Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht verpflichtete den Vater in Abänderung früherer Beschlüsse, dem Sohn folgende Unterhaltsbeiträge zu zahlen.
Zeitraum | monatlicher Unterhaltsbeitrag |
1. 1. - 31. 12. 2005 | 418 EUR |
1. 1. - 31. 8. 2006 | 349 EUR |
1. 9. - 31. 12. 2006 | 868 EUR |
1. 1. - 28. 2. 2007 | 525 EUR |
1. 3. - 31. 12. 2007 | 507 EUR |
1. 1. - 31. 5. 2008 | 539 EUR |
ab 1. 8. 2008 | 459 EUR |
Soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich, ist aus den Feststellungen des Erstgerichts hervorzuheben:
Nach der Matura im Herbst 2005 leistete der Sohn vom 9. 1. bis 8. 7. 2006 den Präsenzdienst. Er begann unmittelbar anschließend ein Studium der Politikwissenschaft und ein Studium der deutschen Philologie. Er macht Studienfortschritte und bezieht dementsprechend Familienbeihilfe.
Der Vater war bis 31. 5. 2005 bei einem Unternehmen in Innsbruck und ab 1. 6. 2005 sowie in den Folgejahren bei einem anderen Unternehmen beschäftigt. Im Jahr 2006 erhielt der Vater jeweils von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse eine Abfertigung in Höhe von neun Monatsentgelten sowie zwei Zahlungen aus dem Titel der Urlaubsabfindung für nicht konsumierten Urlaub.
Am 6. 5. 2005 schenkte die Mutter des Sohnes diesem eine Liegenschaft. Der Sohn räumte seiner Mutter ein grundbücherliches Veräußerungs- und Belastungsverbot ein. Eine Vereinbarung, dass die Schenkung rückabgewickelt werde, falls die Mutter in finanzielle Not geraten sollte, ist nicht feststellbar. Am 25. 4. 2008 verkaufte der Sohn mit Zustimmung seiner Mutter diese Liegenschaft um 55.000 EUR an seinen damaligen Rechtsvertreter. Zugleich trat er die gesamte Kaufpreisforderung an seine Mutter ab. Eine ihm dafür von der Mutter zu erbringende Gegenleistung war nicht feststellbar.
Rechtlich führte das Erstgericht dazu aus, dass der Sohn während des derzeit ordentlich betriebenen Studiums einen Unterhaltsanspruch gegen den Vater habe. Der Sohn brauche nicht auf seine Vermögenssubstanz zu greifen. Weil er aber den Kauferlös der Mutter ohne Gegenleistung zugewendet habe, müsse er sich Zinsen aus einer fiktiven Veranlagung des Kauferlöses, die nun tatsächlich nicht mehr zu erzielen seien, als Eigeneinkommen anrechnen lassen. Die fiktiven Zinseinnahmen seien mit monatlich durchschnittlich 100 EUR netto anzusetzen. Zinsen hätten frühestens nach Ablauf zumindest eines vollen Monats nach Veranlagung des Kapitals entnommen werden können. Der Sohn habe sich daher ab 1. 8. 2008 einen Betrag von monatlich 100 EUR als Eigeneinkommen anzurechnen. Die Zahlung der Abfertigung sei während neun Monaten ab Fälligkeit bzw ab Auszahlung der Abfertigung, daher von Juni 2006 bis einschließlich Februar 2007, für die Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Aus der Entscheidung des Erstgerichts ergibt sich erkennbar, dass die dem Vater bezahlte Urlaubsabfindung bei der Berechnung des durchschnittlichen Einkommens des Vaters für das gesamte Jahr 2006 berücksichtigt wurde.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss über Rekurs des Vaters teilweise ab. Es verpflichtete den Vater zur Zahlung folgender Unterhaltsbeträge:
Zeitraum | monatlicher Unterhaltsbeitrag |
1. 1. - 31. 12. 2005 | 397 EUR |
1. 1. - 30. 3. 2006 | 349 EUR |
31. 3. - 31. 7. 2006 | --- (Enthebung von der Unterhaltsverpflichtung) |
1. 8. 2006 - 31. 8. 2006 | 349 EUR |
1. 9. - 31. 12. 2006 | 818 EUR |
1. 1. - 28. 2. 2007 | 776 EUR |
1. 3. - 31. 12. 2007 | 422 EUR |
1. 1. - 31. 5. 2008 | 453 EUR |
Ab 1. 6. 2008 | 450 EUR |
Soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich, führte es rechtlich aus:
Die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der Unterhaltsberechtigte nicht den Stamm seines Vermögens für die Bestreitung seines Unterhalts heranziehen müsse, sei zutreffend. Der Frage, ob ein höherer Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft hätte erzielt werden können, komme daher keine Bedeutung zu. Die Höhe des aus einer Veranlagung des Erlöses zu erzielenden Zinsgewinnes habe das Erstgericht gemäß § 34 AußStrG zutreffend bestimmt. Zinserträge hätten jedoch ausgehend von der Fälligkeit des Kaufpreises schon ab Juni 2008 berücksichtigt werden können. Der Sohn müsse sich daher bereits ab diesem Zeitpunkt ein fiktives Einkommen aus Zinserträgen anrechnen lassen. Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts betreffend die Berücksichtigung der Abfertigung für die Bemessungsgrundlage sei zutreffend. Der Vater habe die Abfertigung nicht als Überbrückungshilfe erhalten. Es bestehe kein Anlass, die Abfertigung auf 25 Jahre - in diesem Zeitraum habe sie der Vater erworben - aufzuteilen. Eine Doppelberücksichtigung der Urlaubsabfindung habe nicht stattgefunden. Die Urlaubsabfindung sei von Sonderzahlungen zu unterscheiden. Sie werde für nicht konsumierten Urlaub bezahlt und sei, auf einen angemessenen Zeitraum umgelegt, in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen.
Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht unter anderem deshalb zu, weil Rechtsprechung zu einem der Veräußerung der Liegenschaft durch den Sohn samt Zuwendung des Erlöses ohne Gegenleistung an die Mutter vergleichbaren Sachverhalt fehle. Zu weiteren vom Rekursgericht als erheblich erachteten Rechtsfragen wird im Revisionsrekurs nichts ausgeführt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, ihn aufzuheben. Hilfsweise beantragt der Vater die Abänderung des Beschlusses dahin, dass dem Sohn
im Zeitraum | ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von |
1. 1. - 31. 12. 2005 | 379 EUR |
1. 1. - 30. 3. 2006 | 349 EUR |
31. 3. - 31. 7. 2006 | 0 EUR (Ruhen des Unterhaltsanspruchs wegen Präsenzdienstes) |
1. 8. - 31. 8. 2006 | 349 EUR |
1. 9. - 31. 12. 2006 | 310 EUR |
1. 1. - 28. 2. 2007 | 310 EUR |
1. 3. - 31. 12. 2007 | 410 EUR |
1. 1. - 31. 5. 2008 | 434 EUR |
ab 1. 8. 2008 | 0 EUR (Ruhen des Unterhaltsanspruchs) |
zu zahlen sei.
Der Sohn erstattete keine Beantwortung des Revisionsrekurses.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels der Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
1. Das unterhaltsberechtigte Kind ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Unterhalt aus dem Stamm seines Vermögens zu bestreiten (Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 140 Rz 11; Gitschthaler, Unterhaltsrecht2 Rz 346). Zwar wurde bereits judiziert, dass sich ein unterhaltsberechtigtes Kind, das über Vermögen verfügt, ab einer gewissen Größe des Vermögens den daraus erzielbaren Zinsertrag anrechnen lassen muss (6 Ob 70/01i = SZ 74/154); der Vermögensstamm ist aber - anders als nach § 141 ABGB - nicht heranzuziehen.
Die Vorinstanzen haben ohnedies einen fiktiven Zinsenertrag aus dem vom Sohn an die Mutter ohne Gegenleistung zugewendeten Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft als anzurechnendes Eigeneinkommen berücksichtigt. Die Höhe (Angemessenheit) dieses Betrags wird im Revisionsrekurs nicht mehr bestritten. Dass das Rekursgericht eine darüber hinausgehende unterhaltsmindernde Berücksichtigung des erzielten Kaufpreises abgelehnt hat, ist aber vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage jedenfalls vertretbar. Mit dem im Revisionsrekurs ins Treffen geführten Fall, dass der Unterhaltsberechtigte den Stamm seines Vermögens zur Finanzierung seines Lebensunterhalts heranzieht, ist der hier zu beurteilende Sachverhalt, in dem der Sohn seine Mutter unterstützt hat, nicht vergleichbar.
2. Für eine Verpflichtung des Sohnes, neben seinem Doppelstudium (!) einer beruflichen Beschäftigung nachzugehen und damit seinen Unterhalt teilweise selbst zu finanzieren, fehlt es an einer rechtfertigenden Grundlage.
3. Die Beurteilung des Rekursgerichts, die Abfertigung sei bei der Unterhaltsbemessung auf so viele Monate aufzuteilen, als sie Monatsentgelten entspreche, folgt der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0050466). Der Einwand, dass diese Rechtsprechung im Falle der Zahlung einer „Abfertigung neu“ (nach den Regeln des BMSVG) nicht aufrechterhalten werden solle, vermag die Zulässigkeit des Rechtsmittels schon deshalb nicht zu begründen, weil der Vater nach dem Akteninhalt keine „Abfertigung neu“ erhalten hat. Für den hier zu beurteilenden Fall ist die vom Rekursgericht vorgenommene Berücksichtigung der vom Vater bezogenen Abfertigung jedenfalls vertretbar.
5. Nach den Feststellungen erhielt der Vater eine Urlaubsabfindung für nicht konsumierten Urlaub. Dies entspricht dem Vorbringen des Vaters im Verfahren erster Instanz (ON 18, Pkt 9). Das erstmals im Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts erstattete Vorbringen, diese Urlaubsabfindung setze sich aus Urlaubsgeld (Ersatz des laufenden Bezugs) und einem Urlaubszuschuss (Sonderzahlung) zusammen, ist eine gemäß § 49 Abs 2 AußStrG unbeachtliche Neuerung. Dies gilt auch für das - ebenfalls erst im Rekurs erstattete - Vorbringen des Vaters, dass diese Zahlungen „doppelt“ in die Bemessungsgrundlage eingeflossen seien. Gründe, weshalb ein entsprechendes Vorbringen nicht im Verfahren erster Instanz möglich gewesen sei, hat der Vater nicht geltend gemacht (RIS-Justiz RS0110773). Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, dass die Urlaubsabfindung nach den konkreten Umständen auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist, ist jedenfalls nicht unvertretbar.
6. Insgesamt zeigt der Revisionsrekurs daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf, weshalb er zurückzuweisen war.
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