Spruch:
1. Der Revision der beklagten Partei wird hinsichtlich der Feststellung des Bestehens der Konkursforderung in Höhe von S 47.608 samt 4 % Zinsen vom 14. 4. 1997 bis 15. 12. 1999, Verfahrenskosten erster Instanz von S 23.421,60 samt 4 % Zinsen vom 4. 9. 1998 bis 15. 12. 1998 sowie Verfahrenskosten zweiter Instanz von S 8.625,12 Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in diesem Umfang aufgehoben und diesem insoweit die neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind insoweit weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
2. Die Revision wird hinsichtlich der Feststellung des Bestehens der Konkursforderung in Höhe von S 17.732 samt 4 % Zinsen vom 14. 4. 1997 bis 15. 12. 1999 mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen, sodass das Berufungsurteil insoweit als Teilurteil bestehen bleibt.
Die Kosten der Revisionsbeantwortung hat die klagende Partei insoweit selbst zu tragen.
Text
Begründung
Aufgrund eines mit der Beklagten und nunmehrigen Gemeinschuldnerin (in der Folge Beklagte) geschlossenen Alleinvertriebsvertrages war der Kläger zur Abnahme von 10 Entkalkungsanlagen eines bestimmten Modells pro Monat verpflichtet. Er übernahm die vereinbarte Stückzahl und leistete Zahlung an die Beklagte. Überdies bezog er eine für ein Krankenhaus bestimmte Entkalkungsanlage eines anderen Modells. Auf die von der Beklagten dem Kläger darüber gelegte Rechnung haften 47.608 S unberichtigt aus. Der Kläger hatte mit dem Krankenhaus vereinbart, dass dieses die Anlage für eine Probezeit von etwa zwei Monaten (längstens bis 15. 2. 1997) übernimmt.
In weiterer Folge kaufte die Beklagte insgesamt 16 der davor vom Kläger übernommenen und bezahlten Anlagen im Gegenwert von 87.120 S (16 x 5.445 S) zurück; vier davon wiesen Mängel auf und wurden dem Kläger zurückgestellt. Der Kläger war zur Rücknahme bereit und stellte eine Gutschrift über 21.780 S (4 x 5.445 S) aus.
Mit seiner Mahnklage begehrt der Kläger Zahlung des auf die der Beklagten zurückverkauften 12 Geräte entfallenden Kaufpreises von
65.340 S. Aus der Lieferung der für das Krankenhaus bestimmten Anlage schulde er der Beklagten nichts. Die Beklagte habe ihn aufgefordert, sämtliche Geschäftsagenden diesen Kunden betreffend an sie abzutreten oder die dorthin gelieferte Anlage zu bezahlen. Er habe ersterem Wunsch entsprochen. Durch Übernahme dieses Kunden sei eine Rücknahme der dorthin gelieferten Anlage erfolgt, sodass deren Bezahlung durch den Kläger hinfällig sei. Die im Einspruch geltend gemachte Gegenforderung bestehe daher nicht zu Recht.
Die Beklagte erhob Einspruch gegen den Zahlungsbefehl und führte aus, der Kläger schulde ihr noch 47.608 S. Der Kaufpreis für die Rücknahme der 12 Stück Entkalkungsanlagen sei mit dieser aus der Lieferung der für das Krankenhaus bestimmten Anlage noch aushaftenden Forderung der Beklagten aufgerechnet worden, sodass nur mehr ein Betrag von 17.732 S zugunsten des Klägers aushafte. Gegen diesen Betrag werde eine Schadenersatzforderung der Beklagten aus Verdienstentgang geltend gemacht. Der Kläger sei nämlich seiner Abnahmeverpflichtung nicht nachgekommen, wodurch die Beklagte einen Verdienstentgang von 25.000 S monatlich erlitten habe, den sie kompensando bis zur Höhe der Klageforderung einwende. Im Übrigen sei der Kaufpreis für die Entkalkungsanlage beim Krankenhaus nicht einbringlich zu machen. Selbst wenn man daher von einer rechtsgültigen Abtretung dieser Kaufpreisforderung an Zahlungs statt an die Beklagte ausgehen wollte, hafte der Kläger für ihre Einbringlichkeit.
Das Erstgericht sprach aus, dass die Klagsforderung mit 65.340 S zu Recht, die Gegenforderung jedoch nicht zu Recht bestehe und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung des Klagebetrages. Es stellte noch fest, die Beklagte habe den Kläger mit Schreiben vom 6. 3. 1997 aufgefordert, seine Geschäftsbeziehung zum Krankenhaus abzubrechen und vorgeschlagen, sie übernehme diesen Kunden, die Zahlung des Krankenhauses solle nicht an den Kläger, sondern an die Beklagte direkt erfolgten. Sollte der Kläger nicht damit einverstanden sein, bleibe die Forderung (der Beklagten) von 47.608 S "aufrecht". Der Kläger habe daraufhin fernschriftlich erklärt, dass die Beklagte - wie verlangt - den Kunden übernehmen könne und damit die Forderung über 47.608 S "hinfällig" sei.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Beklagte schulde den Kaufpreis für die 12 zurückgenommenen Geräte. Der Kläger habe die gegen das Krankenhaus bestehende Kaufpreisforderung vereinbarungsgemäß an die Beklagte abgetreten. Die Abtretung sei an Zahlungs statt erfolgt, sodass der Kläger schon mit der Abtretung seiner Forderung die Leistungspflicht aus dem Kaufvertrag mit der Beklagten erfüllt habe. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Forderung sei die Beklagte auf Gewährleistung beschränkt. Die kompensando eingewendete Schadenersatzforderung bestehe nicht zu Recht, weil der Kläger seiner Abnahmeverpflichtung nachgekommen sei. Der Rückkauf von 12 der an den Kläger gelieferten und von ihm bezahlten Geräte habe keinen Einfluss auf die bereits erfolgte Erfüllung der Abnahmeverpflichtung.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es ging auf das zum Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung erstattete Vorbringen der Beklagten nicht ein und führte aus, die Beklagte bekämpfe damit lediglich Feststellungen, die die im Berufungsverfahren unbekämpft zu Recht bestehende Klageforderung beträfen. Die Beklagte habe im Verfahren erster Instanz selbst vorgebracht, dass der Kaufpreis für die 12 Entkalkungsanlagen mit der Bezahlung der noch aushaftenden Kaufpreisforderung der Beklagten außergerichtlich aufgerechnet worden sei. Mit dieser Behauptung habe sie aber auch geltend gemacht, dass der Klageanspruch teilweise erloschen sei. Sie bekämpfe nun das Zurechtbestehen der Klageforderung im Berufungsverfahren nicht mehr. Die nunmehrige Geltendmachung einer prozessualen Gegenforderung im Berufungsverfahren sei aufgrund des Neuerungsverbotes unzulässig.
Das Berufungsgericht sprach - über Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO - aus, dass die ordentliche Revision doch zur Frage zulässig sei, ob die Beklagte durch das Berufungsgericht mit der Auslegung ihres Vorbringens im Sinne einer außergerichtlichen Kompensation überrascht und damit die Rechtssicherheit im Einzelfall beeinträchtigt worden sei.
Am 16. 12. 1999 wurde über das Vermögen der Beklagten der Konkurs eröffnet. am 14. 1. 2000 meldete der Kläger die gegenständliche Forderungvon S 65.340 zuzüglich 4 % Zinsen seit 14. 4. 1999 bis zum Tage der Konkurseröffnung von S 7.083,02, Prozesskosten vom 19. 5. 1999 von S 22.127,52 zuzüglich 4 % Zinsen ab 19. 5. 1999 bis zum Tage der Konkurseröffnung von S 548,27, Kosten der Berufung von S 8.625,12 zuzüglich 4 % Zinsen ab 19. 5. 1999 bis zum Tage der Konkurseröffnung von S 213,70, Kosten der Bekanntgabe von S 333,16 und Kosten der Urkundenvorlage von S 332,16, insgesamt sohin S 104.612,95, im Konkurs der Beklagten an. Nach Bestreitung in der Prüfungstagsatzung beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 8. 5. 2000, ON 36, die Fortsetzung des Verfahrens gegen den im Konkurs der Beklagten bestellten Masseverwalter unter Umstellung des Begehrens auf folgendes Feststellungsbegehren: "Es wird gegenüber der beklagten Partei festgestellt, dass der klagenden Partei im Konkurs über das Vermögen der Leopoldine K***** eine Konkursforderung von S 65.340 samt 4 % Zinsen vom 14. 4. 1997 bis 15. 12. 1999 samt den bereits bestimmten Verfahrenskosten im Verfahren erster Instanz von S 23.421,60 samt 4 % Zinsen vom 4. 9. 1998 bis 15. 12. 1998 sowie den bestimmten Verfahrenskosten im Verfahren zweiter Instanz von S 8.625,12 als Konkursforderung zusteht." Mit Beschluss vom 9. 6. 2000 verfügte das Berufungsgericht die Wiederaufnahme des unterbrochenen Verfahrens.
Die Beklagte macht mit ihrer Revision unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt die Abänderung im klagsabweisenden Sinn; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger beantragt der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision macht geltend, das in erster Instanz erstattete Vorbringen der Beklagten sei im Gesamtzusammenhang so zu verstehen, dass die jeweilige Gegenforderung im Prozess kompensando gegen die Klageforderung eingewendet werde. In diesem Sinn habe auch das Erstgericht das Vorbringen der Beklagten zu den Gegenforderungen als prozessuale Kompensandoeinwendung behandelt. Die Anfechtungserklärung in der Berufung gehe von der Fassung des erstgerichtlichen Urteiles aus und lasse daher den Bestand der Klageforderung in dem vom Berufungsgericht verstandenen Sinn keineswegs unbekämpft. Das Berufungsgericht hätte sich daher inhaltlich mit allen zum Bestand der Gegenforderung geltend gemachten Berufungsgründen auseinandersetzen müssen; das Verfahren sei insoweit mangelhaft geblieben.
Die Argumentation des Berufungsgerichtes, es müsse zwischen prozessualer Aufrechnungseinrede und Schuldtilgungseinwand unterschieden werden, weil im zweiten Fall die Gegenforderung nicht mehr überprüft werden könne, ist verfehlt. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass im zweiten Fall eine unbedingte, dem Bestand der Klagsforderung voraussetzende Aufrechnung erfolgt, die Klagsforderung daher nicht mehr strittig ist und nur mehr über den - von dem ungeachtet der von der Beklagten erklärten Aufrechnung seine gesamte Forderung geltend machenden Kläger bestrittenen - Bestand der Gegenforderung abzusprechen ist. Gibt das Gericht - wie im vorliegenden Fall - der Klage zur Gänze statt, weil es den Bestand der vom Kläger bestrittenen Gegenforderung verneint, kann die Beklagte - gleichgültig ob die Gegenforderung bloß mit prozessualer Aufrechnungseinrede oder mit Schuldtilgungseinwand geltend gemacht wurde - die Entscheidung, soweit sie die Gegenforderung betrifft, jedenfalls bekämpfen.
Das Berufungsverfahren ist insofern mangelhaft geblieben, als das Berufungsgericht - von der eben dargelegten unrichtigen Rechtsansicht ausgehend - die Tatsachenrüge hinsichtlich der Gegenforderung von S
47.608 nicht behandelt hat.
Die Berufung bekämpfte nämlich die Feststellungen des Erstgerichts über die Reaktion des Klägers auf das Schreiben der Beklagten vom 6. 3. 1997, aus denen es in rechtlicher Hinsicht zur Annahme einer Zession der gegen das Krankenhaus bestehenden Forderung an Zahlungs statt gelangte. Sie strebt die Feststellung an, wonach es nicht zu der von der Klägerin vorgeschlagenen Einigung (und damit auch nicht zur Abtretung der Forderung des Klägers an die Beklagte) kam.
Die bekämpften Feststellungen sind zur Beurteilung der von der Beklagten geltend gemachten Gegenforderung von S 47.608 erforderlich. Eine Zession der Forderung des Klägers gegenüber dem Krankenhaus an die Beklagte an Zahlungs statt könnte der Beklagten eine vollwertige Leistung vermitteln. Sollte nach den vom Berufungsgericht noch zu überprüfenden Feststellungen eine Zession an Zahlungs statt tatsächlich erfolgt sein, wäre noch das weitere Vorbringen der Beklagten beachtlich, wonach die Kaufpreisforderung gegenüber dem Krankenhaus nicht einbringlich sei (§ 1397 ABGB). Hiezu fehlen aber die zur Beurteilung der Richtigkeit und Einbringlichkeit der abgetretenen Forderung erforderlichen Feststellungen.
Der Revision war daher insoweit Folge zu geben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Beklagten im dargelegten Sinn aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Hinsichtlich der weiteren Gegenforderung von S 17.732 liegt keine vergleichbare unrichtige rechtliche Beurteilung vor; das Berufungsgericht ist insoweit von einer überprüfbaren Kompensandoeinrede ausgegangen, hat diese aber - ohne dass ihm hiebei eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen wäre - deshalb verneint, weil die Beklagte diese schadenersatzrechtliche Gegenforderung auf die Nichteinhaltung der Abnahmeverpflichtung gestützt habe, was aber unrichtig sei; Vereinbarungen finanzieller Art (Abgeltung des Verdienstentganges) seien bei der Rückkaufvereinbarung nicht getroffen worden, sodass die Beklagte solche nicht nachträglich geltend machen könne. Dagegen vermag die Beklagte nichts Stichhaltiges vorzubringen, sodass insoweit die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen ist.
Insoweit hat der Kläger die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen, weil er auf die Unzulässigkeit der Revision in diesem Bereich nicht hingewiesen hat.
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