einer konkreten Gefährdung aufgestellt. Gegen diesen Beschluß brachte die Klägerin zwei Rekursschriftsätze ein; einer war von einem ihrer bisherigen Vertreter, Dr. Anton W*** oder Dr. Peter K*** gefertigt, der andere von ihrem nunmehrigen Vertreter Dr. Leopold H***. In diesem wurde auch mitgeteilt, daß das Vollmachtsverhältnis zu den Rechtsanwälten Dr. Anton W*** und Dr. Peter K*** aufgelöst worden sei. Beide Schriftsätze wurden am 16. Dezember 1988 zur Post gegeben und langten am 19. Dezember 1988 beim Erstgericht ein. Die Beklagte erstattete zum erstgenannten Rekurs eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Sie wies darauf hin, daß der nunmehrige Vertreter der Klägerin Rechtsanwalt Dr. Leopold H*** bereits Rekurs eingebracht habe, weshalb der von den bisherigen Vertretern der Klägerin überreichte Rekurs gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels verstoße.

Das Rekursgericht wies den Rekurs ON 8 zurück und sprach der Beklagten die Kosten der zu diesem Rekurs erstatteten Rekursbeantwortung zu. Hingegen gab es dem Rekurs ON 9 Folge, erließ die beantragten einstweiligen Verfügungen und sprach aus, daß vom Vollzug der einstweiligen Verfügungen Abstand genommen oder schon vollzogene aufgehoben würden, wenn die Beklagte im einzelnen genannte Sicherheitsleistungen erläge.

Das Rekursgericht nahm auf Grund des Aktes 32 Vr 1353/88 = Hv 25/88 des Landesgerichtes Salzburg sowie der vorgelegten Urkunden folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

In den Nachlaß nach Franz F*** fiel ein Sparbuch der S*** S***, Konto Nr. 2160042, Kontowortlaut "Salzburg". Am Todestag (13. Mai 1987) befand sich auf diesem Sparbuch ein Guthaben von S 801.921,56. Bis zum Tod Franz F*** hat nur dieser Behebungen aus dem Sparguthaben vorgenommen. Einige Tage nach dem Tod Franz F*** nahm die Beklagte in dessen Wohnung, für welche sie einen Schlüssel hatte, das Sparbuch an sich, und behob in der Folge zwischen 19. Mai und 6. Juli 1987 das gesamte Guthaben einschließlich Zinsen von S 818.179,20. Das Losungswort hatte ihr Franz F*** zu Lebzeiten mitgeteilt. Daß er ihr auch das Sparbuch zu Lebzeiten übergeben hätte, um es ihr unentgeltlich zu überlassen, ist unwahrscheinlich.

Von den behobenen Beträgen gab die Beklagte ihrem Sohn Robert P*** ein Darlehen von S 100.000,--, wovon S 50.000,-- offen sind, weiters an Veronika E*** S 13.500,-- und an Maria H*** S 7.000,--. Sie kaufte einen Farbfernseher um S 9.096,--, verschiedene Waren um S 10.782,--, unternahm Urlaubsreisen mit Kosten in Höhe von ca. S 107.000,--, und eröffnete Sparguthaben in Höhe von derzeit ca. S 95.000,--. Was sie mit den restlichen Beträgen machte, ist unbekannt. Bei ihrer Vernehmung von der Bundespolizeidirektion Salzburg am 3. August 1988 erklärte die Beklagte, sie sei nicht bereit, über den Verbleib des Geldes Auskunft zu geben. Zu ihrer Behebung von insgesamt S 575.179,20 am 6. Juli 1987 erklärte sie, sie habe davon S 100.000,-- auf ein anderes Sparbuch einbezahlt, was sie mit den restlichen S 457.179,20 an diesem Tage gemacht habe, wisse sie bei bestem Willen nicht mehr. Am 14. September 1988 erhob die Staatsanwaltschaft Salzburg gegen die Beklagte die Anklage, sie habe in der Zeit vom 19. Mai bis 6. Juli 1987 in Salzburg in insgesamt sechs Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der S*** S*** durch die Vortäuschung ihrer Verfügungsberechtigung über die Spareinlage des Sparbuches Nr. 2160042 zur Auszahlung des Sparguthabens von insgesamt S 818.179,20, sohin zu einer Handlung verleitet, welche die Klägerin als Universalerbin nach dem am 13. Mai 1987 verstorbenen Franz F*** an ihrem Vermögen mit einem S 250.000,-- übersteigenden Betrag geschädigt habe. Sie habe hiedurch das Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB begangen.

In ihrer Verantwortung in der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Salzburg am 16. November 1988 gab die Beklagte an, das gesamte Geld verbraucht zu haben, klärte aber nur teilweise auf, wofür sie es verwendet hat.

Auf Grund dieses Sachverhaltes erachtete das Erstgericht sowohl den Anspruch der Klägerin als auch die Gefährdung der Durchsetzbarkeit ihres Anspruches als bescheinigt.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt werde; hilfsweise begehrt die Beklagte die Zurückweisung des Rekurses ON 9 als unzulässig, in letzter Linie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung der Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Zutreffend wies das Gericht zweiter Instanz - in Übereinstimmung mit dem damaligen Begehren der Beklagten - den Rekurs ON 8 zurück. Es handelte sich dabei um einen von einem nicht mehr bevollmächtigten Vertreter der Klägerin gleichzeitig mit einem vom tatsächlich Bevollmächtigten überreichten Rechtsmittel eingelangten Rekurs. Infolge der Gleichzeitigkeit beider Rechtsmittelerklärungen und der in diesem Zeitpunkt erfolgten Klarstellung, daß der Verfasser des Rekurses ON 8 nicht mehr bevollmächtigt ist, lag nur ein zulässiger Rekurs vor, nämlich derjenige mit der ON 9. Nur dieser wurde daher vom Gericht zweiter Instanz zutreffend meritorisch behandelt.

Unzutreffend ist auch die Meinung der Beklagten, das Rekursgericht hätte unzulässigerweise ein allfälliges Prozeßergebnis vorweggenommen, weil es denjenigen Sachverhalt als bescheinigt annahm, der dann, wenn er im Prozeß als erwiesen angenommen würde, zur Stattgebung der Klage führen müßte. Die Rechtsmittelwerberin verkennt das Wesen der Rechtsprechung, die sagt, daß bei Erlassung einstweiliger Verfügungen zur Sicherung von Geldforderungen das Prozeßergebnis nicht vorweggenommen werden dürfe. Eine solche Vorwegnahme wäre nämlich nur dann unzulässig, wenn die Beklagte bereits in der einstweiligen Verfügung zur Leistung desjenigen verpflichtet würde, wozu sie gegebenenfalls durch das Urteil verhalten werden kann. Davon kann in diesem Fall keine Rede sein, weil das Rekursgericht mit der von ihm erlassenen einstweiligen Verfügung nicht dem Klagebegehren stattgab, sondern nur Maßnahmen zur Sicherung der Durchsetzbarkeit der möglicherweise erfolgreichen Klage traf. Der Umstand, daß das Rekursgericht einen solchen Sachverhalt als bescheinigt annahm, der weitgehend auch für den Erfolg des Klagebegehrens maßgebend ist, wenn er im Hauptverfahren bewiesen wird, stellt keine unzulässige Vorwegnahme des Prozeßergebnisses dar.

Entgegen der Meinung im Revisionsrekurs, in dem weitgehend unzulässigerweise die Würdigung der Bescheinigungsmittel durch das Rekursgericht bekämpft wird, ist also sowohl der Anspruch der Klägerin als auch insbesondere die Gefährdung der Durchsetzbarkeit desselben im Falle des Erfolges ihrer Klage bescheinigt. Die Gefahrenbescheinigung ist nämlich schon dann hinlänglich, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, daß ohne einstweilige Verfügung die Befriedigung des Anspruches der Klägerin erheblich erschwert würde. Dies ist zu bejahen, wenn Eigenschaften und ein Verhalten des Gegners bescheinigt sind, aus denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Vereitelungshandlungen abgeleitet werden können (EvBl 1968/363, 1971/112; JBl 1979, 323; EFSlg 34.718). Solche Verhaltensweisen sind in § 379 Abs 2 Z 1 EO (Beschädigen, Zerstören, Verheimlichen oder Verbringen von Vermögensstücken durch Veräußerung oder andere Verfügungen über Gegenstände seines Vermögens) beispielsweise aufgezählt. Die Bescheinigung eines derartigen Verhaltens rechtfertigt daher die Annahme einer subjektiven Gefährdung (7 Ob 543/85). Der vom Rekursgericht als bescheinigt angenommene Sachverhalt betreffend die Vorgangsweise der Beklagten mit dem erzielten Sparbuchrealisat und die Verweigerung von näheren Angaben darüber stellt ein solches Verhalten der Beklagten dar, aus dem ohne weiteres auf ihre Absichten der Vereitelung des Anspruches der Klägerin durch Verheimlichung von Vermögenswerten geschlossen werden kann.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses der Beklagten gründet sich auf die §§ 402 und 78 EO sowie die §§ 40 und 50 ZPO, diejenige über die Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses auf § 393 Abs 1 EO.

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