OGH 8Ob24/62

OGH8Ob24/6216.1.1962

SZ 35/4

Normen

Außerstreitgesetz §267
Außerstreitgesetz §267

 

Spruch:

Zur freiwilligen gerichtlichen Feilbietung einer Liegenschaft ist das Einverständnis sämtlicher Miteigentümer über die Feilbietungsbedingungen erforderlich.

Entscheidung vom 16. Jänner 1962, 8 Ob 24/62.

I. Instanz: Bezirksgericht Enns; II. Instanz: Kreisgericht Steyr.

Text

Die Liegenschaft EZ. X befindet sich im Miteigentum von fünf Personen; auf Antrag zweier Miteigentümer wurde vom Erstgericht die freiwillige gerichtliche Feilbietung dieser Liegenschaft bewilligt. Hinsichtlich der dieser Feilbietung zugrunde zu legenden Bedingungen ist nur mehr Punkt 8 strittig.

Das Erstgericht wies den Antrag von drei Miteigentümern auf Aufnahme eines Zusatzes in die Versteigerungsbedingungen des Inhaltes, daß "die Versteigerung der Liegenschaft bis zur Erteilung eines Meistbotes fortgesetzt, vor Erteilung des Zuschlages jedoch ausgesetzt wird und die 1/8-Anteile der beiden Antragsteller Dr. Franz N. und Herta N. zu einem Ausrufpreis angeboten werden, der den vierten Teil des erzielten Meistbotes beträgt; falls für die beiden 1/8-Anteile ein Anbot erzielt wird, das mindestens den 4. Teil des Meistbotes erreicht, wird diesem Bieter der Zuschlag erteilt und dem Meistbieter für die ganze Liegenschaft der Zuschlag versagt", ab.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß in diesem Punkte dahin ab, daß Punkt 8 der Versteigerungsbedingungen zu lauten habe: "Wenn einer der Mieteigentümer Ersteher bleibt, ist er nur verpflichtet, von dem nach Abzug der in Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmenden Forderungen verbleibenden Meistbotsrest den auf den Anteil der anderen Miteigentümer entfallenden Teil in der im Punkt 7 beschriebenen Weise - das ist binnen 14 Tagen nach Erteilung des Zuschlages - bar zu Gericht zu erlegen."

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse von zwei Miteigentümern Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes und den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Auszugehen ist davon, daß es sich im vorliegenden Fall nicht um die Vollstreckung eines Teilungsurteils durch den Exekutionsrichter im Sinne des § 352 EO. handelt, in welchem Falle das Gericht nach den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes die Versteigerungsbedingungen festzusetzen hätte und nicht nach den Bestimmungen der EO. (siehe Klang in Klang[2] III S. 1133 zu § 843 ABGB., SprRep. 119, auch den in der Manzschen Ausgabe der EO. von Heller[10] zu § 352 EO. unter Anm. 2 abgedruckten JME. vom 25. April 1905, Zl. 9244). Hier handelt es sich aber nicht um die Vollstreckung eines Teilungsurteils, sondern um einen im Verfahren außer Streitsachen gestellten Antrag auf freiwillige gerichtliche Feilbietung einer Liegenschaft. In einem solchen Fall ist auf die Bestimmung des § 841 ABGB. Bedacht zu nehmen, laut welchem überall dort, wo der Wille der Eigentümer für die Gestaltung des Verfahrens von maßgebender Bedeutung ist, Stimmeneinhelligkeit erforderlich ist (Klang in Klang[2] III S. 1133 zu § 843 ABGB. unter II C 1 B bei Anm. 56). Wie aus dem Vorbringen im Revisionsrekurs hervorgeht, wollen die Rechtsmittelwerber gar nicht vorbehaltlos die Feilbietung der ganzen Liegenschaft. Sie gestehen sie nur dann zu, wem die beiden antragstellenden Miteigentümer durch Feilbietung bloß ihrer Anteile nicht denselben Betrag erreichen können. Es steht nun zwar gemäß § 267 AussStrG. jedermann frei, sein Eigentum öffentlich feilbieten zu lassen. Wenn aber mehrere Miteigentümer vorhanden sind, so können sie die freiwillige Feilbietung im Verfahren außer Streitsachen nur beantragen, wenn sie nicht nur über die Feilbietung als solche, sondern auch über die Bedingungen einig sind, unter denen die Feilbietung durchgeführt werden soll, und die sie festzusetzen haben (vgl. Rintelen Grundriß der Verf. außer Streitsachen 1914 S. 144). Besteht kein solches Einverständnis, so muß der Miteigentümer, der die Zivilteilung anstrebt, sie im ordentlichen Rechts- und Exekutionsweg durchsetzen.

Das Erstgericht wird daher zunächst klarzustellen haben, ob sich sämtliche Miteigentümer über die Bedingungen, unter denen die Feilbietung durchgeführt werden soll, einigen können. Sollte dies nicht möglich sein, wird die von den beiden Miteigentümern Dr. Franz N. und Herta N. jun. beantragte freiwillige gerichtliche Feilbietung der ganzen Liegenschaft im Verfahren außer Streitsachen überhaupt nicht bewilligt werden können.

Aus den angeführten Gründen waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.

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