OGH 8Ob171/66

OGH8Ob171/6621.6.1966

SZ 39/114

Normen

ABGB §1295
ZPO §§41 ff
ABGB §1295
ZPO §§41 ff

 

Spruch:

Die Kosten eines verlorenen Prozesses sind kein einen Schadenersatzanspruch begrundender Rettungsaufwand, wenn dem Beklagten kein besonderes Verschulden zur Last fällt

Entscheidung vom 21. Juni 1966, 8 Ob 171/66

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien

Text

Der Beklagte war in einem gegen die früheren Eigentümer der Liegenschaft EZ. 2026 KG. L. anhängigen Exekutionsverfahren Zwangsverwalter. Er bediente sich zur Erfüllung der ihm als Zwangsverwalter obliegenden Aufgaben der Hermine B. Am 5. Oktober 1961 wurde zwischen der "Inhabung des Hauses, vertreten durch den Beklagten, dieser wieder vertreten durch die Gebäudeverwalterin Hermine B." einerseits und dem Kläger sowie Erika U. anderseits bezüglich bestimmter in diesem Hause befindlicher Geschäftsräumlichkeiten ein Mietvertrag abgeschlossen. Den Mietern wurde das Recht eingeräumt, innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren einen anderen Mieter namhaft zu machen und bauliche Umgestaltungen vorzunehmen. Da die Hausinhabung nach Einstellung der Zwangsverwaltung ihre Zustimmung zu den baulichen Veränderungen verweigerte, brachten der nunmehrige Kläger und Erika U. eine Klage auf Erteilung der Zustimmung zu der beabsichtigten Bauführung ein. Sie verloren jedoch den Prozeß, weil es an der im Hinblick auf die Art der Sondervereinbarungen nach §§ 111f. EO. erforderlichen Genehmigung des Exekutionsgerichtes fehlte. Nunmehr wurden der jetzige Kläger und Erika U. von der Hausinhabung auf Räumung geklagt. Bezüglich des jetzigen Klägers, der noch nicht in den Besitz der Bestandsache gelangt war, wurde die Räumungsklage abgewiesen. Bezüglich der Erika U. wurde dem Klagebegehren stattgegeben. Erika U. erhob jedoch eine Vollstreckungsgegenklage, die sie darauf grundete, daß zwischen ihr und der Hausinhabung nachträglich ein neues Mietverhältnis begrundet worden sei. Dieser Rechtsstreit endete mit einem Versäumungsurteil im Sinne der Vollstreckungsgegenklage. Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage den Ersatz der von ihm am Bestandgegenstand gemachten Aufwendungen einschließlich der ihm im verlorenen Rechtsstreit erwachsenen Prozeßkosten.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Er war der Ansicht, dem Kläger sei kein Schade entstanden, weil es letztlich nicht zur Räumung des Bestandgegenstandes gekommen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers hinsichtlich des Prozeßkostenbetrages von 6988.45 S samt Anhang nicht Folge. Es war der Ansicht, dem Kläger habe im Hinblick auf das Fehlen der nach der Sachlage erforderlichen Genehmigung des Bestandvertrages durch das Exekutionsgericht von vornherein klar sein müssen, daß die Klagsführung auf Zustimmung zu den im Bestandvertrag vorgesehenen baulichen Veränderungen keine Aussicht auf Erfolg habe. Im übrigen hob das Berufungsgericht das Ersturteil wegen mangelnder Spruchreife ohne Rechtskraftvorbehalt auf.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers gegen das zweitgerichtliche Teilurteil nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision ist zulässig, weil eine bestätigende Entscheidung im Sinn des § 502 (3) ZPO. nicht vorliegt, wenn das Ersturteil teils bestätigt und teils aufgehoben wurde (vgl. EvBl. 1959 Nr. 207, SZ. XXVII 112 u. a.).

Der Kläger wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, von einem nützlichen Rettungsaufwand könne bei den aufgelaufenen Prozeßkosten nicht gesprochen werden, weil der Kläger die Prozeßführung von vornherein als aussichtslos habe erkennen können. Die Unrichtigkeit dieser Ansicht ergebe sich schon daraus, daß der Kläger in erster Instanz sogar Recht bekommen habe.

Von einem nützlichen Rettungsaufwand kann aber bei den gegenständlichen Prozeßkosten schon deshalb keine Rede sein, weil der in diesem Prozeß geltend gemachte Anspruch gar nicht bestand, die Klage daher abgewiesen wurde.

Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Ersatz der Kosten des verlorenen Prozesses käme daher nur dann in Betracht, wenn gesagt werden könnte, der Kläger sei durch ein Verschulden des Beklagten veranlaßt worden, den Anspruch auf Zuhaltung der im Bestandvertrag vorgesehenen Vereinbarung, betreffend die Vornahme baulicher Veränderungen, mit Klage geltend zu machen. Insoweit hätte ein Zusammenhang zwischen diesem Anspruch und dem übrigen Schadenersatzanspruch angenommen werden können, weshalb auch der Anspruch ungeachtet des Umstandes, daß die Prozeßkosten 15.000 S nicht erreichen, gemäß § 55 JN. zusammen mit dem übrigen Anspruch beim Gerichtshof geltend gemacht werden konnte. Ein Verschulden des Beklagten in dieser Richtung ist aber nicht nachgewiesen. Die Tatsache allein, daß möglicherweise - was noch zu klären sein wird - dem Beklagten ein Verschulden daran zur Last fällt, daß der Kläger zwecklose Aufwendungen am Bestandgegenstand gemacht hat, reicht nicht hin, um auch ein Verschulden an der erfolglosen Prozeßführung annehmen zu können. Dem Beklagten müßte ein Vorwurf in der Richtung zu machen sein, daß der Kläger gerade den nicht bestehenden Anspruch auf Zuhaltung des für die Hauseigentümer nicht verbindlichen Vertrages mit Klage geltend machte, was etwa dann der Fall wäre, wenn der Beklagte den Kläger über entscheidende Umstände unrichtig unterrichtet und so veranlaßt hätte, daß für den Kläger die Ungültigkeit des Vertrages nicht rechtzeitig erkennbar wurde. Ein so geartetes schuldhaftes Verhalten des Beklagten ist nicht hervorgekommen. Dem Berufungsgerichte ist vielmehr darin beizupflichten, daß der Kläger schon auf Grund des Inhaltes der ihm zugänglichen Akten die Unverbindlichkeit des Bestandvertrages für die Hauseigentümer wegen Fehlens der erforderlichen Genehmigung des Exekutionsgerichtes ohne weiteres hätte erkennen können.

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