OGH 8Ob361/66

OGH8Ob361/6618.4.1967

SZ 40/50

Normen

ABGB §1063
EO §200 Z4
KO §30
KO §31
ABGB §1063
EO §200 Z4
KO §30
KO §31

 

Spruch:

Objektive Begünstigung gemäß § 30 (1) Z. 1 KO. durch Begründung eines exekutiven Pfand- oder Befriedigungsrechtes, und zwar auch in Ansehung von Sachen, an denen bis zur Exekutionsführung ein Eigentumsvorbehalt bestand. Bei Zahlungen an den Vollstrecker zur Erwirkung der Einstellung der Exekution liegt keine inkongruente Deckung vor.

Entscheidung vom 18. April 1967, 8 Ob 361/66.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Dem Beklagten wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes L. vom 5. Mai 1961, 14 E 3246/61, zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Forderung aus dem Wechselzahlungsauftrag des Landesgerichtes Innsbruck vom 20. April 1961, 9 Cg.../61, die Fahrnisexekution gegen Othmar S. bewilligt. Die Pfändung wurde am 25. Mai 1961 durch Nachpfändung der bereits zugunsten des betreibenden Gläubigers Viktor R. zu 14 E 3237/61 gepfändeten Gegenstände - Postzahlen 1 bis 13 - vollzogen. Anläßlich dieser Pfändung übergab der Verpflichtete Othmar S. dem Exekutionsorgan einen Betrag von 1000 S, der dem betreibenden Gläubiger zur Befriedigung seiner vollstreckbaren Forderungen gegen Quittung sofort ausgefolgt wurde. Am 23. Juni 1961 wurden die Postzahlen 1 bis 5, 8, 10, 11, 16 und 17 um 40.140 S versteigert. Der Versteigerungserlös wurde den betreibenden Gläubigern Viktor R. und Dr. Ing. Wilhelm Z. (dem derzeitigen Beklagten) zur teilweisen Befriedigung ihrer in gleicher Rangordnung stehenden Forderungen nach dem Verhältnis der Höhe dieser Forderungen zugewiesen. Dr. Z. erhielt gemäß diesem Verteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes L. vom 13. Oktober 1961, 14 E 3233/61-19, einen Teilbetrag von 28.273.20 S zugewiesen, wodurch die Zinsen und Kosten zur Gänze und das Kapital von 42.000 S mit einem Teilbetrag von 26.291.92 S berichtigt war, sodaß noch ein Kapitalrest von 15.078.08 S unberichtigt verblieb.

Im Freihandverkaufstermin vom 2. August 1961 bezahlte der Verpflichtete Othmar S. zu Handen des Vollstreckers zwecks Berichtigung der noch offenen Forderungen der betreibenden Gläubiger Viktor R. und Dr. Z. einen Betrag von 19.000 S und stellte am 23. Jänner 1962 den Antrag, von diesem Betrag 15.643.51 S zur Tilgung des Kapitalrestes von 15.078.08 S und der Zinsen von 565.43 S dem Dr. Z. zu überweisen. Diesem Antrag des Verpflichteten gemäß wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes L. vom 29. Jänner 1962, 14 E 3237/61-21, die Überweisung von 15.643.51 S aus dem Erlag von 19.000 S an Dr. Z. angeordnet.

Mit Beschluß vom 25. August 1961, wurde über das Vermögen des Othmar S. das Ausgleichsverfahren eröffnet. Das Ausgleichsedikt wurde am 28. August 1961 an die Gerichtstafel angeschlagen. Mit Beschluß vom 30. Jänner 1962 wurde der Anschlußkonkurs über das Vermögen des oben genannten Ausgleichsschuldners eröffnet und das Edikt hierüber am gleichen Tage angeschlagen.

Der im Konkursverfahren bestellte Masseverwalter begehrte von der beklagten Partei die Zahlung von 104.916.71 S s. A. mit der Behauptung, daß die beklagte Partei zur Zahlung dieses Betrages nach § 30 (1) Z. 1 KO. allenfalls nach § 31 KO. an die Masse verpflichtet sei.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger in seiner Eigenschaft als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Othmar S. den Betrag von 44.916.71 S samt 4% Zinsen aus 1000 S seit 25. Mai 1961, aus 28.273.20 S seit 15. November 1961 und aus 15.643.51 S seit 13. Februar 1962 zu bezahlen. Das Begehren auf Zahlung des weiteren Betrages von 60.000 S s. A. wies es ab. Das erstgerichtliche Urteil ist in seinem abweisenden Teil in Rechtskraft erwachsen.

Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung der beklagten Partei das Ersturteil in seinem stattgebenden Teil dahin ab, daß es die beklagte Partei schuldig erkannte, der klagenden Partei den Betrag von 17.356.71 S samt 4% Zinsen aus 1000 S seit 25. Mai 1961, aus 713.20 S seit 15. November 1961 und aus 15.643.51 S seit 13. Februar 1962 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 27.560 S samt 4% Zinsen seit 15. November 1961 wies es ab, sodaß nach dem Berufungsurteil unter Bedachtnahme auf den abweislichen Teil des erstgerichtlichen Spruches ein Betrag von insgesamt 87.560 S s. A. abgewiesen ist.

Der Oberste Gerichtshof hat zu Recht erkannt und beschlossen:

Der Revision des Klägers wird in vollem Umfang, hingegen der Revision des Beklagten teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, das in seinem, das Ersturteil bestätigenden Teil, hinsichtlich der Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger den Betrag von 713.20 S samt 4% Zinsen seit 15. November 1961 zu bezahlen, bestätigt wird, wird in seinem abweisenden Teile dahin abgeändert, daß der Beklagte schuldig ist, dem Kläger einen weiteren Betrag von 27.560 S samt 4% Zinsen seit 15. November 1961 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Im übrigen, d. i. also hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 16.643.51 S samt 4% Zinsen aus 1000 S seit 25. Mai 1961 und aus 15.643.51 S seit 13. Februar 1962, werden das angefochtene Urteil und das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und es wird die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Zur Revision des Klägers:

Der nachmalige Gemeinschuldner Othmar S. war nach dem, dem Anfechtungsanspruch des Klägers zugrunde liegenden Schuldverhältnis, nur zur Zahlung der geschuldeten Beträge, nicht aber zur Hingabe eines Pfandes zur Sicherung der Forderungen des Beklagten oder zur Einwilligung, daß der Beklagte Befriedigung dieser Forderungen aus den Pfandgegenständen erhalten könne, verpflichtet. Die Begründung eines exekutiven Pfand- oder Befriedigungsrechtes durch den Gläubiger stellt daher gegenüber seiner konkursmäßigen Befriedigung eine abweichende Deckung dar (Bartsch - Pollak, Komm. zur Konkursordnung bei § 30 KO., Anm. 29, S. 206). Insoweit geht also der Oberste Gerichtshof mit der vom Berufungsgericht dargelegten Rechtsansicht konform.

Dagegen vermag der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes nicht zu teilen, daß eine objektive Begünstigung des Beklagten insoweit nicht vorliege, als dessen Forderungen aus im Exekutionswege gepfändeten Sachen befriedigt wurden, an denen dem Beklagten bis zur Exekutionsführung auf Grund des Eigentumsvorbehaltes das Eigentum zustand. Mit der Exekutionsführung des Verkäufers auf den Verkaufsgegenstand, um dessen Versilberung zur Befriedigung seiner Geldforderungen gegen den Schuldner zu erlangen, erlischt der Eigentumsvorbehalt des Verkäufers an den dem Schuldner verkauften Sachen, weil der Verkäufer durch diese Exekutionsführung stillschweigend seinen Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt und damit auf seinen Anspruch auf Rückforderung der eigenen Sachen bei Nichtzahlung des Kaufpreises zum Ausdruck bringt (JB. 246). Bei Erlöschen des Eigentumsvorbehaltes geht das Eigentum auf den Käufer über, womit die verkaufte Sache nunmehr zur fremden Sache für den Verkäufer wird.

Der Eigentumsvorbehalt am Verkaufsgegenstand hindert zwar eine Realisierung von Pfändungspfandrechten anderer persönlicher Gläubiger des Käufers insofern, als dem Verkäufer im Hinblick auf das vorbehaltene Eigentum ein Exszindierungsanpruch zusteht, der bei erfolgreicher Durchsetzung zur Einstellung des Exekutionsverfahrens führt (§ 37 (4) EO.j. Macht der Verkäufer aber von seinem Recht aus dem Eigentumsvorbehalt an den gepfändeten Sachen keinen Gebrauch, sondern leistet er auf diesen ausdrücklich oder stillschweigend - etwa durch Exekutionsführung auf den Kaufgegenstand - Verzicht, dann geht das Eigentum an dem Kaufgegenstand, wie bereits ausgeführt, auf den Verkäufer über und dessen Gläubiger haben damit die Möglichkeit, den Verkauf der gepfändeten Gegenstände zur Befriedigung ihrer mit einem Exekutionstitel versehenen Forderungen zu erwirken, ohne die Exszindierung der Sachen befürchten zu müssen.

Die Behauptung, die Konkursgläubiger könnten durch eine Exekutionsführung des Vorbehaltsgläubigers auf die Sachen nicht verkürzt werden, ist nicht stichhältig. Vor allem ist festzuhalten, daß der Beklagte auf Grund eines Wechselzahlungsauftrages, also eines Titels zur Hereinbringung einer abstrakten Wechselschuld des nachmaligen Gemeinschuldners Befriedigung aus dem Meistbot der von ihm im Exekutionsverfahren erstandenen Sachen erlangt hat. Der Beklagte hat dazu in erster Instanz durchaus nicht behauptet, daß diese Wechselforderungen mit den ihm zustehenden Kaufpreisforderungen für die gepfändeten Sachen ident seien. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, wäre nach dem Ausgeführten damit noch nicht dargetan, daß der Beklagte durch die erlangte Befriedigung gegenüber den Konkursgläubigern nicht begünstigt worden wäre.

Aus diesen Erwägungen erweist sich die Revision des Klägers berechtigt. Das erstinstanzliche Urteil war daher in dem im Spruch ersichtlichen Umfange wiederherzustellen.

II. Zur Revision des Beklagten:

Daß Othmar S. die Beträge von 1000 S und 19.000 S zu Handen des Vollstreckungsorgans bezahlte, um die Versteigerung der für die oben genannten betreibenden Gläubiger gepfändeten Gegenstände hintanzuhalten und schließlich die Einstellung des Exekutionsverfahrens hinsichtlich dieser Gegenstände zu erwirken, ergibt sich schon aus dem Bericht des Vollstreckungsorgans vom 2. August 1961, wonach der bewilligte Freihandverkauf deshalb nicht vorgenommen wurde, weil der Verpflichtete zur Deckung der "Freihandverkaufsakte" den Betrag von 19.000 S dem Vollstreckungsorgan übergeben hatte. Daß der nunmehrige Beklagte auf der Durchführung dieses Freihandverkaufes nicht bestand, mit Rücksicht auf den vom Verpflichteten erlegten Betrag auch gar nicht als Freihandkäufer auftreten konnte, obwohl er sich selbst als solchen namhaft gemacht hatte, und daher das Verkaufsverfahren zunächst nach §§ 200 Zahl 3, 282 EO. zur Einstellung gelangte - ob dies im Hinblick auf die erwähnte Leistung des Verpflichteten richtig war, kann dahingestellt bleiben - ändert nichts an der Tatsache, daß die erwähnte Zahlung, wie bereits dargelegt, zur Abwendung des exekutiven Verkaufes der gepfändeten Gegenstände seitens des Verpflichteten erfolgte.

Aber auch dann, wenn der Verpflichtete den betreibenden Gläubiger dadurch befriedigt, daß er den geschuldeten Betrag einschließlich der Exekutionskosten dem Vollstreckungsorgan übergibt, um die Durchführung des angeordneten exekutiven Verkaufes der gepfändeten Gegenstände hintanzuhalten und die Einstellung der Exekution zu erwirken (§ 200 Z. 4 EO.), liegt eine inkongruente Deckung nicht vor, weil der Gläubiger durch die Bezahlung dieses Betrages nur das erhält, was ihm nach dem zwischen ihm und dem Schuldner bestehenden Vertragsverhältnis, nämlich als Bezahlung seiner aus diesem Vertragsverhältnis zustehenden Forderungen, gebührt (vgl. hiezu Jäger, Komm. zur deutschen Konkursordnung[8], bei § 30 KO. Anm. 56 am Ende S. 482).

Verneint man aber das Vorliegen des Anfechtungstatbestandes nach § 30 (1) Z. 1 KO., dann ist hinsichtlich der Beträge von 15.643.51 S und von 1000 S die Sache noch nicht spruchreif und sind daher in diesem Umfange das Berufungsurteil und das Ersturteil aufzuheben, weil zur Prüfung, ob der Tatbestand einer Anfechtung nach § 31 (1) Z. 2 KO. gegeben ist, Feststellungen der Untergerichte fehlen, aus denen der rechtliche Schluß gezogen werden könnte, daß der Beklagte die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners kennen mußte. Schließlich werden die Untergerichte, da es sich um wechselrechtliche Ansprüche handelt, noch zu prüfen haben, ob der Beklagte nicht die Zahlung des Gemeinschuldners hat annehmen müssen, weil er hiezu bei Verlust seiner wechselrechtlichen Ansprüche gegen andere Wechselschuldner verpflichtet gewesen ist (§ 33 (1) KO.).

Die Revision des Beklagten ist daher in dem oben aufgezeigten Umfange (d. i. hinsichtlich eines Betrages von 16.643.51 S) berechtigt. Sie ist aber nicht begrundet bezüglich des Betrages von

713.20 S. Dieser Betrag stellt die Differenz zwischen dem Betrag von 27.560 S (hinsichtlich dessen das Berufungsgericht das Klagebegehren nicht als berechtigt erkannt hat) und dem Betrag von 28.273.20 S dar, der mit dem Verteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes L. als Exekutionsgericht vom 17. Oktober 1961, 14 E 3237/61-19 dem betreibenden Gläubiger Dr. Z. zugewiesen worden ist. Wenn der Beklagte die Auffassung vertritt, daß bezüglich dieses Betrages keine Begünstigung vorliege, weil er selbst als Ersteher aufgetreten sei, vermengt er zu Unrecht seine Stellung als Ersteher mit seiner Stellung als betreibender Gläubiger und gelangt daher zu unrichtigen rechtlichen Ergebnissen. Auch deshalb, weil er Gegenstände im Exekutionsverfahren erstand, an denen ihm vor der Exekutionsführung kraft des vereinbarten Eigentumsvorbehaltes das Eigentum zustand, räumt ihm das Gesetz gegenüber anderen Gläubigern keine Sonderstellung ein. Nicht erst die Befriedigung des Beklagten, sondern schon die auf Grund des Pfändungsrechtes erworbene Sicherung des Anspruches und die darin liegende inkongruente Deckung stellen die Begünstigung des Beklagten gegenüber den anderen Gläubigern des Gemeinschuldners dar.

Abschließend sei noch festgehalten, daß das Gesetz gegenüber dem nach den Bestimmungen der §§ 30 und 31 KO. erhobenen Anfechtungsanspruch die Forderungen des Anfechtungsgegners an Prozeß- und Exekutionskosten nicht begünstigt. Auch § 371 Z. 2 EO. schafft keine Ausnahme von den Vorschriften der §§ 30 und 31 KO., wenn die Sicherung des Anspruches auf Grund eines im Mandats- oder Wechselverfahren erlassenen Zahlungsauftrages erwirkt wurde.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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