Normen
EheG §66
EO §382 Z8
EO §391 (2)
EO §399 (1) Z2
EheG §66
EO §382 Z8
EO §391 (2)
EO §399 (1) Z2
Spruch:
Zur Dauer, des "für die Dauer des Rechtsstreites wegen Ehescheidung bis zu seiner rechtskräftigen Beendigung" bewilligten einstweiligen Unterhaltes für Frau und Kinder
Entscheidung vom 7. Dezember 1965, 8 Ob 349/65
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien
Text
Die Parteien strebten mit Klage und Widerklage die Scheidung ihrer Ehe an. Die Frau verband mit ihrer Widerklage ein Unterhaltsbegehren für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung. Außerdem beantragte sie die Bewilligung des abgesonderten Wohnortes und die Zuerkennung eines einstweiligen Unterhaltes für sich und die beiden in ihrer Pflege befindlichen Kinder. Dieser Antrag wurde von der I. Instanz abgewiesen. Vom Rekursgericht wurde jedoch diesem Antrag mit Beschluß vom 19. Juni 1963 stattgegeben. Die Ehe der Parteien wurde in der Folge aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden. Der vom Mann nur hinsichtlich der Verschuldensaufteilung erhobenen Revision wurde vom Obersten Gerichtshof mit Urteil vom 14. Jänner 1964 der Erfolg versagt. Nach Beendigung des Scheidungsprozesses blieb noch der Unterhaltsprozeß anhängig. Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht hob nämlich die Entscheidung der I. Instanz, mit der der Frau ein Unterhalt ab Rechtskraft der Ehescheidung zugesprochen wurde, mit Beschluß vom 19. September 1963 auf und trug dem Erstgericht die Ergänzung des Verfahrens auf. Am 4. März 1965 beantragte der Mann die einstweilige Verfügung vom 19. Juni 1963 wegen Zeitablaufes aufzuheben. Die Frau sprach sich gegen diesen Antrag aus. Dieser Widerspruch bezog sich allerdings, wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, nur auf den Teil der einstweiligen Verfügung, der den vorläufigen Unterhalt betraf.
Der Erstrichter wies den Antrag des Mannes ab. Er vertrat die Ansicht, die Zeit, für welche die einstweilige Verfügung bewilligt worden sei, sei noch nicht abgelaufen, weil der Prozeß, bis zu dessen Beendigung die einstweilige Verfügung bewilligt worden sei, noch nicht zur Gänze beendet sei. Bei der Entscheidung über die Ehescheidungsklage habe es sich nur um ein Teilurteil gehandelt, die Entscheidung über das Unterhaltsbegehren stehe noch aus.
Das Exekutionsgericht gab dem Rekurs des Mannes Folge. Es änderte den Beschluß der I. Instanz dahin ab, daß es die einstweilige Verfügung zur Gänze (also auch hinsichtlich des vorläufigen Unterhaltes) aufhob. Das Rekursgericht war der Ansicht, mit der Beendigung des Scheidungsprozesses sei die Zeit, für die die einstweilige Verfügung bewilligt worden sei, abgelaufen. Die Dauer der einstweiligen Verfügung könne hinsichtlich des vorläufigen Unterhaltes nicht anders beurteilt werden wie hinsichtlich des abgesonderten Wohnortes.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Frau teilweise Folge, bestätigte den zweitinstanzlichen Beschluß, der hinsichtlich der Aufhebung der einstweiligen Verfügung, soweit sie die Bewilligung des abgesonderten Wohnortes betraf, als unangefochten unberührt geblieben ist, hinsichtlich des einstweiligen Unterhaltes der ehelichen Kinder, hob dagegen den zweitinstanzlichen Beschluß hinsichtlich des einstweiligen Unterhaltes der Frau auf und trug diesbezüglich dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die in der einstweiligen Verfügung enthaltene Zeitbestimmung, "diese Verfügung gilt für die Dauer des Rechtsstreites wegen Ehescheidung bis zu seiner rechtskräftigen Beendigung", kann bei Berücksichtigung des gesamten Akteninhaltes nur dahin verstanden werden, daß die einstweilige Verfügung, soweit sie den vorläufigen Unterhalt der Frau betraf, bis zur Beendigung des Unterhaltsprozesses und nicht etwa nur bis zu einer allfällig früheren Beendigung des Scheidungsprozesses Geltung haben sollte. In dem die einstweilige Verfügung erlassenden Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes wurde als Gegenstand des Rechtsstreites, in dessen Verlauf die Verfügung ergeht, Ehescheidung und Unterhalt angeführt. Anders wie die Bewilligung der abgesonderten Wohnortes war für die Frau die Bewilligung des vorläufigen Unterhaltes nicht nur für die Dauer des Scheidungsprozesses bedeutsam, sondern auch für die allenfalls darüber hinausgehende Dauer des mit dem Scheidungsprozeß verbundenen Unterhaltsprozesses. Das Umstand, daß die einstweilige Verfügung auch die Bewilligung des abgesonderten Wohnortes betraf, welche Verfügung sich nur auf die Dauer des Scheidungsprozesses beziehen konnte, kann daher nicht die Bedeutung zuerkannt werden, die ihm das Rekursgericht beigelegt hat. Die Zuerkennung des vorläufigen Unterhaltes gemäß § 382 Z. 8 EO. für die Dauer des Unterhaltsprozesses nach Scheidung der Ehe ist auch nach der Rechtsprechung ohne weiteres möglich (vgl. EvBl. 1951 Nr. 93). Es haben auch nicht nur das Erstgericht und die Klägerin, sondern zunächst auch der Beklagte selbst nicht schon die Beendigung des Scheidungsprozesses als das für die Geltungsdauer der Zuerkennung des vorläufigen Unterhaltes Maßgebende Prozeßende angesehen. Hat doch der Beklagte nicht etwa gleich nach Beendigung des Scheidungsprozesses, insbesondere auch nicht in seiner Stellungnahme zum Antrag der Klägerin vom 20. Februar 1964 auf Modifizierung der einstweiligen Verfügung, Zeitablauf als Aufhebungsgrund geltend gemacht, sondern erst am 4. März 1965, also mehr als ein Jahr später.
Soweit die einstweilige Verfügung den vorläufigen Unterhalt der Frau betraf, muß demnach als maßgebende Geltungsdauer die Zeit bis zur Beendigung des mit dem Ehescheidungsprozeß verbundenen Unterhaltsprozesses angesehen werden (vgl. die nicht veröffentlichte Entscheidung 1 Ob 860/54). Daß hinsichtlich der Grundlage des einstweiligen Unterhaltes mit Beendigung des Scheidungsprozesses insofern eine Änderung eingetreten ist, als damit an die Stelle des Unterhaltsanspruches nach § 91 ABGB. der Unterhaltsanspruch nach § 66 EheG. trat, vermag daran nichts zu ändern, weil dies den Charakter des zu sichernden Anspruches als eines Unterhaltsanspruches der Ehefrau unberührt gelassen hat. Diese Änderung der gesetzlichen Grundlage des Unterhaltsanspruches der Ehefrau nach Scheidung der Ehe könnte allenfalls zur Aufhebung oder Einschränkung der während des Bestehens der Ehe erlassenen einstweiligen Verfügung gemäß § 399 (1) Z. 2 EO. führen, insbesondere wenn die Frau in der Lage sein sollte, sich ihren Unterhalt unter Heranziehung von Einkünften aus einem vorhandenen Vermögen oder aus einer Erwerbstätigkeit, die von der Frau den Umständen nach erwartet werden kann, zu verschaffen. Der Eintritt solcher Änderungen als Grund für die Aufhebung oder Einschränkung der einstweiligen Verfügung ist vom Mann zu bescheinigen. Der Mann hat nun zwar im Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung selbst Behauptungen in dieser Richtung nicht aufgestellt. Es geht jedoch schon sein Prozeßstandpunkt im Unterhaltsprozeß dahin, die Frau sei in der Lage, sich ihren Unterhalt selbst zu verschaffen. Zu dieser Frage wurde bei der Entscheidung über den Antrag des Mannes auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht Stellung genommen. Es mußte daher der angefochtene Beschluß, soweit es sich um den Unterhalt der Frau handelt, aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Mannes gegen den Beschluß der I. Instanz aufgetragen werden.
Hinsichtlich des Unterhaltes der beiden ehelichen Kinder muß allerdings - anders wie hinsichtlich des einstweiligen Unterhaltes der Frau - das Ende des Scheidungsprozesses als das für die Dauer der einstweiligen Verfügung maßgebende Prozeßende angesehen werden. Kommt doch eine Zuständigkeit des Prozeßgerichtes für derartige Verfügungen nur während der Dauer des Scheidungsprozesses in Betracht. Über den Antrag der Mutter, im Hinblick auf den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit eines der beiden Kinder den Unterhalt für das andere Kind zu erhöhen, wird daher das zuständige Pflegschaftsgericht zu entscheiden haben. In diesem Belange war demnach die vom Rekursgericht verfügte Aufhebung der während des Scheidungsprozesses erlassenen einstweiligen Verfügung zu bestätigen.
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