European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E116928
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die geltend gemachte Nichtigkeit und die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.
2.1 Der außerordentliche Revisionsrekurs betrifft in erster Linie die Ablehnung der Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 Abs 1 JN an das Bezirksgericht S*. Der Sachwalter spricht in diesem Zusammenhang von der Unzuständigkeit des Erstgerichts. Er steht auf dem Standpunkt, dass sich der Mittelpunkt der Lebensführung und der wirtschaftlichen Existenz des Betroffenen am Ort des Therapiezentrums, in dem er derzeit untergebracht ist, befinde. Die Zuständigkeit des Erstgerichts sei daher nicht mehr gegeben.
2.2 Nach § 111 Abs 1 JN kann das zur Besorgung der Sachwalterschaftssache zuständige Gericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Betroffenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Betroffenen zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert wird (RIS‑Justiz RS0049144; 8 Nc 44/15k; 7 Nc 13/16w). Fasst das bisher zuständige Gericht einen (rechtskräftigen) Übertragungsbeschluss und verweigert das andere Gericht die Übernahme der Rechtssache, so wird die Übertragung erst mit einer Genehmigung iSd § 111 Abs 2 JN wirksam (RIS‑Justiz RS0046981; 8 Nc 8/16t).
2.3 Die Übertragung der Sachwalterschaftssache wurde zu Recht abgelehnt. Richtig ist zwar, dass die Sachwalterschaftssache von jenem Gericht geführt werden soll, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Betroffenen liegt (RIS‑Justiz RS0046971). Der Mittelpunkt der Lebensführung erfordert aber einen stabilen Aufenthalt an einem bestimmten Ort (8 Nc 44/15k zu § 111 JN; 8 Ob 136/15f zu § 31 JN). Durch den vorübergehenden Aufenthalt in einem Therapiezentrum wird im Allgemeinen kein solcher Aufenthalt begründet. Im Anlassfall greift daher weiterhin der Grundsatz der perpetuatio fori (§ 29 JN), den der Sachwalter außer Acht lässt.
3. Die Beurteilung der Notwendigkeit der Umbestellung eines Sachwalters ist auf den Einzelfall bezogen und betrifft grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS‑Justiz RS0117813). Allgemein setzt eine Umbestellung des Sachwalters voraus, dass das Wohl des Betroffenen eine derartige Maßnahme erfordert (RIS‑Justiz RS0117813). Dies ist nach der Rechtsprechung im gegebenen Zusammenhang dann nicht der Fall, wenn ein Wiederstand des Betroffenen unabhängig von der Person des bestellten Sachwalters auch gegenüber einer anderen Person zu erwarten ist, etwa weil der Betroffene der Meinung ist, keines Sachwalters zu bedürfen (vgl 6 Ob 227/12v).
Nach den Ausführungen im Rechtsmittel hält der Betroffene das Einschreiten eines Sachwalters für entbehrlich. Im Zusammenhang mit der Ablehnung der Sachwalterschaft durch den Betroffenen liegt kein Umbestellungsgrund vor. Auch mit den weiteren Argumenten im außerordentlichen Revisionsrekurs, insbesondere wonach der Betroffene versuche, trotz der Verbote des Sachwalters zu Geld zu kommen, wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
4. Soweit im außerordentlichen Revisionsrekurs schließlich die Ansicht vertreten wird, dass die Sachwalterschaft aufgrund geänderter Umstände aus medizinischer Sicht aufzuheben sei, weicht das Rechtsmittel vom festgestellten Sachverhalt ab. Dazu wird selbst im Rechtsmittel ausgeführt, dass der Betroffene weiter Drogen konsumiere und Geld ausgebe, das er nicht habe. Der in diesem Zusammenhang geltend gemachte sekundäre Feststellungsmangel liegt ebenfalls nicht vor.
5. Mangels erheblicher Rechtsfrage war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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