Spruch:
Der Treugeber kann im Konkurs des Treuhänders die Aussonderung des zu Sicherungszwecken gewidmeten Treugutes begehren, soweit das diesem Zweck nicht mehr dient. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die durch das Treugut gesicherte Schuld des Treugebers vor oder nach der Konkurseröffnung getilgt worden ist. Im Konkurs ist Aussonderung von Geld durch Mengenvindikation möglich
OGH 17. März 1977, 7 Ob 813, 814/76 (OLG Wien 1 R 180/76; HG Wien 10 Cg 148/75)
Begründung:
Die Klägerin vermittelt und finanziert Teilzahlungskredite vorwiegend zur Anschaffung von Kraftfahrzeugen. Die Vergabe dieser Kleinkredite erfolgte teilweise durch die C-Bank AG in W. Über das Vermögen dieser Bank wurde zur GZ S 9/75 des Erstgerichtes der Konkurs eröffnet.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom beklagten Masseverwalter der C-Bank nach Klagsausdehnung die Zahlung von 21.411.114,42 S samt Anhang und beantragt außerdem die Feststellung, daß sie Eigentümerin der bei der C-Bank auf den Kontengruppen TKV 10 001 bis 10 999 und TKV 11 000 bis 11 189 per 28. April 1975 gebuchten Teilzahlungskreditforderungen sei.
Das Erstgericht entschied im Sinne des Klagebegehrens. Nach seinen Feststellungen trat am 26. Jänner 1972 der Vorstandsdirektor der C-Bank, Friedrich St., an den Geschäftsführer der Klägerin, Johann B, heran und fragte ihn, ob er bereit sei, einen Teil seiner Geschäfte über die C-Bank abzuwickeln. Friedrich St. war Johann B von seiner früheren Tätigkeit als Prokurist des Bankhauses F bekannt, das ebenfalls Kleinkredite der Klägerin vergab. Bei einem Gespräch zwischen Johann B und Friedrich St. im März 1972 erörterte dieser drei Möglichkeiten, um mit der Klägerin ins Geschäft zu kommen, und zwar entweder durch Kapitalbeschaffung im Rahmen einer Zwischenbankeinlage oder durch Refinanzierung abgetretener einzelner Kreditforderungen oder schließlich durch Einlage von Eigenmitteln oder Fremdmitteln seitens der Klägerin. Friedrich St. ging damals davon aus, daß die Geschäfte mit der Klägerin im Rahmen eines Treuhandverhältnisses abzuwickeln sein werden. Er hoffte, daß es ihm gelingen werde, von einer Bank eine Einlage in der Höhe von 6.000.000 S zu erlangen und der Klägerin einen Kontokorrentkredit in dieser Höhe unter den Bedingungen des Schreibens vom 24. April 1972 gewähren zu können. Einige Zeit später teilte Friedrich St. dem Johann B mit, daß die Beschaffung von Mitteln für den Kredit mißlungen sei und daher die Klägerin das Geschäft mit Eigenmitteln durchführen solle. Johann B war damit einverstanden und tätigte zunächst eine Einlage von 2.000.000 S. In der Folge stockte die Klägerin ihre Einlagen aus Eigenmitteln auf insgesamt 11.809 000 S auf und legte außerdem Versicherungsgelder in der Höhe von 12.000.000 S ein. Dadurch ergab sich schließlich eine Gesamteinlage von 23.809.000 S. Die von der Klägerin bei der C-Bank eingelegten Gelder wurden von dieser in der Folge als durchlaufende Kredite betrachtet, weil es sich um Treuhandgelder handelte. Auch bei Erstellung der Zwischenausweise für die Nationalbank bezeichnete die C-Bank diese Geschäftsfälle als Treuhandgeschäfte. Die Abwicklung der Kredite erfolgte im wesentlichen derart, daß die Klägerin nach Bewilligung der einzelnen Teilzahlungskredite den entsprechenden Scheck an den Kunden oder den Autoverkäufer übergab, damit dieser zu Lasten der Klägerin von der C-Bank eingelöst werde. Die C-Bank überwachte die Gebarung durch Führung entsprechender Haben- und Sollkonten sowie eines gemischten Kontos. Sie berechnete der Klägerin Zinsen weder für das Soll- noch für das Habenkonto. Ihr Verdienst lag lediglich darin, daß bei jedem einzelnen Teilzahlungskredit bereits im Vordruck eine Manipulationsgebühr von 20 S pro Unterschrift und eine Verwaltungsgebühr in der Höhe von 2 % der Kreditsumme vorgesehen war. Außerdem verdiente die C-Bank an den Mahngebühren. Die Eskomptzinsen und die Verzugszinsen, die die Teilzahlungskunden beim Verzug zu tragen hatten oder bei vorzeitiger Rückzahlung gutgeschrieben erhielten, gingen jeweils zugunsten oder zu Lasten der Klägerin. Bei der Krediteintreibung hatte sich die C-Bank an die Weisungen der Klägerin zu halten, die auch vereinbarungsgemäß die mit der Eintreibung verbundenen Anwaltskosten und sonstigen Spesen zu tragen hatte. Im Jahre 1973 gab es wegen Liquiditätsengen bei der C-Bank Schwierigkeiten beim sogenannten Spitzenausgleich. Es kam nämlich wiederholt vor, daß die C-Bank die von der Klägerin ausgestellten Schecks nicht honorieren konnte und daher jeweils die Klägerin ersuchte, eine entsprechende Einlage zu tätigen. Zur Überbrückung dieser finanziellen Schwierigkeiten ersuchte Johann B den für die Klägerin tätigen Rechtsanwalt Dr. Peter W, bei der C-Bank eine Treuhandeinlage von 1.000.000 S gegen Leistung einer 7%igen Verzinsung zu tätigen. Der im März 1974 neben Friedrich St. zum zweiten Vorstandsmitglied der C-Bank bestellte Dipl.-Kfm. Dr. Erich S sah keinen Anlaß, Erhebungen darüber anzustellen, ob es sich bei dem strittigen Geschäftsfall um einen Treuhandvertrag handle. Der mit Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom 28. Feber 1974 für die C-Bank bestellte Regierungskommissär Karl B kannte die Geschäftsabwicklung der Klägerin bereits aus seiner Tätigkeit für das Bankhaus F in den Jahren 1969 bis 1973. Bei seiner Gebarungsprüfung machte er die Wahrnehmung, daß die C-Bank sämtlichen von der Klägerin genannten Teilzahlungskunden ohne Prüfung der Bonität Darlehen gewährte. Er kam daher vom bankkaufmännischen Standpunkt zu dem Ergebnis, daß ein Fall der Treuhandschaft vorliege. Der gegenständliche Geschäftsfall wurde daher auch bei Vorlage der monatlichen Zwischenberichte an die Nationalbank "unter dem Strich" als Treuhandschaft gemeldet. Erst nach Eröffnung der Geschäftsaufsicht über die C-Bank entstand Streit darüber, ob das zwischen ihr und der Klägerin bestehende Rechtsverhältnis eine Treuhandschaft darstelle. Die C-Bank übernahm gegenüber den Versicherungsgesellschaften L und 1 Bürgschaften für die der Klägerin gewährten Darlehen in der Höhe von je 2.000.000 S bzw. in der Höhe von zweimal 2.000.000 S und einmal 4.000.000 S. Mit den beiden Schreiben der vorgenannten Versicherungsgesellschaften vom 18. April 1975 wurde jedoch die C-Bank aus diesen Haftungen entlassen.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß die C-Bank bei der Vergabe der Teilzahlungskredite den Darlehensnehmern gegenüber als Treuhänderin der Klägerin aufgetreten sei. Dies habe der Absicht der Parteien entsprochen und ergebe sich auch unzweifelhaft daraus, daß jede Verzinsung der Soll- und Habenkonten der Klägerin unterblieben sei. Die von der C-Bank übernommenen Bankbürgschaften seien ohne Einfluß auf die von der Klägerin bei ihr getätigten Treuhandeinlagen gewesen. Auch die C-Bank habe ihre rechtlichen Beziehungen zur Klägerin in ihren monatlichen Berichten an die Nationalbank als Treuhandgeschäft bezeichnet. Bei den Forderungen der C-Bank gegenüber den einzelnen Kreditnehmern handle es sich somit um zum Vermögen der Klägerin gehörige Ansprüche. Auch deren Interesse an der begehrten Feststellung sei zu bejahen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Feststellungserkenntnis des Erstgerichtes als Teilurteil. Im übrigen hob es das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Das Berufungsgericht war der Meinung, die zwischen der Klägerin und der C-Bank getroffene Vereinbarung stelle eine fiduziarische Treuhandschaft dar, bei der der Treuhänder nach außen hin unbeschränkter Eigentümer des Treuhandgutes, im Innenverhältnis jedoch verpflichtet sei, das Eigentum im Interesse des Treugebers oder eines Dritten auszuüben. Das übertragene Vermögensobjekt scheide daher nur rechtlich, nicht aber wirtschaftlich aus dem Vermögen des Treugebers aus. Dies sei das entscheidende Moment für das Aussonderungsrecht des Treugebers im Konkurse des Treuhänders. Auch der Umstand, daß ein Teil der Treuhandmittel aus Darlehensaufnahmen der Klägerin stammte, für die die C-Bank Bürgschaften übernommen hatte, schließe die Annahme einer Treuhandschaft nicht aus. Die von der Klägerin getätigte Einlage sei nämlich nicht erfolgt, um der C-Bank eine Sicherung für ihre allfällige Inanspruchnahme aus den übernommenen Bürgschaften zu gewähren, sondern sei im ausschließlichen Interesse der Klägerin gelegen gewesen, da sie der Finanzierung der von ihr gewährten Kleinkredite gedient habe. In der Übernahme der Bankgarantien liege daher ein selbständiges mit der C-Bank abgeschlossenes Bankgeschäft, dessen allfälliger Zusammenhang durch die Verwendung dieser Darlehensmittel als Teil der Einlage der Klägerin nicht zu einer Verneinung einer echten Treuhandschaft im Interesse der Klägerin führen könne. Außerdem könne sich auch ein ursprünglich eigennütziges Treuhandverhältnis in ein uneigennütziges verwandeln. Der festgestellte Wegfall der Haftung der C-Bank aus den Bankbürgschaften müßte daher zur Qualifikation ihrer strittigen Rechtsbeziehungen zur Klägerin als echter Treuhandschaft führen. Das Aussonderungsrecht auf Grund eines Treuhandverhältnisses könne sich aber immer nur auf individuell bestimmte Sachen beziehen. Es könne daher nicht ein bestimmter Geldbetrag schlechthin, sondern nur eine bestimmte, vom übrigen Geld der Gemeinschuldnerin gesondert verwahrte Geldmenge ausgesondert werden. Voraussetzung für die Berechtigung des Aussonderungsbegehrens der Klägerin sei daher, daß im Zeitpunkte des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz ein den Anspruch der Klägerin deckender Geldbetrag auf den betreffenden Konten der C-Bank auch tatsächlich vorhanden gewesen sei. Hingegen sei das rechtliche Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung zu bejahen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge, hob aber infolge Rekurses beider Parteien den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem im restlichen Umfang eine neue Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Revisionswerber ist nur darin beizupflichten, daß im Hinblick auf die im Schreiben vom 23. August 1972, vereinbarte Besicherung der Bankbürgschaften (Bankgarantien) das zwischen der Klägerin und der C-Bank begrundete Treuhandverhältnis nicht als rein uneigennützige, im ausschließlichen Interesse der Klägerin gelegene Treuhandschaft (Stanzl in Klang 2 IV/1, 789; Kastner in Hämmerle-FS (1972), 175 f.) zu betrachten ist. Hiemit ist jedoch für den Revisionswerber nichts gewonnen. Auch im Konkurs des Treuhänders kann nämlich der Treugeber die Aussonderung des zu Sicherungszwecken gewidmeten Treugute begehren, soweit es dem Sicherungszwecke nicht oder nicht mehr dient (Bartsch-Pollak I3, 90, II3, 161 f.; Jäger, Kommentar zur Konkursordnung8 I, 630 f.; Klang 2 II, 305; Stanzl in Klang 2 IV/1, 792; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes3 II, 112; Kastner, Die Treuhand im österreichischen Recht in JBl. 1949, 422; Frotz, Aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechtes, 123; vgl. auch RGZ 145/193). Tilgt daher der Treugeber die Schuld des Treuhänders, so kann er das Treugut aus dessen Konkursmasse aussondern. Nur wenn die Schuld nicht getilgt wird, geht die dem Sicherungseigentümer zustehenden Rechtsmacht auf den Konkursmasseverwalter über (Klang 2, II, 305). Ob die Schuld vor oder nach der Konkurseröffnung getilgt wurde, ist entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ohne Bedeutung. Maßgebend ist nur, daß der erhobene Aussonderungsanspruch im Zeitpunkt seiner Geltendmachung zu Recht besteht. Der ihm zugrundeliegende Gegenstand darf daher in diesem Zeitpunkt nicht zur Konkursmasse gehören (Bartsch-Pollak II2, 253; Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 449; Jaeger, 630 f.). Mit ihren beiden Schreiben vom 18. April 1975 entließen aber die vorgenannten Versicherungsgesellschaften die C-Bank aus ihrer Haftung aus den erstellten Bankgarantien. Damit ist der zwischen der Klägerin und der C-Bank im Schreiben vom 23. August 1972 vereinbarte Sicherungszweck weggefallen und damit das Treuhandverhältnis zu einem rein uneigennützigen geworden. Ein solches Treuhandverhältnis berechtigt aber, wie der Revisionswerber selbst einräumt, den Treugeber zur Aussonderung des Treugutes aus der Konkursmasse des Treuhänders (vgl. Bartsch-Pollak I3, 90 und die eingangs zitierte Literatur).
Rekurs der Klägerin:
Mit Recht bekämpft die Rekurswerberin die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß ein Gläubiger aus dem Konkurs des Gemeinschuldners nur eine von diesem abgesondert verwahrte Geldmenge aussondern könne. Dem Berufungsgericht ist nur insofern beizupflichten, als die Aussonderung von Geld aus einer Konkursmasse dann nicht mehr möglich ist, wenn es infolge Vermengung im Sinne des § 371 ABGB nicht mehr der Eigentumsklage unterliegt (Bartsch-Pollak II3, 252). Dies ist jedoch nicht nur an Hand der Regelung des § 371 ABGB, sondern auch jener des § 415 ABGB zu beurteilen, die im Falle einer Vereinigung abgegrenzter Mengen gleichartiger Sachen dem Eigentümer eine Eigentumsklage auf die bestimmte (von ihm stammende) Quantität gewähren (Quantitäts- oder Mengenvindikation), die auf Abtrennung eines entsprechenden Teiles des Gemenges gerichtet ist (Klang 2 II, 284 f.; Ehrenzweig I/2, 212; Koziol-Welser II/3, 51). Umstrittenist allerdings das Verhältnis zwischen der Vermengungsregel des § 371 ABGB und jener des § 415 ABGB. Nach der im Schrifttum nunmehr überwiegend vertretenen Ansicht bezieht sich § 415 ABGB auf solche Fälle, in denen die vermengten Sachen vom sonstigen Vermögen des Erwerbers noch abgrenzbar sind. § 371 ABGB kommt hingegen nur dann zur Anwendung, wenn eine solche Abgrenzung nicht mehr möglich ist, sondern sich die Sache im Vermögen des anderen (hier Gemeinschuldner) "verloren" hat (Ehrenzweig I/2, 215 f.; Koziol–Welser I3, 52). Hier besteht aber in der Konkursmasse, in die der Beklagte die Treuhandeinlage der Rekurswerberin einbezogen hat, noch ein Vermögen, innerhalb dessen der Geldbetrag, dessen Aussonderung die Klägerin begehrt, abgegrenzt werden kann. Gegen die Annahme, daß dieser Geldbetrag nicht mehr vorhanden wäre, spricht schon der Umstand, daß die C-Bank über die Treuhandeinlagen der Klägerin auf diese lautende Soll- und Habenkonten führte und die jeweils eingezahlten Beträge nur als durchlaufende Post behandelte. Außerdem gab der Beklagte in der Verhandlungstagsatzung am 2. März 1976 das auf 21.411.114,42 S ausgedehnte Klagebegehren "zahlenmäßig" als richtig zu und hielt nur seine Bestreitung dem Gründe nach aufrecht. Darin liegt aber auch das Zugeständnis, daß auf den Konten der Klägerin im Zeitpunkte des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz tatsächlich Einlagen in der Höhe des Klagsbetrages vorhanden waren. Die Rechtssache ist somit auch hinsichtlich des Leistungsbegehrens im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils spruchreif.
Rekurs des Beklagten:
Der vom Beklagten erhobene Rekurs ist nur deshalb berechtigt, weil die Rechtssache, allerdings im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils, spruchreif ist.
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