OGH 8Ob55/11p

OGH8Ob55/11p29.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gert Paulsen, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagten Parteien 1) ***** Dr. W***** Z*****, und 2) ***** Dr. T***** K*****, beide vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Herausgabe einer Motoryacht (Streitwert 150.000 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. März 2011, GZ 30 R 57/10p-12, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30. September 2010, GZ 19 Cg 68/10m-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 2.495,40 EUR (darin enthalten 415,90 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Am 24. 7. 2008 schlossen die Beklagten als Käufer mit einer kroatischen Yachthändlerin als Verkäuferin einen Kaufvertrag über eine Yacht der Marke Aqualum 35, Baujahr 2007, zum Preis von 160.000 EUR. Die Yacht wies zehn Betriebsstunden auf. Die Beklagten erhielten von der Yachthändlerin einen auf den Namen der Klägerin lautende Versicherungsbestätigung, die am 11. 5. 2008 ausgelaufen war. Bis zur Übergabe hatte die Verkäuferin für die Versicherung zu sorgen. Die Übergabe erfolgte am 8. 8. 2008; dabei erhielten die Beklagten von der Yachthändlerin auch den auf die Klägerin lautenden Seebrief. Gleichzeitig zahlten die Beklagten den Rest des Kaufpreises in Höhe von 105.000 EUR bar an die Verkäuferin.

Ursprünglich wurde die Motoryacht von der Klägerin zur Weiterveräußerung erworben. Zwischen der Klägerin und der Yachthändlerin wurde formal ein Leasingvertrag geschlossen, wobei die Händlerin berechtigt war, die Yacht durch Zahlung des vereinbarten Betrags von 140.000 EUR an die Klägerin einzulösen. Die Yachthändlerin zahlte jedoch nur 105.000 EUR an die Klägerin. Im Sommer 2009 trat bei der Yacht ein Motorschaden auf, der von der Händlerin in Gewährleistung behoben wurde. Am 11. 1. 2010 erklärte die Klägerin den Leasingvertrag gegenüber der Händlerin für aufgelöst.

Die Yacht wurde schon am 20. 3. 2007 durch das Amt der Kärntner Landesregierung zugelassen. Der Seebrief wurde vom Kärntner Landeshauptmann am 19. 3. 2007 auf die Klägerin ausgestellt. Das Schiff fuhr unter österreichischer Flagge; in das Schiffsregister wurde es nicht eingetragen. Im Einlösungsfall hätte die Klägerin eine Rechnung an die kroatische Händlerin ausgestellt und die österreichische Anmeldung gelöscht.

Die Klägerin begehrte von den Beklagten die Herausgabe der Yacht. Sie sei Eigentümerin der Yacht, die sie an die kroatische Yachthändlerin verleast habe. Den vereinbarten Einlösebetrag habe die Händlerin nicht gezahlt. Da sich die Yacht beim Erwerbsgeschäft in kroatischem Hoheitsgewässer befunden habe, sei kroatisches Sachenrecht anzuwenden. Die Beklagten hätten das Schiff nicht gutgläubig erworben, sondern in Bezug auf die Überprüfung des Schiffseigentums auffallend sorglos gehandelt.

Die Beklagten entgegneten, dass sowohl nach österreichischem als auch nach im Wesentlichen gleichen kroatischem Recht zumindest gutgläubiger Eigentumserwerb zu ihren Gunsten vorliege. Von einem Leasingverhältnis seien sie nicht informiert worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Auf den Erwerb von Yachten, die nicht in das Seeschifffahrtsregister eingetragen seien, sei in analoger Anwendung des § 33 IPRG österreichisches Sachenrecht anzuwenden. Die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Eigentumserwerb nach §§ 367 f ABGB seien zu bejahen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und hob das Urteil des Erstgerichts auf. Gleichzeitig sprach es aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zur Frage der Analogiefähigkeit des § 33 IPRG zulässig sei. Bei der Entscheidung über das anzuwendende Recht sei § 31 IPRG heranzuziehen. Danach werde auf das Recht jenes Staates abgestellt, in dem sich die Sache bei Vollendung des dem Erwerb oder Verlust zugrunde liegenden Sachverhalts befunden habe. Es sei daher kroatisches Recht anzuwenden. Anders als § 368 Abs 1 ABGB genüge nach kroatischem Recht der gute Glaube in die Veräußerungsbefugnis nicht, sondern müsse nach Art 118 des kroatischen Gesetzes über das Eigentum und die dinglichen Rechte (EDRG) ähnlich wie nach § 923 BGB vielmehr der gute Glaube in das Eigentum des Veräußerers vorliegen. Ob die Beklagten an das Eigentum der kroatischen Yachthändlerin geglaubt hätten und daher gutgläubig gewesen seien, lasse sich auf Basis der getroffenen Tatsachenfeststellungen noch nicht beurteilen.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst der Klage stattzugeben.

Mit ihrer Rekursbeantwortung beantragen die Beklagten, den Rekurs der Klägerin zurückzuweisen, in eventu, die Klage abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs erweist sich als unzulässig.

1. Aufgrund eines Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO wird ein Aufhebungsbeschluss grundsätzlich anfechtbar. Der Zweck des Rekurses besteht allerdings in der Überprüfung der Rechtsansicht des Berufungsgerichts durch den Obersten Gerichtshof. Demnach muss im Rekurs eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend gemacht werden (5 Ob 91/09g). Ist dies nicht der Fall, so muss der Rekurs zurückgewiesen werden.

Ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht nicht zu beanstanden oder wird sie vom Rekurswerber nicht bekämpft, so kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob sich die vom Berufungsgericht angeordnete Ergänzung des Verfahrens oder der Feststellungen tatsächlich als notwendig erweist (RIS-Justiz RS0042179; Kodek in Rechberger 3 § 519 ZPO Rz 26).

2. Zu der vom Berufungsgericht als erheblich beurteilten Rechtsfrage wird der Rekurs nicht ausgeführt. Vielmehr teilt die Klägerin ausdrücklich die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zur Anwendbarkeit kroatischen Sachenrechts auf den zugrunde liegenden Schiffserwerb unter Heranziehung des allgemeinen lex rei sitae-Grundsatzes des § 31 IPRG.

Die Frage des anzuwendenden Rechts kann daher im Rahmen dieser Entscheidung vom Obersten Gerichtshof nicht geklärt werden. Dazu kann nur kurz auf folgende Grundsätze verwiesen werden: Bei dinglichen Rechten an körperlichen Sachen ist die kollisionsrechtliche Anknüpfungsregelung von der Maßgeblichkeit des Lageortsrechts (lex rei sitae) geprägt. Für bestimmte Sachen ohne festen Lageort, nämlich für bestimmte Transportfahrzeuge im regelmäßigen grenzüberschreitenden Verkehr, wird diese Regel durch die Sonderanknüpfung in § 33 IPRG durchbrochen (Schwimann, Internationales Privatrecht3 136 ff). Dementsprechend ist in § 33 Abs 1 IPRG für den Erwerb und den Verlust dinglicher Rechte an registrierten Wasser- und Luftfahrzeugen sowie an Eisenbahnfahrzeugen eine Sonderregelung vorgesehen. Für die nicht in § 33 Abs 1 IPRG ausdrücklich geregelten übrigen Transportmittel im grenzüberschreitenden Dauereinsatz ist eine Anknüpfung nach der stärksten Beziehung zu suchen. Für nicht registrierte Fahrzeuge wird diese im Allgemeinen - analog den Eisenbahnfahrzeugen - im gewöhnlichen Fahrzeugstandort, von dem das Fahrzeug regelmäßig eingesetzt wird, gesehen (Schwimann aaO 142; Verschraegen in Rummel 3 § 33 IPRG Rz 3; Neumayr in KBB3 § 33 IPRG Rz 2). Die Staatsangehörigkeit und der gewöhnliche Aufenthalt des Fahrzeugberechtigten bzw Eigentümers soll nach der Literatur hingegen keine Rolle spielen (Verschraegen aaO Rz 3). Auch die Gesetzesmaterialien (RV 784 BlgNR XIV. GP 46 und 49) weisen darauf hin, dass im internationalen Sachenrecht nahezu unbestritten der Grundsatz der lex rei sitae maßgebend sei, wobei (zeitlich) auf die Vollendung des dem Erwerb oder Verlust des dinglichen Rechts zugrunde liegenden Sachverhalts abzustellen sei. Bei Wasserfahrzeugen, die in kein Register eingetragen seien, könnten als hilfsweise Anknüpfungstatsachen der Ort, von dem aus das Wasserfahrzeug gewöhnlich betrieben werde, sowie die Staatsangehörigkeit und der gewöhnliche Aufenthalt bzw Sitz des Eigentümers in Betracht gezogen werden. Für gesetzliche Zurückbehaltungsrechte zur Sicherung von Aufwandsersatzansprüchen richtet sich das anzuwendende Recht nach § 33 Abs 2 IPRG in jedem Fall nach § 31 leg cit.

3. Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO werden im Rekurs der Klägerin nicht aufgezeigt.

Die Klägerin versteht die Bestimmung des Art 118 Abs 3 des kroatischen EDRG im Sinn von Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis vom fehlenden Schiffseigentum. Wenn das Berufungsgericht im gegebenen Zusammenhang Feststellungen zur Frage vermisst, ob die Beklagten bei ihrem Ankauf und bei der Übernahme der Yacht an das Eigentum des kroatischen Händlers „geglaubt“ haben, so kann dies mit Rücksicht auf den Hinweis auf § 932 BGB durchaus auf die Frage bezogen werden, ob die Beklagten nach den gegebenen Umständen vom Nichteigentum der Yachthändlerin hätten wissen müssen.

4. In Wirklichkeit wendet sich die Klägerin mit ihren Ausführungen im Rekurs gegen den vom Berufungsgericht bejahten weiteren Erhebungs- und Erörterungsbedarf. Diese Fragen sind für den Obersten Gerichtshof in der gegebenen Situation aber nicht überprüfbar. Außerdem ist zu beachten, dass die Beklagten unter Hinweis auf die von ihnen behaupteten Aufwandsersatzansprüche auch ein Zurückbehaltungsrecht für sich in Anspruch genommen haben.

5. Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist der Rekurs trotz Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts iSd § 502 Abs 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen (RIS-Justiz RS0123222).

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