OGH 8Ob33/87

OGH8Ob33/8721.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Toni V***, Kaufmann, Bergheimerstraße 12-24, D-5010 Bergheim-Oberaussem, BRD, vertreten durch Dr. Manfred Puchner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagten Parteien 1.) Rudolf D***, Tankwart, Via Montuzzu 24, I-33043 Cividale del Friule, Italien, 2.) Pietro G***, Angestellter, Via Colonello Galliano, I-37100 Verona, Italien, und

3.) V*** DER V*** Ö***,

Schwarzenbergplatz 7, 1031 Wien, die drittbeklagte Partei vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burghard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen S 3.581,08 s.A. und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 24. Februar 1987, berichtigte Urteil dieses Gerichtes vom 6. Februar 1987, GZ 1 b R 18/87-8, womit infolge Berufung der drittbeklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 28. November 1986, GZ 4 C 705/86-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird. Die (dritt)beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen an Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 2.013,44 (darin S 183,04 an Umsatzsteuer) und an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 3.914,72 (darin S 1.500,-- an Barauslagen und S 219,52 an Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 10. Juli 1985 ereignete sich im Gemeindegebiet von Feldkirch ein Auffahrunfall, an dem der Kläger mit seinem PKW mit bundesdeutschem Kennzeichen BM-V 20, der Erstbeklagte mit dem PKW des Zweitbeklagten mit dem italienischen Kennzeichen VR-567870 und ein drittes Kraftfahrzeug der B*** GesmbH mit österreichischem Kennzeichen beteiligt waren. Das alleinige Verschulden an diesem Unfall trifft den Erstbeklagten. Die Drittbeklagte haftet für die Unfallsfolgen wie ein österreichischer Haftpflichtversicherer. Der dem Kläger bei diesem Unfall entstandene Schaden wurde von der Aachener und Münchner Versicherungs-AG als Kaskoversicherung im Jahre 1985 liquidiert. Dadurch kam es mit Wirkung vom 1. Jänner 1986 zu einer Prämienrückstufung des Klägers von der Schadensfreiheitsklasse 4 in die Schadensfreiheitsklasse 2. Die damit verbundene Prämiendifferenz für das Jahr 1986 beträgt S 3.581,08.

Mit der am 16. Oktober 1986 erhobenen Klage begehrte der Kläger von den drei Beklagten die Bezahlung des Betrages von S 3.581,08 samt Anhang sowie die Feststellung, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand für jenen Vermögensschaden des Klägers hafteten, der diesem infolge des Schadensereignisses vom 10. Juli 1985 ab 1. Jänner 1987 durch die Erhöhung der Versicherungsprämie aus dem Kaskoversicherungsvertrag bei der Aachener und Münchner Versicherungs-AG infolge Rückstufung entstehe. Bei der Prämiendifferenz handle es sich um einen vom Erstbeklagten adäquat verursachten und verschuldeten Schaden, der von den Beklagten zu ersetzen sei. Die von der Drittbeklagten dem Kläger namhaft gemachte Versicherungsgesellschaft, die W*** Versicherung habe unter Hinweis auf den bestehenden Vollkaskoversicherungsvertrag die Liquidierung des Sachschadens ebenso abgelehnt, wie den Ersatz der aus der Prämienrückstufung resultierenden Aufwendungen. Die Drittbeklagte, der gegenüber allein das Verfahren durchgeführt wurde, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, die Ansprüche bei der Drittbeklagten geltend zu machen. Die Beklagten hätten immer das Alleinverschulden des Erstbeklagten an dem gegenständlichen Unfall anerkannt. Die Drittbeklagte sei nie aufgefordert worden, den Gesamtschaden zu bezahlen. Der Kläger wäre aufgrund der ihn treffenden Schadensminderungspflicht verpflichtet gewesen, ohne Inanspruchnahme seiner Kaskoversicherung seine Gesamtansprüche bei der Drittbeklagten geltend zu machen. Da diese zur Gänze liquidiert worden wären, wäre es in der Kaskoversicherung des Klägers auch zu keiner Rückstufung gekommen.

Demgegenüber replizierte der Kläger, er habe die Drittbeklagte mit Schreiben vom 12. Februar 1986 zur Liquidierung auch des Sachschadens an seinem PKW aufgefordert. Die Drittbeklagte erwiderte hierauf, daß diese Aufforderung erst nach Liquidierung des Schadens durch die Kaskoversicherung erfolgt sei.

Das Erstgericht gab dem Leistungs- und Feststellungsbegehren in Ansehung der Drittbeklagten zur Gänze statt. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen folgende Feststellungen:

Dem Kläger entstand bei dem gegenständlichen Unfall ein Schaden in der Höhe von S 49.544,27. Mit Schreiben vom 12. Februar 1986 wurde die Drittbeklagte vom Klagevertreter zur Bezahlung des Schadens aufgefordert. Die Drittbeklagte leistete jedoch keine Zahlung, weil die Kaskoversicherung des Klägers den Schaden bereits liquidiert hatte.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß zwar eine Prämienrückstufung unterblieben wäre, wenn die Drittbeklagte umgehend zur Liquidierung des Schadens aufgefordert worden wäre und diese auch den Schaden bezahlt hätte; die Drittbeklagte hätte dann allerdings einen Betrag von S 50.000,-- leisten müssen. Der nun geltend gemachte Betrag liege unter diesem Schadenersatzbetrag, sodaß von einem Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nicht die Rede sein könne. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Drittbeklagten Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Leistungs- und Feststellungsbegehren abwies.

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluß vom 24. Februar 1987, GZ 1 b R 18/87-9, berichtigte das Berufungsgericht sein Urteil durch den Ausspruch, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 15.000,--, nicht jedoch S 300.000,-- übersteigt und die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Da sich der Unfall in Österreich ereignet habe und die unfallsbeteiligten Fahrzeuge nicht im selben Staat zugelassen gewesen seien, komme für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes österreichisches Recht zur Anwendung (Art. 3, 4 b und 8 des Übereinkommens über das für Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht, BGBl. 1975/387 unter Bedachtnahme auf § 53 IPRG). Der Verlust des sogenannten Schadenfreiheitsrabattes in der Kaskoversicherung stelle jedenfalls einen Folgeschaden dar, den der Versicherungsnehmer vom Schädiger dann ersetzt verlangen könne, wenn er nicht gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen habe (vgl. Geigel, Der Haftpflichtprozeß19 336). Der Geschädigte habe alles vorzukehren, um eine unnötige Vergrößerung des Schadens hintanzuhalten. Er dürfe die Folge seiner Beschädigung nicht durch Unterlassen des erforderlich zumutbaren Verhaltens vergrößern und sei auch zu positivem Tun verpflichtet. Verschulden werde vermutet (Reischauer, ABGB, Rz 38 zu § 1304 und die dort angeführte Judikatur). Fest stehe, daß der Kläger die Reparaturkosten seines Fahrzeuges von der Kaskoversicherung habe liquidieren lassen, bevor er die Haftpflichtversicherung des Schädigers zum Schadenersatz aufgefordert habe. Ausgehend davon, daß der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, die Drittbeklagte (die lediglich aufgrund des Einheitsvertrages mit der Bearbeitung und Regulierung des Schadens beauftragt sei; MGA, VersVG2, Anm. 4 zu § 62 KFG, § 62 Abs 1 KFG) zur Schadenersatzleistung aufzufordern, sondern sich diesbezüglich direkt mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers, der W*** Versicherung in Mailand in Verbindung habe setzen können, habe er aus folgenden Gründen gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen:

So wie der Geschädigte höherer als die gesetzlichen Verzugszinsen nur dann fordern könne, wenn er den Schädiger bzw. den Haftpflichtversicherer vergeblich zur Zahlung eines Vorschusses auf die Schadenersatzforderung aufgefordert hätte (MGA, ABGB32, E 60 und E 61 zu § 1323), könne er die durch Rückstufung bedingte Prämienerhöhung nur dann als Schaden geltend machen, wenn er den Schädiger bzw. den Haftpflichtversicherer vor Inanspruchnahme der Kaskoversicherung erfolglos zur Vorschußleistung aufgefordert habe. Der Kläger habe gar nicht behauptet, daß er die Haftpflichtversicherung W*** Milano vor der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung zur Schadenersatzleistung aufgefordert habe. Im übrigen ergäbe sich aus dem Schreiben vom 26. August 1985, daß dies nicht der Fall gewesen sei. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor - und seien auch nicht behauptet worden -, daß es dem Kläger nicht zumutbar gewesen sei, zunächst den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer zur Schadenersatzleistung bzw. Vorschußleistung aufzufordern. Die Annahme, daß die Regulierung über die Haftpflichtversicherung W*** in Mailand längere Zeit in Anspruch nehme, rechtfertige jedenfalls nicht die Unterlassung zur Aufforderung zur Vorschußleistung. Der Kläger habe den Beweis nicht erbracht, daß ihn an dieser objektiven Sorgfaltsverletzung kein Verschulden treffe, sodaß er den durch Rückstufung bedingten Schaden selbst zu tragen habe. Auf das Vorbringen hinsichtlich des Teilungsabkommens sei schon deshalb nicht einzugehen, weil es sich diesbezüglich um eine unzulässige Neuerung handle. Der Kläger vertrete unter Hinweis auf Punkt 16 Abs 5 der Tarifbestimmungen die Ansicht, daß eine Prämienerhöhung nicht eingetreten wäre, wenn der Drittbeklagte im Sinne des Forderungsschreibens vom 12. Februar 1986 ua den Fahrzeugschaden ersetzt hätte. Hiebei übersehe er jedoch, daß - wie er selbst vorbringe - er zur Geltendmachung dieses Schadenersatzbetrages nicht mehr legitimiert gewesen sei, weil gemäß § 67 VersVG der diesbezügliche Schadenersatzanspruch auf die Kaskoversicherung (ex lege) übergegangen sei. Die Drittbeklagte sei daher grundsätzlich nicht berechtigt gewesen, im Umfang der Legalzession an den Kläger Zahlungen zu leisten. Im übrigen sei der Schädiger nicht verpflichtet, einen bereits eingetretenen und von ihm nicht verschuldeten Schaden (die Prämienrückstufung sei bereits per 1. Jänner 1986 erfolgt) zu beseitigen, zumal sie auch nicht auf diese Möglichkeit im Forderungsschreiben hingewiesen worden sei. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes komme es nicht darauf an, ob die Drittbeklagte durch Inanspruchnahme der Kaskoversicherung allenfalls weniger vom ursprünglich geltend gemachten Schaden bezahlen müsse, sondern darauf, ob der nun geltend gemachte Schade überhaupt eingetreten wäre, wenn der Kläger nicht gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen hätte. Aus den angeführten Gründen sei daher der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung der Klage abzuändern gewesen. Seinen auf § 500 Abs 2 ZPO gestützten Ausspruch begründete das Berufungsgericht im wesentlichen damit, daß - soweit ersichtlich - keine oberstgerichtliche Entscheidung darüber bestehe, ob der Verlust des sogenannten Schadenfreiheitsrabattes (Malus) in der Kaskoversicherung einen ersatzfähigen (unmittelbaren) Schaden darstelle und die Eröffnung des Rechtszuges an den Obersten Gerichtshof auch für die Beurteilung der Frage gerechtfertigt sei, ob der Geschädigte vor Inanspruchnahme seiner Kaskoversicherung verpflichtet sei, die Haftpflichtversicherung des Schädigers, die zudem ihren Sitz in Italien habe, zur Schadensliquidierung aufzufordern bzw. ob er sich jedenfalls mit dem V*** DER V*** Ö*** diesbezüglich in Verbindung

zu setzen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO gestützte Revision des Klägers, in der die Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichtes, hilfsweise der Entscheidungen der Vorinstanzen und Rückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung beantragt und in letzter Linie ein Abänderungsantrag im Sinne des erstinstanzlichen Urteils gestellt wird.

Die drittbeklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben. Die Revision ist aus den im Berufungsurteil angeführten Gründen zulässig, und auch berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, daß der am Verfahren als beklagte Partei allein beteiligte Versicherungsverband (Drittbeklagte) die Feststellung des Erstgerichtes, durch Inanspruchnahme der Kaskoversicherung des Klägers sei es in dieser Versicherung zu einer Prämienrückstufung gekommen, die zu einer Prämiendifferenz für das Jahr 1986 von S 3.581,08 geführt habe, nicht bekämpft hat und daher eine solche Bekämpfung im Revisionsverfahren nicht mehr nachholen kann, zumal der Oberste Gerichtshof ausschließlich Rechts-, nicht aber auch Tatsacheninstanz ist. Der in der Revisionsbeantwortung zuletzt gebrachte Hinweis, daß die im Verfahren vorgelegten "Tarifbestimmungen" (Beilage A) nicht die Kaskoversicherung, sondern die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung betreffen, geht daher ins Leere. Im Revisionsverfahren ist daher davon auszugehen, daß der Kläger wegen Inanspruchnahme seiner Kaskoversicherung zur Regulierung des ihm anläßlich des Verkehrsunfalles vom 10. Juli 1985 entstandenen Schadens höhere Versicherungsprämien bezahlen muß und die höheren Versicherungsaufwendungen für das Jahr 1986 S 3.581,08 betrugen.

Im übrigen ist bedeutsam, daß die von den Vorinstanzen - vom Berufungsgericht unter Hinweis auf Geigel, Der Haftpflichtprozeß19, 336 - vertretene Ansicht, der mit der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung verbundene Verlust des sogenannten Schadenfreiheitsrabattes in dieser Versicherung stelle einen ersatzfähigen Folgeschaden dar, im Revisionsverfahren mit Recht nicht mehr bekämpft wird. Denn die nach dem zur Zeit des Unfalles aufrecht bestehenden Versicherungsvertrag durch Inanspruchnahme der Kaskoversicherung ausgelöste Verpflichtung des Geschädigten zur Bezahlung einer höheren Versicherungsprämie bedeutet - unabhängig von der Fälligkeit oder Bezahlung der erhöhten Prämie - das Entstehen einer weiteren bzw. die Erhöhung einer bereits bestehenden Verbindlichkeit und stellt damit einen positiven Schaden dar, weil dadurch das Vermögen des Geschädigten vermindert wird (vgl. Wolff in Klang2 VI 1; Koziol, Haftpflichtrecht2 15 f; Koziol-Welser7 I 384 mit Literaturund Judikaturhinweisen; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 1293 mit weiterem Rechtsprechungsnachweis). Unter sämtlichen Anfechtungsgründen wendet sich der Revisionswerber gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, er habe den geltend gemachten Ersatzanspruch wegen Verletzung der Schadensminderungspflicht verloren.

Unter dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 3 ZPO macht der Revisionswerber geltend, daß die Annahme des Berufungsgerichtes, er habe nicht behauptet, die Haftpflichtversicherung D***, die "W*** in Mailand" vor Inanspruchnahme seiner Kaskoversicherung zur Schadenersatzleistung aufgefordert zu haben, aktenwidrig sei. Ob hier eine Aktenwidrigkeit im Hinblick auf das bereits in der Klage erstattete Vorbringen, die dem Kläger von der Drittbeklagten als Versicherungsgesellschaft namhaft gemachte W*** Versicherung habe die Liquidierung des Schadens abgelehnt (vgl. AS 3), tatsächlich vorliegt, kann ebenso dahingestellt bleiben, wie die Beantwortung der Frage, ob die unter dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO als Mangel des Berufungsverfahrens geltend gemachte Überraschung des Klägers durch das Berufungsgericht mit der Rechtsansicht, er hätte sich mit der italienischen Haftpflichtversicherung in Verbindung setzen müssen, wirklich gegeben ist. Auf diese in der Revision relevierten Fragen kommt es nämlich rechtlich gar nicht an (§ 510 Abs 3 ZPO).

Das Berufungsgericht hat den Inhalt der Schadensminderungspflicht richtig erkannt. Was dem Geschädigten aber im Rahmen der Schadensminderungspflicht zumutbar ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und den Grundsätzen des redlichen Verkehrs; es kommt daher wesentlich auf die Umstände des Einzelfalles an (EvBl 1972/318; ZVR 1975/61 und 145; ZVR 1985/114 ua).

Der Klage liegt ein Auffahrunfall zugrunde, an dem mehrere Kraftfahrzeuge beteiligt waren. Nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers stieß der Erstbeklagte mit dem in Italien zugelassenen PKW des Zweitbeklagten gegen das vor ihm fahrende in Österreich zugelassene Kraftfahrzeug der B*** GesmbH, wodurch dieses gegen den PKW des Klägers gestoßen wurde. Berücksichtigt man die bei solchen Auffahrunfällen erfahrungsgemäß auftretenden Fragen der Verursachung und Zurechnung des Auffahrschadens durch bzw. an den Lenker des einen oder jenen des anderen nachfolgenden Fahrzeuges oder gar die Lenker aller beteiligten Kraftfahrzeuge und die dabei allenfalls auftretenden Beweisschwierigkeiten in tatsächlicher Hinsicht, und die Tatsache, daß die vom Kläger in Anspruch zu nehmenden Personen und Haftpflichtversicherer im Ausland ihren Wohnsitz bzw. Sitz haben, so erscheint es nicht vertretbar, vom Geschädigten aus seiner Verpflichtung, den Schaden möglichst niedrig zu halten, zu verlangen, sich vor Abwicklung seines Schadens mit seinem Kaskoversicherer mit dem Bestehen und allenfalls dem Umfang der Haftung der Lenker, Halter und damit auch Haftpflichtversicherer der anderen am Unfall beteiligten Kraftfahrzeuge bis ins Detail auseinanderzusetzen und das Vorliegen der Voraussetzungen für eine allfällige Haftung des V*** DER V***

Ö*** (§ 62 KFG 1962) zu prüfen und so dann die danach in Frage kommenden Personen zum Schadenersatz oder zumindest zur Leistung eines Vorschusses aufzufordern. Solche Maßnahmen und insbesondere die erfahrungsgemäß mit der Notwendigkeit der Abwicklung eines Schriftverkehrs mit im Ausland befindlichen Personen, teilweise auch unter Überwindung von Sprachschwierigkeiten verbundenen Verzögerungen können aber einem Geschädigten, der zur Deckung seiner eigenen Schäden unabhängig vom Verschulden an dem Verkehrsunfall eine Kaskoversicherung eingegangen ist und dafür auch die entsprechenden Prämien geleistet hat, nicht zugemutet werden. Waren solche Maßnahmen dem Kläger aber unter den gegebenen Umständen unzumutbar, so liegt kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht überhaupt berechtigt war, auf die tatsächlich vorgenommene und vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligte Prüfung einer Verletzung der Schadenminderungspflicht des Klägers einzugehen.

Da die Haftung für die Unfallsfolgen von der (Dritt-)Beklagten nicht bestritten wurde, erweist sich somit die Revision als berechtigt, weshalb ihr Folge zu geben und die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern war.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte