Spruch:
Durch die Vollbeendigung einer anwaltlich nicht vertretenen Kommanditgesellschaft wird der Rechtsstreit nicht unterbrochen.
Die Übernahme des gesamten Vermögens einer Kommanditgesellschaft durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung bewirkt keine Gesamtnachfolge.
Entscheidung vom 29. September 1964, 8 Ob 280/64. I. Instanz:
Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.
Text
Die am 22. August 1963 eingebrachte Klage wurde von der Firma Dipl.- Ing. Anton Pf., einer Kommanditgesellschaft in Liquidation, erhoben. Bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 30. April 1964 brachte die Klägerin vor, die H.-Gesellschaft m. b. H. in D. sei zu dem Zweck gegrundet worden, um die klagende Firma zu erwerben und fortzuführen. Die Aktiven und Passiven der klagenden Firma seien durch die H.-Gesellschaft m. b. H. jedoch erst zufolge des Kaufvertrages vom 6. März 1964 übernommen worden. Es sei daher die H.-Gesellschaft m. b. H. als Gesamtrechtsnachfolgerin in die Rechte und Pflichten der klagenden Firma eingetreten. Auf Grund dieser Rechtsnachfolge werde sohin die Bezeichnung der klagenden Partei in H.-Gesellschaft m. b. H., D., geändert.
Die beklagte Partei sprach sich gegen diese Änderung der Parteibezeichnung mit der Begründung aus, daß das Rechtssubjekt geändert worden sei.
Das Erstgericht faßte den Beschluß, der Eintritt der H.-Gesellschaft m. b. H., D., als klagende Partei an Stelle der Firma Dipl.-Ing. Anton Pf., Bauunternehmen in D., in Liquidation, in diesen Rechtsstreit werde zur Kenntnis genommen. Der Rechtsstreit gelte von der H.-Gesellschaft m. b. H. als klagender Partei mit 30. April 1964 als aufgenommen.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß die von der klagenden Partei vorgenommene Änderung ihrer Bezeichnung in H.- Gesellschaft m. b. H., D., nicht zugelassen werde.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Firma Dipl.-Ing. Anton Pf., Kommanditgesellschaft in Liquidation, nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Daß die Voraussetzungen für eine Änderung der Parteibezeichnung nicht gegeben sind, sieht die Klägerin nach den Ausführungen ihres Rechtsmittels selbst ein. Sie hat auch gar nicht ihren Namen (ihre Firma) geändert, es soll vielmehr an ihrer Stelle ein anderes Rechtssubjekt in den Rechtsstreit als Prozeßpartei eingeführt werden.
Da aber die klagende Partei selbst die von ihr gewünschte Änderung in die Form einer bloßen Bezeichnungsänderung gekleidet hat, kann sie sich nicht darüber beschweren, wenn das Rekursgericht darüber in der von der klagenden Partei selbst gewählten Form abgesprochen hat.
Es bleibt sohin nur zu untersuchen, ob durch eine Gesamtnachfolge ein Parteiwechsel auf der Klagsseite eingetreten ist.
Nicht jede Übertragung eines Vermögens, vor allem auch dann nicht, wenn, wie mit dem Kaufvertrag vom 6. März 1964, die übertragende Gesellschaft der übernehmenden das Unternehmen einschließlich "sämtlicher der Sanierungsbilanz vom 31. Dezember 1962 zugrunde gelegten Aktivwerte des Anlage- und Umlaufvermögens sowie der unter dem Posten der aktiven Rechnungsabgrenzung enthaltenen Werte in der Gesamthöhe von 39.144.922.61 S" verkauft, begrundet eine Universalsukzession.
Wesentlich für die Gesamtnachfolge in das Vermögen eines anderen ist der Übergang der gesamten Rechte und Verbindlichkeiten auf den Rechtsnachfolger unter Wegfall des Rechtsvorgängers durch einen Akt. Daher ist Gesamtnachfolge der Vermögensübergang auf den Erben durch Einantwortung, aber auch kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung der Übergang des Vermögens der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende bei Verschmelzung von Aktiengesellschaften (§ 233 Aktiengesetz) durch die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister (§ 240 (3) und (4) Aktiengesetz). Das gleiche gilt im Falle der Verschmelzung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien im Hinblick auf §§ 249 (1) und (2), 250 Aktiengesetz und mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 96 GesmbHG. sinngemäß auch bei Fusion von zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (siehe hiezu die Fußnote bei § 96 GesmbHG. in der 25. Auflage der Großen Manz-Ausgabe des Handelsgesetzbuches von Demelius, ferner Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, II. Band, bei § 155 ZPO., unter Anmerkung 1, S. 761/762). Zur Annahme einer Universalsukzession im Falle der mit Kaufvertrag vom 6. März 1964 zwischen der klagenden Kommanditgesellschaft als Verkäuferin und der H.-Gesellschaft mit beschränkter Haftung in D. als Käuferin vereinbarten Vermögensübertragung fehlt es an jeder gesetzlichen Grundlage, vor allem an einer Bestimmung, die die Vermögensüberträgerin von der Weiterhaftung für ihre Verbindlichkeiten befreien würde, verbunden mit entsprechenden Sicherungen für die Gläubiger. Eine analoge Anwendung des § 240 Aktiengesetz erscheint im Hinblick auf die grundlegenden Haftungsverschiedenheiten zwischen einer Kommanditgesellschaft und einer Aktiengesellschaft untunlich. Es ist daher auch unentscheidend, ob die genannte Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Zwecke der Übernahme des Vermögens der Klägerin gegrundet wurde. Der vorliegende Vermögensübergang stellt keine Verschmelzung, sondern eine Vermögensübernahme nach § 1409 ABGB. dar. Es mußten die verschiedenen Aktiven einzeln übertragen werden. Das bedeutet, daß die H.-Gesellschaft D., mit beschränkter Haftung nicht auf Grund einer Gesamtnachfolge, sondern auf Grund einer Sondernachfolge Rechtsnachfolgerin der Klägerin geworden ist (vgl. hiezu Ehrenzweig, Allgemeiner Teil[2] § 55, unter II, S. 150).
Die Vollbeendigung der Kommanditgesellschaft bewirkt, selbst wenn die Gesellschaft nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war, nicht die Unterbrechung des Rechtsstreites gemäß § 155 ZPO., weil der Prozeß von diesem Zeitpunkte an durch alle Komplementäre und Kommanditisten zu führen ist (Fasching a. a. O., S. 762, vgl. ferner SZ. VII/270).
Ein Parteiwechsel mit Zustimmung der Beteiligten ist nur dort zulässig, wo das Gesetz eine solche Möglichkeit ausdrücklich einräumt (§§ 19 (2), 23 (2 und 234 ZPO.).
Mangels einer einen Parteiwechsel auf der Klagsseite auch gegen den Willen der Parteien herbeiführenden Gesamtnachfolge und mangels der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt der H.-Gesellschaft mit beschränkter Haftung, D., als Einzelrechtsnachfolgerin in den Rechtsstreit an Stelle der klagenden Partei muß der Versuch der Klägerin scheitern, sich aus dem Prozeßrechtsverhältnis zu lösen und in dieses die H.-Gesellschaft, D., als klagende Partei einzuführen.
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