OGH 7Ob93/97w

OGH7Ob93/97w23.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Exekutionssache der gefährdeten Parteien 1. Alois S*****, und 2. Friedrich S*****, vertreten durch Dr.Erich Schwarz, Rechtanwalt in Salzburg, wider den Gegner der gefährdeten Partei Wolf-Dieter S*****, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch Drittverbot (Streitwert S 250.000,--), infolge Revisionsrekurses der Drittschuldnerin Österreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft, Wien 1., Am Hof 4, vertreten durch Dr.Otto Ortner ua Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 30.Jänner 1997, GZ 54 R 495/96z und 54 R 509/96h-25, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Salzburg vom 6.November 1996, GZ 33 C 368/96v-15, und vom 29.November 1996, GZ 33 C 868/96v-18, bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Revisionsrekurswerberin auf Zuspruch von Revisionsrekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht hat folgenden Sachverhalt als bescheinigt angenommen:

Die gefährdeten Parteien (im folgenden Antragsteller) sind Besitzer (gemeint wohl Eigentümer) von IMMAG-Aktien. Nach Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Verantwortlichen der WEB-Bautreuhand-IMMAG im Jahr 1983 fiel der Kurs dieser Aktien erheblich. Der Gegner der gefährdeten Parteien (im folgenden Antragsgegner) versprach den Antragstellern, er könne innerhalb kürzester Zeit den Verkauf dieser Aktien wahrscheinlich mit Gewinn vermitteln. Er vermittelte jedoch weder den Verkauf, noch kam er der von den Antragstellern gesetzten Frist zur Rückstellung der Aktien oder Herausgabe des dafür erlangten Geldbetrages nach. Aufgrund eines Beschlusses der 13.ordentlichen Hauptversammlung der IMMAG Immobilienbeteiligungs-AG iL vom 2.8.1996 gelangt ab 1.10.1996 eine erste Liquidationsteilausschüttung im Ausmaß von 20 % des Aktienwertes der IMMAG-Aktien zur Auszahlung. Diese Liquidationsvorausschüttung wird gegen Abstempelung der Aktienurkunden ("Mäntel") ausbezahlt. Mit der Durchführung wurde die Österreichische Kontrollbank AG, Wien 1., Am Hof 4, beauftragt. Die gegenständlichen Aktien wurden durch eine Bank bei der Wertpapiersammelbank Wien im Jahr 1992 eingeliefert. Die Österreichische Kontrollbank AG wird in ihrer Funktion als Wertpapiersammelbank so bezeichnet. Die Wertpapiersammelbank selbst kann eine Auszahlung des Liquidationserlöses an den Depotinhaber für diese Aktien nicht verweigern, da gemäß den Geschäftsbedingungen der Wertpapiersammelbank mit Übernahme der Wertpapiere Miteigentum am Girosammelbestand entsteht und die gegenständlichen Aktien girosammelverwahrt sind. Der Antragsgegner ist vermögenslos und hat mehrere Mill.S Schulden. Es besteht die Gefahr, daß der Liquidationserlös im Falle der Behebung durch den Antragsgegner von diesem verbraucht wird und daß diese Beträge später uneinbringlich sind.

Die Antragsteller begehrten die Erlassung der einstweiligen Verfügung durch Drittverbot gegenüber der Österreichischen Kontrollbank in der Form, daß dieser die Auszahlung der Liquidationsvorausschüttungen der IMMAG-Aktien mit bestimmt bezeichneten Nummern verboten werde. Der Antragsgegner sei (wegen dieses Vergehens) rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt worden. Die Antragsteller hätten recherchiert, daß ihre Aktien vom Antragsgegner im März 1992 zur Depotverwaltung an eine Bank übergeben worden seien und nunmehr im Depot der Wertpapiersammelbank Österreichische Kontrollbank AG erlägen. Es bestehe die Gefahr, daß der vermögenslose Antragsgegner die Liquidationsausschüttung behebe und verbrauche.

Das Erstgericht erließ antragsgemäß die einstweilige Verfügung, ohne den Antragsgegner zu einer vorherigen Stellungnahme aufzufordern. Es befristete die einstweilige Verfügung bis 1.3.1997 und trug den Antragstellern die Einbringung einer Klage gegen den Antragsgegner bis 1.12.1996 auf. (Diese wurde auch fristgerecht erhoben, siehe ON 19.) Der Österreichischen Kontrollbank AG wurde der gerichtliche Erlag der Vorausausschüttung eingeräumt. Der Antragsgegner erhob gegen diese einstweilige Verfügung kein Rechtsmittel.

Dagegen erhob die Österreichische Kontrollbank, der das Drittverbot am 30.9.1996 zugestellt worden ist, fristgerecht Widerspruch und Rekurs, wobei sie ausdrücklich die vorrangige Erledigung des Widerspruches beantragte.

Das Erstgericht wies diesen Widerspruch der Österreichischen Kontrollbank AG als unzulässig zurück. Wie sich wörtlich aus § 397 EO ergebe, stehe dieser Rechtsbehelf nur dem Gegner der gefährdeten Partei zu, wenn er vor Erlassung der einstweiligen Verfügung nicht gehört worden sei. Da der durch das Drittverbot Belastete vor der Erlassung aber niemals zu hören sei, habe er auch kein Widerspruchsrecht.

In der Folge stellte die Österreichische Kontrollbank AG noch den Antrag, die einstweilige Verfügung gemäß § 399 Abs 1 Z 2 EO aufzuheben, weil nunmehr bekannt sei, daß der Antragsgegner die Wertpapiere dem einzahlenden Kreditinstitut verkauft habe. Das Erstgericht wies auch diesen Antrag zurück, die Einschreiterin sei zu einer derartigen Antragstellung nicht legitimiert.

Das Rekursgericht gab - ohne daß zuvor die Antragsteller zur Erhebung von Rekursbeantwortungen aufgefordert worden wären - mit der angefochtenen Entscheidung den beiden von der Österreichischen Kontrollbank gegen die vorgenannten Beschlüsse erhobenen Rekurse keine Folge. Es bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstandes als mit S 50.000,-- übersteigend und erklärte die Erhebung des Revisionsrekurses für zulässig. Da sich das Erstgericht bei Zurückweisung der beiden Anträge inhaltlich nicht mit den Sachanträgen auseinandergesetzt habe, sei keine meritorische Entscheidung im Sinne des § 402 Abs 1 EO ergangen, weshalb das Rechtsmittelverfahren einseitig sei. Das Gesetz räume dem mit einem Verbot belasteten Dritten weder ein Widerspruchs- noch ein Recht nach § 399 Abs 1 EO ein. Die Rechtssphäre des Dritten sei einerseits, wenn die einstweilige Verfügung ihn gesetzwidrig belaste, durch das ihm zustehende Rekursrecht, andererseits, wenn in seine Eigentumsrechte eingegriffen werde, durch die Klagsmöglichkeit nach § 37 EO (allenfalls auch durch die Möglichkeit nach § 68 EO) ausreichend geschützt. Dem Antragsgegner stehe ein Widerspruch nur als Äquivalent dafür, daß er vor Eingriff in seine Rechtssphäre nicht angehört worden sei, zu, eine Anhörung des Dritten vor Erlassung der einstweiligen Verfügung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Es wäre systemwidrig, ihm nur deswegen ein zusätzliches rechtliches Gehör einzuräumen, weil der Antragsgegner selbst nicht gehört worden sei. Sei aber eine weitere Person, zum Beispiel das einbringende Kreditinstitut, Rechtsinhaber aus der Sammelverwahrung, werde gegebenenfalls dieses - nach gebotener Verständigung durch den Drittverwahrer - ein allfälliges Verfahren nach § 37 EO einzuleiten haben. Gemäß § 402 Abs 4 iVm §§ 78 und 65 EO richte sich die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach § 528 ZPO. Konforme Beschlüsse seien gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nur dann weitergehend anfechtbar, wenn damit der Rechtsschutzanspruch (nach der ZPO: für die Klage) verweigert werde. Nun sei auch ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, ein Widerspruch nach § 397 EO oder ein Antrag im Sinne des § 399 EO ein einer Klage gleichzuhaltender Rechtsschutzanspruch, sodaß auch für diese Fälle die Durchbrechung der Konformitätssperre des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO wegen der Verweigerung des Rechtsschutzes zu gelten habe. Daher halte das Rekursgericht einen Revisionsrekurs für grundsätzlich, aber auch in der Sache selbst für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung von der Österreichischen Kontrollbank AG erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.

Nach § 402 Abs 1 EO idF des BGBl 1992/756 ist ein Revisionsrekurs gegen Konformentscheidungen nur zulässig, wenn damit über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über einen Widerspruch nach § 397 EO oder über einen Antrag auf Einschränkung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung erkannt wurde. In diesen Fällen ist das Rekursverfahren auch zweiseitig. Nach Abs 2 leg cit gilt dies nicht für Rekurse der gefährdeten Partei gegen die Abweisung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wenn der Gegner der gefährdeten Partei zu diesem Antrag noch nicht einvernommen worden ist. Nach dem Ausschußbericht (780 BlgNR 18.GP, 2) soll die bisherige Revisionsbeschränkung bei Ergehen von Konformentscheidungen deswegen beseitigt werden, weil den Entscheidungen, die über die Bewilligung oder Abweisung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder über einen Widerspruch nach § 397 EO oder über einen Antrag auf Einschränkung oder Aufhebung der einstweiligen Verfügung ergehen, wiederholt richtungweisende Bedeutung zukomme, weil darin Rechtsfragen gelöst werden, die für das (anschließende) meritorische Verfahren Bedeutung hätten, in dem wegen der speziellen Revisions- bzw Revisionsrekursbestimmungen diese (bisher bestehende) Rechtsmittelbeschränkung nicht gelte. Sowohl dem Wortlaut des nunmehr in Geltung stehenden § 402 EO wie auch den zur Auslegung heranzuziehenden Materialien ist zu entnehmen, daß von dieser Regelung nur Anträge von solche Provisorialmaßnahmen begehrenden bzw zur Abwehr hiezu legitimierten Parteien erfaßt sein sollten, insbesondere, daß dabei nur an die späteren Prozeßparteien des (anschließenden) meritorischen Verfahrens gedacht war. Während die Rekurslegitimation des Drittschuldners im Provisorialverfahren von Rechtsprechung und Lehre dann bejaht wird, wenn unmittelbar gesetzwidrig in seine Rechte eingegriffen wird (vgl Heller-Berger-Stix, 644 sowie SZ 51/157, WBl 1988, 340 = MGA EO13 § 294/138), fehlt eine Rechtsprechung darüber, ob der Drittschuldner zur Erhebung eines Widerspruches nach § 397 EO legitimiert ist. In der Lehre wird dies überwiegend verneint (vgl. Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4, 449 und 451, Petschek-Hämmerle-Ludwig, Zwangsvollstreckungsrecht, 236, Konecny, Der Anwendungsbereich der Einstweiligen Verfügung 331 f [unter ausdrücklicher Ablehnung von Hausmaninger]; Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 969). Lediglich Christian Hausmaninger (JBl 1990, 160 ff) bejaht dies unter Berufung auf Perl (Schutz dritter Personen bei Erlassung des gesetzlichen Drittverbotes im Zuge einstweiliger Verfügungen). Allerdings gesteht auch dieser Autor zu, daß sowohl der Gesetzestext als auch die Materialien (Materialien zu den neuen österreichischen Civilprozeßgesetzen I, 599) gegen eine solche Auslegung sprechen. Auch seine Argumentation, daß dem Dritten durch den Eingriff in seine Rechte die gleiche Parteistellung zukommen müsse wie dem Antragsgegner, muß er notwendigerweise dahin einschränken, daß sich dies nur auf Dritte beziehen könne, deren potentielle Beeinträchtigung vor Anordnung der einstweiligen Verfügung voraussehbar ist. Diese Beurteilung ergäbe aber notwendigerweise eine für das Provisorialverfahren unzumutbare Legitimationsüberprüfung, die zu einem eigenen Verfahren führen würde, das mit großer Wahrscheinlichkeit über den Grund des geltend gemachten Anspruches geführt werden würde. Eine derartige Überprüfungsbefugnis steht dem beteiligten Dritten aber nicht zu (vgl WBl 1988, 340). Entgegen der Meinung Hausmaningers erscheint dem erkennenden Senat, der sich den zitierten überwiegenden Lehrmeinungen anschließt, die Wahrung der Interessen des Dritten durch eine Klagsführung nach § 37 EO (allenfalls durch den Behelf des § 68 EO) ausreichend gewahrt. Es wäre auch nicht einzusehen, daß ein betroffener Dritter im Provisorialverfahren durch einen zusätzlichen Rechtsbehelf in seiner Position bevorzugt wäre, im normalen Exekutionsverfahren jedoch nicht. Aus den gleichen Erwägungen muß dem durch das Drittverbot betroffenen Dritten auch eine Antragslegitimation nach § 399 EO aberkannt werden. Zwar wird dem Drittschuldner in § 294 Abs 4 EO eine beschränkte Antragstellung in dieser Richtung eingeräumt; eine analoge Heranziehung dieser Bestimmung auf § 399 EO erscheint jedoch unzulässig. Geht man davon, wie eingangs erwähnt, aus, daß nur antragslegitimierten Parteien die Revisionsrekursmöglichkeit gegen Konformbeschlüsse der Vorinstanzen über einen Widerspruch bzw. über einen Antrag nach § 399 EO zustehen, eine solche Legitimation der Revisionsrekurswerberin jedoch nicht zusteht, ist das Verfahren, in dem der Widerspruch eines Dritten durch bestätigende Beschlüsse zurückgewiesen wurde, nicht von § 402 Abs 1 EO erfaßt, der Rekurs und der Revisionsrekurs hier daher nicht zweiseitig und es gilt die Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO. Der Revisionsrekurs erweist sich daher als unzulässig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 74 EO, 40 und 50 ZPO.

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