OGH 8Ob53/67

OGH8Ob53/6721.3.1967

SZ 40/40

Normen

ABGB §1489
ABGB §1489

 

Spruch:

Ist der Schaden aus einem Verbrechen entstanden, verjährt die Entschädigungsklage gegen den an dem Verbrechen Beteiligten in drei Jahren, wenn dessen Beteiligung nicht selbst ein Verbrechen nach dem Strafgesetz darstellt.

Entscheidung vom 21. März 1967, 8 Ob 53/67.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die klagende Partei begehrte Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Betrages von 77.662 S s. A. zur ungeteilten Hand mit den Ehegatten Karl und Maria Sch. aus dem Titel des Schadenersatzes.

Karl Sch. ist mit rechtskräftigem Urteil des Kreisgerichtes Ried i. Innkreis vom 3. Mai 1963 des Verbrechens des Betruges schuldig erkannt worden, weil er durch gefälschte Privaturkunden und Fakturen unter anderen Kreditinstituten auch die Klägerin zur Gewährung von Krediten, und zwar im April 1960 für den Kauf einer Gülleanlage in der Höhe von 80.000 S, im Juli 1960 für den Kauf einer Heumaschine in der Höhe von 45.000 S und im Oktober 1960 für den Kauf einer Mostpresse in der Höhe von 42.000 S veranlaßt hat. Der Schaden, den die Klägerin durch die betrügerischen Handlungen des Karl Sch. erlitten hat, hat unter Berücksichtigung der Kreditgebühren und der Rückzahlungen Sch.'s per Juli 1961 152.662 S betragen. Später hat die Klägerin aus dem Versteigerungserlös der Liegenschaft des Karl Sch. 35.310.17 S erhalten. 40.000 S sind ihr bereits zugesprochen worden. Die erwähnten Geräte (Gülleanlage, Heumaschine, Mostpresse) sind nie geliefert worden, die Bestellung ist von Karl Sch. fingiert worden. Die Kredite für diese Geräte hat der Beklagte ermittelt. Entgegen seiner Verpflichtung als Kreditbringer hat er an den Geräten keine Eigentumsschilder (der Klägerin) angebracht, sondern diese Schilder dem Karl Sch. übergeben, damit dieser sie selbst anbringe. Der Beklagte hat sich auch nie selbst überzeugt, daß Karl Sch. dies tatsächlich getan hat. Trotzdem hat der Beklagte bestätigt, daß die Eigentumsschilder in seiner Gegenwart angebracht worden seien. Noch im Frühjahr 1961 hat der Beklagte über ausdrückliches Befragen dem Leiter der Annahmestelle der Klägerin in L. erklärt, daß bei den Krediten des Karl Sch. alles in Ordnung gehe und die Kaufobjekte vorhanden seien. Die von der Klägerin zur Auszahlung gelangenden Kredite hat der Beklagte auf Grund einer Vollmacht des Anton L. (des angeblichen Verkäufers der Geräte), die - wie sich später herausgestellt hat - von Karl Sch. gefälscht worden war, in Empfang genommen und sie nicht an Anton L., sondern an Karl Sch. übergeben, der sich hiebei wiederum einer gefälschten Vollmacht des Anton L. bedient hat. Der Beklagte hat dies getan, obwohl ihm aus seiner Tätigkeit als Kreditvermittler bekannt gewesen ist, daß die Kredite zur Weitergabe an die Lieferfirma bestimmt gewesen sind. Er hat wiederholt Vollmachten zur Empfangnahme des Geldes von der Klägerin selbst auf seiner Schreibmaschine geschrieben, die Unterschrift des Anton L. aber nicht selbst eingeholt, sondern sie durch Karl Sch. besorgen lassen. Der Beklagte hat sich schließlich, als er Ende Oktober 1960 erfahren hat, daß Karl Sch. Unterschriften des Anton L. gefälscht und eine gestohlene Stampiglie des L. widerrechtlich verwendet haben soll, und er vom Leiter der Annahmestelle der Klägerin den Auftrag erhalten hat, zu erheben, ob diese Behauptungen richtig seien, wieder nicht zu dem von Sch. nur 2 km entfernt wohnenden Anton L. begeben um bei diesem Erkündigungen einzuziehen, sondern er ist zu dem der Fälschung verdächtigen Karl Sch. gegangen und hat diesen befragt, ob er Unterschriften gefälscht und eine gestohlene Stampiglie verwendet hat, was dieser selbstverständlich in Abrede gestellt hat.

Der Klägerin ist spätestens am 21. November 1961 der Schaden, der mit der Klage geltend gemacht wird, und das Vorgehen des Beklagten bekannt gewesen, das für den Schaden mitursächlich gewesen ist.

Ende September 1964, während zu 1 Cg.../63 des Landesgerichtes Linz eine Klage auf Zahlung von 40.000 S gegen den Beklagten aus dem gleichen Haftungstatbestande noch anhängig gewesen ist, ist der Beklagte bei der Klägerin in W. erschienen und hat mit August X. wegen einer vergleichsweisen Bereinigung der Angelegenheit verhandelt. Er hat über Vorhalt des August X. wohl zugegeben, daß es von ihm ein Fehler gewesen sei, seinerzeit nicht bei Anton L. Erkündigungen eingezogen zu haben. Gegen die klägerische Forderung hat er jedoch eingewendet, daß auch die Klägerin ein Verschulden an dem Schadenseintritt treffe, weil sei gegen Ende 1960 keine Strafanzeige gegen Karl Sch. erstattet habe und mit ihren Forderungen nicht rechtzeitig ins Grundbuch gegangen sei. Den von August X. als Vergleichsgrundlage genannten Betrag von 120.000 S hat der Beklagte als zu hoch abgelehnt. Ein späterer schriftlicher Vergleichsvorschlag der Klägerin ist ebenfalls nicht angenommen worden.

Das Erstgericht hat der Klage hinsichtlich eines Betrages von 77.351.83 S s. A. stattgegeben, dagegen das Mehrbegehren von 310.17 S s. A. abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat über Berufung des Beklagten nach teilweiser Wiederholung der Beweisaufnahme die Klage zur Gänze abgewiesen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus: Da sich aus der Strafanzeige und den angeführten Briefen des Klagevertreters eindeutig ergebe, daß die Klägerin schon damals von den den eingeklagten Schaden mitverursachenden Handlungen des Beklagten Kenntnis gehabt habe und ihr auch bewußt gewesen sei, daß diese Handlungen dem Beklagten als ein seine Mithaftung begrundendes Verschulden zuzurechnen seien, habe spätestens mit 21. November 1961 der Lauf der Verjährungszeit begonnen. Diese betrage drei Jahre, da die Klägerin eine vorsätzliche Beteiligung des Beklagten an dem Verbrechen des Karl Sch. nicht habe beweisen können. Auch durch den Anschluß der Klägerin als Privatbeteiligte im Strafverfahren gegen Karl Sch. und unbekannte Täter sei die Verjährungsfrist nicht unterbrochen worden, zumal das Strafverfahren gegen den Beklagten bereits am 23. November 1963 eingestellt worden sei. Die am 16. April 1965 erhobene Klage sei daher verspätet, nämlich nach Ablauf der Verjährungsfrist erhoben worden. Die Verjährungseinrede sei daher berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Schwergewicht der Revision liegt in der Rüge der rechtlichen Beurteilung. Mit dieser Rüge wendet sich die Klägerin dagegen, daß die Schadenersatzforderung der dreijährigen Verjährungsfrist unterliege und daß der Lauf dieser Frist bereits am 21. November 1961 begonnen habe. In beiden Richtungen kann die Revision keinen Erfolg haben.

Die Klägerin behauptet ein eigenes Verschulden des Beklagten und durch dessen vom Berufungsgericht festgestelltes Verhalten ist auch ein solches Verschulden bewiesen. Haftet jemand wegen seiner Beteiligung an einer strafbaren Handlung für eigenes Verschulden, dann muß diese Beteiligung selbst den Tatbestand eines Verbrechens im Sinne des Strafgesetzes darstellen, wenn die dreißigjährige Verjährungsfrist zur +Anwendung kommen soll. Da aber das Berufungsgericht eine vorsätzliche Beteiligung des Beklagten an dem von Karl Sch. begangenen Verbrechen verneint hat - an die tatsächliche Feststellung des fehlenden Vorsatzes ist die Revisionsinstanz gebunden - ist die Tat des Beklagten nicht als Verbrechen zu beurteilen. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht ausgesprochen, daß für den Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten die dreijährige Verjährungsfrist Geltung hat.

Zur Frage des Beginnes dieser Verjährungsfrist macht die Revision geltend, daß ihr erst durch Einsicht in den Strafakt am 21. Juni 1963 möglich geworden wäre, eine Klage mit Aussicht auf Erfolg anzustellen. Dies ist aber nicht richtig. Denn aus den Feststellungen des Berufungsgerichtes ergibt sich, daß die Klägerin alle wesentlichen Umstände, die eine Schadenersatzpflicht des Beklagten begrunden, bereits lange vor diesem Zeitpunkt, nämlich spätestens am 21. November 1961 gekannt hat. Daß der Beklagte ihr gegenüber vorher ein Verschulden geleugnet und die Klägerin erst durch die Einsicht in den Strafakt Kenntnis davon erhalten hat, daß der Beklagte im Strafverfahren sein Verschulden zugegeben habe, hat zwar die Beweislage der Klägerin vielleicht erleichtert; aber auch ohne dieses Eingeständnis des Beklagten hätte sie auf Grund der ihr bekannten tatsächlichen Umstände - so vor allem, daß der Beklagte auftragswidrig die Darlehensbeträge dem Kreditwerber ausgezahlt hat, daß er die diesbezügliche Vollmacht nicht von der Verkäuferfirma, sondern vom Kreditwerber erhalten hat, daß er wider besseres Wissen Protokolle über die in seiner Gegenwart erfolgte Anbringung von Eigentumsschildern an den Kaufgegenständen unterfertigt und der Klägerin übergeben hat - mit begrundeter Aussicht auf Erfolg eine Klage gegen den Beklagten einbringen können. Die Verjährungsfrist beginnt aber bereits, wenn dem Beschädigten der Sachverhalt soweit bekannt ist, daß er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg anstellen kann (SZ. XVIII 171, SZ. XX 236, ZVR. 1956 Nr. 127 u. a.). Der Kläger darf nicht so lange warten, bis er die Gewißheit zu haben glaubt, den Prozeß zu gewinnen. Der Oberste Gerichtshof stimmt daher der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der Lauf der Verjährungsfrist spätestens am 21. November 1961 begonnen habe, zu. Geht man aber davon aus, dann ist die Klage, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach Ablauf der Verjährungsfrist und somit verspätet überreicht worden.

Die Untergerichte haben aber auch mit Recht in den Äußerungen des Beklagten gegenüber August X., mit denen er ein Mitverschulden zugegeben hat, kein Anerkenntnis einer Schadenersatzforderung der Klägerin erblickt. In dem Eintritt in Vergleichsverhandlungen liegt kein deklaratives Anerkenntnis (EvBl. 1958 Nr. 320, JBl. 1960 S. 640, vgl. Bydlinski in JBl. 1967 S. 133).

Der Revision war daher keine Folge zu geben.

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