Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Revisionsrekurswerberin ist Konkursgläubigerin einer vom Masseverwalter in der Prüfungstagsatzung anerkannten Forderung von S 10,916.344,50 und in Ansehung dieser Forderung bis zum Höchstbetrag von S 17 Mio gleichzeitig Absonderungsberechtigte hinsichtlich der im Eigentum der Gemeinschuldnerin stehenden Betriebsliegenschaft. Mit Zustimmung des Gläubigerausschusses und konkursgerichtlicher Genehmigung verkaufte der Masseverwalter mit Vertrag vom 22. 12. 1997 die auf der Betriebsliegenschaft vorhandenen Maschinen sowie das Warenlager an ein Produktionsunternehmen. Gleichzeitig gab er die Liegenschaft bis zu ihrer Verwertung der Käuferin um einen monatlichen Mietzins von S 60.000 zuzüglich USt und Betriebskosten in Bestand. Mit Beschluss vom 24. 2. 1998 bewilligte das Erstgericht die kridamäßige Versteigerung der Liegenschaft.
Mit Beschluss ON 27 wies das Erstgericht den Antrag der Konkurs- und Absonderungsgläubigerin "auf Bildung einer Sondermasse in Ansehung sämtlicher Verwertungserlöse der Betriebsliegenschaft" ab. Es vertrat den Standpunkt, dass die Zivilfrüchte nicht zum Pfandgegenstand gehörten, weshalb der Absonderungsgläubigerin insofern kein Anspruch zukomme. Den dagegen erhobenen Rekurs der Konkurs- und Absonderungsgläubigerin wies das Rekursgericht mit Beschluss ON 32 zurück. Mit ihrem Antrag auf "Bildung einer Sondermasse" habe die Absonderungsgläubigerin in Wahrheit eine an den Masseverwalter gerichtete Weisung des Konkursgerichts angestrebt. Über dieses als "Abhilfeantrag" im Sinne des § 84 KO zu beurteilende Begehren habe das Erstgericht gemäß Abs 3 der Gesetzesstelle endgültig entschieden. Es sei dem Rekursgericht daher verwehrt, über die Gesetzmäßigkeit der vom Erstgericht in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Auffassung meritorisch zu entscheiden. Das Erstgericht werde sich jedoch im Hinblick auf das offenkundige Fehlen oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Auslegung der §§ 48 f KO mit der der Auffassung des Masseverwalters entgegenstehenden, in Heller/Berger/Stix, KommzEO I, 141 f, dargelegten Lehrmeinung auseinanderzusetzen haben. Danach wären die seit Eröffnung des Konkurses aus der kridamäßigen Verwaltung der Sondermasse erzielten Erlöse in die gemäß § 119 Abs 3 KO vom Exekutionsgericht zu verteilende Masse einzubeziehen. Das Vorrecht der Tabularinteressenten bezüglich der Befriedigung aus den erwähnten Nutzungen ergebe sich aus § 48 KO, wonach die Absonderungsgläubiger, soweit ihre Forderungen reichten, die Konkursgläubiger von der Zahlung aus den Sondermassen ausschlössen. Aus diesen Erwägungen werde das Erstgericht eine neuerliche Erörterung der vorliegenden Frage mit dem Masseverwalter und gegebenenfalls die Erteilung einer dieser Rechtsmeinung entsprechenden Weisung in Betracht zu ziehen haben. Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.
Im fortgesetzten Verfahren beschloss der Gläubigerausschuss unter anderem, der Bestandnehmerin eine Reduktion des monatlichen Mietzinses um S 10.000 ab Oktober 1998 anzubieten (Protokoll in ON 38). Mit Beschluss ON 42 untersagte das Konkursgericht die Ausführung dieses Beschlusses des Gläubigerausschusses nicht. Der Gläubigerausschuss habe den Beschluss einstimmig gefasst und widerspreche dieser weder den gemeinsamen Interessen der Konkursgläubiger noch lägen andere wichtige Gründe für eine Untersagung vor.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den dagegen erhobenen Rekurs der Konkurs- und Absonderungsgläubigerin zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Mit für den Masseverwalter bindenden Beschlüssen nehme der Gläubigerausschuss an der Verwaltung und Verwertung des Vermögens - außer über ausdrückliche Anordnung des Konkursgerichts im Sinne des § 84 Abs 1 KO - nur in den Fällen der §§ 116, 117 KO sowie im Falle des § 5 Abs 2 KO teil. Nur hinsichtlich Beschlüssen dieser Art habe das Konkursgericht unverzüglich zu entscheiden, ob es deren Ausführung untersage. In Ansehung der strittigen Frage der Bildung einer Sondermasse aus den Mietzinseinnahmen und sonstiger Nutzungen der verpfändeten Betriebsliegenschaft sei dem Gläubigerausschuss kein Weisungsrecht gegenüber dem Masseverwalter zugekommen. Soweit das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss im Sinne einer Nichtuntersagung des "Beschlusses" des Gläubigerausschusses entschieden habe, habe es inhaltlich in Wahrheit dem Masseverwalter im Sinn des § 84 Abs 1 KO die Weisung erteilt, die Einkünfte aus der Verwaltung der eingangs bezeichneten Liegenschaft zur Gänze der allgemeinen Masse zuzuführen. Gegen eine Entscheidung dieses Inhalts sei aber kein Rechtsmittel zulässig. Sei die vom Gesetz vorgesehene Entscheidungsform unanfechtbar, die tatsächlich gewählte Entscheidungsform hingegen anfechtbar, dann sei ein eingebrachtes Rechtsmittel unstatthaft, weil der Irrtum des Gerichts keinen durch das Gesetz nicht gedeckten Instanzenzug eröffnen könne.
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Konkurs- und Absonderungsgläubigerin ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Ein Rechtsmittel gegen einen Beschluss des Gerichts zweiter Instanz auf Zurückweisung eines Rekurses ist ein Revisionsrekurs im Sinn des § 528 ZPO (hier: iVm § 171 KO), der bei dem hier gegebenen Vorliegen der Voraussetzungen des § 528 Abs 2 ZPO dann zulässig ist, wenn eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zu lösen ist (JBl 1994, 264; ZIK 1999, 57 mwH). Diese Zulässigkeitsvoraussetzung ist hier gegeben, weil es einer Klarstellung der Befugnisse des Pfandgläubigers im Konkurs bedarf.
Dem Rekursgericht ist grundsätzlich darin beizupflichten, dass die Reduktion des für die Betriebsliegenschaft geleisteten Bestandzinses auch unter Berücksichtigung der auf der Liegenschaft verbücherten Pfandrechte keine genehmigungspflichtige Entscheidung im Sinn des § 116 KO darstellt. Nach dieser Bestimmung bedürfen der Genehmigung des Gläubigerausschusses, wenn es sich um einen Wert von mehr als 500.000 S handelt, unter anderem die Entscheidung über die Verwertung von Ansprüchen auf fortlaufende Bezüge, Renten und wiederkehrende Leistungen von unbestimmter Dauer (Z 3) sowie über die Anerkennung von Aussonderungs-, Absonderungs-, Aufrechnungsansprüchen und Masseforderungen sowie über die Einlösung von Pfändern (Z 5). Die strittige Mietzinsminderung unterfällt nicht dem Begriff der Verwertung von Ansprüchen auf fortlaufende Bezüge, weil damit die Veräußerung dieser Ansprüche - sei es auch im exekutiven Weg - gemeint ist (Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 500). § 116 Z 5 KO behandelt die Entscheidung über die Anerkennung von Absonderungsrechten und betrifft, wie sich aus dem die in dieser Gesetzesstelle ebenfalls genannten Masseforderungen betreffenden § 124 Abs 3 KO ableiten lässt, lediglich jene Fälle, in welchen der Masseverwalter die Anerkennung derartiger Forderungen beabsichtigt. Bestreitet er sie hingegen, kann auch der Absonderungsgläubiger entsprechend dem sinngemäß heranzuziehenden § 124 Abs 3 KO nur das Konkursgericht um Abhilfe ersuchen oder die Ansprüche mit Klage gegen den Masseverwalter (§ 6 Abs 2 KO) geltend machen.
Dennoch muss es zweifelhaft erscheinen, ob die Rekurslegitimation der Konkurs- und Absonderungsgläubiger unter Hinweis auf den Rechtsmittelausschluss des § 84 Abs 3 KO zu verneinen ist. Es liegt nämlich ganz offenkundig nicht nur ein Vergreifen in der Entscheidungsform, wie dies Fasching, LB2 Rz 1686 und die Rechtsprechung (zuletzt etwa 4 Ob 508/94) im Auge haben, vor, sondern sind im Gesetz für jede der beiden Entscheidungen divergierende Verfahrenswege vorgezeichnet. Unterliegt eine Entscheidung der Genehmigung durch den Gläubigerausschuss, kommt dem Konkursgericht kein eigenes Weisungsrecht zu, sondern es hat vielmehr lediglich die Möglichkeit, nach Maßgabe der Bestimmung des § 95 KO die Ausführung des Beschlusses aus wichtigem Grund zu untersagen. Demgegenüber ist das Weisungsrecht des § 84 KO nicht an eine vorhergehende Befassung des Gläubigerausschusses gebunden und kann somit vom Gericht in pflichtgemäßer Beachtung der Zielsetzungen der Konkursordnung gestaltend (und nicht bloß kassatorisch) ausgeübt werden. Auf die Frage, ob der unterschiedlichen Verfahrensausformung ein derartiges Gewicht zuzumessen ist, dass bei der hier vorliegenden Konstellation aus der Anwendung des § 84 Abs 3 KO ein Rechtsschutzdefizit entstehen könnte, muss aber nicht weiter eingegangen werden, weil die Rekurslegitimation der Konkurs- und Absonderungsgläubigerin jedenfalls zu verneinen ist:
Die Revisionsrekurswerberin beruft sich in ihren Anträgen ausdrücklich auf ihre Stellung als Absonderungsgläubigerin, sodass es ausreicht, in Ansehung ihrer Doppelstellung auch als Konkursgläubigerin (vgl ÖBA 1990, 722; SZ 64/185) darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats dem Konkursgläubiger im Verwertungsverfahren kein Rekursrecht zukommt (zuletzt 8 Ob 29/98t). Das von ihr als Absonderungsgläubigerin geltend gemachte Recht wurde vom Masseverwalter, insoweit es auf dem auf der Betriebsliegenschaft verbücherten Pfandrecht gründet, nicht bestritten. Wie bereits das Erstgericht zutreffend erkannt hat, werden Zivilfrüchte nach nunmehr herrschender Ansicht von der Verpfändung der Hauptsache grundsätzlich nicht erfasst (Koziol/Welser10 120; Hinteregger in Schwimann ABGB2 § 457 Rz 12, Binder, ebendort zu § 1192 Rz 5, Petrasch in Rummel ABGB2 § 457 Rz 12; RZ 1990/103; 7 Ob 325/98i [zu Mietzinszahlungen]). § 49 Abs 1 KO, nach welcher Bestimmung aus den Nutzungen sowie aus dem Erlös einer zur Sondermasse gehörigen Sache vor den Absonderungsgläubigern die Kosten der besonderen Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Sondermasse zu berichtigen sind, gibt kein selbständiges Recht auf den Zuspruch von Nutzungen. Vielmehr ist diese Bestimmung im Zusammenhalt mit § 48 Abs 1 KO zu lesen, wonach Absonderungsgläubiger Konkursgläubiger von der Zahlung aus Sondermassen nur ausschließen, soweit ihre Forderungen reichen. Die Reichweite der Forderung ist im gegenständlichen Fall nach den Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches und daher im Einklang mit der dazu ergangenen Rechtsprechung zu ermitteln. Die vom Rekursgericht in seiner Entscheidung ON 32 zitierte Belegstelle in Heller/Berger/Stix KommzEO I 141 f ist unklar und vermag jedenfalls in Anbetracht der dargestellten Erwägungen den vom Rekursgericht offenkundig gezogenen Schluss, das Absonderungsrecht des Pfandgläubigers umfasse jedenfalls auch die Mietzinseinnahmen, nicht zu decken.
Mit ihrem Anspruch, die Höhe des aus der Pfandliegenschaft erzielbaren Bestandzinses mitzubestimmen, macht die Revisionsrekurswerberin somit kein aus dem Pfandrecht ableitbares Recht geltend, sondern ein eigenes Absonderungsrecht, dessen Bestand bereits durch rechtskräftige Entscheidung des Konkursgerichtes verneint wurde.
Absonderungsansprüche unterliegen weder dem Anmeldungszwang noch dem Prüfungsverfahren. Ihre Geltendmachung ist nicht befristet und es kann auch keine Frist bestimmt werden. Da aber durch die Unterlassung der Geltendmachung von Absonderungsansprüchen das Konkursverfahren nicht aufgehalten werden darf, muss gerade aus dem Umstand, dass vom Gesetz ein Zwang auf die Geltendmachung dieser Ansprüche nicht ausgeübt wird, gefolgert werden, dass im Bestreitungsfall auf diese Rechte im Konkursverfahren kein Bedacht zu nehmen ist, solange sie nicht rechtskräftig festgestellt sind (SZ 21/101). Hieraus folgt, dass dem angeblich Absonderungsberechtigten, solange der nicht anerkannte Absonderungsanspruch im Prozessweg nicht rechtskräftig festgestellt ist, ebensowenig wie dem Aussonderungsberechtigten, dessen nicht anerkannter Aussonderungsanspruch noch nicht rechtskräftig festgestellt ist (EvBl 1964/35), ein Rekursrecht zukommt, mag er auch wirtschaftlich von der Entscheidung des Erstgerichts indirekt betroffen sein (ZIK 1999, 57).
Dem im Ergebnis unbegründeten Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.
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