Spruch:
Das als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit der am 12.5.1997 eingebrachten Klage beantragten die Kläger die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 7,523.673,85 s.A. und stützten dieses Begehren darauf, daß die beklagte Partei durch die Erteilung des Zuschlages im Vergabeverfahren "Projekt Garagen-, Schul- und Sportanlage" die EG-Vergaberichtlinien verletzt und gegen die Grundsätze des Bundesvergabegesetzes sowie des Tiroler Landesvergabegesetzes und den verfassungs- rechtlichen Gleichheitsgrundsatz verstoßen habe.
Am 18.12.1996 stellten die Kläger beim Landesvergabeamt beim Amt der Tiroler Landesregierung einen auf die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 8 TVergG gerichteten Antrag mit dem Begehren zu entscheiden, daß die "ARGE B*****-M*****" Best- und Billigstbieterin im oben angeführten Vergabeverfahren sei.
Im Spruch seines Bescheides vom 25.2.1997, VG 32/28, stellte das Landesvergabeamt fest, daß in diesem Vergabeverfahren der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde, und sprach weiters aus, daß der Antrag der beklagten Partei gemäß § 12 TVergG festzustellen, daß der Bietergemeinschaft B*****-M***** auch bei Einhaltung des TVergG oder einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes der Zuschlag nicht erteilt worden wäre, abgewiesen wird.
Die beklagte Partei sowie die Stadtgemeinde H***** erhoben gegen diesen Bescheid des Landesvergabeamtes beim Amt der Tiroler Landesregierung gemäß Art 144 Abs 1 B-VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit dem Antrag, gemäß § 87 Abs 1 VfGG den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte aufzuheben.
Die beklagte Partei beantragte im vorliegenden Verfahren ua den Rechtsstreit wegen Präjudizialität des Beschwerdeverfahrens, welches beim Verfassungsgerichtshof aufgrund der von der beklagten Partei gegen den zitierten Bescheid eingebrachten Beschwerde anhängig ist, gemäß § 190 ZPO zu unterbrechen.
Mit Beschluß vom 11.9.1997 gab der Verfassungsgerichtshof dem von den Beschwerdeführern in der obzitierten Beschwerdesache gestellten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gemäß § 85 Abs 2 VerfGG 1953 keine Folge.
Das Erstgericht ordnete die Unterbrechung des Rechtsstreites gemäß § 190 ZPO bis zum Vorliegen der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes aufgrund der von der beklagten Partei gegen den Bescheid des Tiroler Landesvergabeamtes eingebrachten Beschwerde an.
Infolge Rekurses der klagenden Parteien änderte das Rekursgericht den Beschluß dahin ab, daß es den Antrag der beklagten Partei, den Rechtsstreit bis zum Vorliegen der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die von der beklagten Partei gegen den Bescheid des Tiroler Landesvergabeamtes eingebrachte Beschwerde zu unterbrechen, abwies und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom herangezogenen Unterbrechungsgrund auftrug. Es sprach aus, daß eine Anfechtung dieses Beschlusses gemäß § 192 Abs 2 ZPO nicht zulässig sei.
Dagegen richtet sich das als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel der beklagten Partei mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Der Revisionsrekurs ist als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 192 Abs 2 ZPO können die nach den §§ 187-191 ZPO erlassenen Anordnungen, soweit sie nicht eine Unterbrechung des Verfahrens verfügen, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Es ist zwar richtig, daß nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung (RZ 1987, 143; SZ 64/98 uva; zuletzt 1 Ob 628/94) dann, wenn eine Unterbrechung zwingend vorgesehen ist, die Verweigerung der Unterbrechung anfechtbar ist. In diesem Fall kann auch gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem eine die Unterbrechung anordnende Entscheidung abgeändert wurde, Rekurs erhoben werden (ÖBl 1987, 39 uva).
Liegt bereits ein rechtskräftiger Verwaltungsbescheid vor, besteht die Bindung des Gerichtes daran auch dann, wenn eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde erhoben wurde; die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde an sich ist kein zwingend vorgeschriebener Unterbrechungsgrund (10 ObS 2374/96g ua). Im vorliegenden Fall ist die Unterbrechung des Verfahrens im Gesetz nicht zwingend angeordnet.
Gemäß § 14 Abs 8 TVergG hat das Gericht das Verfahren zu unterbrechen und beim Verwaltungsgerichtshof die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Bescheides des Landesvergabeamtes zu begehren, wenn die Entscheidung des Rechtsstreites von der Frage der Rechtswidrigkeit dieses Bescheides abhängig ist und das Gericht den Bescheid für rechtswidrig hält. Nach dem Einlagen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes hat das Gericht das Verfahren fortzusetzen und den Rechtsstreit unter Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes zu entscheiden. § 14 Abs 8 TVergG ordnet sohin - ähnlich wie § 11 Abs 1 AHG - eine Unterbrechung des Verfahrens nur dann zwingend an, wenn der Bescheid des Landesvergabeamtes seitens des Gerichtes einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unterzogen wird. Dazu hat sich aber das Gericht nicht veranlaßt gesehen.
Der Auftraggeber, der Bewerber oder Bieter selbst kann - wie auch die Rechtsmittelwerberin selbst zutreffend erkennt - den Verwaltungsgerichtshof nicht anrufen. Die Bescheide des Landesvergabeamtes - einer Behörde im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG - unterliegen überhaupt keinem administrativen Instanzenzug, sondern - abgesehen von der nur durch das Gericht zu veranlassenden Überprüfungsmöglichkeit gemäß § 14 Abs 8 TVergG - lediglich der Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 144 B-VG.
Aus § 14 Abs 8 TVergG ist aber entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin nicht der Schluß zu ziehen, daß im Falle der Anfechtung eines Bescheides des Landesvergabeamtes vor dem Verfassungsgerichtshof durch einen Bewerber, Bieter oder wie hier durch den Auftraggeber die Unterbrechung des Verfahrens zwingend anzuordnen sei, auch wenn das Gesetz - wie sie konzediert - dies nicht ausdrücklich vorschreibt. Es hat vielmehr der allgemeine Grundsatz zu gelten, daß die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde an sich keinen zwingenden Unterbrechungsgrund bildet. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß im Bereich des hier relevanten Nachprüfungsverfahrens nach § 8 TVergG ein administrativer Instanzenzug überhaupt nicht vorgesehen ist, sondern das Landesvergabeamt in erster und letzter Instanz entscheidet.
Da somit keine zwingende Unterbrechung bei Anrufung des Verfassungsgerichtshofes vorgesehen ist und der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde auch keine aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, ist ein Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem dieses den Antrag, das Verfahren bis zum Vorliegen der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die eingebrachte Beschwerde zu unterbrechen, abgewiesen hat, gemäß § 192 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, sodaß dieser zurückzuweisen ist.
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