OGH 8Ob235/64

OGH8Ob235/641.9.1964

SZ 37/113

Normen

ABGB §437
ABGB §437

 

Spruch:

Das Recht, von einem an ein Privatgewässer grenzenden Grundstück aus im Gewässer zu baden, kann Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein.

Entscheidung vom 1. September 1964, 8 Ob 235/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Villach; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft, zu deren Gutsbestand der O.See, ein Privatgewässer, gehört. Der Beklagte ist Eigentümer an den See angrenzender Grundstücke. Die Klägerin bringt vor, der Beklagte habe auf einem dieser Grundstücke eine Badehütte errichtet; außerdem gestatte er dort das Campieren. Der Beklagte, seine Familienangehörigen und die Benützer der Badehütte sowie des Campingplatzes badeten, ohne ein Recht dazu zu haben, vom Grundstück des Beklagten aus im See. Die Klägerin begehrt daher, den Beklagten zu verurteilen, jede Benützung des Sees, insbesondere das Baden im See, zu unterlassen und den auf seinem Grundstück befindlichen Personen die Benützung des Sees, insbesondere zum Baden, zu untersagen. Der Beklagte wendete Ersitzung der Grunddienstbarkeit des Badens im See ein.

Der Erstrichter gab ohne weitere Beweisaufnahmen dem Klagebegehren statt. Er war der Ansicht, das Baden im See könne überhaupt nicht den Gegenstand einer Grunddienstbarkeit bilden, weil es nicht der vorteilhafteren oder bequemeren Benützung eines Grundstückes diene, sondern nur persönlichen Bedürfnissen und der körperlichen Ertüchtigung bestimmter Personen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge. Es hob das Urteil der I. Instanz unter Rechtskraftvorbehalt auf. Im Vorbringen des Beklagten, er, seine Angehörigen sowie seine Pensions- und Sommergäste übten das Baderecht seit mehr als 30 Jahren aus, sei die Behauptung enthalten, daß der Beklagte ein Fremdenbeherbergungsunternehmen betreibe. Träfe dies zu, dann könnte es nicht zweifelhaft sein, daß das Recht der Sommergäste, im See zu baden, der vorteilhafteren Benützung der Ufergrundstücke diene und damit den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden könne. Darüber hinaus könne aber ganz allgemein das Recht zu baden als Grunddienstbarkeit bestellt und damit auch ersessen werden. Es sei daher auf das Vorbringen des Beklagten, das Baderecht werde seit mehr als 30 Jahren ausgeübt, einzugehen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Klägerin versuchte darzutun, daß die Meinung des Berufungsgerichtes unzutreffend sei, das Recht, im See zu baden, könne Gegenstand einer Dienstbarkeit sein, die ersessen werden könne. Das Baden diene rein persönlichen Bedürfnissen, es bestehe kein wie immer gearteter Zusammenhang zu dem Grundstück, von dem aus sich der Badende ins Wasser begebe.

Dem Berufungsgericht kann aber darin gefolgt werden, daß das Recht, von einem an ein Privatgewässer grenzenden Grundstück aus im Gewässer zu baden, den Erfordernissen einer Grunddienstbarkeit entsprechen kann (vgl. Klang Komm.[2], II, S. 552, zu § 473 ABGB., Anm. 9). Der wirtschaftliche Wert eines Grundstückes, das an ein im fremden Privateigentum stehendes Gewässer grenzt, kann erheblich dadurch beeinflußt werden, ob der jeweilige Eigentümer des Grundstückes berechtigt ist, von diesem Grundstück aus im Gewässer zu baden und anderen Personen die Benützung des Gewässers zu diesem Zwecke von seinem Grundstück aus zu ermöglichen. Ein solches Recht kann daher sehr wohl der vorteilhafteren Benützung des Grundstückes im Sinn des § 473 ABGB. dienen. Es muß sich dabei nicht gerade um die gewerbsmäßige Ausnützung einer solchen Möglichkeit handeln. Ist es doch denkbar, daß sich die Nutzung eines solchen Ufergrundstückes darin erschöpft, eine Ausgangsbasis für das Baden, Bootfahren u. dgl. im Gewässer zu bilden. Eine solche Dienstbarkeit kann nicht nur, wie die Klägerin meint, vertraglich bestellt, sondern auch ersessen werden.

Wird von dieser Ansicht ausgegangen, dann muß in der Tat darauf eingegangen werden, ob und in welchem Umfang das Recht zu baden vom Grund des Beklagten aus in der Ersitzungszeit ausgeübt wurde.

Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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