OGH 8Ob3/90

OGH8Ob3/9019.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner, Dr. Graf und Dr. Jelinek als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus D***, Angestellter, Meidlinger Hauptstraße 82/14, 1120 Wien, vertreten durch Dr. Peter Balogh, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei DIE E*** Ö*** S***-C*** B***,

Graben 21, 1010 Wien, wegen Wiederaufnahme des Wechselmandatsverfahrens 12 Cg 45/88 des Handelsgerichtes Wien infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 1.Februar 1990, GZ 4 R 14/90-5, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 15. Dezember 1989, GZ 12 Cg 68/89-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger beantragte die Wiederaufnahme des Wechselmandatsverfahrens 12 Cg 45/88 des Handelsgerichtes Wien und die Aufhebung des in diesem Verfahren ergangenen Wechselzahlungsauftrages vom 28.6.1988. Zur Begründung brachte er vor, mit dem genannten Wechselzahlungsauftrag sei ihm aufgetragen worden, auf Grund des Sichtwechels vom 21.6.1988 an die beklagte Partei S 821.796,30 sA zu bezahlen. Grundlage sei der mit der beklagten Partei abgeschlossene Bürgschaftsvertrag vom 22.5.1987 gewesen. Am gleichen Tag habe die beklagte Partei der "Y***" T*** Betriebsgesellschaft mbH einen Kredit von S 800.000,-- eingeräumt, für den sich der Kläger verbürgt habe. Die Bürgschaftsverpflichtung sei unter der Voraussetzung zustandegekommen, daß der Kläger als ehemaliger Gesellschafter aus der Haftung für sämtliche bisher gewährten Kredite entlassen werde und alle Privatkredite, die er für die Gesellschaft aufgenommen habe, bezahlt würden. Diese Zusatzvereinbarungen seien mit Manfred F*** und Brigitte D***, die die Geschäftsanteile übernehmen sollten, mündlich getroffen worden. Die Entlassung aus den Kredithaftungen sollte am 25.5.1987 notariell beurkundet werden. Manfred F*** und Brigitte D*** hätten die Forderung des Klägers von rund S 510.000,-- anläßlich des Abschlusses des Kreditvertrages dem Kundenbetreuer der beklagten Partei gegenüber anerkannt. Sie seien jedoch am 25.5.1987 zum vereinbarten Termin nicht erschienen. Der Kläger habe dem Kundenbetreuer der beklagten Partei gegenüber zum Ausdruck gebracht, daß der dringende Verdacht einer strafbaren Handlung bestehe. Er habe seinen Wunsch erklärt, daß "unter diesem Gesichtspunkt die Bürgschaftsverpflichtung nicht relevant sei und er eine Auflösung des Vertrages wünsche". Das Geld möge nicht ausbezahlt werden. Der Kundenbetreuer habe mitgeteilt, F*** und D*** hätten das Geld schon bekommen. Aus diesem Grunde habe der Kläger keine Einwendungen gegen den schließlich wider ihn erlassenen Wechselzahlungsauftrag erhoben. Die Auszahlung der Kreditsumme an die Y*** T*** Betriebsgesellschaft mbH sei im Wege einer Treuhandvereinbarung zwischen der beklagten Partei und dem Notar Dr. G*** erfolgt. Tatsächlich habe Dr. G*** die Überweisungsaufträge zugunsten der Kreditnehmer erst am 27.5.1987 erteilt. Davon habe der Kläger am 14.11.1989 erfahren. Am 25.5.1987 hätte die beklagte Partei die Auszahlung der Kreditsumme noch durch Widerruf des Treuhandauftrages verhindern können. Sie wäre hiezu verpflichtet gewesen.

Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurück. Es vertrat die Auffassung, daß für die beklagte Partei keine Verpflichtung bestanden habe, den Bürgschaftsvertrag aufzuheben oder die Auszahlung der Darlehenssumme an die Kreditnehmer zu verweigern. Die Behauptung, der Treuhänder habe erst am 27.5.1987 über das Geld disponiert, hätte selbst bei deren Richtigkeit im Vorprozeß zu keiner für ihn günstigeren Entscheidung führen können. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteigt und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Schutzpflicht einer Bank in der vorliegenden speziellen Fallkonstruktion keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Das Gericht zweiter Instanz verwies darauf, daß die beklagte Partei nach den Behauptungen des Klägers erst nach dem gültigen Abschluß des Bürgschaftsvertrages von der geschilderten listigen Vorgangsweise von Manfred F*** und Brigitte D*** erfahren habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob die beklagte Partei allenfalls nach Durchführung entsprechender Erhebungen dazu berechtigt gewesen wäre, die Auszahlung der Kreditsumme zu verweigern bzw. den Treuhandauftrag zu widerrufen, weil so weit die einer Bank obliegenden Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber einem Kunden keinesfalls reichten. Die beklagte Partei hätte im Gegenteil damit rechnen müssen, daß sie im Klageweg zur Auszahlung des Darlehensbetrages verhalten werde. Es wäre Sache des Klägers gewesen, Malversationen der geschilderten Art rechtzeitig zu begegnen. Die Auszahlung der Kreditsumme an die Darlehensnehmer sei daher berechtigt gewesen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag auf Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse. Dem Erstgericht möge aufgetragen werden, die mündliche Verhandlung über die Wiederaufnahmsklage anzuordnen. Die beklagte Partei treffe im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanzen selbst nach Abschluß des Bürgschaftsvertrages eine entsprechende Sorgfaltspflicht, die sie dazu verpflichtet hätte, den Darlehensbetrag an Manfred F*** und Brigitte D*** nicht auszuzahlen. Außerdem komme § 875 zweiter Satz ABGB zur Anwendung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO in der für die Beurteilung des vorliegenden Falles maßgeblichen Fassung ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, daß die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde. Dies ist dann der Fall, wenn aus formellen Gründen der Rechtsschutzanspruch überhaupt verneint wird (Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989, ÖJZ 1989, 751; Mayr, Die erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1989, 50). Davon kann bei der nach § 538 ZPO vorzunehmenden Beurteilung der Frage, ob das Vorbringen des Klägers im Wiederaufnahmeverfahren geeignet ist, im Hauptverfahren eine ihm günstigere Entscheidung herbeizuführen, aber keine Rede sein. Die beiden Vorinstanzen haben sich damit auseinandergesetzt, welche Auswirkungen die vom Kläger nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO erhobene Behauptung, die beklagte Partei habe die Kreditsumme den Kreditnehmern ausbezahlt, obwohl sie vom Kläger nach Übernahme der Bürgschaft von deren angeblich betrügerischen Manipulationen in Kenntnis gesetzt wurde, im Falle ihrer Erweislichkeit hat. Sie kamen zum Ergebnis, daß die geltend gemachten Umstände ersichtlich von vornherein keinerlei Einfluß auf die Entscheidung in der Hauptsache haben können (vgl. JBl 1979,268; 6 Ob 621/84; 10 Ob S 45/89 ua.). Von einer Zurückweisung der Klage aus formellen, den Rechtsschutzanspruch verneinenden Gründen, kann somit nicht die Rede sein. Gegen die solcherart bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes ist daher der Revisionsrekurs unzulässig.

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