Spruch:
Zur Behandlung eines unklaren Klagebegehrens im Berufungsverfahren.
Entscheidung vom 12. November 1968, 8 Ob 272/68.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Der Kläger begehrte zunächst mit der Begründung, er habe mit den Beklagten im Februar 1960 eine Vereinbarung über eine 25%ige Beteiligung an Gewinn und Verlust des Sand- und Schotterwerkes in W. geschlossen, Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 505.467.91 S s. A. Die Einwendung der Beklagten, daß die ursprünglich mit dem Kläger geschlossene Vereinbarung dahin abgeändert worden sei, der Kläger solle mit 10% am Reingewinn des genannten Unternehmens beteiligt sein, bestritt der Kläger; er behauptete seinerseits, daß eine Abänderung der Vereinbarung auf seine 10%ige Umsatzbeteiligung zustande gekommen sei, welche Vereinbarung jedoch nur unter bestimmten, nicht eingetretenen Bedingungen wirksam sein sollte. Daher stellte der Kläger das Eventualbegehren auf Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung von 360.454.80 S s. A. aus dem Titel der 10%igen Umsatzbeteiligung.
Das Erstgericht erkannte zunächst in einem Zwischenurteil, daß das Klagebegehren dem Gründe nach zu Recht bestehe, diese Entscheidung wurde jedoch vom Berufungsgericht aufgehoben.
Im fortgesetzten Verfahren, und zwar in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. März 1967 "präzisierte der Kläger mit Rücksicht darauf, daß das Sachverständigengutachten eine Beteiligung des Klägers von 10% am Umsatz günstiger erscheinen ließe", das Klagebegehren dahin, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig seien, dem Kläger einen Betrag von 622.768.09 S s. A. zu bezahlen. Gleichzeitig gab der Kläger die ausdrückliche Erklärung ab, daß er sein Begehren auf einen 10%igen Umsatzanteil auch auf die Jahre 1964 und 1965 ausdehne und das gestellte Eventualbegehren zurückziehe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren im zweiten Rechtsgang ab und stellte fest, daß die ursprüngliche Vereinbarung auf eine 25%ige Beteiligung des Klägers am Gewinn und Verlust in der Folge auf eine 10%ige Gewinnbeteiligung und schließlich auf eine 10%ige Umsatzbeteiligung abgeändert worden sei. Letztere sei jedoch nicht wirksam geworden, weil der Kläger unter anderem hiefür die Bedingung gestellt habe, daß vorerst ein schriftlicher Vertrag bei einem Rechtskundigen errichtet werde, was nicht geschehen sei. Zur Abweisung des Klagebegehrens gelangte das Erstgericht deshalb, weil es annahm, daß die oben angeführte "Präzisierung des Klagebegehrens" dahin aufzufassen sei, der Kläger stütze seinen Anspruch nur mehr auf die von ihm seinerzeit in eventu behauptete Umsatzbeteiligung und erlasse das ursprüngliche Klagebegehren fallen.
Das Berufungsgericht teilte diese letztere Auffassung nicht, sondern vertrat den Standpunkt, daß zwar die Erklärungen des Klägers in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. März 1967 nicht ganz klar und eindeutig gewesen seien, daß aber weder aus der ziffernmäßigen Ausdehnung des Klagebegehrens noch aus der Erklärung des Klägers, "das gestellte Eventualbegehren zurückzuziehen", der eindeutige Schluß gezogen werden könne, der Kläger stütze sein Begehren nunmehr ausschließlich auf die auch behauptete Umsatzbeteiligung. Denn die Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten sowie darauf, daß nach diesem die Beteiligung des Klägers mit 10% am Umsatz günstiger scheine, stelle bloß eine Motivierung für die erfolgte Klagsausdehnung dar. Auch die Zurückziehung des Eventualbegehrens gestatte keinen zwingenden Schluß darauf, daß der Kläger sein Begehren bloß auf die Umsatzbeteiligung stütze, da daraus lediglich zu folgern sei, der Kläger verlange nunmehr nicht wie bisher in eventu zwei Beträge auf Grund verschiedener Vereinbarungen, sondern nur mehr einen einzigen Betrag, ohne daß dadurch eine Beschränkung auf eine bestimmte Tatsachengrundlage Platz zu greifen hätte. Wie der Kläger seine Erklärungen gemeint habe und verstanden wissen wolle, gehe auch aus seinen Berufungsausführungen hervor.
Das Berufungsgericht wiederholte dann die Beweise über die Frage, obund inwieweit die Vereinbarung zwischen den Streitteilen vom 25. Februar 1960 später abgeändert worden sei und stellte fest, daß eine Abänderung nicht erwiesen sei. Da nach Ansicht des Berufungsgerichtes jedoch die Feststellungen des Erstgerichtes nicht ausreichten, um über den Anspruch des Klägers ziffernmäßig entscheiden zu können, sprach das Berufungsgericht mit Zwischenurteil aus, daß der Klagsanspruch unter Zugrundelegung der Vereinbarung vom 25. Februar 1960 im Sinne einer 25%igen Beteiligung des Klägers am Verlust und Gewinn der Schottergrube in W. dem Gründe nach zu Recht bestehe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge, hob das Zwischenurteil des Berufungsgerichtes und das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur Fortsetzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, daß die vom Kläger in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. März 1967 abgegebenen Erklärung nicht eindeutig gewesen ist. Wenn der Kläger das Klagebegehren auf den Betrag ausdehnte, der einer 10%igen Umsatzbeteiligung entspricht, ohne seine Behauptung, daß eine Abänderung der ursprünglichen Vereinbarung, die auf seine Beteiligung an Gewinn und Verlust lautete, in eine solche auf seine 10%ige Umsatzbeteiligung nur unter bestimmten nicht eingetretenen Bedingungen zustandegekommen sei, fallen zu lassen oder abzuändern, dann ist damit nicht klar zum Ausdruck gekommen, welches Begehren der Kläger stellte und auf welche Tatsachen er dieses Begehren stützte. Es trifft daher zu, daß der Erstrichter die Verpflichtung gehabt hätte, gemäß § 182 ZPO. auf die Klärung der durch dieses Vorbringen des Klägers entstandenen Unklarheiten zu dringen. Die vom Kläger in der Berufung hiezu abgegebenen Erklärungen können diesen Mangel des Verfahrens erster Instanz nicht beheben. Schon das Berufungsgericht hätte daher aus diesem Gründe das erstgerichtliche Urteil aufheben müssen.
Im übrigen sei bemerkt, daß ein Zwischenurteil in der Art, wie es vom Berufungsgericht gefällt wurde, nicht zulässig ist. Abgesehen davon, daß der Rechtsgrund des nach Ansicht des Berufungsgerichtes zu Recht bestehenden Anspruches in den Urteilsspruch nicht aufzunehmen ist, war von einem Zwischenurteil auch deshalb Abstand zu nehmen, weil das Berufungsgericht selbst der Ansicht war, es bedürfe och der weiteren Klärung, ob der Anspruch des Klägers für die Jahre 1964 und 1965 überhaupt gegeben sei, der Klagsanspruch daher teilweise auch dem Gründe nach vom Berufungsgericht nicht bejaht worden ist. Ein dem Anspruchsgrund bejahendes Zwischenurteil muß immer den ganzen Anspruchsgrund erfassen und alle diesen in Ansehung jeden Teiles des Klagebegehrens betreffenden Einwendungen erledigen (Fasching, Komm. zu den ZP-Gesetzen, III. Band, zu § 393 ZPO., Anm. 3, S. 589).
Der Revision war daher Folge zu geben, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Revision näher einzugehen gewesen wäre.
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