OGH 8Ob523/87

OGH8Ob523/876.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** V***, Sparkasse der Stadt Vreden, D-4426 Vreden, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Hans Pirker, Rechtsanwalt in Irdning, wider die beklagte Partei Olaf A***, D-4426 Vreden, Haydnstraße 19, vertreten durch Dr. Alex Pratter und Dr. Peter Lechenauer, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Anfechtung (S 1,239.842,90 s.A.) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 31. Oktober 1986, GZ 1 R 144/86-16, womit das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 16. Juni 1986, GZ 3 Cg 251/85-11, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Für den Beklagten ist aufgrund des Schenkungsvertrages vom 3. Jänner 1984 das Eigentumsrecht an der Liegenschaft EZ 163 KG Gatschen, Gerichtsbezirk Irdning, bestehend aus den Parzellen 19/1 Wiese und 19/3 Wiese hinsichtlich der 646/100.000 bei top. I 13 und 60/100.000 bei top. II G 4 einverleibt und ersichtlich gemacht, daß bei allen Miteigentumsanteilen das Wohnungseigentum mit diesen Anteilen untrennbar verbunden ist. Aufgrund dieses Schenkungsvertrages wurden zugunsten des Geschenkgebers Heinz A*** (Vater des Beklagten) und der Maria A*** (Mutter des Beklagten) das Recht der Fruchtnießung auf Lebenszeit und das Belastungs- und Veräußerungsverbot am 4. Juni 1984 im Grundbuch einverleibt. Heinz A*** schuldet der Klägerin aus gewährten Krediten und Darlehen aufgrund eines Vollstreckungsbescheides des Amtsgerichtes Ahaus vom 14. Jänner 1985 den Betrag von DM 165.549,22 s.A. Dem Beklagten wurde mit einstweiliger Verfügung des Landesgerichtes Münster vom 20. Dezember 1984 untersagt, über die vorgenannten Liegenschaftsanteile zu verfügen, insbesondere diese zu belasten oder zu veräußern.

Mit der am 4. September 1985 eingebrachten Anfechtungsklage beantragte die Klägerin festzustellen, daß das unter COZ 490 der EZ 163 KG Gatschen, Gerichtsbezirk Irdning, bestehend aus den Parzellen Nr. 19/1 Wiese und 19/3 Wiese hinsichtlich 646/100.000 und 60/100.000 bei top. II 13 und top. II G 4 eingetragene Recht der Fruchtnießung auf Lebenszeit und das Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten des Heinz A***, geboren 24. Jänner 1935, und der Maria A***, geboren 29. August 1938, gegenüber der Klägerin rechtsunwirksam sei. Die Klägerin beantragte weiters, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihre Exekutionsführung wegen der Forderung von S 1,239.842,90 (DM 177.120,42) zu dulden. Zur Begründung brachte die Klägerin vor, der Vater des Beklagten Heinz A*** habe dem Beklagten diesen Liegenschaftsanteil nur geschenkt, weil er das Liegenschaftsvermögen ihrem Zugriff zur Hereinbringung der Forderung gegen Heinz A*** entziehen wollte. Dem Beklagten sei die Benachteilungsabsicht bekannt gewesen. Diese sei auch offenkundig, weil die faktische Verfügungsmacht dem Geschenkgeber und seiner Ehegattin vorbehalten wurde. Zur Zeit des Abschlusses des Schenkungsvertrages sei der Vater des Beklagten in einer so ungünstigen Vermögenslage gewesen, daß er genauso wie der Beklagte habe erkennen können, daß es dem Geschenkgeber kurze Zeit nach Vertragsabschluß unmöglich sein würde, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Eine Fahrnisexekution gegen Heinz A*** sei erfolglos verlaufen.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 21. Jänner 1986 erklärte die Klägerin, wegen "möglicher Untunlichkeit in der Realisierung eines aus diesem Verfahren allenfalls erfließenden Titels in Form einer möglichen Zwangsverwaltung der Eigentumswohnung" das Klagebegehren "auf das Interesse umzustellen", sodaß bei Aufrechterhaltung des bisherigen Klagebegehrens als Eventualbegehren das Hauptbegehren dahingehend zu lauten habe, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin S 1,239.842,90 (= DM 177.120,42) samt 12 % Zinsen seit 22. Jänner 1986 zu bezahlen. Dazu führte die Klägerin noch weiters aus, nicht ihr "Hauptschuldner" sei der Anfechtungsgegner, sondern als solcher sei der Beklagte als Eigentümer belangt worden.

Der Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein: Eine Benachteiligungsabsicht habe anläßlich des Schenkungsvertrages beider Vertragspartner nicht bestanden. Die Forderung der Klägerin sei erst nach Abschluß des Schenkungsvertrages "existent" und fällig geworden. Zur Zeit des Abschlusses des Schenkungsvertrages sei Heinz A*** in günstigen Vermögensverhältnissen gewesen. Überhaupt könne der Beklagte nicht Anfechtungsgegner sein, weil er aus dem Veräußerungs- und Belastungsverbot nicht berechtigt sei, sondern seine Eltern. Es werden jedoch nicht die Schenkung, sondern die Einräumung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes sowie des Fruchtgenußrechtes angefochten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte rechtlich aus, daß das Feststellungsbegehren unzulässig sei. Die Unterlassung der Aufnahme des Exekutionsobjektes in das Begehren schade allerdings nicht. Die angefochtene Rechtshandlung sei die der Fruchtnießung sowie des Belastungs- und Veräußerungsverbotes. Hingegen werde nicht die Eigentumsübertragung durch den Schenkungsvertrag als anfechtbare Rechtshandlung geltend gemacht; Anfechtungsgegner könnten daher nicht der Beklagte, sondern nur Heinz und Maria A*** sein.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß das Verfahren erster Instanz erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Rechtlich war das Gericht zweiter Instanz der Auffassung, daß mit Rücksicht auf die als herrschend zu bezeichnende Auffassung über die Anwendung des Rechtes des Ortes der Liegenschaft, deren Erwerb angefochten wird, österreichisches Recht anzuwenden sei. Die Klägerin habe zwar durch Erhebung eines neben dem Leistungsbegehren nicht erfordlichen Feststellungsbegehrens den Anschein erweckt, sie strebe ihre Befriedigung unter Ausschaltung eines zugunsten des Heinz und der Maria A*** auf der Liegenschaft eingeräumten Fruchtgenußrechtes sowie des Belastungs- und Veräußerungsverbotes an. Aus dem gesamten Klagevorbringen in Verbindung mit dem weiteren Vorbringen in der Verhandlung vom 21. Jänner 1986 habe die Klägerin aber eindeutig zum Ausdruck gebracht und klargestellt, daß Gegenstand ihrer Anfechtungsklage die Anfechtung des Schenkungsvertrages vom 3. Jänner 1984 sei. Das Hauptbegehren, und nur mit diesem wird sich das Erstgericht vorerst zu befassen haben, sei zwar auf Zahlung eines Betrages von S 1,239.842,90 s.A. gerichtet. Richtigerweise hätte es bloß auf Duldung der Exekution in das Objekt der anfechtbaren Handlung zu lauten. Die Rechtsprechung gestatte jedoch - ähnlich wie bei einer Hypothekarklage - auch ein Begehren auf Zahlung bei Exekution in das Objekt der anfechtbaren Rechtshandlung, also vorliegend die dem Beklagten durch Schenkungsvertrag überlassene Liegenschaft. Das Erstgericht werde daher im Rahmen seiner Prozeßleitungspflicht auf eine entsprechende Modifizierung des Klagebegehrens hinzuwirken oder eine solche gegebenenfalls selbst vorzunehmen haben, zumal eine Klage auf Zahlung mit der Einschränkung auf ein bestimmtes Exekutionsobjekt gegenüber einem nicht durch Beziehung auf ein bestimmtes Exekutionsobjekt eingeschränkten Klagebegehren ein Minus darstelle. Die Änderung des Begehrens einer Anfechtungsklage vom Begehren auf Duldung der Exekution zur Hereinbringung einer bestimmten Geldforderung auf Bezahlung derselben Geldforderung stelle keine qualitative Änderung des Begehrens und damit keine Klagsänderung dar. Da das Erstgericht ausgehend von seiner vom Berufungsgericht nicht gebilligten Rechtsansicht die Anfechtungsvoraussetzungen im einzelnen (insbesondere die Frage einer Benachteiligungsabsicht) nicht geprüft hat, sei das angefochtene Urteile zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung aufzuheben gewesen. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und in der Sache selbst dahin zu erkennen, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, daß der Schenkungsvertrag vom 3. Jänner 1984 nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten begründet hätte, weshalb er schon aus diesem Grunde nicht anfechtbar sei. Das Begehren auf Duldung der Exekution wäre wegen des den Ehegatten Heinz und Maria A*** zustehenden Veräußerungs- und Belastungsverbotes unzulässig. Es hätte allenfalls auf Zahlung bei Exekution in das Objekt der anfechtbaren Handlung geklagt werden können; dies sei aber nicht erfolgt. Durch die Einschränkung der auf Zahlung gerichteten Klage auf ein bestimmtes Exekutionsobjekt werde kein Minus verwirklicht. Nach dem Vorbringen der Klägerin sei nur eine Anfechtung des Fruchtgenußrechtes und des Veräußerungs- und Belastungsverbotes erfolgt. Dazu war zu erwägen:

Die Streitteile ziehen nicht in Zweifel, daß auf den vorliegenden Anfechtungsanspruch österreichisches Recht anzuwenden ist; es genügt daher, in diesem Belang auf die von beiden Vorinstanzen übereinstimmend bejahte Anwendung österreichischen Rechtes und die dazu in EvBl 1985/158 ausführlich dargestellte Begründung dieser Rechtsansicht zu verweisen.

Nach § 12 AnfO hat das Klagebegehren einer Anfechtungsklage, die sich auf eine behauptete anfechtbare Veräußerung von Sachen oder Rechten gründet, auf Duldung der Exekution in das Objekt der anfechtbaren Handlung, allenfalls auf Zahlung bei Exekution in

dieses Objekt zu lauten (SZ 27/12 = EvBl 1954/104; JBl 1959, 215;

SZ 32/56 = RZ 1959, 158; 1 Ob 144/73; 8 Ob 636/85 ua).

Anfechtungsgegner ist nicht der Schuldner, sondern derjenige, zu dessen Gunsten die anfechtbare Rechtshandlung gesetzt wurde und der aus dieser einen Vorteil erlangt hat (EvBl 1964/454; 5 Ob 895/76; EvBl 1985/158 ua).

Primärer Inhalt des Anfechtungsanspruches ist die Leistungspflicht des Anfechtungsgegners; es genügt, wenn die Unwirksamkeit des angefochtenen Rechtsgeschäftes in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck gebracht wird (SZ 10/6; SZ 11/262 ua); demgemäß muß aber auch zur Begründung des Klageanspruches genügen, wenn aus dem Vorbringen der Klage das Rechtsgeschäft, welches angefochten wird, eindeutig zu entnehmen ist. Dies ist - worauf das Berufungsgericht mit Recht hinweist - der Schenkungsvertrag vom 3. Jänner 1984:

Es ist zwar richtig, daß die Klägerin auch das Recht der Fruchtnießung auf Lebenszeit und das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten Heinz und Maria A*** zum Gegenstand der Anfechtung machen wollte; dies ändert aber nichts daran, daß sie sich primär eindeutig auf die anfechtbare Rechtshandlung zwischen Vater und Sohn stützte und als diese den Schenkungsvertrag vom 3. Jänner 1984 ansah und auch bezeichnete. Demgemäß lautete das Klagebegehren ua auch dahin, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Exekution der Klägerin wegen der Forderung von S 1,239.842,90 zu dulden.

Wenn nun das Berufungsgericht in konsquenter Weiterführung der dargestellten Judikatur zur Ansicht gelangte, daß die Umstellung dieses Klagebegehrens in der Folge auf Zahlung von

S 1,239.842,90 s.A. bei Einschränkung der Exekution auf die geschenkte Liegenschaft im Grunde keine Klagsänderung darstellt, weil damit keine qualitative Änderung des Begehrens erfolgte, kann dem nicht entgegengetreten werden; beide Begehren bezwecken im Endergebnis, die Exekution in die Liegenschaft, die aufgrund eines anfechtbaren Rechtsgeschäftes zum Nachteil des Gläubigers ihren Eigentümer wechselte, zugunsten eines vollstreckbaren Anspruches desselben zu ermöglichen. Im übrigen ist eine Klage auf Zahlung mit Einschränkung auf ein bestimmtes Exekutionsobjekt gegenüber einem nicht durch Beziehung auf ein bestimmtes Exekutionsobjekt eingeschränktem Klhgebegehren ein Minus (SZ 27/12 ua). Davon abgesehen stand das erstgerichtliche Verfahren erst am Beginn; selbst unter der Annahme einer Klagsänderung wäre eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen und die Umstellung des Klagebegehrens in der nunmehr als richtig erkannten Form gemäß § 235 Abs 3 ZPO zuzulassen gewesen. Bleibt die Behauptung des Beklagten zu klären übrig, daß der geltend gemachte Anfechtungsanspruch nicht befriedigungstauglich sei. An dem Erfordernis der Befriedigungstauglichkeit dürfen aber keine zu strengen Anforderungen gestellt werden; diese liegen immer schon dann vor, wenn die Anfechtung geeignet ist, zumindest die teilweise Befriedigung der Gläubiger des Schuldners herbeizuführen oder diese doch zu erleichtern bzw. zu beschleunigen (SZ 53/31; SZ 32/56; EvBl 1966/285; 1 Ob 752/76).

Was demnach das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Eltern des Beklagten anlangt, ist es zwar richtig, daß die Befriedigungstauglichkeit bei Schluß der Verhandlung erster Instanz vorliegen muß (JBl 1964, 151 ua), doch hätte bei Vorliegen jener Anfechtungstatbestände, die von einer Benachteiligung ausgehen, der Anfechtungsgegner den Mangel der Benachteiligung zu beweisen, weil es sich hiebei um eine rechtsvernichtende Tatsache handelt (vgl. Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 305). Die Behauptung der Befriedigungsuntauglichkeit ist ein Teil der Behauptung des Fehlens einer Benachteiligung. Daher müßte der Anfechtungsgegner auch die Befriedigungsuntauglichkeit behaupten und beweisen (vgl. 7 Ob 765/79). Eine weitere Befassung mit diesen Fragen ist aber nicht erforderlich; es ist nicht schon in diesem Verfahren zu untersuchen, welche Haltung die beiden Verbotsberechtigten gegenüber einer allfälligen Exekutionsführung auf die Liegenschaft im Hinblick darauf einnehmen könnten, daß gegen Heinz A*** ohnedies bereits ein Exekutionstitel besteht oder ob allenfalls eine Anfechtung auch gegen die Verbotsberechtigten zur Ermöglichung der Exekutionsführung erfolgreich wäre. Für solche im übrigen erst im Rechtsmittelverfahren angestellten Erwägungen ist daher hier kein Platz; sie können nicht dazu führen, dem Anfechtungsbegehren mangels Befriedigungstauglichkeit die Berechtigung abzuerkennen. Demnach erweisen sich sämtliche Ausführungen des Beklagten in seinem Rekurs als unberechtigt, weshalb seinem Rechtsmittel der Erfolg zu versagen war.

Der Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO.

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