OGH 8Ob16/87

OGH8Ob16/8726.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Milomir T***, Hilfsarbeiter, Himbergerstraße 33, 1100 Wien, vertreten durch Dr. Helmut Meindl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Erich P***, Revierfahrer, Himbergerstraße 59, 1100 Wien, und 2.) Z*** K*** Versicherungen Aktiengesellschaft, Schwarzenbergplatz 15, 1010 Wien, beide vertreten durch Dr. Ingo Ubl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 186.177,26 S s.A. infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Dezember 1986, GZ 18 R 271/86-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. Juni 1986, GZ 40 Cg 823/84-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 7.807,99 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 960,-- S an Barauslagen und 622,54 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 3. Jänner 1982 ereignete sich im 10. Wiener Gemeindebezirk ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Fußgänger und der Erstbeklagte als Lenker des bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW W 638.005 beteiligt waren. Dabei wurde der Kläger schwer verletzt. Mit der am 2. Juni 1982 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte Milomir T*** von Erich P*** und der Z*** K*** Versicherungen Aktiengesellschaft aus dem Titel des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall ausgehend vom alleinigen Verschulden des Erstbeklagten den Zuspruch eines Betrages von 150.000,-- S an Schmerzengeld sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien "für sämtliche aus dem Verkehrsunfall vom 3. Jänner 1982 entstandenen und in Zukunft entstehenden Schäden, wobei die Haftung der Zweitbeklagten auf die Versicherungssumme beschränkt ist". Zur Begründung des Schmerzengeldbegehrens wurde in der am 21. Mai 1982 verfaßten Klage vorgebracht, daß der Kläger bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall einen Oberschenkelbruch links, einen Beckenbruch, Zerreißung des Darmgekröses, zahlreiche Abschürfungen und Rißquetschwunden erlitten habe und "zunächst unter Vorbehalt weiterer Ausdehnung" ein Schmerzengeld von 150.000,-- S begehre. Zum Feststellungsbegehren führte er aus, daß derzeit nicht feststehe, in welchem Umfang Dauerfolgen zurückbleiben werden, Dauerfolgen aber mit Sicherheit angenommen werden könnten (32 Cg 735/82 des Erstgerichtes). Da die Beklagten zur ersten Tagsatzung nicht erschienen waren, zu dieser Zeit aber nur die Ladung der Zweitbeklagten ausgewiesen war, fällte das Erstgericht am 25. Juni 1982 hinsichtlich der Zweitbeklagten ein Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens und behielt es ein solches hinsichtlich des Erstbeklagten vor. Nach Einlangen des Zustellscheines über die Ladung des Erstbeklagten zur ersten Tagsatzung erließ das Erstgericht auch gegen den Erstbeklagten das begehrte Versäumungsurteil.

Mit der am 31. Dezember 1984 überreichten Klage begehrte Milomir T*** die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Bezahlung eines weiteren Betrages von 187.177,26 S s.A., und zwar für Verdienstentgang, Taxikosten und Kleiderschaden im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Unfall den Betrag von 36.177,26 S und für restliches Schmerzengeld 150.000,-- S. Zu dem im Revisionsverfahren allein strittig gebliebenen Schmerzengeldbegehren führte der Kläger im wesentlichen folgendes aus:

Er habe bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall einen Oberschenkelbruch links, Bauchprellungen mit Serosarissen, Rippenbrüche links, einen Schambeinbruch links, einen Bruch des 5. Mittelfußknochens rechts, eine ausgedehnte Nierenblutung sowie eine Beckenvenenthrombose und ein posstraumatisches Syndrom des linken Beines erlitten und sich zunächst in Behandlung des AU-Krankenhauses Meidling befunden. Der Heilungsverlauf sei überaus ungünstig gewesen und hätten ausgedehnte Nachbehandlungen durchgeführt werden müssen. Trotzdem habe ein Endausheilungszustand nicht erreicht werden können und seien derzeit erhebliche Dauerfolgen vorhanden, insbesondere im Bereich des verletzten linken Beines, das derzeit nur in geringem Maße belastbar sei. Für die erlittenen Verletzungen begehre er ein angemessenes Schmerzengeld von 300.000,-- S. Da die Beklagten darauf bereits am 30. August 1982 einen Betrag von 150.000,-- S bezahlt hätten, hafteten zumindest noch restliche 150.000,-- S offen aus.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Schmerzengeldanspruch des Klägers sei durch die beiden Versäumungsurteile rechtskräftig erledigt worden. Das Schmerzengeld stelle nämlich grundsätzlich eine Globalabfindung für alle eingetretenen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen durch die Unfallsfolgen dar. Zur Zeit der ersten Klagsführung sei der Gesamtkomplex der zu berücksichtigenden Schmerzen bereits absehbar gewesen. In Erwiderung dazu brachte der Kläger ergänzend vor, daß mit seiner ersten Klage keine Globalabfindung seines Schmerzengeldanspruches begehrt worden sei, er vielmehr ein Teilschmerzengeld geltend gemacht habe; er habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er sich die Erhöhung seines Schmerzengeldanspruches ausdrücklich vorbehalte, weil der Gesamtanspruch zur damaligen Zeit infolge eines nicht abschätzbaren Heilungsverlaufes noch nicht bekannt gewesen sei; in der Folge sei tatsächlich eine Verschlechterung seines Zustandes eingetreten. Damit sei lediglich ein Teilschmerzengeldanspruch rechtskräftig erledigt, auf den er in der vorliegenden Klage auch entsprechend Rücksicht genommen habe. Das Erstgericht sprach dem Kläger den Betrag von 36.177,26 S samt Anhang zu und wies das auf Bezahlung eines weiteren Schmerzengeldes von 150.000,-- S s.A. gerichtete Mehrbegehren sowie ein Zinsenmehrbegehren ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen folgende für das Schmerzengeldbegehren bedeutsame Feststellungen:

Der Kläger erlitt bei dem Verkehrsunfall einen schweren Schock, wobei zur Zeit der Einlieferung ins Krankenhaus akute Lebensgefahr wegen Blutverlustes bestand, ferner einen Querbruch des linken Oberschenkels, einen Bruch des linken unteren Schambeinastes ohne wesentliche Verschiebung, einen Bruch an der Basis des fünften rechten Mittelfußknochens, eine Prellung der Nieren mit Hämaturie, eine 3 cm lange Rißquetschwunde am Hinterhaupt, eine tiefe Abschürfung über dem linken Oberschenkel im Bruchbereich, multiple Prellungen und Abschürfungen, insbesondere an Händen und Füßen, sowie eine Bauchprellung mit Serosaeinrissen im Dünndarmbereich und Blutaustritt in den freien Bauchraum. Im Unfallkrankenhaus wurde zunächst mit der Schockbehandlung begonnen, die Wunden gereinigt und genäht und die Oberschenkelfraktur in einer Extension ruhig gestellt. Der Kläger mußte wegen des schweren lebensbedrohlichen Schockzustandes die ersten fünf Tage auf der Intensivstation verbringen. Im Verlauf der Heilbehandlung kam es zu einer massiven Weichteilinfektion im Bereich der tiefen Abschürfungen am linken Oberschenkel, weshalb die offensichtlich geplante Operation des Oberschenkelbruches nicht vorgenommen werden konnte. Nach Extensionsbehandlung wurde der Kläger ab dem 4. März 1982 in einem Brust-Becken-Bein-Gipsverband ruhig gestellt. Diese therapeutische Maßnahme ist eine schwere Belastung für den Patienten. Er ist ab dem Brustraum mit Einschluß des Beckenringes und der verletzten unteren Extremität vollkommen eingeschlossen, dadurch kaum gehfähig und weitgehend unbeweglich; er kann auch ohne Hilfe kaum auskommen, und zwar insbesondere auch bei der Stuhl- und Harnentleerung und Körperreinigung. Diese einengende therapeutische Maßnahme blieb bis zum 1. Juni 1982. Im Verlauf der Behandlung kam es zum Auftreten von Blut im Harn, wobei durch eine intravenöse Pyelographie eine fragliche Kapselblutung an der Niere festgestellt wurde, ferner zu einer - folgenlos abgeheilten - Nebenhodenentzündung und einer - ebenfalls folgenlos abgeheilten - Nebenhöhlenentzündung im Bereich der Stirnhöhle. Außerdem trat eine Beckenvenenthrombose am verletzten linken Bein auf. Trotz therapeutischer Maßnahmen konnten die Verletzungen der tiefen, abführenden Venen im linken Beckenbereich nicht behoben werden. Es bestehen daher alle Zeichen des postthrombotischen Syndroms am linken Bein: Stauungsflecken, Venectasien, Schwellneigung, Spannungs- und Schweregefühl, bimalleoläres Ödem und bräunliche Pigmentierung am Unterschenkel. Diese Symptome sind Zeichen der venösen Insuffizienz am linken Bein. Am 25. März 1982 wurde der Kläger vom Unfallkrankenhaus in ein Rehabilitationszentrum überstellt, wo er bis zum 14. April 1982 und, nach einem bis zum 20. April 1982 dauernden neuerlichen Aufenthalt im Unfallkrankenhaus zum Wechsel des Becken-Bein-Gipsverbandes und einer Röntgenkontrolle schließlich bis zum 30. Juli 1982 verblieb. Das Heilverfahren war am 15. August 1982 abgeschlossen. Die Komplikationen des Heilungsverlaufes lagen vor dem 25. Juni 1982. Seit diesem Zeitpunkt liegt kein atypischer Heilungsverlauf vor, sondern es waren die Schmerzen, die der Kläger in der Folge erlitt, absehbar. Auch die Beckenvenenthrombose war schon im März 1982 aufgetreten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß das mit den Versäumungsurteilen zugesprochene Schmerzengeld sämtliche zum Zeitpunkt der Urteilsfällung aufgetretenen sowie zukünftige Schmerzen umfasse, die absehbar seien und nicht das gewöhnliche Maß überschritten. Das Schmerzengeld stelle nämlich grundsätzlich eine Globalabfindung der erlittenen Verletzungen und psychischen Schmerzen dar. Die Bemessung für einen begrenzten Zeitraum sei nur dann zulässig, wenn die Folgen der Körperbeschädigung nicht vorhersehbar seien, was der Kläger in der Klage darzutun habe. Die in der ersten Klage enthaltene, prozessual und materiell irrelevate Floskel "vorbehaltlich weiterer Ausdehnung" ändere nichts, weil der Kläger, hätte er die dargelegten Folgen vermeiden wollen, ausdrücklich in die Klage hätte aufnehmen müssen, daß es sich bei dem begehrten Schmerzengeld um ein Teilschmerzengeld handle und aus welchen Gründen nur ein Teilschmerzengeld begehrt werde.

Das Gericht zweiter Instanz gab der vom Kläger gegen die Abweisung des restlichen Schmerzengeldbegehrens erhobenen Berufung Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes, das im klagsstattgebenden Teil und hinsichtlich der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens als nicht in Beschwerde gezogen unberührt geblieben war, dahin ab, daß es dem Kläger insgesamt den Betrag von 186.177,26 S samt Anhang zusprach und gleich dem Erstgericht das Zinsenmehrbegehren abwies, wobei es die Revision zuließ. Das Berufungsgericht erachtete die in der Berufung geltend gemachten Beweis- und Verfahrensrügen als nicht begründet und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Von diesen Feststellungen ausgehend erkannte es auch der Rechtsrüge des Klägers Berechtigung zu. Dazu führte das Berufungsgericht im wesentlichen folgendes aus:

Richtig sei wohl, daß nach ständiger Rechtsprechung das Schmerzengeld grundsätzlich global zu bemessen sei (ZVR 1985/39), weshalb eine zeitliche Begrenzung des Schmerzengeldes oder die Geltendmachung bloß eines Teilbetrages nur aus besonderen, vom Kläger darzulegenden Gründen zulässig sei (ZVR 1979/308, 1983/345 ua). Unzutreffend sei jedoch der Schluß, den die Beklagten und das Erstgericht aus dieser Rechtslage gezogen hätten. Selbst wenn nämlich dem Kläger mit den Versäumungsurteilen unzulässigerweise nur ein Teilschmerzengeld zugesprochen worden wäre, wäre dieser Mangel durch die Rechtskraft der Urteile geheilt. Es komme daher nur darauf an, ob der Kläger in der ersten Klage bloß einen Teil seines Schmerzengeldanspruches geltend gemacht habe. Dies sei aber aus dem Klagevorbringen und insbesondere aus dem darin enthaltenen Vorbehalt der Ausdehnung abzuleiten. Es schade entgegen der Ansicht des Erstgerichtes nicht, daß sich ein solcher Vorbehalt gewöhnlich in gleichartigen Klagen finde; er könne jedenfalls nur dahin verstanden werden, daß der Kläger den eingeklagten Betrag nicht unter allen Umständen als den betrachte, den er als angemessenes Schmerzengeld ansähe. Dies hieße aber nichts anderes, als daß es sich - möglicher- , wenn auch nicht notwendigerweise - um einen Teilbetrag handle. Die wiedergegebene Rechtsprechung bedeute nur, daß der Kläger im Laufe des Verfahrens das Klagebegehren auf jenen Betrag ausdehnen müsse, den er als Schmerzengeld für alle vorhersehbaren Schmerzen und Folgen verlangen wolle. Werde ihm aber diese Möglichkeit genommen, weil es wie hier, gar nicht zu einer mündlichen Verhandlung komme, so habe der erwähnte Vorbehalt zur Folge, daß dem Kläger nur ein Teilbetrag zugesprochen worden sei und daß er später unbeschadet einer Verjährung weitere Teilbeträge geltend machen könne. Dem Beklagten stehe die Möglichkeit offen, dies dadurch abzuwenden, daß er ein aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergehendes Urteil herbeiführe. Soweit überblickbar habe der Oberste Gerichtshof zu dem hier behandelten Fragenkreis noch nicht ausdrücklich Stellung genommen. In der Entscheidung EvBl 1985/124 hieße es allerdings im Zusammenhang mit der Vererblichkeit des Schmerzengeldes zu einem mit dem hier zu prüfenden vergleichbaren Vorbehalt der Ausdehnung, daß die Klägerin damit schon jetzt auf der Grundlage der in dem einzuholenden Sachverständigengutachten festgestellten Schmerzen das der Judikatur entsprechende Gesamtschmerzengeld verlange. Aus den folgenden Ausführungen ergäbe sich aber, daß damit nur das Verlangen dem Grunde nach gemeint sei. Es stehe daher dieser Entscheidung nach Ansicht des Berufungsgerichtes der von ihm vertretenen Auffassung nicht entgegen, weil die Geltendmachung dem Grunde nach nicht bedeute, daß auch der Höhe nach das gesamte Schmerzengeld verlangt worden sei. Dem Kläger werde es daher durch die schon ergangenen Versäumungsurteile nicht verwehrt, weiteres Schmerzengeld einzuklagen, wobei allerdings die Bemessung des Schmerzengeldes in mehreren Teilbeträgen nicht dazu führen dürfe, daß der Verletzte mehr, als bei einer einmaligen Globalbemessung bekomme (ZVR 1986/77 ua). Da die Feststellungen des Erstgerichtes nicht ausreichten, um die Höhe des dem Kläger insgesamt zustehenden Schmerzengeldes beurteilen zu können, ergänzte das Berufungsgericht das Verfahren gemäß § 281 a und § 496 Abs 3 ZPO durch Verlesung des Gutachtens des Sachverständigen für Unfallchirugie. Es stellt aufgrund dieses Gutachtens, gegen dessen Richtigkeit Bedenken nicht bestünden, noch folgendes fest:

Der Bruch des linken Oberschenkels ist mit schweren Dauerfolgen abgeheilt. Das linke Bein kann nur unter Schmerzen belastet werden, es besteht eine deutliche Bewegungseinschränkung am Hüft- und Kniegelenk und ferner ein schweres postthrombotisches Syndrom am linken Bein nach der Beckenvenenthrombose. Dieses stellt eine erhöhte Gefahr für die Ausbildung chronischer Beingeschwüre dar. Außerdem muß das Blut medikamentös verdünnt werden. Wegen der Einschränkung der Beweglichkeit in der Hüfte und im Kniegelenk ist der Kläger nur mit Gehstock unter starkem Schmerz- und Verkürzungshinken gehfähig. Ferner ist wegen der Veneninsuffienz eine deutliche Verdickung und Schwellung des linken Fußes gegeben. Es blieb eine lange, deutlich sichtbare Narbe zurück. Der Kläger hatte bis zur Fertigstellung des Gutachtens (1. August 1985) insgesamt 24 Tage starke, 45 Tage mittelstarke und 125 Tage leichte Schmerzen zu ertragen. Weitere zwei Jahre ist mit monatlich zwei Tagen leichten Schmerzen zu rechnen.

Aus diesen Feststellungen zog das Berufungsgericht im Zusammenhang mit den schon vom Erstgericht getroffenen Feststellungen den Schluß, daß dem Kläger der eingeklagte Betrag an Schmerzengeld noch zustehe. Dabei sei schon darauf Bedacht genommen worden, daß die von der Zweitbeklagten im Jahre 1982 geleistete Teilzahlung entsprechend aufzuwerten sei (ZVR 1986/50 ua); sie würde aufgrund der inzwischen eingetretenen Geldwertverdünnung zur Zeit des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung (Dezember 1985) etwa 170.000,-- S ausmachen, sodaß sich rechnerisch ein Schmerzengeld von 320.000,-- S ergäbe. Auch dieses sei im Hinblick auf die schweren, mit den unfallsbedingten Verletzungen verbundenen Schmerzen und die gleichfalls schweren unfallsbedingten Dauerfolgen keineswegs überhöht, es überschreite auch nicht den Rahmen der von der Rechtsprechung bisher in ähnlichen Fällen zugesprochenen Beträge. Den auf §§ 500 Abs 3, 502 Abs 4 Z 1 ZPO gestützten Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß zu der Frage, ob die im ersten Rechtsstreit erlassenen Versäumungsurteile der Einklagung eines weiteren Schmerzengeldes entgegenstünden, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern. Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Beklagten wiederholen in ihrer Revision den Standpunkt, im Verfahren 32 Cg 735/82 hätten nicht jene Voraussetzungen vorgelegen, die es dem Kläger erlaubt hätten, die Zahlung eines Schmerzengeldes in Teilbeträgen zu begehren. Dem kann im Ergebnis nicht gefolgt werden.

Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes das Schmerzengeld grundsätzlich global zu bemessen ist und eine zeitliche Begrenzung des Schmerzengeldes oder die Geltendmachung bloß eines Teilbetrages nur aus besonderen vom Kläger darzulegenden Gründen zulässig ist. Das Schmerzengeld bildet nämlich grundsätzlich eine einmalige Abfindung für alles Ungemach, das der Verletzte voraussichtlich zu erdulden hat und soll den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen, auch soweit es für die Zukunft beurteilt werden kann, erfassen. Daß der Kläger mit seiner im Jahr 1982 erhobenen Klage ein zeitlich begrenztes Schmerzengeld geltend machen wollte, wurde im vorliegenden Verfahren nicht behauptet und ist auch der im Jahre 1982 erhobenen Klage nicht zu entnehmen. Dem Berufungsgericht ist daher dahin beizupflichten, daß es im vorliegenden Fall nur darauf ankommt, ob der Kläger in seiner im Jahr 1982 erhobenen Klage - wie er nun behauptet - bloß einen Teil seines Schmerzengeldanspruches geltend gemacht hat oder ob - wie die Revisionswerber meinen - davon keine Rede sein kann. Bei Beurteilung dieser Frage ist im Hinblick auf den Umstand, daß in diesem Verfahren keine objektiven Sachgrundlagen erhoben wurden und wegen des Fernbleibens der Beklagten lediglich das Vorbringen des Klägers als wahr zu halten war, von der Klagserzählung auszugehen und diese vom Klägerhorizont aus zu betrachten. Nach der für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage bestand unmittelbar nach dem Unfall für den Kläger akute Lebensgefahr. Als er dem Klagevertreter Vollmacht erteilte und die Klage verfaßt wurde, befand er sich noch in stationärer Behandlung und waren bei ihm noch Behandlungsmaßnahmen wirksam, die für ihn eine schwere Belastung darstellten und zur Folge hatten, daß er von der Brust über den Beckenring bis zu den verletzten unteren Extremitäten einen Gipsverband angelegt hatte und damit weitgehend unbeweglich und nahezu hilflos war. Wenn der Klagevertreter unter diesen Umständen in der Klage - wie sich nun herausstellte - nur einen Teil der Verletzungen, die der Kläger bei dem gegenständlichen Unfall tatsächlich erlitten hat, zur Darstellung bringt und eine Vielzahl von Verletzungen und Unfallsfolgen, wie etwa einen Bruch eines Mittelfußknochens, multiple Prellungen, insbesondere der Nieren mit Hämaturie, eine massive Weichteilinfektion im Bereich der tiefen Abschürfungen am linken Oberschenkel, weshalb eine vorgesehene Operation nicht durchgeführt werden konnte, eine Kapselblutung an der Niere mit Auftreten von Blut im Harn, eine Nebenhodenentzündung und eine Stirnhöhlenentzündung und letztlich auch noch eine Beckennerventhrombose am linken Bein, wobei die venöse Insuffizienz letztlich nicht behoben werden konnte, gar nicht anführt, dafür aber zum Ausdruck bringt, Dauerfolgen müßten mit Sicherheit angenommen werden, in welchem Umfang diese jedoch zurückbleiben würden, derzeit noch nicht feststellen zu können, und in der Klage erklärt, zunächst unter Vorbehalt weiterer Ausdehnung ein Schmerzengeld von 150.000,-- S zu begehren, so kann in der Annahme des Berufungsgerichtes, aus diesem Klagevorbringen sei zu entnehmen, daß der Kläger den eingeklagten Betrag nicht als jenen betrachtet, den er als endgültig angemessenes Schmerzengeld ansieht, er vielmehr bloß einen Teil seines Schmerzengeldanspruches geltend gemacht hat, ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden. Von den so zu verstehenden Tatsachenbehauptungen des Klägers und seinem Leistungsbegehren ausgehend (§ 226 ZPO) sind die über den im Verfahren 32 Cg 735/82 gestellten Rechtsschutzantrag ergangenen Versäumungsurteile des Erstgerichtes als Entscheidung über die Geltendmachung nur eines Teilbetrages des angemessenen Schmerzengeldes anzusehen. Den beiden Versäumungsurteilen kommt daher auch nur in diesem Umfang Rechtskraftwirkung zu (§ 411 ZPO). Der Oberste Gerichtshof billigt daher die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß im vorliegenden Fall die beiden Versäumungsurteile der nunmehrigen Geltendmachung eines weiteren Teilbetrages des den Unfallsverletzungen des Klägers angemessenen Schmerzengeldes nicht entgegenstehen. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, daß dem Kläger unter diesen Umständen aber nicht mehr zuerkannt werden darf, als ihm bei einer einheitlichen Geltendmachung des Schmerzengeldes zugesprochen worden wäre. Daß das Berufungsgericht diesem Erfordernis nicht Rechnung getragen hätte, wird in der Revision nicht behauptet und kann aufgrund der festgestellten Sachverhaltsgrundlage auch nicht angenommen werden. Damit erweist sich die Revision als unberechtigt, weshalb ihr der Erfolg versagt werden mußte.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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