OGH 8Ob171/97y

OGH8Ob171/97y10.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Hradil als weitere Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin Gerlinde J*****, vertreten durch Dr.Kurt Dellisch, Rechtsanwalt in Klagenfurt (Masseverwalter Dr.Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Konkursgläubiger Wilhelm J***** GmbH & Co KG, ***** und S***** GmbH & Co KG, ***** beide vormals vertreten durch Eisenberger-Herzog- Nierhaus-Forcher und Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 17.April 1997, GZ 3 R 81/97z-68, mit dem der Rekurs der genannten Konkursgläubiger als verspätet zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die Stellungnahme des Masseverwalters zu dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 18.3.1997, der am 20.3.1997 an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes angeschlagen wurde, wurde der verfahrensgegenständliche Konkurs gemäß § 166 KO aufgehoben.

Dagegen erhoben in einem gemeinsamen Schriftsatz, der am 4.4.1997 zur Post gegeben wurde, zwei deutsche Konkursgläubiger, vertreten durch einen österreichischen Rechtsanwalt, Rekurs. Dieser Rekurs wurde vom Rekursgericht als verspätet zurückgewiesen, weil er erst am 15.Tag nach Anschlag des angefochtenen Beschlusses an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes zur Post gegeben worden sei. Das Konkursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-

übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der beiden Konkursgläubiger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den rekursgerichtlichen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen; hilfsweise stellen sie auch einen Aufhebungsantrag.

Der Masseverwalter erstattete eine "Stellungnahme" zu diesem Rechtsmittel.

Diese ist zurückzuweisen, weil das konkursrechtliche Rechtsmittelverfahren gemäß § 171 KO iVm §§ 514 und 521a ZPO einseitig ist und solche Stellungnahmen nicht vorgesehen sind.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zwar zulässig, weil zu der von den Rechtsmittelwerbern aufgeworfenen Frage, ob Art 5 des deutsch-österreichischen Konkursabkommens, BGBl 1985/233, § 174 Abs 2 KO derogiere, oberstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Er ist aber nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber meinen, es hätte dem Konkursgericht bekannt sein müssen, daß die Gemeinschuldnerin auch einen gewöhnlichen Aufenthalt und beträchtliches Vermögen in Deutschland habe. Dennoch sei entgegen § 75 Abs 1 Z 2 lit a KO (iVm §§ 168 und 79 KO), weder am gewöhnlichen Aufenthalt der Gemeinschuldnerin in Österreich (St.Veit an der Glan) noch in Deutschland dieses Edikt betreffend die Aufhebung des Konkurses angeschlagen worden. Hinzu komme, daß gemäß Art 5 des deutsch-öster- reichischen Konkursabkommens die Eröffnung und die Beendigung des Konkursverfahrens in dem einen Vertragsstaat (Österreich) im anderen Vertragsstaat (Deutschland) auf Veranlassung des Konkursgerichtes bekannt zu machen gewesen wäre. Bei dem genannten Abkommen handle es sich um eine lex specialis gegenüber der österreichischen Konkursordnung; den Bestimmungen des Art 5 des Abkommens komme Priorität gegenüber den Bestimmungen des § 174 Abs 2 KO zu. Überdies würde es durch die Anwendung des § 174 Abs 2 KO auch gegenüber ausländischen Konkursgläubigern, die vom Anschlag einer österreichischen Gerichtstafel kaum Kenntnis erlangen könnten, und die durch Art 5 des genannten Abkommens in diesem Bereich besonders geschützt werden sollten, zu einer vertragswidrigen Benachteiligung kommen. Sei die Bekanntmachung in Deutschland unterblieben, könne die Rekursfrist nur von der Zustellung dieses Beschlusses an die Konkursgläubiger bzw im vorliegenden Fall an deren bevollmächtigte deutsche Anwälte zu laufen beginnen.

Abgesehen davon, daß die Rekurswerber im Konkursverfahren ohnedies durch inländische Rechtsanwälte vertreten waren, ist diesen Ausführungen entgegenzuhalten, daß - wie schon das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat - nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung (SZ 27/ 281; EvBl 1964/232; 1970/367 ua) der Anschlag an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes die Wirkung der Zustellung an alle Beteiligten hat; die Zustellung des Beschlusses an die Beteiligten selbst ist ohne rechtliche Wirkung. Die Rechtsmittelfrist beginnt für alle Beteiligten mit diesem öffentlichen Anschlag an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes, unabhängig davon, ob und wann die Zustellung an sie erfolgt ist. Ohne rechtliche Bedeutung ist auch, ob und wann das Edikt an anderen Amtstafeln angeschlagen und in den Zeitungen veröffentlicht wurde (EvBl 1964/232).

Art 5 des genannten deutsch-österreichischen Konkursabkommens derogiert § 174 Abs 2 KO nicht. Diese Bestimmung sieht nur - ergänzend zu § 75 KO - vor, daß die Eröffnung des Konkursverfahrens in dem einen Vertragsstaat in dem anderen auf Veranlassung des Konkursgerichtes bekannt zu machen ist, wenn anzunehmen ist, daß sich in diesem Staat eine Niederlassung, ein Sitz, ein gewöhnlicher Aufenthalt, Gläubiger oder Vermögenswerte des Gemein- schuldners befinden; in Deutschland hat die Bekanntmachung im "Bundesanzeiger" zu erfolgen. Gleiches ist für die Beendigung des Konkurses angeordnet: Ist die Eröffnung des Konkurses in dem anderen Vertragsstaat bekannt gemacht worden, so ist die Beendigung in gleicher Weise bekannt zu machen.

Auch wenn man das deutsch-österreichische Abkommen dahingehend ergänzend interpretieren wollte, daß die Konkurseröffnung und -aufhebung nicht nur im "Bundesanzeiger", sondern auch an der Gerichtstafel des Amtsgerichtes, in dessen Sprengel die Gemeinschuldnerin in Deutschland einen weiteren gewöhnlichen Aufenthalt haben soll, gemäß § 75 Abs 1 Z 2 lit a iVm §§ 168 und 79 KO anzuschlagen gewesen wäre (vgl Art 5 Abs 2 des Abkommens betreffend die Eintragung in öffentliche Bücher und Register), ändert dies nichts daran, daß einem derartigen zusätzlichen Anschlag, auch wenn es sich um einen Anschlag bei einem ausländischen (deutschen) Gericht handelt, nicht die Bedeutung zukommen kann, daß für deutsche Konkurs- gläubiger die Rechtsmittelfrist zu einem anderen Zeitpunkt als für inländische Konkursgläubiger zu laufen beginnt. Gleich wie für alle anderen Konkursgläubiger, gleichgültig ob es sich um inländische oder ausländische handelt - das Gesetz unterscheidet hier nicht -, beginnt die Rechtsmittelfrist auch für sie mit dem Anschlag an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes und nicht mit der Zustellung an sie bzw ihre deutschen Bevollmächtigten.

Die Zurückweisung des erst am 15.Tag nach dem Anschlag des Edikts über die Aufhebung des Konkurses an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes zur Post gegebenen Rekurses durch das Rekursgericht erfolgte daher zu Recht.

Ein Kostenzuspruch für dieses Rechtsmittel hat nicht nur wegen seiner Erfolglosigkeit, sondern vor allem deshalb zu entfallen, weil ein Kostenersatz im Konkursverfahren nicht vorgesehen ist (§ 173 Abs 1 KO).

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