OGH 8Ob519/94

OGH8Ob519/9428.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Friedrich Doschek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Alfred A*****, vertreten durch Dr.Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen Aufkündigung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 2.Juni 1993, GZ 48 R 280/93-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 20.Jänner 1993, GZ 5 C 698/91-25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.787,78 (darin S 664,64 Umsatzsteuer und S 1.800,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist aufgrund des Mietvertrages Beilage A Mieter der aufgekündigten Wohnung. Das auf unbestimmte Zeit eingegangene Mietverhältnis begann am 1.2.1980. Es kann "von jedem Teile zum Monatsende - vierteljährig zum Mietquartal - gerichtlich aufgekündigt werden".

Mit ihrer am 21.2.1991 beim Erstgericht eingelangten Klage kündigte die Klägerin als Eigentümerin des Bestandobjektes dieses "gegen viertel-jährl. Kündigung für den letzten Tag des Monats Juni 1991", da der Beklagte das Bestandobjekt weitergegeben habe, es offenbar in naher Zeit nicht für sich oder eintrittsberechtigte Personen benötige, es an Dritte gegen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung überlassen habe sowie hinsichtlich eines allenfalls nicht weitergegebenen Teiles des Bestandobjektes diesen nicht zur Ausübung der geschäftlichen Tätigkeit des Mieters oder eintrittsberechtigter Personen regelmäßig verwende.

Der Beklagte erhob rechtzeitig Einwendungen und brachte unter anderem vor, daß Kündigungsfrist und Kündigungstermin verfehlt seien und den mietvertraglichen Bestimmungen widersprächen. Das Mietverhältnis habe am 1.2.1980 begonnen und könne nur vierteljährig zum Mietquartal aufgekündigt werden. Die gegenständliche Aufkündigung sei aber zum Kalenderquartal erfolgt.

Das Gericht erster Instanz hob die gerichtliche Aufkündigung als rechtsunwirksam auf und wies das Kündigungsbegehren ab. Der Vertrag lege Kündigungsfrist und Kündigungstermin hinlänglich fest. Bei einem Beginn des Mietverhältnisses am 1.Februar begönnen die Mietquartale jeweils am 1.Mai, 1.August und 2.November. Die Kündigungsmöglichkeit zum Mietquartal bedeute daher die Aufkündigung zum Monatsletzten vor dem neuen Mietquartal. Die kündigende Partei könne das Bestandverhältnis zu einem anderen als dem vereinbarten Termine nicht beenden.

Das Gericht zweiter Instanz erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und erkannte den Beklagten für schuldig, der Klägerin das Bestandobjekt geräumt binnen 14 Tagen zu übergeben. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Vereinbarung des Kündigungstermines "zum Mietquartal" sei keinesfalls so klar, daß sie nicht der Auslegung durch Rückgriff auf gesetzliche oder ortsübliche Regelungen bedürfe. Es lasse sich nämlich die Vereinbarung auch im Sinne der Regelung des § 560 Abs.1 lit.e ZPO verstehen, zumal die vierteljährliche Kündigungsfrist in Richtung dieser gesetzlichen Bestimmung deute. Seien aber die Fristen und Termine im Vertrag nicht ausreichend bestimmt, verweise § 2 Kündigungsfristengesetz auf die Bestimmung des § 560 ZPO. Unter Anwendung von § 560 Abs.1 Z 2 lit.a (richtig: lit.d) ZPO sei daher der geltend gemachte Kündigungstermin richtig gewählt. Das Vorliegen des Kündigungsgrundes des § 30 Abs.2 Z 7 MRG sei zu bejahen, da das aufgekündigte Objekt nicht zu einer regelmäßigen geschäftlichen Tätigkeit oder wenigstens in gleichwertiger Weise verwendet werde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung zu.

Die Auslegung der in einem schriftlichen Bestandvertrag über den Kündigungstermin getroffenen Vereinbarung gehört, wenn hiezu keine weiteren Beweismittel herangezogen wurden, in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung (MietSlg. 23.674; RZ 1990/30).

Gemäß § 560 Abs.1 Z 1 ZPO darf die Aufkündigung im Falle eines besonderen Übereinkommens der Parteien über den Termin und die Frist zur Aufkündigung und Zurückstellung des Bestandgegenstandes in der Regel nur unter Einhaltung dieser Termine und Fristen erfolgen. Nur wenn es an einem solchen Übereinkommen fehlt, sind die in Z 2 der genannten Gesetzesstelle angeführten Kündigungstermine und Kündigungsfristen einzuhalten, wonach gemäß lit.d Mietverträge über Wohnungen oder Wohnräume zum letzten Tag eines Monats bei monatlicher Zinszahlung derart aufzukündigen sind, daß die Aufkündigung spätestens einen Monat vor dem Kündigungstermin zugestellt wird. Eine vertragliche Abweichung der Kündigungstermine von der Vorschrift des § 560 ZPO muß klar formuliert sein. Sie darf keinen Zweifel darüber offen lassen, zu welchem Termin zu kündigen ist (vgl. EvBl. 1969/43). Bediente sich der Vermieter in dem von ihm in das Vertragsgeschehen eingeführten Formular einer undeutlichen Ausdrucksweise, so ist dies gemäß § 915 ABGB zu seinem Nachteil auszulegen (SZ 57/150). Bei einer undeutlichen Fomulierung obliegt dem Kläger der Beweis der vereinbarten Abweichung vom gesetzlichen Kündigungstermin (MietSlg. 41.586).

Von der Rechtsprechung wurde ein mit dem "Zinsquartal" vereinbarter Kündigungstermin insoweit als unklar erachtet, als zur Ermittlung auf ortsübliche Regelungen zurückzugreifen wäre. In einem derartigen Falle seien daher die Bestimmungen des § 560 Abs.1 Z 2 lit.d ZPO anzuwenden, weshalb unter Beachtung der vereinbarten Kündigungsfrist zu jedem beliebigen Monatsletzten aufgekündigt werden könne (MietSlg. 21.826).

Während das Wort "Zinsquartal" offenkundig auf historische Zahlungstermine (vgl. hiezu EvBl. 1959/145: "Lichtmeß, Georgi, Jakobi und Michaeli") hinweist, kann dies von der Terminbestimmung "Mietquartal" nicht gesagt werden. Unter Berücksichtigung der Auslegungsregeln des § 914 ABGB kann diese Bestimmung nur dahin verstanden werden, daß das Mietverhältnis nach der Absicht der Parteien jeweils nur zum Ende der sich aus dem Beginn des Mietverhältnisses bestimmenden Quartale enden solle (MietSlg. 18.684). Die am 21.Februar 1991 bei Gericht eingebrachte Kündigung hätte daher unter Beachtung der vierteljährlichen Kündigungsfrist richtigerweise zum 31.Juli erfolgen müssen.

Da - abgesehen von der hier nicht vorliegenden Einräumung einer längeren Kündigungsfrist (EvBl. 1964/167; MietSlg. 17.789; MietSlg. 19.536; 1 Ob 728/76) - die Nichteinhaltung vertraglicher oder gesetzlicher Kündigungsfristen und -termine die materiellrechtliche Wirkung hat, daß das Bestandverhältnis nicht aufgelöst ist (SZ 59/171; MietSlg. 35.823; MietSlg. 24.579; RZ 1990/30), hat das Erstgericht die gerichtliche Aufkündigung zu Recht aufgehoben, weshalb der Revision Folge zu geben und das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

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