OGH 8Ob121/97w

OGH8Ob121/97w23.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als Richter in der Konkurssache des Schuldners Ernest Maria D*****, geboren 29.11.1954, ***** vertreten durch Dr.Otto Pichler und Dr.Max Pichler, Rechtsanwälte in Wien, infolge Revisionsrekurses des Schuldners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Dezember 1996, GZ 46 R 1850/96s-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 6.November 1996, GZ 8 S 18/96z-20, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der 1954 geborene Schuldner verdient als teilzeitbeschäftigter Heilmasseur monatlich S 7.348,-- zuzüglich Trinkgeldern in der Größenordnung von S 3.000,--. Er ist sorgepflichtig für zwei Kinder im Alter von 12 und 8 Jahren. Seine regelmäßig wiederkehrenden Verpflichtungen (für Miete, Kinderbetreuung, Lebensunterhalt ua) betragen monatlich S 18.500,-- (AS 17). Die Summe der sich aus dem Vermögensverzeichnis ergebenden Verbindlichkeiten beträgt S 1,259.125,40 (AS 12), davon S 811.203,-- gegenüber Josef D*****, offensichtlich seinem Vater. Der Schuldner hat durch Bankbelege die Zahlungen, die seinem Zahlungsplan (10 % in 48 Monatsraten) an seine Hauptgläubiger für den Zeitraum von 6 Monaten entsprechen, bescheinigt.

Das Erstgericht hat über Antrag des Schuldners das Abschöpfungsverfahren eingeleitet, den Kreditschutzverband 1870 zum Treuhänder bestellt und den Gläubigern die Bekanntgabe ihrer Bankverbindung an den Treuhänder aufgetragen.

Dem Rekurs der zweitgrößten Gläubigerin, der Raiffeisenkasse K***** mit einer Forderung von rund S 470.000,--, gab das Rekursgericht Folge und wies den Antrag des Schuldners auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens ab; weiters erklärte es den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Zur Frage, ob das Abschöpfungsverfahren auch bei Fehlen eines abschöpfbaren Einkommens einzuleiten sei, fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung. Rechtlich führte das Rekursgericht aus, das Einkommen des Schuldners, der für zwei Kinder sorgepflichtig sei, liege unter dem Existenzminimum von S 11.000,-- (laut Existenzminimum-Verordnung 1996). Der Schuldner habe weder behauptet noch bescheinigt, daß er in absehbarer Zeit ein das Existenzminimum übersteigendes Einkommen erzielen werde. Da nach den Einkommensverhältnissen des Schuldners derzeit und auch in absehbarer Zeit von seinem Einkommen nichts abgeschöpft werden könne, sei nicht zu erwarten, daß er die für eine Restschuldbefreiung erforderliche Quote werde leisten können. In einem solchen Fall erscheine es sachlich nicht gerechtfertigt, den Schuldner durch die Exekutionssperre des § 206 Abs 1 KO für die gesamte Dauer eines Abschöpfungsverfahrens, in dem es tatsächlich nichts abzuschöpfen gebe, zu begünstigen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Schuldners aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, ihn abzuändern und den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Das unzureichende, das Existenzminimum nicht überschreitende Einkommen sei kein Einleitungshindernis; maßgeblich sei vielmehr die Erwartung der zur Restschuldbefreiung erforderlichen Gläubigerbefriedigung. Es müsse auch einem alleinerziehenden Schuldner, der in der Erzielung eines höheren Einkommens durch Kinderbetreuung gehindert werde, die Möglichkeit offen stehen, unter äußerster Anspannung seiner finanziellen Möglichkeiten, Beträge aus dem Existenzminimum zur Schuldentilgung heranzuziehen, soferne dies über Jahre durchgehalten werde. Für die Prognose sei die "leistbare und zu bescheinigende Zahlungsbereitschaft" maßgeblich. Der Schuldner habe die erforderlichen Zahlungen pünklich erbracht.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 183 Abs 1 KO, eingeführt durch Art I Z 7 KO-Nov 1993, wird neben einem genauen Vermögensverzeichnis, einem zulässigen Zahlungsplan die Bescheinigung der Erwartung, daß der Zahlungsplan erfüllt werde, für die Einleitung des Privatkonkurses vorausgesetzt (nebst dem offenkundigen Fehlen von Einleitungshindernissen). Es ist dem Rechtsmittelwerber zuzugeben, daß auch bei einem gleichbleibenden, aufgrund der Höhe unpfändbaren Bezug ein Verfahrenserfolg anzunehmen ist, wenn der Schuldner angibt, Beträge aus dem Existenzminimum zur Abdeckung eines Teiles seiner Schulden heranzuziehen, und diese Behauptung glaubwürdig ist, was zB vorliegt, wenn er dies schon bisher tat (Mohr, Privatkonkurs 7, unter Zitierung der Regierungsvorlage 1218 BlgNR 18. GP 20).

Es ist dem Obersten Gerichtshof als Rechtsinstanz verwehrt, zur Frage der für eine Bescheinigung ausreichenden Tatsachenvoraussetzungen Stellung zu nehmen; hingegen ist die Erwartung (§ 183 Abs 1 Z 3 KO) ein Rechtsbegriff, indem nur durch eine einigermaßen realistische Erwartung die Antragsvoraussetzungen erfüllt werden.

Bei monatlichen Ausgaben in annähernd doppelter Höhe des Einkommens begründet der Nachweis von einigen erfolgten Zahlungen keineswegs eine realistische Erwartung die für die Erteilung der Restschuldbefreiung erforderlichen Voraussetzungen (Zahlung von ca 10 % der Schulden innerhalb eines Zeitraumes von 7 Jahren) könnten erfüllt werden. Dazu kommt, daß der mit der diesbezüglichen Bescheinigung belastete Schuldner auch nicht dargelegt hat, daß in absehbarer Zeit eine Verbesserung seiner Einkommenslage eintreten werde. Der Unterhaltsbedarf der beiden heranwachsenden Kinder hingegen wird notorisch sogar steigen, sodaß vielmehr eine erhöhte Belastung auf den Schuldner zukommen wird. Bei monatlichen Ausgaben, die das Einkommen um annähernd das Doppelte übersteigen, tut sich vielmehr eine Schere auf, die die Erwartung der Restschuldbefreiung unrealistisch macht.

Für den Zahlungsplan gelten subsidiär die Regelungen über den Zwangsausgleich (Mohr aaO 51 f); auch für diesen ist die voraussichtliche Möglichkeit der Erfüllung Zulässigkeitsvoraussetzung (§ 141 Z 5 KO).

Sicherlich sollen gemäß den Zielvorstellungen des Schuldenregulierungsverfahrens die Anforderungen an die Einleitungsvoraussetzungen nicht zu hoch gesteckt werden, aber schlechthin unrealistische Voraussetzungen rechtfertigen nicht die Exekutionssperrre während des Abschöpfungsverfahrens (§ 206 Abs 1 KO), zumal wegen des Verhältnisses der Forderungen des Vaters des Schuldners zu denen der übrigen Schuldner (vgl das Abstimmungserfordernis gemäß § 147 KO iVm § 193 Abs 1 KO) die Vermutung naheliegt, die Mittel für die vom Schuldner bescheinigten Zahlungen könnten aus fremden Vermögen stammen, ohne daß dies ordnungsgemäß offengelegt worden wäre.

Abschließend ist zu bemerken, daß im Schuldenregulierungsverfahren gemäß § 181 KO die Bestimmung des § 148 KO anzuwenden ist, wonach die nahen Angehörigen des Gemeinschuldners bei Berechnung der Mehrheit der Konkursgläubiger und deren Forderungen bei Berechnung der Gesamtsumme der Forderungen nur mitgezählt werden, wenn sie gegen den Antrag stimmen.

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