Spruch:
Eine auf den Todesfall des Machtgebers ausgestellte Vollmacht gestattet dem Machthaber nicht, höchstpersönliche Rechte geltend zu machen
§ 257 (2) AußStrG. gibt dem mundigen Wahlkind auch ein selbständiges
Rekursrecht
Entscheidung vom 26. Oktober 1965, 8 Ob 204/65
I. Instanz: Bezirksgericht Favoriten; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien
Text
Marie Wilhelmine K. als Wahlmutter und die mj. Eva Maria P. (später verehelichte A.) als Wahltochter, diese vertreten durch ihre Mutter und Vormunderin Gertrude D., haben am 10. Juli 1964 einen Adoptionsvertrag geschlossen, dessen Punkt VI. lautete:
"Es wird festgestellt, daß die Adoptivtochter Frl. Eva P., geb. am 21. September 1945, im Sinne des § 182 (2) sowie § 183 (1) des Gesetzes über die Neuordnung des Rechtes der Annahme an Kindes Statt vom 17. Februar 1960, BGBl. Nr. 58, ihren Familiennamen P. behält."
Das Erstgericht hat den Antrag auf Bewilligung dieser Annahme an Kindes Statt abgewiesen und der dagegen erhobenen Vorstellung keine Folge gegeben.
Das Rekursgericht hat diesen Beschluß bestätigt.
Der Oberste Gerichtshof wies die Revisionsrekurse der Eva Maria A., der Gertrude D. und der Maria Wilhelmine K. zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
1. Zum Revisionsrekurs der Eva Maria A:
Zunächst war die Frage zu prüfen, ob dem noch mj. Wahlkind Eva Maria A. ein selbständiges Rekursrecht zusteht. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß sich die Grundsätze über die Prozeßfähigkeit aus dem Gebiete des Prozeßrechtes nicht ohne weiteres auf das Gebiet des Verfahrens außer Streitsachen übertragen lassen (SZ. XXIII 181, SZ. XXVIII 259 u. a.). Der Oberste Gerichtshof hat dem Minderjährigen das Recht zur selbständigen Stellung von Anträgen und zur Erhebung von Rechtsmitteln insbesondere dann gegeben, wenn sich der Minderjährige gegen Maßnahmen seines gesetzlichen Vertreters oder des Vormundschaftsgerichtes zur Wehr setzen will. Im vorliegenden Fall bekämpft zwar der gesetzliche Vertreter der Minderjährigen die Entscheidung des Rekursgerichtes ebenfalls mit Revisionsrekurs, der denselben Zweck wie der Revisionsrekurs der Minderjährigen selbst verfolgt, nämlich die Bewilligung der Annahme an Kindes Statt. Nun gibt aber § 257 (2) AußStrG. in der Fassung des Gesetzes BGBl. Nr. 58/1960 dem Wahlkind ab Vollendung des 14. Lebensjahres das Recht, im Verfahren zur Bewilligung der Annahme, zum Widerruf der Bewilligung und zur Aufhebung der Wahlkindschaft) selbständig vor Gericht zu handeln. In diesem selbständigen Handeln muß auch das Recht, selbst - nicht nur durch den gesetzlichen Vertreter - ein Rechtsmittel zu ergreifen als eingeschlossen betrachtet werden.
Die mj. Eva Maria P. war daher zur selbständigen Einbringung eines Revisionsrekurses berechtigt. Dieser ist aber aus anderen Gründen nicht zulässig.
Zunächst wird offenbare Gesetzwidrigkeit geltend gemacht, weil das Rekursgericht die Berechtigung des Wahlkindes zur Erhebung eines selbständigen Rekurses entgegen den Bestimmungen der §§ 9 (1), 257
(2) AußStrG. verneint habe. Der Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß ist vom Wahlkinde gemeinsam mit den anderen Rekurswerbern in einem Schriftsatz eingebracht worden. Das Rekursgericht hat den Rekurs des Wahlkindes nicht im Spruch seiner Entscheidung zurückgewiesen, sondern nur in den Gründen seines Beschlusses ausgeführt, daß eine selbständige Rekursberechtigung des Wahlkindes nicht angenommen werden könne. Auf die im Rekurs vorgebrachten Gründe ist das Rekursgericht jedoch eingegangen. Wenn daher auch, wie aus obigen Ausführungen hervorgeht, der Oberste Gerichtshof die Ansicht vertritt, daß dem Wahlkind ein selbständiges Rekursrecht zustehe, ist das Wahlkind durch die bekämpfte Ansicht des Rekursgerichtes in keiner Weise benachteiligt worden, da, wie erwähnt, das Rekursgericht sich mit den Gründen des Rekurses auseinandergesetzt hat. Es fehlt dem Wahlkind daher das rechtliche Interesse an der Bekämpfung des angefochtenen Beschlusses in diesem Belange.
Eine weitere offenbare Gesetzwidrigkeit wird darin erblickt, daß nach Ansicht des Rekursgerichtes das Wahlkind bei Abschluß des Adoptionsvertrages nicht Vertragsteil sei. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses in ihrem Zusammenhange ergibt, hat das Rekursgericht aber auch damit trotz seiner mißverständlichen Ausdrucksweise nur sagen wollen, daß das Wahlkind nicht selbständig, sondern, nur durch seinen gesetzlichen Vertreter handeln, insbesondere einen Rekurs erheben, könne. Dazu ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
Richtig ist, daß die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel das mj. Wahlkind seinen Wohnsitz hat, gemäß § 181a (1) Z. 6 ABGB. hätte gehört werden müssen. Hiebei handelt es sich um eine Verfahrensvorschrift, deren Nichtbeachtung nicht mit dem Anfechtungsgrunde der offenbaren Gesetzwidrigkeit geltend gemacht werden kann, da sich dieser nicht auf verfahrensrechtliche Unrichtigkeiten bezieht (3 Ob 74/55 u. a.). Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die Bezirksverwaltungsbehörde nach Zustellung des Beschlusses der zweiten Instanz ein Rechtsmittel nicht ergriffen hat.
Da somit der Revisionsrekurs keinen der nach § 16 AußStrG. zulässigen Anfechtungsgrunde dartun kann, war er als unzulässig zurückzuweisen.
2. Zum Revisionsrekurs der Gertrude D. als Mutter und Vormunderin des Wahlkindes und der Marie Wilhelmine K.
Was zunächst den namens der Marie Wilhelmine K. erhobenen Revisionsrekurs anlangt, so erweist er sich schon aus dem Gründe als unzulässig, weil Marie Wilhelmine K. am 30. Oktober 1964 gestorben ist. Sie hat allerdings ihrem Vertreter, dem Notar Dr. Andreas D., eine allgemeine Vollmacht auch für ihre Erben und Rechtsnachfolger erteilt. Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, bezieht sich eine solche auf den Todesfall des Machtgebers ausgestellte Vollmacht nur auf das Nachlaßvermögen; sie gestattet dem Machthaber nicht, höchstpersönliche, also durch den Tod des Machtgebers erloschene Rechte geltend zu machen (Ehrenzweig, Allgemeiner Teil[2], § 114 I 4 vor Anm. 7, S. 283). Bei allen mit der Adoption zusammenhängenden Fragen handelt es sich aber um solche höchstpersönliche Rechte. Die an Dr. D. erteilte Vollmacht berechtigte diesen daher nicht, den vorliegenden Revisionsrekurs im Namen der Verstorbenen zu erheben.
In dem Revisionsrekurs der Gertrude D. wird zunächst die Ansicht des Rekursgerichtes als Aktenwidrigkeit gerügt, daß der Adoptionsvertrag eine Namensregelung treffe, während er in Wahrheit nur eine Feststellung über den zukünftigen Namen des Wahlkindes enthalte. Nun ist zwar richtig, daß im Adoptionsvertrag die Regelung des Namens der Adoptivtochter in die äußere Form einer Feststellung gekleidet ist. Daraus zu schließen, daß diese Namensregelung nicht vom Willen der Partei umfaßt worden sei, ist aber unzutreffend. Auch diese Bestimmung ist ein Teil des Adoptionsvertrages und durch die Unterschrift der vertragschließenden Parteien gedeckt. Es muß daher angenommen werden, daß sie ihrem Willen entsprochen hat. Eine Aktenwidrigkeit liegt daher nicht vor.
Auch dieser Revisionsrekurs tut somit keinen der nach § 16 AußStrG. zulässigen Anfechtungsgrunde dar, so daß er als unzulässig zurückzuweisen war.
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