OGH 8Ob519/87

OGH8Ob519/8726.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Ida S***, Hausfrau, 8280 Fürstenfeld, Max-Regerstraße 8, 2.) Elfriede K***, Hausfrau, 8054 Graz, Straßgangerstraße 395, und 3.) Irma S***, Hausfrau, 8010 Graz, Münzgrabenstraße 131, alle vertreten durch Dr. Peter Obermayr, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Otto B***, Kaufmann, 8020 Graz, Eggenbergergürtel 20, vertreten durch Dr. Franz Wiesner, Rechtsanwalt in Graz, wegen Räumung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes vom 31. Oktober 1986, GZ 3 R 146/86-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 28. Februar 1986, GZ 5 C 205/85-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, den Klägerinnen je zu einem Drittel die mit S 3.127,08 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 284,28) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerinnen sind zu je einem Drittel Eigentümerinnen der Liegenschaft EZ 1122, KG V Gries, mit dem Haus Graz, Annenstraße 75/Finkengasse 1. Mit Mietvertrag vom 1. April 1984 hatte der Beklagte von den Klägerinnen vier in diesem Haus gelegene Geschäftsräume samt WC und Abstellraum und einen Büroraum auf die Dauer von sechs Monaten gemietet.

Die Klägerinnen begehrten vom Beklagten die Räumung des Bestandobjektes mit der Begründung, daß der Beklagte seiner Rückstellungsverpflichtung zum 30. September 1984 nicht nachgekommen sei und daher den Mietgegenstand seither titellos benütze. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß er mit dem Ehegatten der Drittbeklagten, Hermann S***, der die Klägerinnen hinsichtlich des Hauses vertrat, vereinbart habe, daß der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit verlängert werde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Bei einer Besprechung in der Kanzlei des Beklagtenvertreters kam es zwischen den Parteienvertretern zu einer Vereinbarung dahingehend, daß vorerst ein Bestandvertrag auf sechs Monate abgeschlossen, anschließend eine Räumungsklage gegen den Beklagten eingebracht und sodann eine Einigung über den Räumungstermin erzielt werden sollte. Die Klägerinnen wollten nämlich ihre Liegenschaft verkaufen; es fanden auch Verkaufsgespräche mit dem Beklagten statt, die sich jedoch zerschlugen. Da die Höhe des Mietzinses noch fraglich war, veranlaßte der Klagevertreter ein Telefongespräch zwischen der Drittklägerin und dem Beklagten, die sich hierauf über den Mietzins einigten. Anschließend verfaßte der Klagevertreter den Mietvertrag vom 1. April 1984, der von den Parteien unterfertigt wurde. Mit dem Schreiben vom 4. Oktober 1984 forderte der Klagevertreter den Beklagten auf, die nunmehr titellos benützten Räumlichkeiten zu räumen und bis 15. Oktober 1984 zurückzustellen, dem der Beklagte jedoch nicht entsprach. Die Klägerinnen erteilten Hermann S***, dem Gatten der Drittklägerin, keine Handlungsvollmacht. Hermann S*** erschien nur über Aufforderung der Drittklägerin oder gemeinsam mit ihr auf der Liegenschaft, um nach dem Rechten zu sehen. Bei Anfragen von Mietern fügte er immer bei, daß er darüber nicht entscheiden könne, er würde diese Anliegen den Klägerinnen mitteilen.

Auch nach dem 30. September 1984 bezahlte der Beklagte weiterhin den ihm vorgeschriebenen Mietzins. Er erhielt auch für 1985 die Mietzinsvorschreibung für das Bestandobjekt.

Rechtlich war das Erstgericht der Auffassung, daß von der Befristung des Bestandverhältnisses mit sechs Monaten, welches ohne Aufkündigung ende, auszugehen sei. Die Zusage, daß der Beklagte weiter im Bestandobjekt bleiben könne, sei durch den Abschluß des Mietvertrages überholt. Eine spätere diesbezügliche Zusage der Klägerinnen sei vom Beklagten nicht bewiesen worden. Der Beklagte benütze daher das Objekt titellos, weshalb er zur Räumung verpflichtet sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz verwarf den geltend gemachten Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens und hielt dem Beklagten entgegen, daß er die von ihm gewünschte Feststellung, wonach der Beklagte mit dem Ehegatten der Drittklägerin zu einer Vereinbarung über die Verlängerung des Mietvertrages gekommen sei, nicht bewiesen habe.

Da die zwischen den Streitteilen vereinbarte Dauer des Mietvertrages ein halbes Jahr nicht übersteigt, falle dieser gemäß § 1 Abs 2 Z 3 MRG nicht in den Anwendungsbereich des MRG. Das Mietverhältnis habe daher am 30. September 1984 geendet. Eine ausdrückliche Verlängerung des Vertrages komme nicht in Betracht. Eine stillschweigende Erneuerung des Bestandvertrages sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet worden. Davon abgesehen müßte die gesetzliche Vermutung des § 569 ZPO (§ 1114 ABGB) durch das Schreiben der Klägerinnen vom 4. Oktober 1984 (Beilage ./A), welches keinen Zweifel an der Ablehnung der Erneuerung des Bestandvertrages aufkommen läßt, als widerlegt angesehen werden. Mit Rücksicht auf diese Erklärung und die Tatsache, daß noch im Oktober 1984 die Räumungsklage eingebracht wurde, komme entgegen der Auffassung des Beklagten auch dem Umstand, daß ihm von der Hausverwaltung weiterhin "Mietzins" vorgeschrieben wurde - in Wahrheit handle es sich um Benützungsentgelt - keine Bedeutung zu. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben oder dahin abzuändern, daß die Räumungsklage abgewiesen wird.

Die Klägerinnen beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte macht zunächst geltend, daß das Verfahren des Berufungsgerichtes mangelhaft geblieben sei. Der Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO liegt jedoch nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

Unter dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO bekämpft der Beklagte in unzulässiger Weise die Feststellungen der Vorinstanzen. Er begehrt, andere als die getroffenen Feststellungen der Entscheidung zugrunde zu legen, und zwar solche, die seinem Standpunkt darüber Rechnung tragen sollten, daß der Mietvertrag einverständlich über den Endtermin 30. September 1984 hinaus verlängert wurde: Allein durch die Tatsache, daß die vom Beklagten behauptete Vertragsverlängerung vereinbart worden sei, ergebe sich, daß er das Bestandobjekt nicht titellos benütze; es sei dem Beklagten sehr wohl gelungen, nachzuweisen, daß die Verlängerung des Vertrages auf unbestimmte Zeit fix und unwiderruflich zugesagt wurde; die vom Beklagten behauptete Vertragsverlängerung sei auf Grund der nach Abschluß des Mietvertrages getroffenen ausdrücklichen Vereinbarung auf unbestimmte Zeit verlängert worden. Mit diesen Ausführungen bringt der Revisionswerber jedoch den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, diesen negiert und seinen Darlegungen auf anderen Sachverhaltsgrundlagen zum Durchbruch zu verhelfen sucht, als sie die Vorinstanzen als erwiesen angenommen haben. Der Revision kann daher schon aus diesem Grund kein Erfolg beschieden sein. Aber auch soweit sich in den Ausführungen der Standpunkt findet, daß eine stillschweigende Verlängerung des Bestandverhältnisses erfolgt sei, könnte dem nicht gefolgt werden. Zur Widerlegung einer solchen Annahme genügt es, wenn der Wille des Bestandgebers, es nicht zur stillschweigenden Erneuerung des Bestandvertrages kommen zu lassen, hinreichend deutlich Ausdruck fand (EvBl 1974/42 = MietSlg 25.575). Entscheidend ist dabei, daß der Wille und die Ernstlichkeit, die Erneuerung des Vertrages zu verhindern, durch unverzügliche, nach außen erkennbare Erklärungen und Schritte des Bestandgebers dargetan werden, die objektiv betrachtet keinen Zweifel an der Ablehnung der Erneuerung des Bestandvertrages und an der Entschlossenheit des Bestandgebers diese Erneuerung gegebenenfalls mit allen Mitteln des Rechts zu verhindern, aufkommen lassen (vgl. Fasching IV 676; MietSlg 34.244 uza.). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil die Kläger nach Beendigung des Mietverhältnisses den Beklagten unverzüglich durch ihren Rechtsanwalt zur Räumung aufforderten und dabei keinen Zweifel aufkommen ließen, daß sie ihren Anspruch gerichtlich durchsetzen werden.

Der Revision des Beklagten ist daher der Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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