Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der erstgerichtliche Beschluss wieder hergestellt wird.
Text
Begründung
Am 10. 8. 1993 schloss die Antragsgegnerin als "Auftraggeber" mit der Arbeitsgemeinschaft zwischen dem Architekturbüro H***** & Partner und dem Erstantragsteller als "Auftragnehmer" einen Werkvertrag betreffend Architekturleistungen für den Neubau eines Bürogebäudes in Budapest, der von beiden Seiten unterschrieben wurde.
Im September 1994 trat der Zweitantragsteller im Einvernehmen mit der Antragsgegnerin und dem Erstantragsteller an Stelle des Architekturbüros H***** & Partner in den Architekturvertrag als ARGE-Partner des Erstantragstellers ein.
Punkt 18.1 dieses Werkvertrages (Beilage ./A) lautet wie folgt:
"Für Streitigkeiten aus diesem Vertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gilt die Schiedsgerichtsordnung der österreichischen Bundesingenieurkammer als ausdrücklich vereinbart."
Als für die Entscheidung wesentlich ist aus Punkt 18.4 hervorzuheben:
"Sollten aus irgendeinem Grund Bestimmungen dieses Vertrages rechtsunwirksam sein, werden die übrigen davon nicht berührt.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, die rechtsunwirksame Bestimmung durch eine wirtschaftlich gleichwertige zu ersetzen."
Am 26. 7. 1996 brachten die Antragsteller die Schiedsklage gegen die Antragsgegnerin wegen Zahlung von S 5,242.092,15 sA beim Präsidenten der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten ein. Auf Grund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 26. 3. 1996, 1 Ob 641/95, wurde diese Schiedsklage am 7. 10. 1996 ohne Verzicht auf den Anspruch zurückgenommen, um einer unanfechtbaren Unzuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichtes zu entgehen.
Am 10. 6. 1998 wurde das Schiedsverfahren mittels Schiedsklage neuerlich in Gang gesetzt. Die Antragsteller erhoben eine Schiedsklage auf Zahlung von S 6,112.092,15 sA aus dem Werkvertrag. Sie beriefen sich auf die Schiedsklausel und forderten die Antragsgegnerin auf, einen Schiedsrichter namhaft zu machen, und bestellten einen Architekten zum Schiedsrichter.
Die Antragsgegnerin widersprach aus rechtlichen Gründen der Zulässigkeit der Anrufung eines Schiedsgerichtes, bestellte aber vorsorglich einen Schiedsrichter. Die von den Parteien ernannten Schiedsrichter konnten sich nicht auf einen Obmann einigen.
Mit dem am 23. 12. 1998 beim Erstgericht eingebrachten Schriftsatz beantragten die Antragsteller gemäß § 582 ZPO, einen Obmann für das auf Grund der Schiedsklage vom 10. 6. 1998 eingeleitete Schiedsverfahren zu bestellen. Die im Punkt 18.1 des Werkvertrages getroffene Schiedsvereinbarung sei gültig. Die Parteien seien bei Abschluss des Werkvertrages übereinstimmend davon ausgegangen, jedenfalls ein Schiedsgericht mit Sitz in Österreich zur Entscheidung über allfällige Streitigkeiten aus dem Vertrag zu berufen. Die Klausel stelle auf die Schiedsgerichtsordnung und nicht auf das Schiedsgericht der Ingenieurkammer ab. Diese Schiedsgerichtsordnung weiche von den Bestimmungen der §§ 577 ff ZPO nur insoweit ab, als die Schiedsrichterbestellung im Nichteinigungsfall einem Kammerorgan übertragen gewesen sei. Die Änderung des Ingenieurkammergesetzes 1969 durch das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 ändere nichts an der Gültigkeit der in den Einzelverträgen vereinbarten Schiedsklauseln. Schiedsverfahren auf der Grundlage "alter" Schiedsvereinbarungen seien nunmehr nach den Bestimmungen der §§ 577 ff ZPO abzuwickeln und die Bestellung der Schiedsrichter gemäß den Bestimmungen der §§ 581 ff ZPO vorzunehmen.
Die Antragsgegnerin beantragte zum einen die Zurückweisung des Antrages und zum anderen auszusprechen, dass das von den Antragstellern angerufene, nach den Bestimmungen der §§ 577 ff ZPO zu konstituierende Schiedsgericht für die beabsichtigte Schiedsklage unzuständig sei. Die im Werkvertrag enthaltene Schiedsklausel sei mangels Anschlusses der zitierten Schiedsgerichtsordnung zur Gänze wirkungslos. Die Schiedsgerichtsordnung der österreichischen Bundesingenieurkammer enthalte nämlich von den Regelungen der ZPO abweichende Vereinbarungen, wie etwa über die Schiedsrichterbestellung im Falle nicht erfolgter Namhaftmachung bzw Einigung. Da die Schiedsvereinbarung zur Gänze wirkungslos und nicht nur auf Grund der Außerkraftsetzung des Ingenieurkammergesetzes unwirksam geworden sei, sei eine ergänzende Auslegung der Schiedsvereinbarung im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 6 Ob 186/97i nicht möglich.
Das Erstgericht bestellte einen Wiener Rechtsanwalt zum Obmann des Schiedsgerichtes. Es meinte, nach dem wahren Willen der Vertragspartner müsse davon ausgegangen werden, dass sich diese jedenfalls einem Schiedsgericht hätten unterwerfen wollen, das im Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung noch existiert habe, und den Fall, dass dieses ersatzlos wegfalle, nicht bedacht hätten. Aus dem Wortlaut der Klausel ergebe sich, dass das Wesentliche die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes an sich und "nicht besonderer Willensbestandteil gerade nur die Beschäftigung der Bundesingenieurkammer" gewesen sei. Bestehe diese Möglichkeit der Anrufung des Schiedsgerichtes der Bundesingenieurkammer nicht mehr, so sei bei ergänzender Vertragsauslegung jedenfalls zu schließen, dass die Parteien bei einem Schiedsgericht hätten verharren wollen und nunmehr eines nach den allgemeinen Regeln der Zivilprozessordnung zu konstituieren hätten. Dass die Schiedsgerichtsordnung der Schiedsvereinbarung nicht angeschlossen gewesen sei, schade nicht. Selbst wenn die Vereinbarung der Schiedsgerichtsordnung mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam wäre, könnte die vereinbarte Schiedsgerichtsordnung nicht mehr zum Tragen kommen; sie sei nämlich im Zeitpunkt der Anrufung des nunmehrigen Schiedsgerichtes nicht mehr anwendbar. Deshalb seien Form- und Willensmängel, die nur diese Schiedsgerichtsordnung beträfen, für die Beurteilung der anderen Willenseinigungselemente der Parteien irrelevant und die Gültigkeit der schriftlichen Schiedsklausel per se zu beachten.
Infolge Rekurses der Antragsgegnerin änderte das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss dahingehend ab, dass es den Antrag der Antragsteller, einen Obmann für das auf Grund der Schiedsklage vom 10. 6. 1998 eingeleitete Schiedsverfahren der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin zu bestellen, zurückwies, es sprach weiters aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht bejahte die Anfechtbarkeit des erstgerichtlichen Beschlusses unter Hinweis auf die herrschende Lehre und Rechtsprechung, dass der Rechtsmittelausschluss des § 582 Abs 2 ZPO auf Fälle reduziert sei, in denen dem Antrag gesetzmäßig stattgegeben worden sei. Die Gesetzmäßigkeit der Antragsstattgebung sei nicht nur auf das Vorliegen der im § 582 ZPO unmittelbar genannten Voraussetzungen zu überprüfen. Es sei dabei auch von Bedeutung, ob der Schiedsvertrag infolge Einhaltung der Formvoraussetzungen gültig zustande gekommen sei und ob eine Schiedsgerichtsvereinbarung gegenüber dem Antragsgegner wirksam geltend gemacht werden könne; die Wirksamkeit eines bestellten Schiedsgerichtes iSd § 577 ZPO sei von der Gültigkeit und vom Umfang der Schiedsgerichtsvereinbarung abhängig. Der Antrag auf Bestellung des Obmanns iSd § 582 ZPO sei schon dann zurückzuweisen, wenn eine dieser Voraussetzungen fehle (SZ 45/55 mwN).
Der Einwand der Antragsgegnerin, die Schiedsvereinbarung sei nicht gültig zustande gekommen, weil die Schiedsgerichtsvereinbarung, die von den nicht zwingenden (schiedsgerichtlichen) Regelungen der ZPO - etwa über die Bestellung der Schiedsrichter bei Nichteinigung der Parteien - abweichende Bestimmungen enthalte, dem Werkvertrag nicht angeschlossen gewesen und daher dem Schriftformerfordernis des § 577 Abs 3 ZPO nicht entsprochen worden sei, sei nicht berechtigt, weil - anders als im Fall SZ 57/135, in dem besondere Richtlinien für die Ausschreibung und Vergabe der Vertragsurkunde nicht angeschlossen gewesen seien - es sich bei der hier nicht angeschlossenen Schiedsgerichtsordnung, der sich die Vertragsparteien ausdrücklich unterworfen hätten, um eine im Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung geltende Verordnung iSd Art 139 B-VG handle, sodass ihr Anschluss wegen ihrer Eigenschaft als generelle Rechtsvorschrift entbehrlich gewesen sei. Das Ingenieurkammergesetz 1969 sei durch das Ziviltechnikerkammergesetz (ZTKG), BGBl 1994/157, mit Ablauf des 31. 5. 1994 außer Kraft gesetzt worden. Letzteres enthalte keine das Schiedsgericht betreffende Regelung. Die institutionellen Kammerschiedsgerichte und die im § 16 IKG 1969 enthaltenen Bestimmungen über die Konstituierung des Schiedsgerichts und die Durchführung des Schiedsverfahrens seien daher weggefallen. Da in der Neuregelung die Ermächtigung der Bundesingenieurkammer, durch Verordnung eine Schiedsgerichtsordnung zu erlassen (§ 16 Abs 5 IKG 1969), nicht übernommen worden sei, sei die als Verordnung erlassene Schiedsgerichtsordnung der Bundesingenieurkammer mangels Übergangsbestimmung durch das ZTKG mit dessen Wirksamkeitsbeginn aufgehoben und daher unanwendbar geworden.
Der Oberste Gerichtshof habe sich bereits mehrfach mit dem rechtlichen Schicksal von Schiedsgerichtsvereinbarungen, in denen das Schiedsgericht der Ingenieurkammer und die für diese Schiedsgerichte erlassene Schiedsgerichtsordnung berufen worden waren, nach Außerkraftsetzung des IKG befasst und sei zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Ob der Wegfall des Kammer-Schiedsgerichts die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung berühre oder nicht, müsse nicht abschließend beantwortet werden. In beiden Fällen sei nämlich der gemäß § 582 ZPO gestellte Antrag zurückzuweisen:
Sei die Schiedsvereinbarung erloschen, könne es nicht zu einer Ersatzbestellung des Obmanns des Schiedsgerichts durch das staatliche Gericht kommen, weil dies die Gültigkeit der Schiedsabrede voraussetze. Im anderen Fall würde - entgegen der Auffassung des Erstgerichtes - die aufgehobene gesetzliche Regelung des Schiedsverfahrens und die aufgehobene Schiedsgerichtsordnung weiterhin als Vereinbarung der Parteien über das Verfahren gelten. Hätten aber die Parteien vereinbart, dass - wie im vorliegenden Fall - bei Uneinigkeit von Schiedsrichtern ein Dritter (der Kammervorstand) die Bestellung des Obmanns vorzunehmen habe, sei § 582 Z 2 ZPO gemäß § 585 ZPO nicht anzuwenden und deshalb der Antrag zurückzuweisen.
Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil der Oberste Gerichtshof über die Frage der weiteren Anwendbarkeit der aufgehobenen Regelung der Schiedsgerichtsordnung über die Bestellung des Obmanns noch nicht entschieden habe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss des Rekursgerichtes aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses auch berechtigt:
Vorweg ist festzuhalten, dass die Rechtsansicht des Rekursgerichtes zutreffend ist, dass die Schiedsvereinbarung gültig zustande gekommen ist, auch wenn die Schiedsgerichtsordnung nicht angeschlossen gewesen ist, da es sich bei dieser um eine generelle Rechtsvorschrift im Verordnungsrang handelte, über die sich die Vertragspartner selbst leicht informieren konnten; zutreffend ist auch die Rechtsauffassung, dass auch der Einzelrechtsnachfolger einer Vertragspartei in die Schiedsvereinbarung eintritt, ohne dass es nochmals des gesonderten Beitritts des Einzelrechtsnachfolgers zum Schiedsvertrag in der Form des § 577 Abs 3 ZPO bedarf (SZ 68/112; SZ 69/73 ua); diesbezüglich genügt es, auf die rekursgerichtliche Entscheidung (S 10 letzter Absatz - S 15 erster Absatz) zu verweisen.
Nicht geteilt werden kann jedoch die Ansicht des Rekursgerichtes, dass die Frage, ob der Wegfall des Kammer-Schiedsgerichts und Aufhebung der Regelung über das Schiedsverfahren und der Schiedsgerichtsordnung die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung berühre oder nicht, dahingestellt bleiben könne. Es ist zwar zutreffend, dass es auch nach dem ZTKG einen Kammervorstand gibt, doch steht diesem infolge ersatzloser Aufhebung der institutionellen Kammerschiedsgerichtsbarkeit und der Schiedsgerichtsordnung nicht mehr die Befugnis zu, bei Nichteinigung der Schiedsrichter auf einen Obmann einen solchen zu bestellen. Die Kammern der Architekten und Ingenieurkonsulenten lehnen es folgerichtig auch ab, in diesem Sinn tätig zu werden, weil nach ihrer Ansicht solche Schiedsverfahren nunmehr nach den Bestimmungen der ZPO abzuwickeln seien (Beilage ./C). Da dem "Dritten" (Kammervorstand) nun nicht mehr die Berechtigung zusteht, bei Nichteinigung der Schiedsrichter auf einen Obmann einen solchen zu bestellen - und sich dieser auch nicht eine solche arrogieren will -, nähert sich die Rechtsansicht des Rekursgerichtes einer Rechtsverweigerung, weil dadurch den Antragstellern jedenfalls die Möglichkeit genommen wird, ihren Rechtsstreit vor einem Schiedsgericht auszutragen, wofür gerade in einem Fall wie dem vorliegenden gewichtige Gründe sprechen (vgl dazu Fasching LB2 Rz 2165).
Es muss daher sehr wohl geprüft werden, ob im vorliegenden Fall die ersatzlose Aufhebung der Kammer-Schiedsgerichtsbarkeit die Gültigkeit der vor der Rechtsänderung wirksam getroffenen Schiedsvereinbarung berührt oder nicht.
Wie bereits erwähnt, hatte sich der Oberste Gerichtshof mit dem rechtlichen Schicksal von Schiedsgerichtsvereinbarungen, in denen das Schiedsgericht der Ingenieurkammer und die für dieses Schiedsgericht erlassene Schiedsgerichtsordnung berufen worden waren, nach Außerkrafttreten des IKG 1969 bereits mehrfach zu befassen gehabt.
In der Entscheidung vom 21. 2. 1996, 7 Ob 502/96, unterschied der Oberste Gerichtshof zwischen dem eigentlichen Schiedsvertrag und einer zusätzlich möglichen Vereinbarung über das schiedsgerichtliche Verfahren. Die ersatzlose Behebung einer der das Verfahren betreffenden Norm lasse noch nicht darauf schließen, dass die Parteien in diesem Fall den gänzlichen Entfall des Schiedsvertrages vereinbart haben wollten. Enthalte die strittige Schiedsklausel nämlich den eigentlichen Schiedsvertrag und darüber hinaus noch die Vereinbarung über das schiedsgerichtliche Verfahren, sei anzunehmen, dass die Parteien von einer zeitlich unbeschränkten Geltungsdauer der entsprechenden Verfahrensbestimmungen ausgegangen seien und sie somit diese Verfahrensabmachung auch noch für den Fall einer ersatzlosenBehebung der betreffenden Norm weiterhin angewendet wissen wollten.
Ohne Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung kam der Oberste
Gerichtshof in der Entscheidung vom 26. 3. 1996, 1 Ob 641/95 = SZ
69/73 = EvBl 1996/130 = ecolex 1996, 672 (zust Wilhelm) zu einem
anderen Ergebnis. In analoger Erweiterung des § 583 Abs 2 Z 1 ZPO meinte der 1. Senat, dass die Schiedsvereinbarung dann, wenn das in einem Gesetz als Organ einer beruflichen Standesvertretung eingerichtete, von den Parteien zur Entscheidung von Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis berufene Schiedsgericht infolge Änderung des Gesetzes weggefallen sei, die Schiedsvereinbarung von selbst erlösche, ohne dass es zu deren Außerkraftsetzung eines besonderen rechtsgestaltenden richterlichen Ausspruches (wie dies § 583 ZPO an sich vorsehe) bedürfe. Daran könne auch nichts ändern, dass die Parteien eines Schiedsvertrages gegebenenfalls das gemäß den §§ 577 ff ZPO berufene Schiedsgericht in zulässiger privatautonomer Vertragsgestaltung der (ehemaligen) Schiedsgerichtsordnung unterwerfen könnten. Das institutionelle Kammer-Schiedsgericht mit den zwingenden rechtlichen Besonderheiten des § 16 IKG 1969 könne aber nicht mehr begründet werden.
In beiden Fällen war die Klage vor Einleitung eines Schiedsverfahrens vor dem ordentlichen Zivilgericht erhoben worden. Die Beklagten hatten jeweils die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit unter Hinweis auf die Schiedsvereinbarung erhoben.
Im Fall der Entscheidung vom 24. 7. 1997, 6 Ob 186/97i = SZ 70/156 = EvBl 1998/5, hatte der Oberste Gerichtshof zu prüfen, ob ein bereits gefällter Schiedsspruch gemäß § 595 Abs 1 Z 1 ZPO aufzuheben sei, wenn die das schiedsgerichtliche Verfahren regelnde Bestimmung vor der Entscheidung des Schiedsgerichtes außer Kraft gesetzt wurde. Der Kläger hatte die Schiedsklage nach Außerkrafttreten des IKG 1969 beim Präsidenten der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten eingebracht und sich dabei auf die vereinbarte Schiedsklausel berufen. Dem vom Beklagten erhobenen Unzuständigkeitseinwand war der Kläger entgegengetreten. Das Schiedsgericht hatte sich konstituiert, das Verfahren durchgeführt und einen Schiedsspruch gefällt. Der 6. Senat meinte, auch wenn man die in der Entscheidung des 1. Senates vertretene Auffassung, wonach das Außerkrafttreten des IKG 1969 den darauf gestützten Schiedsgerichtsvereinbarungen die erforderlichen Rechtsgrundlagen entzogen habe, grundsätzlich teile, könnten sich im Einzelfall Umstände ergeben, auf Grund derer die (ergänzende) Auslegung der konkret getroffenen Schiedsvereinbarung zu einem anderen Ergebnis führe. Aus dem Verhalten des Klägers und des Beklagten, der sich zu keinem Zeitpunkt, auch nicht anlässlich der im Schiedsverfahren erhobenen Unzuständigkeitseinrede, auf das Außerkrafttreten der Schiedsgerichtsvereinbarung berufen habe, schloss er auf den hypothetischen Willen der Parteien, die Schiedsklausel nicht an die Geltung des IKG 1969 zu binden, sondern - davon unabhängig - eine zeitlich unbestimmte Geltungsdauer ins Auge zu fassen. Das Außerkrafttreten des IKG 1969 habe daher die Wirksamkeit des Schiedsvertrages nicht berührt.
Der erkennende Senat hält die Ansicht des 6. Senates, dass sich auch unter Zugrundelegung der Auffassung des 1. Senates im Einzelfall Umstände ergeben können, auf Grund derer die Auslegung der konkret getroffenen Schiedsvereinbarung zu deren Weitergeltung führen könne, für überzeugend und mit der Ansicht des 1. Senates grundsätzlich vereinbar; dies lässt sich aus der oben wiedergegebenen Bemerkung des 1. Senates entnehmen, dass die Parteien ein derartiges Schiedsgericht auch heute noch privatautonom vereinbaren könnten.
Gerade in einem - wie vorliegend - internationalen Fall wird häufig der hypothetische Wille beider Parteien darauf gerichtet sein, unter allen Umständen eine schiedsrichterliche Streiterledigung zu suchen. Dies lässt sich im vorliegenden Fall aus dem Vertrag (Beilage ./A) deutlich erkennen. Zwar haben die Parteien nach Punkt 18.1 für Streitigkeiten aus diesem Vertrag die Schiedsgerichtsordnung der österreichischen Bundesingenieurkammer ausdrücklich vereinbart und ist dort nicht davon die Rede, dass Streitigkeiten jedenfalls vor einem inländischen Schiedsgericht zu erheben sind. Jedoch wurde im Punkt 18.4 ua vereinbart, dass dann, wenn aus irgendeinem Grund Bestimmungen dieses Vertrages rechtsunwirksam seien, die übrigen davon nicht berührt würden, und sich die Vertragspartner verpflichteten, die unwirksame Bestimmung durch eine wirtschaftlich gleichwertige zu ersetzen. In Punkt 18.5 wurde festgehalten, dass im Zweifel der Erfüllungsort Wien ist.
Hieraus erhellt eindeutig, dass es den Vertragsparteien wesentlich war, jedenfalls vor einem inländischen Schiedsgericht ihre allfälligen Rechtsstreitigkeiten auszutragen. Da die vorgesehene Schiedsgerichtsordnung betreffend die Bestellung des Obmanns infolge ersatzloser und übergangsloser Aufhebung der Kammer-Schiedsgerichtsbarkeit jedenfalls insoweit nicht mehr angewendet werden kann, der Vertrag aber vorsieht, dass eine rechtsunwirksame - und somit auch eine rechtsunwirksam gewordene - Vertragsbestimmung durch eine wirtschaftlich gleichwertige zu ersetzen ist, ist es mangels näherliegenderer Norm oder konkreten Hinweises im Vertrag geboten, auf die Bestimmungen der ZPO zumindest soweit zurückzugreifen, dass das gültig vereinbarte Schiedsgericht tätig werden kann. Können sich die beiden bestellten Schiedsrichter nicht über die Person des Obmannes einigen und kann der vertragsmäßig dafür bestellte Dritte (Kammervorstand) wegen Verlustes seiner diesbezüglichen Funktion infolge Aufhebung der diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr tätig werden, findet § 585 ZPO keine Anwendung, sondern hat das Gericht gemäß § 582 ZPO auf Antrag den Obmann zu bestellen. Dies hat das Erstgericht zutreffend getan.
Da gegen die Person des Obmanns keine Bedenken bestehen und auch von keiner Seite solche erhoben wurden, ist in Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses der erstgerichtliche Beschluss wieder herzustellen.
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