OGH 8Ob532/88

OGH8Ob532/8830.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner, Dr.Huber und Dr.Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Juliane H***, Hausbesitzerin, Mühlreith 3, 8984 Kainisch, vertreten durch Dr.Heinz Kalss, Rechtsanwalt in Bad Aussee, wider die beklagte Partei Adolf T***, Rauchfangkehrermeister, Thörl 47, 8983 Bad Mitterndorf, vertreten durch Dr.Heinrich Wallner, Rechtsanwalt in Liezen, wegen S 415.753,20 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 25. November 1987, GZ 2 R 233/87-53, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 28.August 1987, GZ 5 Cg 101/87-35, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

In Abänderung der vorinstanzlichen Urteile hat das erstgerichtliche Urteil zu lauten:

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin den Betrag von 277.168,80 S samt 4 % Zinsen seit 1.Dezember 1984 und die mit 42.115,40 S bestimmten Verfahrenskosten (einschließlich 3.034,73 S Umsatzsteuer und 8.733,33 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung eines Betrages von 138.584,40 S sA wird abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist seit 1977 Eigentümerin des etwa 300 Jahre alten Wohnhauses Mühlreith 3, welches in Mischbauweise mit hohem Holzanteil errichtet wurde und zwei bewohnbare Geschoße aufweist. In den Jahren 1983 und 1984 wurden die Räume im Obergeschoß für ihren Sohn Peter H*** ausgebaut. Dabei ergab sich die Notwendigkeit einer neuen Kaminanschlußstelle. Der Beklagte, der als zuständiger Rauchfangkehrermeister am Rauchfang dieses Hauses im Jahre 1981 eine Betriebsdichtheitsprobe vorgenommen hatte, schlug nunmehr der Klägerin vor, den Rauchfang, der in einen zweizügigen Zylinderrauchfang umgebaut werden sollte und inzwischen durch den Betrieb eines Zentralheizungsofens teilweise versottet war, auszubrennen und führte den ihm sodann hiezu erteilten Auftrag am Vormittag des 8.3.1984 mit einem Gehilfen durch. Das Ausbrennen geschah derart, daß in Dieselöl getränkte Strohballen im Kamin in Brand gesetzt wurden. Dabei entstanden im Kamin Temperaturen bis zu rund 1000 Celsius und es kam zufolge der Wärmeleitung an der Decke des Obergeschosses zu einem Glimmbrand, der bis zum nächsten Morgen (8.30 Uhr) unbemerkt blieb und nach seiner Ausbreitung großen Schaden verursachte. Der Glimmbrand war dadurch entstanden, daß die aus Holz bestehende Untersichtschalung der Obergeschoßdecke auf dem zu diesem Zweck zwei bis fünf Zentimeter tief eingestemmten Rauchfangmauerwerk - dessen Wandstärke betrug teilweise nur 12 cm Vollziegelwerk und 2 cm Putz - auflag, solcherart das teilweise bis zum Rauchfanginneren nur noch 11 cm dicke Rauchfangziegelwerk unverputzt unmittelbar an die hölzerne Deckenschalung anschloß und die durch das Ausbrennen hieß gewordenen Ziegel die Hitze an die ungeschützten Holzteile weitergaben, wodurch sich diese entzündeten. Ohne vorheriges Abschlagen des Putzes bzw des Kaminmauerwerkes war nicht zu erkennen gewesen, ob und wieweit in das Mauerwerk hinein die vorgenannte Deckenschalung auf diesem Mauerwerk auflag. Im Bereich von Versottungen im Obergeschoß war der Putz vor dem Ausbrennen auf einer Fläche von einem Quadratmeter abgeschlagen worden. Der Ausbrennvorgang dauerte rund zwei Stunden bis ca

10.30 Uhr. Da es im Bereich des abgeschlagenen Putzes zum Austritt von Rauch oder Dunst in der Intensität einer Zigarette gekommen war besichtigte der Beklagte einige Stunden später den Kamin neuerlich, blieb bis etwa 14.30 Uhr an Ort und Stelle, nahm nochmals eine Überprüfung durch Abspiegelung vor, ohne irgendwelche Glutnester wahrzunehmen, stellte beim äußerlichen Betasten fest, daß der Kamin noch handwarm war und beauftragte sodann den Peter H*** alle zwei Stunden den Kamin auf Rauchentwicklung zu beobachten; nähere Anweisungen gab er ihm nicht. Peter H*** nahm zuletzt um 19.00 Uhr eine Kontrolle vor. Der Kamin war zu diesem Zeitpunkt außen noch lauwarm. Das Ausbrechen eines Glimmbrandes erfolgt im allgemeinen binnen ein bis zwei Tagen, doch kann es auch erst nach vier bis fünf Tagen dazu kommen. Bei rechtzeitiger Beobachtung des Brandausbruches und vorangegangener Einleitung der notwendigen Maßnahmen hätte der Schaden vorliegendenfalls weitgehend verhindert werden können. Gegen den Beklagten wurde in der Folge ein Strafverfahren gemäß § 170 StGB eingeleitet, welches jedoch zur Einstellung kam. In einem von ihm gegen seine Haftpflichtversicherung zu 9 Cg 339/84 des Kreisgerichtes Leoben geführten Rechtsstreit wurde festgestellt, daß der Anspruch des (nunmehrigen) Beklagten aus dem Versicherungsvertrag auf Deckung des gegenständlichen Schadensfalles zu Recht besteht. Dabei wurde zugrundegelegt, daß die eigentliche Brandursache der dargestellte Baumangel gewesen sei und daß der Beklagte diesen Mangel wegen des vorhandenen Putzes nicht habe erkennen bzw entdecken können und ihm daher keine grobe Fahrlässigkeit anzulasten sei.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin vom Beklagten den Ersatz ihres durch die Objektversicherung nicht gedeckten Brandschadens in der Höhe von S 415.753,20 sA mit der Begründung, der Beklagte habe als Rauchfangkehrermeister und somit Fachmann im Sinne des § 1299 ABGB den Schadenseintritt durch Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt bei seiner (grundsätzlich gefährlichen) Tätigkeit fahrlässig verursacht.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, bestritt jedes Verschulden am Schadenseintritt und wendete das Alleinverschulden der Klägerin hieran ein, weil sie den Baumangel als Brandentstehungsursache selbst verantworten müsse; sie habe es unterlassen, die notwendigen Überprüfungen des Hauses durch die Baubehörde zu veranlassen.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

In seiner rechtlichen Beurteilung lastete es dem Beklagten ein Verschulden am Schadensereignis an. Der Rauchfang habe im Bereiche der Decke des Obergeschosses nicht der für das alte Gebäude geltenden Bauordnung für die Steiermark aus dem Jahr 1857 (LGBl 1857/5) entsprochen, wonach (§ 116 lit g) ein Rauchfang in feuerbeständiger Bauweise zu errichten sei. Die vorgeschriebene Feuerbeständigkeit sei nämlich nur dann gegeben, wenn der Rauchfang mindestens 12 cm dicke Wandungen aus Hohlziegelwerk aufweist und beiderseits verputzt ist. Die vorgenannte Bauordnung verlange, daß Rauchfänge von keinem Balken oder sonstigem Holzwerk durchschnitten noch daß äußerlich irgendwelche hölzernen Bestandteile an dieselben unmittelbar angebaut werden dürften. Das 2 bis 5 cm tiefe Einstemmen der Decke des Obergeschosses sei hier erfolgt, um die Schalung der Deckenuntersicht auf das Rauchfangmauerwerk auflagern und satt anschließen zu können. Damit sei aber zwischen der Rauchfanginnenseite und der verputzten Deckenschalung nur mehr ein Abstand von 11 cm gegeben gewesen und die Deckenschalung am Rauchfangmauerwerk angelegen. Da Verpechungen allenfalls von selbst in Brand geraten können, fordere die Steiermärkische Kehrordnung 1955 das Ausbrennen von Rauchfängen. Bei diesem trete die höchste Brandbelastung des Rauchfanges auf, weshalb eine feuerbeständige Bauweise erforderlich sei. Der beim Rauchfang vorhandene Baumangel des Aufliegens von Holzteilen am Rauchfangmauerwerk im Bereiche der Decke des Obergeschosses sei selbst bei genauer Besichtigung nicht erkennbar gewesen. Ein Öffnen der Holzdecke, um sich diesbezüglich Gewißheit zu verschaffen, sei vom Beklagten nicht zu verlangen gewesen, da hiefür eine bauliche Maßnahme erforderlich gewesen wäre. Beim Kaminausbrennen selbst seien der Beklagte und seine Gehilfen fachgemäß vorgegangen; im Sinne der Kehrordnung habe der Beklagte nach dem Ausbrennen des Rauchfanges zu prüfen gehabt, ob Brandgefahr bestehe. Da Glimmbrände erfahrungsgemäß nach ein bis zwei, manchmal erst nach vier bis fünf Tagen ausbrächen und der Beklagte bei einem so alten Gebäude mit Baumängeln habe rechnen müssen, hätte er diese Prüfung nicht schon vier Stunden nach Beendigung des Ausbrennvorganges abbrechen dürfen; der von ihm mit der weiteren Prüfung beauftragte Peter H*** habe hiefür auch nicht die erforderliche Ausbildung gehabt. Die Prüfung hätte noch in der Nacht sowie am Morgen des 9.3.1984 durch eine hiezu geschulte Person vorgenommen werden müssen. Wegen der Unterlassung der Beistellung einer fachkundigen Brandwache sei dem Beklagten als Fachmann im Sinne des § 1299 ABGB ein Verschulden am Schadensereignis anzulasten. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies die Klage ab. Es vertrat auf der Grundlage der Feststellungen, die vom Beklagten unangefochten geblieben waren, die Rechtsansicht, daß ein Verschulden des Beklagten an der Brandentstehung und damit auch seine Haftung für die Schäden der Klägerin zu verneinen sei. Entgegen der erstgerichtlichen Auffassung habe der Beklagte mit dem vorhandenen Baumangel nicht rechnen müssen. Richtig sei zwar, daß Glimmbrände erfahrungsgemäß auch erst nach mehreren Tagen ausbrechen könnten und daß diese Kenntnis zum Erfahrungsschatz eines Rauchfangkehrers gehöre; dennoch habe im vorliegenden Fall nichts darauf hingedeutet, daß sich nach dem Ausbrennen des Kamins an irgendeiner Stelle ein Glimmbrand entzündet haben könnte. Es habe daher für den Beklagten auch keine Veranlassung zur Aufstellung einer fachkundigen Brandwache bestanden. Diese Beurteilung finde auch im Gutachten des Sachverständigen für Brandermittlung Dipl.Ing.Richard M*** (ON 20) Deckung, welches ebenfalls in diese Richtung gehe. Die Bestimmung des § 1299 ABGB regle die Diligenzpflicht von Personen, welche ein qualifiziertes Gewerbe öffentlich ausübten. Entscheidend erscheine, daß für die Ausübung des Gewerbes bestimmte höhere Kenntnisse erforderlich seien. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung verschärfe § 1299 ABGB den Sorgfaltsmaßstab gegenüber der allgemeinen Regel des § 1297 ABGB. Die Regelung betreffe aber nur den Haftungsmaßstab und bilde keine Anspruchsgrundlage. Auch sei der Sachverständige nicht für außergewöhnliche Kenntnisse und außergewöhnlichen Fleiß haftbar, sondern nur für die Kenntnisse und jenen Fleiß, die seine Fachgenossen gewöhnlich hätten. Auch bei einem Sachverständigen dürfe der Sorgfaltsmaßstab nicht überspannt werden. Bei Anwendung eines zwar strengen, aber objektiven Sorgfaltsmaßstabes erweise sich der von der Klägerin gegenüber dem Beklagten erhobene Vorwurf fahrlässigen Handelns bzw Unterlassens als unbegründet.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung wendet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 2 Z 4 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revisionswerberin bringt vor, dem Kläger sei durchaus bekannt gewesen, daß gerade bei alten Häusern Baumängel wie im konkreten Fall aufträten und er habe selbst erklärt, daß ihm Ähnliches schon im Jahre 1962 passiert sei. Sogar ein Laie habe es für wahrscheinlich halten müssen, daß die Decke des 300 Jahre alten Gebäudes mit ihren Holzteilen am Kaminmauerwerk anliege bzw aufliege. Der Beklagte habe auch selbst mit der Möglichkeit einer Wärmeleitung durch das Kaminmauerwerk und einem daraus resultierenden Brand gerechnet, denn er habe - den allerdings fachlich ungeeigneten - Peter H*** mit der Beobachtung des Kamins beauftragt. Dabei habe er es aber versäumt, diesem eine entsprechende Belehrung zu erteilten. Die Fahrlässigkeit des Beklagten sei in seiner beratenden Tätigkeit und in seinem Verhalten nach dem Ausbrennvorgang gelegen. Im Deckungsprozeß hätten die Gericht zutreffend erkannt, daß zwar nicht hinsichtlich des eigentlichen Ausbrennvorganges, wohl jedoch in der Einrichtung einer ungenügenden Brandwache bzw im Unterlassen einer besonders sorgfältigen und längerdauernden Überprüfung nach dem Ausbrennvorgang eine Nachlässigkeit des Beklagten zu erblicken sei. Schon der äußere Eindruck des alten Objektes hätte den Beklagten zu besonders vorsichtigem Vorgehen und intensiver Kontrolle veranlassen müssen. Insbesondere auch im Hinblick auf seine konkrete Erfahrung aus einem Parallelfall im Jahre 1962 habe der Beklagte auch noch in der darauffolgenden Nacht und am folgenden Morgen des 9.3.1984 und damit rechtzeitig Kontrollen durchführen müssen. Der Beklagte habe zum Ausbrennen des Kamins geraten, ohne dabei auf die besondere Gefährlichkeit eines derartigen Vorganges bei so alten Objekten hinzuweisen. Da nach § 5 Abs 1 der Steiermärkischen Kehrordnung 1955 der Rauchfangkehrermeister nach der Arbeit zu prüfen habe, ob Brandgefahr bestehe, sei eine Delegierung dieser Prüfung offenbar gar nicht zulässig. Bei Anwendung jener Sorgfalt, die von Fachgenossen durchaus beachtet werde, wäre der Brandausbruch ohne weiteres zu verhindern gewesen.

Den Revisionsausführungen kommt im Ergebnis teilweise Berechtigung zu.

Bei Beurteilung der im Sinne des § 1299 ABGB gestellten Haftungsfrage ist zunächst zu bemerken, daß ohne Abschlagen des Putzes bzw des Kaminmauerwerkes nicht zu sehen war, "ob und wieweit die Holzdecke in den Kamin hineingeht" (erstgerichtliches Urteil S 4) und der Baumangel, nämlich, daß brennbare Bauteile in das Rauchfangmauerwerk eingebaut bzw unmittelbar daran angebaut waren, bei Betrachtung der fertiggestellten Deckenausführung nicht erkannt werden konnte (erstgerichtliches Urteil S 6). Die mangelnde Erkennbarkeit, ob und inwieweit die Holzdecke das Rauchfangmauerwerk unmittelbar berührte, berechtigte den Beklagten jedoch nicht, diese Möglichkeit von vornherein auszuschließen, vielmehr mußte er diese Möglichkeit bei seiner gemäß § 5 der Steiermärkischen Kehrordnung LGBl 1955/79 nach dem Ausbrennen des Rauchfanges vorzunehmenden Beurteilung, ob Brandgefahr, insbesondere auch in Form des Ausbrechens eines Glimmbrandes, bestehe, jedenfalls mit in Erwägung ziehen. Darüberhinaus war von ihm durchaus zu fordern, daß er auf Grund des Alters des Gebäudes auch allfällige derartige Baumängel bedenkt. Dies hat er tatsächlich auch getan, dabei jedoch nur ungenügende Abwehrmaßnahmen gesetzt. Hiezu sei zunächst auf die eigene Parteienvernehmung des Beklagten im Vorprozeß 9 Cg 339/84 des Kreisgerichtes Leoben (ON 26, AS 108) verwiesen, in welcher er angab: "In die Zwischendecke selbst kann natürlich niemand hineinschauen......Ich habe in der Zeit von 12.30 Uhr bis 14.00 Uhr nur in den Bereich der Zwischendecke geschaut und es war keine Rauchentwicklung zu sehen. Ich habe gewußt, daß es sich um ein altes Gebäude handelt. Es ist mir bekannt, daß in alten Häusern Trambäume in die Kamine eingemauert sind. Es ist mir auch bekannt, daß dies eine besondere Gefahr beim Ausbrennen ist". Weiters gab der Beklagte an (ebenfalls ON 26, AS 106): "Ich habe Herrn H*** gesagt, er soll besonders bei den Zwischendecken schauen. Wenn dort eine Rauchentwicklung ist, dann soll er mich verständigen. Ich habe dem Peter H*** gesagt, daß er diese Kontrollgänge alle zwei bis drei Stunden durchführen muß und zwar auch in der Nacht und über eine Zeitspanne von ein bis zwei Tagen. Es ist allerdings auch nicht ausgeschlossen, daß eine Zwischendecke erst nach 14 Tagen zu brennen beginnt."

Entgegen diesen letzteren Angaben wurde im vorliegenden Verfahren jedoch festgestellt, daß Peter H*** vom Beklagten lediglich beauftragt wurde, alle zwei Stunden den Kamin auf Rauchentwicklung zu beobachten, ohne daß ihm nähere Anweisungen dazu gegeben worden sind. Diese Feststellung wurde nicht bekämpft und ist daher der rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen. Ebenso die unbekämpfte Feststellung, daß ein Glimmbrand erfahrungsgemäß nach ein bis zwei Tagen, manchmal sogar erst nach vier bis fünf Tagen ausbricht und die Kenntnis dieser Tatsache zum Erfahrungsschatz eines Rauchfangkehrers gehört.

Der Beklagte mußte daher dieser vorhersehbar mehrere Tage lang bestehenden Gefahr in geeigneter und zumutbarer Weise begegnen. Zu diesem Zwecke hätte er die Klägerin schon von vornherein auf die Notwendigkeit einer anschließenden, länger dauernden periodischen Überwachung aufmerksam machen müssen und war insbesonders verpflichtet, bei Beendigung seiner eigenen Überprüfungen ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß eine laufende Überwachung auch noch während der folgenden Tage erforderlich ist, zumal nach aller Erfahrung weiterhin Brandgefahr, nämlich die Gefahr eines Glimmbrandes, bestehe.

Die berufungsgerichtliche Schlußfolgerung, für den Beklagten habe keine Veranlassung zur Bestellung einer Brandwache bestanden, weil nichts darauf hingedeutet habe, daß sich nach dem Ausbrennen des Kamins an irgendeiner Stelle ein Glimmbrand entzündet haben könnte, ist unrichtig. Die Überprüfungen des Beklagten nach dem Ausbrennen durch Abspiegelung des Kamins usw ergaben nur, daß im Kamin keine Glutnester und keine Rauchentwicklungen vorhanden waren. Sie ließen aber keinen Schluß darauf zu, ob ein seiner Natur nach außerhalb des dichten Rauchfangmauerwerkes lediglich durch Wärmeleitung entstandener Glimmbrand, der festgestelltermaßen bis zum Ausbrechen eines Flammenbrandes auch keine starke Rauchentwicklung zeigen mußte und auch nicht ohne weiteres durch Abtasten der Decke erkannt werden konnte, vorhanden ist, wie es tatsächlich der Fall war. Da die Gefahr eines sich ausdehnenden Glimmbrandes nach dem Berufswissen jedes Rauchfangkehrermeisters erfahrungsgemäß ein bis zwei Tage und allenfalls noch vier bis fünf Tage lang besteht, kann der vom Berufungsgericht bezogenen, eine rechtliche Beurteilung darstellenden Ausführung im Sachverständigengutachten ON 20, AS 75, durch die Überprüfungen des Beklagten und die noch bis 19.00 Uhr erfolgten Kontrollen seien "jene Maßnahmen getroffen worden, die sich nach der Wahrscheinlichkeit des Eintrittes eines möglichen Ereignisses richteten", nicht gefolgt werden. Zur Abwendung der dem Beklagten als Fachmann bekannten Gefahren hätte es vielmehr im konkreten Fall einer ausdrücklichen Belehrung des Peter H*** dahin bedurft, wie lange die periodischen Kontrollen erforderlich seien. Tatsächlich beschränkte sich der Beklagte festgestelltermaßen auf die Anweisung, alle zwei Stunden zu kontrollieren, ohne daß er einen Endzeitpunkt nannte und solcherart auf die Notwendigkeit einer Überwachung auch noch in der Nacht bzw in den nächsten Tagen hinwies, wie er sie nach dem Inhalt seiner dargestellten Parteienvernehmung im Vorprozeß auch selbst für erforderlich gehalten hatte. Seine festgestellte Belehrung bzw Anweisung war daher ungenügend. Durch eine periodische Überwachung und Kontrolle auch am nächsten Morgen hätte der Glimmbrand nach dem Inhalt des Sachverständigengutachtens (ON 32, AS 122) noch rechtzeitig festgestellt und so die Ausbreitung des Feuers verhindert werden können.

Das dem Beklagten als Rauchfangkehrermeister im Sinne des § 1299 ABGB anzulastende und zurechenbare Fehlverhalten war auf der gegebenen Feststellungsgrundlage auch kausal für die Ausbreitung des Glimmbrandes und den dadurch herbeigeführten wesentlichen Schaden. Sein Vorbringen, er habe bereits im Jahre 1981 ein Ausbrennen des gegenständlichen Kamins vorgenommen, so daß das Ausbrechen eines Glimmbrandes nicht vorhersehbar gewesen sei, übersieht, daß bei einem zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Voraussetzungen (Art der zwischenzeitigen Kaminbenützung, Art und Dauer des Ausbrennvorganges usw) vorgenommenen Ausbrennen des Kamins entgegen der Ansicht des Sachverständigen (ON 32, AS 124) offenkundig nicht stets mit gleichen Folgen zu rechnen ist. Dieser Einwand erscheint daher nicht zielführend.

Rechtlich erheblich ist die Einwendung des Beklagten, daß die Brandursache als solche das vorschriftswidrige Auflagern der Holzdecke des Obergeschosses des Hauses der Klägerin auf dem Rauchfangmauerwerk war. Diesen Baumangel hat die Klägerin zu vertreten (SZ 34/39). Nach den gesamten Umständen des Falles hält der erkennende Senat eine hierauf gegründete Kürzung des der Höhe nach außer Streit gestellten Klageanspruches um ein Drittel für gerechtfertigt.

Der Revision der Klägerin war somit teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Der teilweise Zuspruch der Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 43 Abs 2 und 50 ZPO.

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