OGH 8Ob508/95

OGH8Ob508/9520.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der vormaligen Pflegschaftssache des am 26.März 1975 geborenen Lars P*****, infolge des als außerordentlichen Revisionsrekurs bezeichneten Rechtsmittels des Vaters Alois P*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 23.November 1994, GZ 47 R 765/94-309, bzw den Beschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 28.Juli 1994, GZ 5 P 29/89-305, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der rekursgerichtliche Beschluß sowie das diesem vorangegangene Verfahren wird ab einschließlich der gesetzwidrigen Zustellung des Beschlusses des Erstgerichtes an den Revisionsrekurswerber als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsmittelwerber behauptet in seinem als außerordentlichen Revisionsrekurs bezeichneten Schriftsatz, der sich ausdrücklich sowohl gegen den erstgerichtlichen als auch gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet, daß ihm der Beschluß des Erstgerichtes (ON 305) nicht rechtmäßig zugestellt worden sei, da er sich zum Zeitpunkt der Zustellung (8.8.1994) nachweislich nicht an der Zustelladresse in Wien, sondern aus dienstlichen Gründen auf längere Zeit in Marokko aufgehalten habe und daß der RSb-Brief nur irrtümlich von seiner Schwiegermutter, die der deutschen Sprache nicht mächtig sei, übernommen worden sei. Diesen Umstand habe seine Gattin auch dem Erstgericht aktenkundig mitgeteilt (s ON 308). Er habe den erstgerichtlichen Beschluß auch in der Folge nicht zugestellt erhalten. Er beantrage deshalb die - infolge des Rekurses seines Sohnes erfolgte - "Beschlußfassung des Rekursgerichtes zurückzuweisen".

Damit macht der Rechtsmittelwerber deutlich erkennbar die Nichtigkeit des Verfahrens ab der Beschlußfassung des Erstgerichtes geltend.

Hierüber ist vorweg - bevor auf die weiteren Einwände des Rechtsmittelwerbers gegen die Höhe der ihm auferlegten Unterhaltsverpflichtung eingegangen werden kann - zu entscheiden.

Aus den vom Obersten Gerichtshof dem Erstgericht aufgetragenen Erhebungen ist zu folgern, daß sich der Rechtsmittelwerber in der fraglichen Zeit nicht in Österreich aufgehalten hat: Aus der Auskunft des Bundesministeriums für Inneres (ON 321), dem vorgelegten Dienstpaß (Ablichtung bei ON 323) und den damit in Einklang stehenden Angaben des Revisionswerbers (ON 323) ergibt sich nämlich, daß sich der Rechtsmittelwerber seit 15.7.1994 in Marokko als Kommandant des Österreichischen UN-Polizeikontingentes in der Westsahara aufgehalten hat, in der fraglichen Zeit zwar kurzfristig nach Algerien und Mauretanien gereist und wieder nach Marokko zurückgekehrt ist, jedoch erstmals am 25.11.1994 auf einige Wochen nach Österreich auf Urlaub gekommen ist.

Dem Rechtsmittelwerber konnte somit der erstgerichtliche Beschluß am 8.8.1994 nicht ordnungsgemäß an seiner Heimatadresse in Wien zugestellt werden, weil er sich zu dieser Zeit und auch in den Folgemonaten dort nicht regelmäßig aufgehalten hat (§ 16 ZustG).

Demgemäß ist der angefochtene Beschluß sowie das vorangegangene Verfahren ab einschließlich der gesetzwidrigen Zustellung des Beschlusses an den Revisionsrekurswerber als nichtig aufzuheben, denn dem Rechtsmittelwerber wurde durch den ungesetzlichen Zustellvorgang die Möglichkeit, den erstgerichtlichen Beschluß zu bekämpfen, entzogen.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren seinen Beschluß dem Rechtsmittelwerber ordnungsgemäß zuzustellen haben.

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