OGH 8Nc59/22a

OGH8Nc59/22a27.10.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn als weitere Richter in der Insolvenzsache der Schuldnerin G* S*, vertreten durch Dr. Sabine C.M. Deutsch, Rechtsanwältin in Riegersburg, im Verfahren AZ 26 S 10/21x des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, über den Delegierungsantrag der Schuldnerin den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0080NC00059.22A.1027.000

 

Spruch:

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Schuldnerin beantragt die Delegierung ihres Insolvenzverfahrens an ein Gericht im Sprengel des Oberlandesgerichts Linz. Als Grund für dieses Begehren führt sie zusammengefasst aus, dass sowohl diverse Richter des Erstgerichts einschließlich eines Vizepräsidenten, die Staatsanwaltschaft Graz, der anwaltliche Vertreter eines Gläubigers und die Rechtsanwaltskammer Steiermark zum Nachteil der Schuldnerin zusammenwirken würden.

[2] Der Delegierungsantrag ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

[3] Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei von dem Oberlandesgericht, in dessen Sprengel das zuständige Gericht gelegen ist, an Stelle desselben ein anderes im Sprengel dieses Oberlandesgerichts gelegenes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen sind nach § 31 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof vorbehalten.

[4] Die Möglichkeit der Delegierung nach § 31 JN besteht unter der Voraussetzung der Zweckmäßigkeit auch im Insolvenzverfahren (RIS‑Justiz RS0046329; jüngst 8 Nc 20/22s, 8 Nc 53/22v). Eine Delegierung soll aber nur den Ausnahmefall darstellen. Ohne besondere Gründe darf es nicht zu einer Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung kommen (RS0046441).

[5] Aus Zweckmäßigkeitsgründen kommt die Delegierung vor allem dann in Frage, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens verspricht (RS0046333).

[6] Ein Delegierungsantrag nach § 31 JN kann dagegen nicht auf Gründe gestützt werden, die für eine Ablehnung von Richtern und anderen Gerichtsorganen in Betracht kommen. Auch das Vorliegen von für den Antragsteller ungünstigen – oder sogar unrichtigen – Entscheidungen oder Verfahrensverstöße rechtfertigen eine Delegierung nicht (RS0073042; RS0114309).

[7] Die Schuldnerin stützt ihren Antrag, soweit diesem eine schlüssige Darstellung zu entnehmen ist, zusammengefasst auf die Behauptung, dass sowohl Richter des Erstgerichts als auch andere Verfahrensbeteiligte zum Nachteil der Schuldnerin verbündet und in Befangenheitsgründe verstrickt seien. Damit bringt sie aber schon im Ansatz keine Zweckmäßigkeitsgründe im Sinne der eingangs dargestellten ständigen Rechtsprechung zu § 31 JN vor, die eine Delegierung rechtfertigen können.

[8] Der Antrag der Schuldnerin war daher ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

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