Spruch:
Aus Anlass des Revisionsrekurses werden die Beschlüsse der Vorinstanzen ersatzlos aufgehoben und der Antrag des Schuldners auf Feststellung der „Pfändbarkeit des Gewinns und des daraus resultierenden Vermögenszuwachses" zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht eröffnete über Antrag des Schuldners am 20. 11. 2006 das Schuldenregulierungsverfahren und beließ dem Schuldner die Eigenverwaltung. Der vom Schuldner beantragte Zahlungsplan fand nicht die erforderliche Mehrheit.
Mit Beschluss vom 10. 1. 2007 leitete das Erstgericht das Abschöpfungsverfahren ein. Zur Treuhänderin bestellte es die A***** GmbH.
Am 10. 10. 2007 teilte der Schuldner mit, dass er anlässlich eines Casinobesuchs in der Tschechischen Republik mit einem Einsatz von 50 EUR 7.000 EUR gewonnen habe. Dieses Geld habe er zusammen mit seinen Ersparnissen aus dem pfändungsfreien Vermögen für diverse Aktienkäufe verwendet und so einen Vermögenszuwachs in der Höhe von rund 12.000 EUR erlangt. Er lege ausdrücklich Wert darauf, dass das Abschöpfungsverfahren korrekt und unter Einhaltung der Bestimmungen des § 210 KO abgewickelt werde. Nach den Recherchen des Schuldnervertreters und der Information der Treuhänderin gebe es zu dieser Frage keine höchstgerichtliche Judikatur. Die Stellungnahmen in der Lehre seien widersprüchlich. Es werde deshalb der „Antrag auf Feststellung der Pfändbarkeit des Gewinns und des daraus resultierenden Vermögenszuwachses" gestellt.
Diesem Antrag liegt ein Schreiben der Treuhänderin an den Schuldnervertreter bei, in welchem die Treuhänderin erklärte, keine rechtsverbindliche Auskunft geben zu können, wie mit dem Betrag von 12.000 EUR zu verfahren sei. Sie könne nur anraten, dass der Schuldner beim zuständigen Bezirksgericht einen Antrag auf Feststellung der Pfändbarkeit des Casinogewinns und des daraus resultierenden Vermögenszuwachs stelle.
Das Erstgericht stellte fest, dass das dem Schuldner zugekommene Vermögen in Höhe von gesamt 12.000 EUR mehr oder weniger Vermögen im Sinne des § 210 Abs 1 Z 2 KO darstelle und vom Schuldner herauszugeben sei. Dem Schuldner wurde aufgetragen, das erworbene Vermögen an die Treuhänderin abzuführen, wobei das Erstgericht im Spruch seiner Entscheidung darauf hinwies, dass die Unterlassung der fristgerechten Überweisung eine Obliegenheitsverletzung nach § 211 Abs 1 Z 2 KO darstelle.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Schuldners teilweise Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass dieser Beschluss im Umfang von 5.000 EUR (mehr oder weniger) ersatzlos behoben werde. Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil Rechtsprechung dazu fehle, ob Gewinne aus Glücksspielen unentgeltliche Zuwendungen nach § 210 Abs 1 Z 2 KO darstellten.
Rechtlich ging das Rekursgericht zusammengefasst davon aus, dass Gewinne in der Lotterie oder im Spielcasino zwar keine unentgeltlichen Zuwendungen im Sinne des § 210 Abs 1 Z 2 KO darstellten, dass es aber im Hinblick auf das Missverhältnis zwischen dem aufgewendeten Einsatz und dem erreichten Erfolg unbillig wäre, dem Schuldner einen Vermögensvorteil zu überlassen, für dessen Erwerb er keinen nennenswerten Arbeits- oder Kapitaleinsatz geleistet habe und ihm dennoch die Restschuldbefreiung zu gewähren. Ein auf diese Weise erworbenes Vermögen könne daher für Zwecke des Abschöpfungsverfahrens als unentgeltlich qualifiziert werden. Ein solcher Fall liege hier vor, weil der Schuldner das 140-fache seines (Casino-)Einsatzes ausbezahlt erhalten habe. Seinen im Casino erzielten Spielgewinn von rund 7.000 EUR habe der Schuldner daher herauszugeben. Anders sei der Restbetrag von 5.000 EUR zu beurteilen. Dabei handle es sich um Ersparnisse aus den dem Schuldner überlassenen unpfändbaren Beträgen. Diese müsse er nicht herausgeben.
Der Schuldner strebt mit seinem dagegen erhobenen Revisionsrekurs eine Abänderung dahin an, dass festzustellen sei, dass auch der erzielte Casinogewinn in der Höhe von 7.000 EUR nicht als unentgeltliche Zuwendung zu gelten habe.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlass dieses Revisionsrekurses war von Amts wegen wahr zu nehmen, dass es an einer Kompetenz des Konkursgerichts für die vom Schuldner begehrte Feststellung fehlt:
Gemäß § 210 Abs 1 Z 2 KO obliegt es dem Schuldner, während der Rechtswirksamkeit der Abtretungserklärung Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch unentgeltliche Zuwendung erwirbt, heraus zu geben. Gemäß § 211 Abs 1 Z 2 KO hat das Gericht auf Antrag eines Konkursgläubigers das Abschöpfungsverfahren vorzeitig einzustellen, wenn der Schuldner eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Konkursgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft. Ein entsprechender Antrag kann nur binnen eines Jahres ab dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem dem Konkursgläubiger die Obliegenheitsverletzung bekannt geworden ist. Er ist abzuweisen, wenn die Voraussetzungen der Z 2 nicht glaubhaft gemacht werden.
Gemäß § 211 Abs 4 KO ist der Beschluss über die vorzeitige Einstellung des Abschöpfungsverfahrens öffentlich bekannt zu machen.
Mit der Konkursaufhebung, die mit Rechtskraft des Beschlusses, mit dem das Abschöpfungsverfahren eingeleitet wird, eintritt (§ 200 Abs 4 erster Satz KO), erlangt der Schuldner wieder seine frühere Rechtsstellung. Die mit dem Konkurs verbundenen Beschränkungen fallen weg. Der Schuldner unterliegt allerdings den Obliegenheiten des § 210 KO. Die Rechtsstellung des Treuhänders und seine Aufgaben sind in der KO gesetzlich genau geregelt. Eine weitere Beschränkung des Schuldners ist mit der Bestellung des Treuhänders nicht verbunden (Kodek, Privatkonkurs Rz 581). Nach Maßgabe der Abschöpfungserklärung geht auf den Treuhänder der pfändbare Teil des Einkommens und sonstiger Bezüge mit Einkommensersatzfunktion über (§ 202 Abs 2 KO). Die Hauptaufgabe des Treuhänders liegt darin, die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt und sonstige Leistungen des Schuldners von seinem Vermögen getrennt zu halten, fruchtbringend anzulegen und zu verteilen (Mohr in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 203 Rz 3; Kodek, Privatkonkurs Rz 586). Daneben treffen ihn Überwachungsfunktionen (vgl dazu detailliert Kodek, Privatkonkurs Rz 589 ff).
Aus diesen Grundsätzen folgt zunächst, dass der Schuldner zwar Vermögen im Sinne des § 210 Abs 1 Z 2 KO herauszugeben hat, dass aber der Treuhänder ohne eine entsprechende Herausgabe des Schuldners nicht über dieses Vermögen dispositionsbefugt ist und auch keine Möglichkeit hat, rechtlich gegen den Schuldner vorzugehen, der die Herausgabe von Vermögen im Sinne des § 210 Abs 1 Z 2 KO verweigert. Lediglich im Umfang der Abtretungserklärung, die sich nur auf den pfändbaren Teil der Forderungen des Schuldners auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder auf sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion bezieht, stehen dem Treuhänder unmittelbare Rechte zu. In diesem Zusammenhang regelt § 205 Abs 1 KO, dass das Konkursgericht auf Antrag des Treuhänders, eines Konkursgläubigers oder des Schuldners die Forderungen des Schuldners auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder auf sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion nach § 292 EO zusammenzurechnen hat, den unpfändbaren Freibetrag nach § 292a EO zu erhöhen oder nach § 292b EO herabzusetzen hat. § 205 Abs 2 KO ordnet an, dass der Beschluss nach Abs 1 öffentlich bekannt zu machen und dem Treuhänder, dem Drittschuldner, dem Schuldner und dem Antragsteller zuzustellen ist.
Außer dem in § 205 KO behandelten Fall der Änderung des unpfändbaren Betrags der Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder der Änderung sonstiger wiederkehrender Leistungen mit Einkommensersatzfunktion kennt die KO im Abschöpfungsverfahren keine Kompetenz des Konkursgerichts auf „Feststellung der Pfändbarkeit" bzw - wie hier vom Schuldner angestrebt - auf Feststellung, ob bestimmte Vermögensbestandteile dem § 210 Abs 1 Z 2 KO zu unterstellen sind.
Nun ist insbesondere im Hinblick auf die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung, die gemäß § 211 Abs 1 Z 2 KO bei Verschulden des Schuldners zu einer vorzeitigen Einstellung des Abschöpfungsverfahrens führen kann, nicht zu leugnen, dass dem Schuldner ein entsprechendes Interesse daran zuzubilligen ist, vom Konkursgericht feststellen zu lassen, ob ein bestimmter Vermögensbestandteil (hier ein Casinogewinn) als Vermögen im Sinne des § 210 Abs 1 Z 2 KO zu werten ist. Allerdings ändert dieses rechtliche Interesse des Schuldners nichts daran, dass es an einer entsprechenden Kompetenz des Konkursgerichts mangelt: Eine - analoge - Anwendung des § 205 KO scheitert daran, dass sich diese Bestimmung ausschließlich auf jene Forderungen bezieht, die dem Treuhänder abgetreten wurden. Bei diesen von der Abtretungserklärung umfassten Forderungen ist aber die Rechtslage eine gänzlich andere als bei den in § 210 Abs 1 Z 2 KO genannten Vermögenswerten, über die der Schuldner - wenngleich mit ihn treffenden Obliegenheiten - frei verfügen kann.
Ob der Treuhänder, für den gemäß § 203 Abs 4 KO die §§ 84 und 87 KO entsprechend gelten, die Möglichkeit hätte, eine - nicht anfechtbare - Weisung des Konkursgerichts zu beantragen, ob er den Schuldner aufzufordern habe, bestimmte Vermögenswerte auszufolgen, kann dahin stehen, weil eine entsprechende Weisung vom Treuhänder nicht erbeten wurde.
Daraus folgt, dass im Umfang der vom Schuldner beantragten Feststellung keine Entscheidungskompetenz des Konkursgerichts besteht. Nur für den Fall, dass der Schuldner das von ihm bekannt gegebene Vermögen nicht ausfolgt, könnte über entsprechenden Antrag eines Konkursgläubigers das Abschöpfungsverfahren nach § 211 Abs 1 Z 2 KO vorzeitig eingestellt werden, wobei überdies den Schuldner an der Obliegenheitsverletzung ein Verschulden treffen müsste. Es ist Sache des Schuldners, der infolge Wegfalls der mit dem Konkurs verbundenen Beschränkungen über dieses Vermögen auch frei verfügen kann, zu entscheiden, ob er dieses Vermögen heraus gibt.
Mangels Entscheidungskompetenz des Konkursgerichts waren daher die angefochtenen Beschlüsse aus Anlass des Revisionsrekurses ersatzlos zu beheben und der - unzulässige - Antrag des Schuldners zurückzuweisen.
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