OGH 8Ob15/86

OGH8Ob15/867.5.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred S***, Rentner, Ennstalerstraße 7, 8720 Knittelfeld, vertreten durch Dr. Max Siebenhofer, Rechtsanwalt in Judenburg, wider die beklagten Parteien

1.) Ewald S***, Schweißer, Billrothstraße 21, 8720 Knittelfeld, und 2.) Z***-K***, Versicherungs-AG, Schwarzenbergplatz 15, 1010 Wien, beide vertreten durch Dr. Kurt Konopatsch, Rechtsanwalt in Leoben, wegen 983.151,43 S samt Anhang und Feststellung (Gesamtstreitwert 1,083.151,43 S) (Revisionsstreitwert 477.222,21 S und 156.740,65 S) infolge Revision der klagenden und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 19. November 1985, GZ 6 R 170/85-50, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 24. Juni 1985, GZ 8 Cg 164/84-42, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, das in Ansehung des Zuspruches von 329.401,14 S samt 4 % Zinsen seit 24. April 1984 und der Stattgebung des Feststellungsbegehrens im Ausmaß der Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für zwei Drittel aller zukünftigen Schäden der klagenden Partei aus dem vorliegenden Verkehrsunfall, die Haftung der zweitbeklagten Partei allerdings beschränkt nach Maßgabe des von ihr mit der erstbeklagten Partei hinsichtlich des PKW St 517.587 abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrages und hinsichtlich der Abweisung des Teilbegehrens von 53.120,75 S samt 4 % Zinsen seit 24. April 1984 als unangefochten unberührt bleibt, wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung unter Einbeziehung der unangefochten gebliebenen und bestätigten Teile insgesamt als Teilurteil zu lauten hat:

"Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von 496.067,81 S samt 4 % Zinsen seit 24. April 1984 zu bezahlen.

Das Mehrbegehren auf Bezahlung eines weiteren Betrages von 153.120,75 S samt 4 % Zinsen seit 24. April 1984 wird abgewiesen. Es wird festgestellt, daß die beklagten Parteien der klagenden Partei zu zwei Drittel für alle Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 4. Dezember 1982 haften, die zweitbeklagte Partei jedoch nur nach Maßgabe des von ihr mit der erstbeklagten Partei abgeschlossenen Versicherungsvertrages betreffend den PKW St 517.587. Die Kostenentscheidung wird dem Endurteil vorbehalten."

Im übrigen, das ist hinsichtlich des weiteren Leistungsbegehrens von 333.962,87 S samt 4 % Zinsen seit 24. April 1984 und des auf Feststellung der Haftung der beklagten Parteien - jene der zweitbeklagten Partei mit der genannten Einschränkung - für ein weiteres Drittel aller künftigen Schäden der klagenden Partei gerichtete Feststellungsmehrbegehrens sowie im Kostenpunkt wird das Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Insoweit sind die Kosten des Revisionsverfahrens weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Entscheidungsgründe:

Am Abend des 4. Dezember 1982 fuhr der Erstbeklagte nach einer durchzechten Nacht mit dem Kläger und Erich P*** von Knittelfeld nach Unzmarkt. Dort hielten sie sich im Gasthaus E*** einige Stunden auf. Auf der Heimfahrt kam es zwischen dem Erstbeklagten, der mit seinem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW (St 517.587) fuhr und dem von Redzo B*** gelenkten PKW Mercedes St 705.446 zu mehreren "problematischen" Überholmanövern. Nachdem beide Fahrzeuglenker mit ihren Fahrzeugen stehen geblieben waren und die Fahrt fortgesetzt hatten, kam es zu einem weiteren Überholmanöver in dessen Verlauf der PKW des Erstbeklagten infolge Einhaltung eines zu knappen Seitenabstandes den Kraftwagen B***`S streifte, ins Schleudern geriet, von der Fahrbahn abkam und in einen Acker stürzte. Dabei wurde der Kläger schwer verletzt. Wegen dieses Vorfalles wurde der Erstbeklagte wegen des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 88 Abs. 3 und 4 zweiter Fall StGB rechtskräftig verurteilt. Die Privatbeteiligten, darunter der Kläger, wurden mit ihren Ersatzansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen (Protokolls- und Urteilsvermerk des Kreisgerichtes Leoben vom 25. April 1983, 12 E Vr 222/83-15). Mit der am 27. April 1984 erhobenen Klage begehrte der Kläger von den Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall nach Ausdehnung und Einschränkung des Klagebegehrens die Bezahlung eines Betrages von 983.151,43 S s.A. (vgl. AS 221, 229), und zwar an Schmerzengeld unter Bedachtnahme auf eine zwischenweilige Zahlung von 150.000 S den Betrag von restlichen 650.000 S, für Verunstaltungsentschädigung 200.000 S als Ersatz für die Kosten von Besuchsfahrten seiner Mutter und anderer Verwandten nach Judenburg und Wien 52.000 S, für verschiedene Trinkgelder und Blumen 10.000 S, für Verdienstentgang einschließlich 11. April 1984 69.262,60 S und als Ersatz für die Aufzahlung für eine Schiene (Heilungskosten) 1.888,83 S. Außerdem stellte er unter Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung des Erstbeklagten - von dessen alleinigem Verschulden an dem Verkehrsunfall ausgehend - ein mit 100.000 S bewertetes Feststellungsbegehren.

Die Beklagten wendeten ein Mitverschulden des Klägers im Ausmaß von 50 % ein, anerkannten dementsprechend das Feststellungsbegehren im Ausmaß von 50 % und für Schmerzengeld in der Höhe von 300.000 S den Betrag von 150.000 S und beantragten im übrigen die Abweisung des Feststellungs- und Leistungsmehrbegehrens. Zur Begründung des eingewendeten Mitverschuldens des Klägers führten die Beklagten aus, der Erstbeklagte sei nach Verlassen des Gasthauses zur Zeit des Antrittes der Fahrt stark alkoholisiert gewesen (Blutalkoholgehalt von mehr als 2 %o). Da der Kläger mit dem Erstbeklagten gemeinsam gezecht habe, sei ihm dieser Alkoholisierungsgrad bei Fahrtantritt bekannt gewesen. Darüber hinaus hätte sowohl der Kläger als auch der zweite Beifahrer, Erich P***, den Erstbeklagten während der Annäherung an die spätere Unfallsstelle dauernd zu riskanten Überholmanövern animiert; der Erstbeklagte habe sich zufolge seiner Alkoholisierung zu riskanten Überholmanövern tatsächlich provozieren lassen.

Demgegenüber erwiderte der Kläger, der Erstbeklagte sei zur Zeit des Antrittes der gemeinsamen Fahrt in Knittelfeld ebenso wie er vollkommen nüchtern gewesen. Im Gasthaus in Unzmarkt habe er mit einem Dritten Karten gespielt, während sich der Erstbeklagte an der Theke aufgehalten habe; er habe daher nicht sehen können, ob der Erstbeklagte alkoholische Getränke zu sich genommen habe. Außerdem bestritt der Kläger, den Erstbeklagten zu einem riskanten Überholmanöver angestiftet zu haben.

Das Erstgericht sprach die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger den Betrag von 646.708,47 S samt Anhang zu bezahlen und wies das Leistungsmehrbegehren von 336.442,96 S samt Anhang ab. Der zugesprochene Betrag setzt sich ua aus Schmerzengeld von 800.000 S abzüglich der während des Verfahrens bezahlten 150.000 S, Verunstaltungsentschädigung von 200.000 S, Trinkgeldern und Blumenspenden von 10.000 S sowie Verdienstentgang von 21.141,85 S zusammen. Außerdem stellte das Erstgericht fest, daß die beklagten Parteien dem Kläger zu 75 % für alle Schäden aus dem gegenständlichen Verkehrsunfall haften, die Zweitbeklagte jedoch nur nach Maßgabe des von ihr mit dem Erstbeklagten über den unfallsgegenständlichen PKW abgeschlossenen Versicherungsvertrages; das darüber hinausgehende Feststellungsmehrbegehren wies es ab. Zu den im Revisionsverfahren strittig gebliebenen Fragen des eingewendeten Mitverschuldens des Klägers sowie der Höhe des von ihm begehrten Schmerzengeldes und der Verunstaltungsentschädigung traf das Erstgericht über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus folgende Feststellungen:

Am Unfallstag kam der Erstbeklagte gegen 6 Uhr morgens alkoholisiert nach Hause. Er blieb den ganzen Tag zu Hause. Zu Mittag trank er ein Bier. Gegen 19 Uhr fuhr er gemeinsam mit P*** und dem Kläger in seinem PKW von Knittelfeld nach Unzmarkt. Bei Antritt dieser Fahrt war der Erstbeklagte fast nüchtern, der Kläger hingegen vollkommen nüchtern. Während des einige Stunden dauernden Aufenthaltes im Gasthaus E*** trank der Erstbeklagte zwei Mischungen, zwei "Rüscherl" (zwei kleine Cognac mit Coca-Cola) und ein Spezialbier. In Gegenwart des Erstbeklagten trank der Kläger zwei Mischungen. Anfänglich spielte der Erstbeklagte mit P*** und dem Kläger Karten. Während des Kartenspiels trank er zwei Mischungen, allerdings kein Bier. Insgesamt hielten sich der Kläger, der Erstbeklagte und P*** etwa zwei Stunden im Gasthaus E*** auf. Der Kläger und P*** verließen zuerst das Lokal; der Erstbeklagte folgte ihnen nach, weil er vorher noch das WC aufgesucht hatte. Der Erstbeklagte erzählte dem Kläger nicht, daß er am Vortag unterwegs gewesen sei und dabei etwas getrunken habe. Auf der Heimfahrt vom Gasthaus überholte der Erstbeklagte mit seinem PKW zuerst den von B*** gelenkten PKW; in der Folge überholte B*** den Wagen des Erstbeklagten; schließlich fand neuerlich ein Überholmanöver statt. Da der Erstbeklagte ein problematisches Überholmanöver durchgeführt hatte, betätigte B*** auch die Lichthupe. Die Insassen des PKWs des Erstbeklagten gaben "jeweils nach einem problematischen Überholmanöver alle möglichen Zeichen von sich". B*** blieb mit seinem PKW sodann stehen und auch der Erstbeklagte hielt an; B*** bemerkte deutlich, "daß der Erstbeklagte alkoholisiert ist und es hat der Erstbeklagte nur gelacht. Die Insassen haben auch mit den Händen geklatscht". Die nach dem Unfall beim Erstbeklagten um 0,15 Uhr vorgenommene Blutabnahme ergab einen Blutalkoholwert von 2,0 %o. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der letzte Alkoholkonsum knapp nach 22 Uhr stattfand und der Unfall sich etwa eine halbe Stunde später ereignet hatte, ergibt sich eine Alkoholisierung im Unfallszeitpunkt von mindestens 2,1 bis 2,2 %o. Eine Person, die geistig und psychisch normal reagiert und normal veranlagt ist, ist bei einem Blutalkoholwert von 2 %o als beträchtlich bis schwer alkoholisiert zu bezeichnen. Das wirkt sich in erster Linie auf die Verhaltensweise aus und darüber auf das Gehen und das Sprechen. Wenn zwei Personen schon einige Zeit im Lokal sich aufhalten und die eine Person nüchtern bleibt, die andere aber dann aufgrund des genossenen Alkohols etwa 2 %o Blutalkohol hat, so ist es für die nüchterne Person ohne weiteres erkennbar, daß die andere Person nicht mehr nüchtern ist. Wenn der Beklagte nur ein Spezial-Bier, zwei weiße Mischungen, zwei "Rüscherl" zu sich genommen hat, so würde diese Alkoholmenge in ca. 2 Stunden für den Erstbeklagten ein theoretischer Blutalkoholwert bzw. -gehalt von 0,9 bis 1,1 %o ergeben, unter Berücksichtigung der Abbauzeit überhaupt nur einen Promillegrad von 0,8. Die Alkoholeliminierung von 0,12 - 0,2 %o je Stunde gilt bei gesunden Menschen, allerdings nicht bei bereits chronischen Alkoholikern, auch nicht für höhere Blutalkoholgehalte und für schwere Rauschzustände, sodaß durchaus in 12 Stunden nur eine Abnahme von 1,4 %o erfolgen kann; jedenfalls beträgt die Abnahme nicht mehr als 2,4 %o. Da im gegenständlichen Fall der Kläger sich gemeinsam im Lokal mit dem Erstbeklagten aufgehalten hat, konnte er auch die Fahruntüchtigkeit des Erstbeklagten merken, auch wenn der Erstbeklagte am Abend des Unfalltages noch einen Restalkoholgehalt von etwa 1 %o hatte. Der Kläger erlitt bei diesem Unfall ein schweres Schädelhirntrauma mit Verdacht auf Schädeldachbruch, Hirnquetschung, subduralem Hämatom und nachfolgendem schwerem Hirnödem mit posttraumatischem Psychosyndrom. Ferner erlitt er eine Blutung im Glaskörper des linken Auges mit zunehmender Glaskörpertrübung und Verwachsung, einen Kompressionsbruch des 6. Brustwirbels, einen Unterschenkelbruch rechts sowie mehrfache Schnittwunden und Hautabschürfungen. Im Zuge der Primärbehandlung im Krankenhaus Judenburg wurden die Wunden operativ versorgt, genäht; sie sind weitgehend komplikationslos abgeheilt. Der Unterschenkel wurde zunächst in einen Zugverband gelegt und später in geschlossenen Oberschenkelgipsverbänden bis zur knöchernen Heilung weiter immobilisiert. Wegen Auftretens zunehmenden Hirndruckes wurde der Schädel am 5. Dezember 1982 beiderseits trepaniert, das subdurale Hämatom links ausgeräumt und gespült. Auch diese Operationswunden sind komplikationslos ausgeheilt. Der Wirbelbruch wurde konservativ durch Bettruhe behandelt. Nach der Transferierung in das Rehabilitationszentrum Meidling am 28. Februar 1983 wurde mit dem Kläger ein intensives Rehabilitationsprogramm durchgeführt. Da sich gezeigt hatte, daß am linken Auge faktisch Erblindung drohte, wurde der Kläger Anfang August 1983 in die Universitätsaugenklinik Wien transferiert. Trotz durchgeführter Operation am Glaskörper konnte die Sehleistung nicht wieder erreicht bzw. gebessert werden. Am 19. August 1983 wurde der Kläger in häusliche Pflege entlassen. Anläßlich der Untersuchung des Klägers durch den Sachverständigen im Dezember 1984 konnten noch folgende Unfallsfolgen nachgewiesen werden:

1.) An beiden Schläfen reizlose Operationsnarben mit reizlosen kleinen Schädelknochendefekten nach Trepanation.

2.) Als Folge der Hirnquetschung und des Hirnödems eine Halbseitenlähmung rechts mit starker Kraftminderung sämtlicher Bewegungen des rechten Armes und des rechten Beines, mit Koordinationsstörungen, Hautgefühlsstörungen, vor allem am Bein, Spitzfußkontraktur rechts und Schulterkontraktur rechts.

3.) Eine deutliche und schwere psychische Veränderung mit Verlangsamung, vorzeitiger Ermüdbarkeit, Wortfindungsstörung und Sprachstörung im Sinne einer verwaschenen lallenden Sprache.

4.) Ein mit starker Keilform deform geheilter Zusammenstauchungsbruch des 6. Brustwirbelkörpers mit Achsenabknickung von fast 30 Graden.

5.) Ein mit Achsenknickung geheilter Unterschenkelbruch rechts mit Schwellneigung und ödematöser Verhärtung des Unterhautszellgewebes im Sinne eines postthrombotischen Syndroms.

  1. 6.) Eine Erblindung des linken Auges durch Glaskörpertrübung.
  2. 7.) Mehrfache reizlose Narben nach Rißquetschwunden und Hautabschürfungen.

    Die derzeit feststehenden Unfallsfolgen sind weitestgehend als Dauerfolgen zu bezeichnen. Aufgrund der letzten Untersuchung im Rehabilitationszentrum Meidling ist auch nicht anzunehmen, daß sich im neurologisch-psychiatrischen Gesamtbefund eine nennenswerte Besserung auf längere Sicht noch ergeben wird.

    Zusammengedrängt verursachten die Verletzungen beim Kläger aufgrund des gegenständlichen Unfalles schwere und starke bis qualvolle Schmerzen im Ausmaß von 3 Tagen, Schmerzen starken Grades im Ausmaß von 28 Tagen, Schmerzen mittleren Grades im Ausmaß von 50 Tagen, Schmerzen leichten Grades im Ausmaß von 180 Tagen. Beim Kläger (richtig wohl) nehmen auch die psychischen Alterationen und Beeinträchtigungen durch den schwersten bleibenden Dauerschaden durch die Halbseitenlähmung rechts, die Erblindung des linken Auges, die schwere Achsenabknickung des Wirbelskelettes im mittleren Brustabschnitt einen ganz erheblichen Stellenwert gegenüber dem Katalog der sogenannten "körperlichen Schmerzen" ein. Der Kläger wird voraussichtlich lebenslang nicht mehr fähig sein, eine geordnete Arbeit auszuüben, er wird praktisch ein Pflegefall bleiben und infolge seiner raschen psychischen Ermüdbarkeit für kurzfristige Tätigkeiten auch nur sehr bedingt bzw. mit entsprechenden Ruhepausen überhaupt einsetzbar sein. Außerdem ist zu bedenken, daß die Schädigung und der Sehverlust des linken Auges dem Verlust des Auges gleichkommt. Jedenfalls ist dem Kläger lebenslänglich eine funktionelle Beeinträchtigung entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 % zuzuerkennen; er muß auch auf familiäre Pflegeleistungen, voraussichtlich auf Lebensdauer, angewiesen bleiben. "Auch das stark gestörte Gangbild mit dem rechten Bein stellt einen Verunstaltungsschaden dar".

    Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß es an das strafgerichtliche Erkenntnis gebunden und daher nur die Frage zu prüfen sei, inwieweit den Kläger im Sinne der Einwendungen der Beklagten ein allfälliges Mitverschulden treffe, weil er die Alkoholisierung des Erstbeklagten vor Antritt der Fahrt hätte merken müssen und er sowie P*** den Erstbeklagten zu riskanten Überholmanövern animiert hätte. Der Erstbeklagte habe im Zeitpunkt des Unfalles zwischen 2,1 und 2,2 %o Alkohol im Blut gehabt, was einer bereits sehr beträchtlichen und schwer zu bezeichnenden Alkoholisierung entspräche; bei Antritt der Fahrt hätte der Blutalkoholwert etwa 2 %o betragen. Da der Kläger bereits ab etwa 19 Uhr im PKW des Erstbeklagten mitgefahren sei, die beiden sich sodann "mehr oder minder mindestens für zwei Stunden" gemeinsam im Lokal befunden hätten, und sie auch wieder gemeinsam zurückgefahren seien, sei anzunehmen, daß der Kläger - wenn er selbst nüchtern gewesen wäre - hätte merken müssen, daß der Erstbeklagte stark alkoholisiert und daher nicht in der Lage sei, ein Fahrzeug zu lenken. Wenn der Kläger selbst entsprechend Alkohol zu sich genommen habe und dadurch seine Erkennbarkeit herabgesetzt gewesen wäre, so habe dies der Kläger zu vertreten. Wäre der Kläger grundsätzlich nüchtern gewesen, hätte er zweifelsfrei die Fahruntüchtigkeit des Erstbeklagten merken müssen und die Rückfahrt mit dem PKW des Erstbeklagten nicht durchführen dürfen. Wenn der Kläger dennoch mitgefahren sei, habe er das Risiko eines Unfalls auf sich genommen; es treffe ihn daher ein 25 %iges Mitverschulden. Ein darüber hinausgehendes Mitverschulden sei nicht gegeben, weil insbesondere nicht erwiesen sei, daß der Kläger den Erstbeklagten auch zu riskanten Überholmanövern animiert hätte, wenngleich er und P*** sich "dementsprechend aufgeführt" hätten.

    Ausgehend von den festgestellten Unfallsfolgen unter Bedachtnahme darauf, daß der Kläger weder ein sinnvolles Familienleben werde führen noch irgendeinem vernünftigen Erwerb werde nachgehen können, erachtete das Erstgericht ein Schmerzengeld im angesprochenen Betrag von 800.000 S als angemessen. Da die Verletzungen des Klägers auch eine sofort für jedermann auffällig erkennbare Beeinträchtigung der Erscheinung des Klägers zur Folge hätten, die sein besseres Fortkommen verhinderten, insbesondere die geistige Beeinträchtigung, sei auch eine Verunstaltungsentschädigung im geltend gemachten Betrag von 200.000 S gerechtfertigt. Im übrigen sei es durchaus glaubwürdig, daß die Mutter des Klägers aufgrund dessen langen stationären Aufenthaltes Trinkgelder und Aufmerksamkeiten für das Personal im Betrag von 10.000 S mitgebracht habe. Weiters erachtete das Erstgericht den Ersatzanspruch des Klägers für die Aufzahlung einer Schiene in der Höhe von 1.888,83 S unter dem Titel der Heilungskosten und den begehrten Ersatz für Verpflegkosten und Besuchsfahrten in der Höhe von 52.000 S berechtigt. Schließlich errechnete das Erstgericht für die Zeit bis einschließlich 11. April 1984 den Verdienstentgang des Klägers mit 21.141,85 S und gelangte es unter Bedachtnahme auf das Mitverschulden des Klägers, die zwischenweilige Zahlung von 150.000 S und den Umstand, daß der Kläger sich unter dem Titel der Haushaltsersparnis einen gemäß § 273 ZPO für 298 Tage des stationären Aufenthaltes von täglich 75 S anzunehmenden Betrag von 22.350,-- S abziehen lassen müsse, zu einer Berechtigung des Leistungsbegehrens von 646.708,47 S samt Anhang und der Abweisung des Leistungsmehrbegehrens von 336.442,96 S s.A.

    Dem Mitverschulden von einem Viertel entsprechend erachtet das Erstgericht das Feststellungsbegehren hinsichtlich der Haftung zu 3/4 als berechtigt, darüber hinaus als nicht berechtigt. Das Gericht zweiter Instanz gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers keine Folge, erkannte jedoch die von den Beklagten erhobene Berufung als teilweise berechtigt und änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, daß es dem Kläger unter Einbeziehung des unbekämpften und des bestätigten Teiles 477.808,47 S samt Anhang zusprach, das Mehrbegehren von 505.342,96 S samt Anhang abwies und die Haftung der Beklagten zu 75 % für alle Schäden aus dem gegenständlichen Verkehrsunfall, jene der Zweitbeklagten jedoch nur nach Maßgabe des von ihr mit dem Erstbeklagten hinsichtlich des unfallsbeteiligten PKWs abgeschlossenen Versicherungsvertrages unter Abweisung des Feststellungsmehrbegehrens feststellte.

    In Behandlung der Tatsachen- und Beweisrüge des Klägers gestand das Berufungsgericht dem Berufungswerber zu, daß die Feststellungen des Erstgerichtes bezüglich der dem Unfall vorausgegangenen Ereignisse im Gasthaus E*** nicht präzise und zum Teil mit den Beweisergebnissen nicht konform seien, es vertrat jedoch die Ansicht, daß die Feststellungen für die rechtliche Beurteilung der Streitsache ausreichten. Der Erstbeklagte und Erich P*** seien offensichtlich bestrebt gewesen, die Alkoholisierung des Ersteren herunterzuspielen, sodaß ihre Aussagen für Feststellungen zu unzuverlässig seien. Die Feststellung, daß die im Gasthaus genossene Menge an Alkohol unter Berücksichtigung der Abbauzeit einen Promillegrad von 0,8 %o vom Erstbeklagten ergeben habe, sei durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. Heinz M*** gedeckt, der allerdings auch ausgeführt habe, daß beim Erstbeklagten ein Restalkohol von 1,6 %o möglich gewesen sei, der vom Betroffenen und seiner Umgebung wenig habe bemerkt werden können (S. 168/69). Doch schließe dies, wie der Sachverständige eingeräumt habe, nicht aus, daß der Kläger die Alkoholisierung des Erstbeklagten trotzdem gemerkt habe. Diese Darlegungen dieses Sachverständigen stellten lediglich Ansätze für die Beweiswürdigung dar. Es sei auch richtig, daß zum sichtbaren Verhalten des Erstbeklagten bei Verlassen des Gasthauses keine Feststellungen getroffen worden seien, doch erlaubten die festgestellten Vorgänge vor dem Unfall (S. 236/37) rechtliche Schlüsse auf die Erkennbarkeit der Alkoholisierung durch den Kläger. Die diesbezüglichen Angaben des Zeugen B*** seien nicht bedenklich und würden durch die Unfallsursache erhärtet. Den Beklagten hingegen sei beizupflichten, daß der Erstbeklagte selbst zugegeben habe, in Gegenwart seiner Begleitung auch noch ein Spezialbier getrunken zu haben, doch falle diese Alkoholmenge nicht mehr entscheidend ins Gewicht, ebensowenig der genaue Zeitraum, den die Streitteile im Gasthaus verbracht hätten, der im übrigen aus dem Zusammenhalt der Feststellungen ohnehin hervorgehe, weil die vom Erstbeklagten genossene Alkoholmenge feststehe und auch zwei Stunden ausreichten, das Verhalten eines Betrunkenen zu erkennen. Das Berufungsgericht "übernahm daher die aufgrund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich bzw. für die rechtliche Beurteilung ausreichend" und legte sie seiner Entscheidung zugrunde.

    Rechtlich führte es im wesentlichen folgendes aus:

    Den Mitfahrer, der bei einem durch einen alkoholisierten Lenker verschuldeten Unfall zu Schaden komme, treffe nur dann ein Mitverschulden, wenn er von der Alkoholisierung des Lenkers Kenntnis gehabt habe oder hätte haben müssen (ZVR 1978/170; ZVR 1976/10; ZVR 1969/294 ua), wobei der Mitfahrer nicht verpflichtet sei, den Fahrer hinsichtlich seines Alkoholgenusses zu überwachen oder ihn vor Antritt der Fahrt über die von ihm genossene Alkoholmenge zu befragen, wenn bedenkliche Anzeigen fehlten (ZVR 1983/11). Eine die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigende Alkoholisierung könne aus dem sichtbaren Verhalten des Lenkers oder aus der Kenntnis der genossenen Alkoholmenge erkannt werden (ZVR 1984/319; ZVR 1978/170 ua). Diese Tatfrage (ZVR 1979/307 ua) sei vom Erstgericht verneint worden. Aus den Umständen des Einzelfalles sei aber zu prüfen, ob der Fahrgast bei Berücksichtigung der Erfahrungen des täglichen Lebens damit habe rechnen müssen, daß sich der Lenker durch den Alkoholgenuß in einem seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Zustand befinde, wobei allerdings Zweifel darüber zu Lasten des Schädigers, den die Beweispflicht für das Mitverschulden des Fahrgastes treffe, gingen (ZVR 1985/8; ZVR 1982/11; ZVR 1978/170; ZVR 1970/33 ua). Die Rechtsfrage (ZVR 1984/319), daß der Kläger bei gehöriger Aufmerksamkeit die Alkoholisierung des Erstbeklagten hätte erkennen müssen, sei nach Ansicht des Berufungsgerichtes vom Erstgericht richtig gelöst worden. Auch wenn im allgemeinen Restalkoholwerte und die durch den weiteren Alkoholkonsum ansteigende Alkoholisierung eines Menschen im allgemeinen weniger leicht erkannt würden, als die Auswirkungen des Alkoholgenusses auf eine zunächst nüchterne Person, so hätte auch dem Kläger das Verhalten und die Fahrweise des Erstbeklagten auffallen müssen, das sich unter anderem in den riskanten Fahrmanövern manifestiert habe. Der Umstand, daß der Kläger selbst alkoholisiert gewesen sein konnte (was allerdings nach den Feststellungen aufgrund der von ihm genossenen Alkoholmenge nicht wahrscheinlich sei), könne der Kläger, der damit habe rechnen müssen, daß der Erstbeklagte alkoholische Getränke auch in der Zeit zu sich nehme, in der er sich nicht in seiner Gesellschaft aufgehalten habe, nicht entlasten (vgl. ZVR 1984/233 ua). Die vom Erstgericht angenommene Mitverschuldensquote erscheine angemessen. Zu Recht verweise allerdings der Kläger darauf, daß die Berücksichtigung der Haushaltsersparnis unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung nur gegenüber sachlich und zeitlich kongruenten Schadenersatzansprüchen des Geschädigten in Betracht komme. Eine solche Kongruenz zwischen der Ersparnis der Verpflegskosten im Haushalt und dem Verdienstentgang, Besuchsfahrten und Trinkgeldern liege aber nicht vor (ZVR 1979/277; ZVR 1972/154 ua). Der Abzug von 22.350 S aus diesem Titel sei daher nicht zu Recht erfolgt. Dies verhelfe der Berufung des Klägers aber letztlich nicht zum Erfolg, weil die Rechtsrüge der Beklagten hinsichtlich der Höhe des Schmerzengeldes und der Verunstaltungsentschädigung zum Teil berechtigt sei. Bei Berücksichtigung der für die Bemessung des Schmerzengeldes maßgeblichen Komponenten (vgl. ZVR 1981/1; ZVR 1980/346 ua) erscheine, auch wenn man die Schwere der Verletzungen und die einschneidenden Dauerfolgen berücksichtige, ein Betrag von 600.000 S angemessen (vgl. ZVR 1984/90). Daß der Kläger durch die Unfallsfolgen verunstaltet sei, werde von den Beklagten nicht bezweifelt. Wenn auch infolge der Erwerbsunfähigkeit Behinderung im Beruf wegfalle, so seien die Heiratsaussichten durch die Unfallsfolgen doch sehr stark beeinträchtigt, was den Zuspruch einer Entschädigung gemäß § 1326 ABGB rechtfertige

    (vgl. ZVR 1980/160), doch erscheine auch hier der Betrag von 150.000 S ausreichend (vgl. ZVR 1984/319). Die Ansätze für die Berechnung des Verdienstentganges seien nicht strittig. Der Aufwand für Trinkgelder usw. erscheine aber überhöht. Unter Anwendung des § 273 ZPO sei ein Betrag von 5.000 S als angemessen anzunehmen. In teilweiser Stattgebung der Berufung der Beklagten sei der Klagsbetrag um 200.000 S aus dem Titel Schmerzengeld, 50.000 S aus dem Titel Verunstaltung, 5.000 S Ausgaben für Trinkgelder, vermindert um die schon vom Erstgericht abgezogenen Mitverschuldensquote (63.750 S) und die zu Unrecht abgezogenen 22.350 S zu kürzen gewesen, sodaß die Beklagten mit einem Betrag von 168.900 S im Berufungsverfahren durchgedrungen seien. Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richten sich die Revisionen beider Teile.

    Die Beklagten bekämpfen dieses Urteil aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO hinsichtlich der Stattgebung des Leistungsbegehrens im Betrag von 148.407,32 S sA und der aufrechten Erledigung des Feststellungsbegehrens in einem die Annahme einer Haftung der Beklagten für 2/3 aller Schäden übersteigenden Ausmaß mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne des Zuspruches eines Betrages von 329.401,15 S samt Anhang und Feststellung einer Haftung der Beklagten für 2/3 aller Schäden unter Einschränkung der Haftung der Zweitbeklagten auf die Höhe des mit dem Erstbeklagten abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrages abzuändern. Der Kläger hingegen ficht das Urteil des Berufungsgerichtes insoweit an, als sein den Betrag von 477.808,47 S übersteigendes Leistungsbegehren und sein Feststellungsbegehren hinsichtlich einer Haftung der Beklagten für mehr als 75 % aller Schäden abgewiesen wurde; er macht die Anfechtungsgründe des § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 ZPO geltend und beantragt die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne des Zuspruches eines Betrages von 930.030,68 S und der gänzlichen Stattgebung des Feststellungsbegehrens; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

    Die Parteien beantragten in ihren Revisionsbeantwortungen wechselseitig, der Revision der Gegenseite keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind zulässig und berechtigt.

Da sich beide Revisionen gegen die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers im Ausmaß von 1/4 durch die Vorinstanzen und die Ausmessung des Schmerzengeldes sowie der Verunstaltungsentschädigung wenden, kann zu beiden Revisionen gemeinsam Stellung genommen werden. Während der Kläger meint, die Vorinstanzen hätten überhaupt zu Unrecht ein Mitverschulden seinerseits angenommen, vertreten die Beklagten in ihrer Revision die Ansicht, die Vorinstanzen hätten das Mitverschulden des Klägers mit 2/3 annehmen müssen. Das Erstgericht hat zutreffend erkannt, daß die Beurteilung eines allfälligen Mitverschuldens des Klägers an dem Unfall im Rahmen des von den Beklagten erhobenen Mitverschuldenseinwandes zu erfolgen hat. Die Beklagten erblickten das Mitverschulden des Klägers zum ersten darin, daß ihm die beträchtliche Alkoholisierung des Erstbeklagten vor Antritt der Fahrt bekannt war und er sich ihm daher nicht hätte anvertrauen dürfen. Sie machten dem Kläger aber weiters noch zum Vorwurf, er hätte den Erstbeklagten zusammen mit Erich P*** dauernd zu riskanten Überholmanövern animiert. Der erstgenannte Vorwurf wäre nur dann berechtigt, wenn der Kläger von der die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholisierung Kenntnis gehabt hätte oder aus den Umständen hätte Kenntnis haben müssen (ZVR 1984/319 ua). Ob der Kläger Kenntnis von der die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholisierung des Erstbeklagten hatte, ist eine Tatfrage, ob die Alkoholisierung des Erstbeklagten durch den Kläger bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkannt werden müssen, eine Rechtsfrage. Die Erkennbarkeit einer derartigen Alkoholisierung kann sich für den Fahrgast entweder aus dem wahrnehmbaren Verhalten des Lenkers oder daraus ergeben, daß ihm die vom Lenker genossenen Alkoholmengen bekannt waren. Kommt aber dem Verhalten des Erstbeklagten im Gasthaus im Zusammenhang mit den von ihm genossenen Alkoholmengen und beim Verlassen des Gasthauses entscheidungswesentliche Bedeutung zu und gehen - wie das Berufungsgericht auch richtig erkannte - allfällige Zweifel zu Lasten der dafür beweispflichtigen Beklagten (ZVR 1984/319, 1985/8 ua), so durfte das Berufungsgericht, wenn es den vom Erstgericht diesbezüglich festgestellten und im Berufungsverfahren bekämpften, das Verhalten des Erstbeklagten im und beim Verlassen des Gasthauses betreffenden Sachverhalt als nicht präzise und durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht gedeckt erachtete, diese Feststellungen des Erstgerichtes nicht auf sich beruhen lassen. Es geht jedenfalls nicht an, eine Prüfung der im Berufungsverfahren bekämpften und als bedenklich erkannten Feststellungen auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu unterlassen, die Feststellungen aber dennoch "als unbedenklich bzw. für die rechtliche Beurteilung ausreichend" zu übernehmen und die Frage, ob der Kläger die die Fahrfähigkeit des Erstbeklagten beeinträchtigende Alkoholisierung desselben vor Antritt der Fahrt erkennen mußte, aufgrund der vom Erstbeklagten erst während der Fahrt, in riskanten Fahrmanövern zum Ausdruck kommenden Fahrweise und seines eigenartigen Verhaltens, als er von dem anderen Fahrzeuglenker zur Rede gestellt wurde, einer Beurteilung zu unterziehen. Solange nicht Klarheit darüber besteht, ob und in welchem Ausmaß der Erstbeklagte in Anwesenheit des Klägers Alkohol konsumiert hat und welches Verhalten er im Gasthaus und bei dessen Verlassen gezeigt hat, ob etwa sein Gang schwankend und seine Sprache beeinträchtigt waren, läßt sich nicht abschließend beurteilen, in welchem Ausmaß er infolge Alkoholisierung in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt war und ob den Kläger aus dem ihm von den Beklagten vorerst gemachten Vorwurf ein Mitverschulden trifft. Es fehlen aber auch ausreichende Feststellungen über den zweiten Mitverschuldensvorwurf der Beklagten. Daß die "Insassen" im PKW des Erstbeklagten "jeweils nach einem problematischen Überholmanöver alle möglichen Zeichen von sich gaben", läßt nicht erkennen, welcher Art diese Zeichen waren, wem sie gelten sollten und in welcher Form der Kläger selbst daran beteiligt war. Auch die weitere Feststellung, die "Insassen" hätten auch "mit den Händen geklatscht", als der Erstbeklagte von B*** zur Rede gestellt wurde, bildet kein ausreichendes Substrat für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger den Erstbeklagten tatsächlich zu riskanten Fahrmanövern animiert hat. Für das Ausmaß eines allfälligen Mitverschuldens des Klägers am Unfall ist es auch nicht unerheblich, ob bloß der eine oder der andere Mitverschuldensvorwurf zum Tragen kommt oder ob der Kläger sich beide Fehlverhalten zum Vorwurf machen lassen muß. Da das Berufungsgericht von einer nicht zu billigenden Rechtsansicht ausgehend den Sachverhalt zu Unrecht als entscheidungsreif erachtet hat, für die abschließende Beurteilung aber eine Klärung der Sachverhaltsgrundlage notwendig ist, erweist sich die Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichtes unumgänglich.

Das Berufungsgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren auf die in den Berufungen erhobenen Beweis- und Verfahrensrügen einzugehen und sodann neuerlich über die beiden Berufungen zu entscheiden haben.

Was nun die Frage der Höhe des vom Berufungsgericht ausgemessenen Schmerzengeldes und der Verunstaltungsentschädigung anlangt, so ist davon auszugehen, daß der Kläger bei dem vorliegenden Unfall ein schweres Schädelhirntrauma mit Hirnquetschung, subduralem Hämatom und nachfolgendem schweren Hirnödem mit posttraumatischem Psychosyndrom, eine Verletzung des linken Auges mit praktischer Erblindung desselben, einen Kompressionsbruch des 6. Brustwirbels sowie einen Unterschenkelbruch rechts erlitten hat und sich mehreren Operationen unterziehen mußte. Berücksichtigt man Art, Intensität und Dauer der mit diesen Verletzungen verbundenen Schmerzen und Unlustgefühle, die langwierige Dauer des Heilungsverlaufes - der Kläger konnte erst 8 1/2 Monate nach dem Unfall in häusliche Pflege entlassen werden - und die bei ihm zurückgebliebenen ganz beträchtlichen Dauerfolgen und seelischen Beeinträchtigungen, so muß doch gesagt werden, daß das vom Berufungsgericht ohne Berücksichtigung eines allfälligen Mitverschuldens des Klägers mit 600.000 S ausgemessene Schmerzengeld nicht ausreicht, um den Kläger in die Lage zu versetzen, sich als Abgeltung für die Leiden und anstelle der ihm entzogenen Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen, daß vielmehr zur Erreichung dieses Zieles doch der Zuspruch - wenngleich nicht des vom Kläger ohne Bedachtnahme auf ein allfälliges Mitverschulden begehrten Schmerzengeldes von 800.000 S so doch - eines Betrages von 700.000 S erforderlich ist.

Es kommt daher in Ansehung der Bekämpfung des Schmerzengeldzuspruches nur der Revision des Klägers Berechtigung zu, und zwar auch nur zum Teil.

Der Kläger wendet sich schließlich noch gegen die Herabsetzung der ihm vom Erstgericht zuerkannten Verunstaltungsentschädigung um 50.000 S auf 150.000 S durch das Berufungsgericht. Wegen der vorhandenen Halbseitenlähmung mit Koordinationsstörung, des stark gestörten Gangbildes mit dem rechten Bein, der geistigen Beeinträchtigung, der Sprachstörung sowie des Verlustes eines Auges seien seine Heiratsaussichten nicht nur stark beeinträchtigt, sondern praktisch überhaupt weggefallen. Diesen Ausführungen ist grundsätzlich zuzustimmen. Im vorliegenden Fall darf doch nicht übersehen werden, daß mit einer Besserung der mit den unfallsbedingten Verletzungen verbundenen Entstellung des Klägers nicht zu rechnen ist. Bedenkt man, daß der Kläger zur Unfallszeit noch nicht einmal 19 Jahre alt war und durch die festgestellten nachteiligen Veränderungen seines äußeren Erscheinungsbildes die Gewinnung einer günstigeren Lebenslage im Hinblick auf seine Heiratsaussichten aller Voraussicht nach doch praktisch auszuschließen ist, so erscheint doch zur Abgeltung des dem Kläger daraus entstehenden Schadens - unabhängig von der Frage seines allfälligen Mitverschuldens an dem Unfall - ein Betrag von 200.000 S als angemessen. Insoweit erweist sich die Revision des Klägers - ebenfalls ohne Bedachtnahme auf das ihn allenfalls treffende Mitverschulden - als berechtigt.

Es war daher das Urteil des Berufungsgerichtes im Rahmen der beiderseitigen Anfechtung in Ansehung eines von den Beklagten bekämpften Schmerzengeldzuspruches von 66.666,67 S samt Anhang (das sind 2/3 eines Schmerzengeldes von 100.000 S) zu bestätigen und durch Abweisung des Schmerzengeldteilbegehrens von 100.000 S sowie durch den Zuspruch eines weiteren Schmerzengeldes von 66.666,67 S (2/3 weiterer 100.000 S) und von weiteren 33.333,33 S samt Anhang, das sind 2/3 der dem Kläger noch zustehenden weiteren Verunstaltungsentschädigung von 50.000 S, als Teilurteil abzuändern. Schließlich mußte das Urteil des Berufungsgerichtes mangels Spruchreife der Rechtssache hinsichtlich der im Berufungsverfahren strittig gebliebenen Frage des Mitverschuldens des Klägers an dem Verkehrsunfall im Ausmaß eines Drittels in seinem Ausspruch über das Feststellungsbegehren und hinsichtlich des letzten Drittels des Schmerzengeldes und der Verunstaltungsentschädigung und der von ihm für Besuchskosten, Trinkgelder und weiteren Heilungskosten geltend gemachten und der Höhe nach nicht mehr strittigen Ersatzbegehren im Betrag von insgesamt 319.629,61 S sowie eines weiteren im Revisionsverfahren strittig gebliebenen Verdienstentgangbegehrens von 14.333,25 S je samt Anhang (zusammen daher: 333.962,86 S sA.) aufgehoben werden; in diesem Umfang war dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung der Sachverhaltsgrundlage im aufgezeigten Sinn aufzutragen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens im Umfang der Aufhebung des Urteiles des Berufungsgerichtes beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO und der die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens hinsichtlich des Teilurteiles betreffende Kostenvorbehalt auf die §§ 392 Abs. 2 und 52 Abs. 2 ZPO.

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